Die duale Berufsbildung in Deutschland ist durch eine Verbindung von Theorie in Form der Berufsschule einerseits und Praxis im Betrieb andererseits gekennzeichnet und gilt damit für andere Länder als Vorbild. Die Ergebnisse der PISA-Studie führten in Deutschland jedoch dazu, dass das Thema der dualen Berufsbildung sowohl in pädagogischer Hinsicht als auch öffentlich immer wieder diskutiert wurde.
Laut PISA 2000 gibt es in Deutschland Risikogruppen (vgl. Prenzel/Baumert/Klieme 2008, S. 3). „Die Risikogruppen werden durch die Zugehörigkeit zu Kompetenzstufen eindeutig festgelegt. […] Zur Risikogruppe gehören Personen, die alle Lehrplananforderungen massiv unterschreiten und weit davon entfernt sind […]“ (ebd., S. 4). 17 % der PISA-Schülerinnen beispielsweise erreichen lediglich eine auf Stufe I anzusiedelnde Mathematikkompetenz: „Sie können arithmetisches und geometrisches Wissen, wie es in der Grundschule vermittelt wird …“ (PISA 2000, S. 168). Doch sie scheitern, sobald sie über „elementare Standardaufgaben hinausgehen. Damit sind sie z. B. nicht in der Lage, typische mathematische Aufgaben für Ausbildungsplatzbewerber zu lösen. Die Schülerinnen und Schüler auf Kompetenzstufe I müssen demnach im Hinblick auf ihre weiteren Bildungs- und Berufschancen als Risikogruppe angesehen werden“ (ebd., S. 170). Diese Definition wird über alle Berichte hinweg konsequent durchgehalten. Ab 2003 gibt es auch ein internationales Kompetenzstufenmodell, das einen internationalen Vergleich ermöglicht. Zur Risikogruppe gehörten in Deutschland bei PISA 2003 21,6 %, bei PISA 2006 19,9 % der 15-Jährigen (vgl. Prenzel/Baumer/Klieme 2008, S. 4). Nach Informationen des Tagesspiegels (Ausgabe vom 17. November 2008) ist dieser Prozentsatz in den Stadtstaaten und in mehreren im Westen der Bundesrepublik gelegenen Ländern weiter angewachsen (zitiert nach New Pisa Studie 2008, bildungsklick.de).
Außerdem stellen auch Wirtschaftsunternehmen, ausbildende Betriebe und insbesondere das Handwerk nicht ohne Berechtigung seit Langem fest, dass Schulabgänger für betriebliche Lehrstellen nicht oder nur teilweise geeignet sind; die notwendige Berufsausbildungsreife ist häufig nicht ausreichend vorhanden (vgl. BIBB-Report 2002, S. 3). [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Problemstellung
- 1.2 Zielsetzung
- 1.3 Vorgehensweise
- 2. Das Leitbild der beruflichen Erstausbildung im dualen System
- 2.1 Das duale System
- 2.2 Die Lehr-Lern-Prozesse im dualen System
- 2.3 Ziele des dualen Systems
- 2.4 Motivation des dualen Systems
- 3. Begriffliche Orientierung über Motivation
- 3.1 Motivation als Gegenstand der Psychologie
- 3.2 Definitionen von Motivation
- 3.3 Motivation und Lernmotivation
- 3.4 Lernmotivation
- 4. Motivationstheorie
- 4.1 Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan und das „Flow-Erleben“ nach Csikszentmihalyi
- 4.2 Interesse als neueres theoretisches Konstrukt
- 4.3 Arten der Lernmotivation und wichtige Bedingungen zum Erreichen selbstbestimmter Motivationsarten nach Prenzel
- 5. Empirische Befunde über Lernmotivation
- 5.1 Prenzel et al. 1996 und Prenzel 1998
- 5.1.1 Prenzel et al. 1996
- 5.1.2 Prenzel et al. 1998
- 5.2 Bendorf 2002
- 5.3 Nickolaus et al. 1999-2003
- 5.3.1 Pilotstudie
- 5.3.2 Nickolaus et al. 2000
- 5.3.3 Nickolaus et al. 2002/2003
- 5.4 Knöll et al. 2007
- 5.5 Winther 2006
- 5.6 Deiẞinger und Ruf 2006
- 5.7 Sembill et al.
- 5.8 Sembill/Scheja (2008)
- 5.9 Scheja 2009
- 5.10 Neef 2008
- 5.11 Neef 2009
- 6. Förderung der Lernmotivation in der beruflichen Ausbildung
- 6.1 Lernmotivation beeinflussende Elemente der Bedingungen systematischer Lehr-Lern-Prozesse
- 6.1.1 Merkmale des Betriebs
- 6.1.2 Das Ausbildungspersonal
- 6.1.3 Die Planmäßigkeit der Ausbildung
- 6.1.4 Lernorte
- 6.1.5 Lernformen
- 6.1.6 Berufsaussichten
- 6.1.7 Wunschberuf
- 6.1.8 Der soziale Kontext
- 6.2 Lernmotivation beeinflussende Prozesse systematischen Lehrens und Lernens
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Bedeutung der Motivation in der beruflichen Ausbildung und beleuchtet die Auswirkungen auf den Lernerfolg. Sie betrachtet die verschiedenen Ausprägungen der Motivation sowie deren Entwicklungsverläufe. Die Studie untersucht auch, wie die Motivation im dualen System gefördert werden kann und wie die Lehr-Lern-Prozesse in der Ausbildung optimiert werden können.
- Bedeutung der Motivation für den Lernerfolg in der beruflichen Ausbildung
- Entwicklungsverläufe von Motivation im dualen System
- Einflussfaktoren auf die Motivation in der beruflichen Ausbildung
- Optimierung von Lehr-Lern-Prozessen zur Steigerung der Motivation
- Aktuelle Forschungsergebnisse zur Motivation in der beruflichen Ausbildung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Problemstellung, die Zielsetzung der Arbeit und die gewählte Vorgehensweise. Kapitel 2 befasst sich mit dem Leitbild der beruflichen Erstausbildung im dualen System und den wichtigsten Aspekten wie der Struktur, den Lehr-Lern-Prozessen und den Zielen. In Kapitel 3 wird der Begriff der Motivation aus psychologischer Perspektive beleuchtet und verschiedene Definitionen sowie die Beziehung zwischen Motivation und Lernmotivation vorgestellt.
Kapitel 4 widmet sich der Motivationstheorie und präsentiert die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan sowie das „Flow-Erleben“ nach Csikszentmihalyi. Es werden auch weitere Konzepte wie Interesse und Arten der Lernmotivation nach Prenzel diskutiert.
Kapitel 5 analysiert empirische Befunde zu Lernmotivation in der beruflichen Ausbildung anhand verschiedener Studien und Forschungsarbeiten. Es werden die Ergebnisse von Prenzel et al., Bendorf, Nickolaus et al., Knöll et al., Winther, Deiẞinger und Ruf, Sembill et al., Scheja und Neef dargestellt.
Kapitel 6 beschäftigt sich mit der Förderung der Lernmotivation in der beruflichen Ausbildung. Es werden verschiedene Elemente der Bedingungen systematischer Lehr-Lern-Prozesse sowie lernmotivationssteigernde Prozesse im Unterricht beleuchtet.
Schlüsselwörter
Berufliche Ausbildung, Motivation, Lernmotivation, Duales System, Selbstbestimmungstheorie, Flow-Erleben, Interesse, Empirische Befunde, Lehr-Lern-Prozesse, Lernerfolg, Berufsbildung.
- Arbeit zitieren
- Ping Liu (Autor:in), 2010, Motivation in der beruflichen Ausbildung: Ausprägungen, Entwicklungsverläufe und Einflüsse auf den Lernerfolg im Spiegel der Forschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153750