Welches sind die Mehrwerte und Defizite der Forschungsbegriffe Governance und Regieren für die EU-Forschung?

Eine Analyse erläutert am Beispiel der europäischen FFH-Richtlinie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung

2 Governance und Regieren - Begriffsgenese und -abgrenzung
2.1 Regieren -Begriffsgenese unter Berücksichtigung der EU-Forschung
2.2 Governance - Begriffsgenese unter Berücksichtigung der EU-Forschung
2.3 Zwischenbilanz und Gegenüberstellung der Begriffe

3 Ausgewähltes Fallbeispiel - der FFH-Richtlineinprozess
3.1 Die FFH-Richtlinie Inhalt und Problemstellung
3.2 Verlauf der FFH-Richtlinie
3.2.1 Initialisierung der Richtlinie
3.2.2 Entscheidungsfindung und Agenda-Settig der FFH-Richtlinie
3.2.3 Die Umsetzung der FFH-Richtlinie
3.2.4 Absicherung der Richtlinie

4 Betrachtung der Begriffe auf Basis des angeführten Fallbeispiels
4.1 Governance als Analysezugang für die Betrachtung des Fallbeispiels
4.1.1 Mehrwerte des Governance-Begriffes im Hinblick auf das Fallbeispiel
4.1.2 Defizite des Governance-Begriffes im Hinblick auf das Fallbeispiel
4.2 Regieren als Analysezugang des ausgewählten Fallbeispiels
4.2.1 Mehrwerte des Regierungs-Begriffes im Hinblick auf das Fallbeispiel
4.2.2 Defizite des Regierungs-Begriffes im Hinblick auf das Fallbeispiel

5 Fazit

Literatur

1. Einleitung und Problemstellung

Die vorliegende Arbeit liefert eine Bestandsaufnahme und Gegenüberstellung der Begriffe Governance und Regieren als Forschungsbegriffe der europäischen Politikforschung. Die Bearbeitung hat damit zum Ziel, beispielhaft über die Vor- und Nachteile dieser Begriffe als Forschungstermini des Gegenstands­bereichs der EU-Politik abzuwägen.

Für das Forschungsfeld der EU ist die ständige Absicherung der Funktion und Anwendungsfähigkeit der hier zur Diskussion gestellten Begriffe von aktueller Relevanz:

Mit steigender qualitativer Vertiefung der EU-Verträge zu einem in der Forschung so konstatierten politischen System eigener Art (Tömmel 2008 / Wessels 2008 / Hix 2005), stellen sich für die EU zunehmend steuerungs­technische Fragen und Probleme.

Governance ist inzugedessen zu einem „omnipräsenten“ (Kohler-Koch / Rittberger 2006: 27) Leitkonzept von EU-Forschung avanciert[1]. Bemerkenswert ist dabei die weitverbreitete Etablierung von Governance als einem englischsprachigen Terminus in der deutschen Wissenschaftssprache. Diese Entwicklung legt die Annahme nahe, dass Governance-Begriffe adäquatere Zugänge zu Objektbereichen von EU-Politik zulassen, als es mit Hilfe klassischer Termini der deutschen Wissenschaftssprache gelingt. Diese Forschungsentwicklung kann auf den ersten Blick als Kritik an der forschungstechnischen Angemessenheit, allen voran, des zentralen deutsch­sprachigen Terminus Regieren gelesen werden, denn Regieren ist bisweilen als EU-Forschungsbegriff durch Governance ersetzt oder ausgetauscht worden.

Neben der breiten Etablierung des Gebrauches von Governance in der EU- Forschungsdiskussion erheben Autorenkritiken Zweifel am konzeptionellen Mehrwert des Governance-Begriffes. Eine tiegreifende Kritik an definitorischer Greifbarkeit und der Begriffsschärfe von Governance kann etwa stellvertretend an den Ausführungen Ruferts (2005: 4ff.) nachvollzogen werden.

Der Rechtswissenschaftler konstatiert nicht völlig unberechtigt, in Sozialwissenschaft und politischer Öffentlichkeit würden die Begriffe Governance und Regieren teils beliebig und austauschbar, sowie definitorisch unabgesichert angewendet. Tatsächlich ist die Politikforschung fortwährend um die Anpassung von Definition dieser Begriffe an gegenwärtige politische Realität, sowie um ihre theoretische Fundierung zur Absicherung der Anwendungsfähigkeit dieser Begriffe bemüht.

In drei wesentlichen Schritten wird hier daher die Frage geklärt und abgewogen: Welche Funktionen nehmen die diskutierten Termini für die EU-Forschung ein? Wo sind Schwächen und wo Stärken der beiden Begriffe auszumachen?

In einem ersten Schritt werden Governance und Regieren zu diesem Zweck inhaltlich sowie konzeptionell geklärt und für die Untersuchung aufbereitet.

In einem zweiten Schritt wird ein EU-Rechtsakt angeführt, anhand dessen die Konzeption beider Begriffe exemplarisch an dem ausgewählten Objektbereich EU-Politik überprüft und aufgezeigt werden kann. Für das hierzu ausgewählte Beispiel der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) sprechen hier folgende Argumente: Sowohl system- als auch handlungstheoretische Problemstellungen, bei denen nationale, supranationale sowie internationale formelle und informelle Dimensionsebenen eine Rolle spielen, kommen bei der Verwirklichung dieser EU-Richtlinie zum tragen.

Damit gelingt es exemplarisch im dritten Teil der Arbeit eine Zusammenschau der Mehrwerte und Defizite der konzeptionellen Ausrichtung dieser Begriffe gegeneinander zu stellen. Auf dieser Basis wird die zugrundegelegte Fragestellung am Fallbeispiel abgewogen.

Die getroffenen Beobachtungen werden schließlich im Fazit zusammengefüht.

2 Regieren und Governance Begriffsgenese und - abgrenzung

Ein wesentlicher Untersuchungsschritt zur Beantwortung der zugrundegelegten Fragestellung besteht bereits in der Aufbereitung und Genese der besprochenen Forschungstermini, welche hier zunächst zugrundegelegt werden.

2.1 Regieren - Begriffsgenese unter Berücksichtigung der EU-Forschung

Ein Blick auf die etymologische Herkunft von Regieren macht deutlich, dass sich der Terminus nah an der Bedeutung des lateinischen regere bewegt, aus welchem sich der deutsche Begriff herleitet. Hieran angelehnt, setzt Kluge (1995: 674f.) Regieren mit Synonymen wie „Herrschen“, „Richten“ und „Lenken“ gleich. Es ist also festzuhalten, dass der Regierungs-Begriff, erstens eine Handlungsdimension besitzt. Schüttmeyer (1998: 547 / 2005: 844) zeigt weiter, dass Regieren in seiner Grundbedeutung, Bezug auf staatliche Leitung unter der Voraussetzung eines formell organisierten Gewaltmonopols nimmt. Im diesem Verständnis ist Regieren Tätigkeit, die ihr Äquivalent in Regierungen, englisch: Governements, also Staatsexekutiven hat, von denen diese Formen von Handlungen entsprechend ausgehen. Damit greift Regieren zweitens auf die Dimension institutioneller Voraussetzungen zurück (Ruhl / Schneider / Träger 2006: 15).

Die politikwissenschaftliche Regierungsforschung ist in ihrer Entwicklung eng mit zeitgenössischen, forschungsrelevanten Fragestellungen der Wissenschaftsdisziplin sowie Voraussetzungen politischer Realität verknüpft. In der Evolution der deutschsprachigen Regierungsforschung, ist die bloße staatsrechtlich-institutionelle Betrachtungsweise, um handlungstheoretische Zugänge zu Regierungsforschung ergänzt worden (Ebd. et al. 2006: 14). Mit breiterer Etablierung behavioralistischer Untersuchungsperspektiven in der Politikwissenschaft der 1960er und 1970er Jahre, wurde Regieren zunehmend auch als Form von politischem Handeln untersucht. So behandelt Ellwein (1976 173f.), Regieren als Tätigkeiten der Aufgabenverwirklichung jeweiliger Regierungen. In Form von: „Planen, Ingangsetzen, Konsensschaffung, Koordination, Anweisung, Beaufsichtigung“ und übergeordnet durch politische Führung von Regierungen.

In der neuere Politikwissenschaft ist Regierungsforschung mit komplexen und vielfältigen politischen Forschungsfeldern verbunden. Dies ist gerade einem grundlegenden Perspektivwechsel dieses Themenfeldes geschuldet.

Regieren kann in der politischen Realität nicht mehr nur konsequent als Staatshandeln betrachtet werden. Ein entscheidendes Beispiel für diese Entwicklung liefert der Objektbereich der EU: Kernkompetenzen von EU- Mitgliedstaaten werden europäisiert. Regieren im formellen Sinne wird durch informelle Partizipation ergänzt, vermengt und beruft sich auf eigene Formen von Legitimität (vgl. Schuppert 2003: 319ff.).

Möglichkeiten nationalstaatlich-institutioneller Steuerung haben sich gewandelt: Organisation außerhalb von Staat nehmen, wie im Rahmen von EU-Verträgen oder durch globale Einwirkung auf Regieren Einfluss (vgl. Schüttmeyer 1998: 547). In diesem Sinne ist es nach Jachtenfuchs und Kohler-Koch (2004: 95) die Aufgabe der EU-Forschung, Regieren gerade in post-nationalen Konstellationen zu untersuchen. Der Wandel von Möglichkeiten, für Akteure und Staaten politisch zu Steuern, geht im Kontext der EU mit der Bildung erneuerter Handlungsfelder von Regieren einher (vgl. KEG 2001: 4ff.). Allerdings, so darf im Kontext von EU-Forschung nicht übersehen werden, ist Regieren auch hier immer noch als Autoritätsausübung zu verstehen, die sich auf politische Hierarchiestrukturen beruft. Zugleich darf im Sinne von Kontrolle und Absicherung, nicht davon abgesehen werden, dass Regieren in der EU im Sinne der Gemeinschaft dem Ziel untergeordnet sein soll, den gemeinschaftlichen Verträgen zu entsprechen. Damit richtet sich speziell EU-Regieren immer auch normativen Gemeinwohlzielen aus.

Wessels identfiziert auch auf der politischen Ebene der EU, Regierungstätigkeiten in Gestalt von „Vorbereitung, Verabschiedung, Durchführung und Kontrolle verbindlicher Entscheidungen“ (Wessels 2008: 17). Damit sind im groben Rahmen Regierungsprozesse benannt, die mit klassisch-nationalstaatlichem Regieren isoliert betrachtet unverkennbare Ähnlichkeiten und Parallelen aufweisen.

Es kann hier aber nicht für alle Materien, wie im klassischen Verständnis von einer festen und ständigen Zuteilung von Aufgaben des Regierens konstatiert werden. Es ergeben sich fallabhängige und situative Konstellationen in denen Regiert wird.

Regieren impliziert also für den Objektbereich der EU fallabhängig die Frage, wer, wie, wann mit welchen Mitteln regiert.

2.2 Governance - Begriffsgenese unter Berücksichtigung der EU-Forschung

Für den englischen Begriff Governance, gibt es in der deutschen Sprache keine Entsprechung (vgl. Schultze 1998: 236 / Ruffert 2005: 3). Als etymologischer Ausgangsbegriff kann das lateinischen gubernantio gelten. Der Begriff wird durch „Steuern“, „die Regierung“ und mit den Substantiven die „Lenkung“ und „.Leitung“ in die deutsche Sprache übersetzt (Georges 1962: 2981). Die Wortbedeutung des im englischen Sprachgebrauch nicht unüblichen Governance, wird in The Oxford English Dictionary (1961: 319) wie folgt erläutert:

1. Action or manner of Governing (the fact that a person governs), (...) the state of beeniggoverned;
2. the office function or power of governing authority (...)
3. the manner in which something is governed or regulated, the method of management, system of regulations;
4. Conduct of life or Buisness mode of living, behaviour, demeanour.

Die Übersetzung von Governance durch Rainer-Olaf Schultze (1998: 236), mit den Termini: „Regierung, Regieren, Regeln (...), Regulierungsmechanismen (...), Ordnung“ und „Herrschaft“ zeigt Schwierigkeiten einer eindeutigen deutschen Übersetzung des Begriffes.

Mit der angeführten englischen Definition wird allerdings bereits deutlich, dass Governance auf vielfältige Steuerungsformen abheben kann. Der Terminus ist nicht zuerst an Muster formell-hierarscher Grundprinzipien exekutiver Organisation geknüpft. Unter ihm können im englischen Sprachgebrauch auch Formen der Autoritätsausübung gefasst werden, die auch bis zu informellen Entscheidungsprozessen reichen.

Ausgehend von dieser sprachgebräuchlichen Verwendung, ist Governance von der Wissenschaft aufgegriffen worden. In der Evolution einer Gebraustradition, als Terminus der deutschsprachigen Wissenschaft wurde Governance mit eigenen konkreten Bedeutungen belegt (Benz et al. 2007: 10). Eine wissenschaftliche Begriffsprägung hat insbesondere in den Disziplinen der Wirtschafts- und Politikwissenschaft stattgefunden. Während die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive der Institutionenökonomik gerade die Hierarchie als Strukturmerkmal formaler Organisation gegen den Markt herausstellt, bildet der politikwissenschaftliche Governance-Begriff einen Kontrapunkt zu Government - verstanden als etaistisch-hierarchische Gesellschaftssteuerung (Benz et al. 2007: 11).

Erhebliche methodische und perspektivische Varianzen von Governance als Forschungsbegriff sind aber auch Innerhalb der Politikwissenschaft festzustellen. Good governance[3] oder global governance[3], bilden etwa Analysekategorien mit eigenen forschungstechnischen Fragestellungen.

Für die EU-Forschung ist entscheidend, dass aus Governance eine Begriffsklasse gebildet werden kann, die sämtliche der vielen Steuerungsformen dieses politischen Mehrebenensystems erfasst. Benz et al. (2007: 13) definieren Governance als „Oberbegriff für sämtliche vorkommende Muster der Interdependenzbewältigung zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren“. Nach Mayntz (2004: 72 / 2006: 15) ist Governance ein „Gesamt aller nebeneinander bestehenden Formen der kollektiven Regelungen gesellschaftlicher Sachverhalte, [von staatlich-exekutiver Autoritätsausübung bis zu subsidiarischer Selbstregulierung]“.

Governance scheint an Systemforschungsbereiche der EU adäquat anlegbar zu sein, wenn die Untersuchung von unterschiedlichen politischen Steuerungsmechanismen erwogen wird.

Governance induziert als Forschungsbegriff der EU-Politik, die Frage nach politikfeldbezogenen und fallabhängigen Steuerungsformen im EU-System, welche durch ihre Systemeigenschaften bedingt werden (vlg. Benz 2008: 38).

Die EU-Systemstrukturen umfassen Governance-Formen insbesondere: Intergouvernementale Verhandlungen, Verhandlungssysteme, Hierarchie, Wettbewerb, wechselseitige Anpassung (Scharpf 2002: 72f , Eising / Lenschow 2007: 327) und Netzwerke (Jachtenfuchs / Kohler-Koch 2003: 95f.). Das Forschungsinteresse kann neben dieser weiten Definition auch in einer enger gefassten Definition besonders auf „weiche“ Steuerungsformen, abseits von hierarchischer Staatsorganisation konzentriert sein. So kann auch eine Governance-Definiotionen zugrundegelegt werden, die sich vor allem auf diese Bereich von EU-Steureungsformen bezieht (Benz et al. 2007: 11).

2.3 Zwischenbilanz und Gegenüberstellung der Begriffe

Die Betrachtung verdeutlicht, dass die untersuchten Begriffe jeweils eigene Perspektiven forschungstechnischer Zugänge zu EU-Politik betonen können.

Der Governance-Begriff scheint flexibler auf etwa informelle Steuerungsformen der EU anwendbar zu sein, welche die Perspektive des Regierungs-Begriffes nicht in den Blick nehmen lässt. Im besonderen kann in dieser Hinsicht Regieren von der sogenannten „enge“ Governance-Definition unterschieden und abgegrenzt werden. Governance umreißt im Unterschied zu Regieren keine festen Ablaufprozesse politischer Steuerung(stätigkeit). Mit Governance wird, und das ist der zweite elementare Unterschied zu Regieren, kein konsistentes Bild von Handlung zugrundegelegt. Im Gegenteil - es können gerade Varianzen in politischen Steuerungsabläufen betont werden. Welche Vor- und Nachteile können dieser Begriffseigenschaft von Governance im Hinblick auf die EU- Politik am konkreten Beispiel geltend gemacht werden?

Regieren ist gegenüber Governance, Handeln, das nur aufgrund relativ verfasster Formen von Hierarchie geschieht. Regieren hebt also im Unterschied zu Governance allein auf Strukturen vorhandener Hierarchie ab. Der Terminus ist im Unterschied zu Governance eine Begriff, der sich in konkrete Formen von Akteurshandeln zergliedern lässt. EU-Regierungsprozesse werden immer durch auf die Gemeinschaftsverträge bezogen. Damit unterliegt das EU-Regieren auch einer normativen Satzung der Gemeinschaftsverträge.

Welche Vor- und Nachteile kommen für die Begriffseigenschaften von Regieren im Hinblick auf der EU-Forschung zum Tragen?

Dimensionen von Regierungsprozessen, aber auch nicht selten die Relevanz von vielfältigen Governance-Strukturen in der EU-Politik lassen sich wohl am wirksamsten an EU-Rechtsakten nachvollziehen. Ein Blick solche politischen Abläufe lassen Vor- und Nachteile der behandelten Begriffe als adäquate Zugänge zu EU-Politik exemplarisch deutlicher machen. Insbesondere eröffnet die EU-Umweltpolitik Problemstellung die sich für eine diskursive Betrachtung eignen.

Aufgrund des Umfangs der Arbeit sind Darstellungen von spezifischen Vorbedingungen dieses EU-Politikfeldes ausgelassen. Mit dem Vorteil, dass sich die vorausgegangene Analyse und die nachfolgenden Abwägungen der Begriffe ohne Umwege auf die erhobene Fallanalyse beziehen lassen.

3 Ausgewähltes Fallbeispiel - Der FFH-Richtlinieprozess

3.1 Inhalt der FFH-Richtlinie und Problemstellung

Der Ministerrat der EU verabschiedete 1992 einstimmig die RL zum Schutz von Fauna, Flora und Habitaten (FFH) (EG 1992: 0007-0050). Ihr Ziel ist der europaweite, grenzüberschreitende Schutz der Artenvielfalt wildlebender Tiere und Pflanzen. Durch diese Richtlinie werden Areale ausgewiesen, die gemeinsam mit Gebieten der Vogelschutzrichtlinie von 1979, ein kohärentes Netz geschützter Areale mit der Bezeichnung NATURA 2000 bilden (Art. 3 FFH-RL). Nach der Richtlinie ergehen zwei Aufgabenbereiche formaler Umsetzung an Mitgliedstaaten: 1. Durch nationale Rechtsangleichung, 2. durch Verwaltung, Erhebung und Meldung von Schutzarealen an die Kommission. Die formale der Rechtsangleichung fällt in den gemeinsamen Verantwortungs­bereich von Bund und Ländern. Für die Gebietsmeldungen sind die Länder zuständig. Die praktische Umsetzung ist Aufgabe von Ländern und Kommunen. Die Frist zur Umsetzung der FFH-RL in nationales Recht endete im Juni 1994. Die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), mit der eine europäische Rechtsangleichung auf nationaler Ebene angesetzt wurde, trat im Mai 1998, also erst knapp vier Jahre später, in Kraft. Explizit ging die FFH- Richtlinie 2002 in nationales Recht ein. Dies ist Rekord bei der verspäteten Umsetzung europäischer Richtlinien in deutsches Recht (Sturm / Pehle 2001: 200). Hinsichtlich der Gebietsmeldungen ergaben sich kontinuierliche Verzögerungen. Die statuierten Fristen der ersten beiden Meldestufen 1995­1998, wurden um je um drei Jahre verfehlt. Der Zeitraum des Umsetzungsprozesses ist durch zahlreiche Abmahnungen der Kommission bestimmt. Die BRD entging in einigen Fällen knapp hohen Bußgeldverfahren. Als zentral ist die Verurteilung der BRD durch den EuGH am 11. Dezember 1997 wegen Nichtumsetzung der Richtlinie in deutsches Recht zu nennen.

[...]


[1] Seit den frühen 1990er Jahren verzeichnet der Social Science Citation Index (SSCI) einen beachtlichen Anstieg der Anzahl veröffentlichter Fachaufsätze zum Thema europäisches Governance. Von etwa zehn Abhandlungen zu Beginn der 1990er Jahre, auf seinerzeit 40 bis 50 veröffentlichten Artikeln pro Jahr (Kohler-Koch / Rittberger 2006: 27). Auch zahlreiche aktuelle Sammelbände und Handbücher zu diesem Thema machen die gestiegene Bedeutung von Govenance für die Politikwissenschaft auf zahlreichen weiteren Forschungsfeldern unverkennbar (Benz et al. 2007 / Bevir 2007).

[2] Bezugsfelder sind hier vor allem entwicklungstheoretische Ansätze (vgl. Lauth 2006).

[3] Bezugsfelder sind Steuerungsansätze internationaler Politik (Becker / Schirm 2007).

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Welches sind die Mehrwerte und Defizite der Forschungsbegriffe Governance und Regieren für die EU-Forschung?
Untertitel
Eine Analyse erläutert am Beispiel der europäischen FFH-Richtlinie
Hochschule
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
22
Katalognummer
V153708
ISBN (eBook)
9783640659487
ISBN (Buch)
9783656620730
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Welches, Mehrwerte, Defizite, Forschungsbegriffe, Governance, Regieren, EU-Forschung, Eine, Analyse, Beispiel, FFH-Richtlinie
Arbeit zitieren
Mathias van Driel (Autor:in), 2009, Welches sind die Mehrwerte und Defizite der Forschungsbegriffe Governance und Regieren für die EU-Forschung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153708

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