Zur Gesellschaftskritik im Werk Arno Schmidt am Beispiel der Trilogie „Nobodaddy´s Kinder“


Seminararbeit, 2009

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Schmidts Position in der

3 Gesellschaftskritik in der Trilogie „Nobodaddy´s Kinder“
3.1 Gesellschaftskritik innerhalb der Erzählung „Aus dem Leben eines Fauns“
3.2 Gesellschaftskritik innerhalb der Erzählung „Brand´s Haide“
3.3 Gesellschaftskritik innerhalb der Erzählung „Schwarze Spiegel“

4 Apokalypse als Konsequenz gesellschaftlichen Handelns

5 Fazit

LITERATURVERZEICHNIS

1 Einführung

„Schließlich sollten die Entscheidungen über Krieg und Rassenpolitik, die beiden zentralen Dimensionen der nationalsozialistischen Politik, auf Hitlers weltanschaulichen Willen zurückgehen“ (Bundeszentrale für politische Bildung 2009a). Der Zweite Weltkrieg war eines der dramatischten Ereignisse der Menschheitsgeschichte. Durch den Krieg verloren ca. 60 Millionen Menschen ihr Leben, worunter auch zahlreiche Zivilisten durch Bombenangriffe getötet wurden (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2009b). Dieses Ausmaß der Kriegshandlungen ist auf die Ideologie des Dritten Reiches zurückzuführen. Mit perfiden Gedankenspielen zur Rassenlehre und Umdeutungen von Naturgesetzen versprach die NSDAP dem damaligen deutschen Volk eine glorreiche Zukunft, da es zur überlegenen Rasse gehören würde. Großteile der Bevölkerung waren für die nationalsozialistische Propaganda zugänglich. Die verständlichen und darüber hinaus verheißungsvollen Botschaften legten für die rechtsextremistische Ideologie die Grundlage zur politischen Machtübernahme, denn ihren Anhängern wurde eine verbesserte Lebenssituation versprochen, wodurch sie die Partei unterstützten (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2009a).

Arno Schmidt ist ein deutscher Schriftsteller, der diese Zeit erlebt hat. Der 1914 geborene Schmidt wuchs in der Zwischenkriegszeit auf und litt unter der finanziellen Familiensituation, die als ärmlich zu bezeichnen ist. Als einziger Sohn der Familie wurde er zwar gegenüber seiner älteren Schwester bevorzugt, aber daraus resultierte eine gesteigerte Erwartungshaltung seitens des Vaters (vgl. Blumenthal 1980, S. 1). Schmidt beschäftigte sich frühzeitig mit Literatur, da er hierin er eine Möglichkeit fand, aus der Realität zu flüchten. Dadurch führte Schmidt jedoch ein Leben als Außenseiter, da er sich vom gesellschaftlichen Leben abgrenzte (vgl. Blumenthal 1980, S. 2). Diese Distanz zur Gesellschaft nutzte er, um die politische Entwicklung kritisch zu beobachten. Seine Ablehnung gegenüber der NSDAP äußerte er jedoch nicht, da sein Leben ansonsten bedroht gewesen wäre. Schmidt führte somit ein Leben in innerer Emigration, und so zitiert Simon (2006, S. 36) Arno Schmidt mit den Worten: „Ich spreche, wenn es ernst wird, fast nie; ich notiere lieber!“ Die angesprochenen Notizen richten sich speziell auf seine Mitmenschen. Seiner Wahrnehmung nach bestand die Gefahr eines Volkes darin, dass dieses leicht zu manipulieren sei. Speziell in wirtschaftlichen Krisen, die, ähnlich der Situation im Dritten Reich, ein hohes Maß an Arbeitslosigkeit begründen und somit zur sozialer Armut führen, seien viele Menschen beeinflussbar und könnten somit zu Werkzeugen der Machthabenden werden. Dieser Gedanke des Volkes als Herde, die blind dem Willen weniger Herrschender folgt, ist für Arno Schmidt untragbar (vgl. Simon 2006, S. 87).

Schmidt thematisiert in seinen Erzählungen den Zweiten Weltkrieg und dessen Auswirkungen. Dabei werden explizit die Themen Politik und Gesellschaft kritisch betrachtet. In Werken wie der Trilogie „Nobodaddy´s Kinder“ beschreiben die Erzähler das Handeln des politischen Regimes. Dabei erläutern die erzählenden Ichs einerseits die Auswirkungen der politischen Ereignisse für die Gesellschaft. Andererseits wird die Verantwortung aufgezeigt, welche die Gesellschaft am Ausmaß des Krieges trägt. Die Erzähler handeln planvoll, wenn sie sich bewusst von der Gesellschaft abgrenzen. Ein Indiz für die gesellschaftliche Abgrenzung ist die sprachliche Gestaltung des Geschehens durch die Erzähler. Das Erlebte erscheint häufig komplex und zunächst wenig nachvollziehbar. Doch wird bei näherer Betrachtung die gesellschaftspolitische Kritik an der Bevölkerung transparent. Innerhalb dieser Ausarbeitung zu Arno Schmidt wird die Gesellschaftskritik verschiedener Erzählungen analysiert.[1] Die Frage, welche Mitschuld jeder Einzelne an der Entwicklung der Gesellschaft trägt, soll dabei in den Fokus rücken (vgl. u. a. Simon 2006; Reemtsma 2004). Zudem verarbeitet Schmidt seine Wahrnehmungen literarisch, indem er eine Art Zukunftsprognose für die Gesellschaft aufstellt (vgl. Guntermann 1992, S. 75). Wird dieser Ansatz genauer verfolgt, so ergeben sich signifikante Merkmale im Bezug zur Schilderung von Katastrophen in seinen Erzählungen. Bevor dazu übergegangen werden kann, auf die Gesellschaftskritik in der Trilogie „Nobodaddy´s Kinder“ einzugehen und daran anschließend die Bedeutung von Katastrophen zu illustrieren, soll zunächst die gesellschaftliche Stellung Arno Schmidts näher erläutert werden.

2 Schmidts Position in der Gesellschaft

„Seine Auseinandersetzung mit Gesellschaft, Politik und Geschichte ist durch die Perspektive des strikten Einzelgängers bestimmt“ (Strick 1999, S. 269). Durch seine Haltung der inneren Emigration gelingt es Schmidt, die gesellschaftspolitische Situation im Dritten Reich kritisch zu analysieren. Dabei bereitet ihm der zunehmende Machtanspruch des politischen Regimes im Dritten Reich Sorgen. Durch menschenverachtende Propaganda sollte das Volk von der nationalsozialistischen Ideologie beeinflusst werden. Schmidt registriert in dieser Zeit sowohl das Verhalten seiner Mitmenschen als auch die Zielsetzung des Regimes sehr genau. „Frage einen derben kleinen Igel auf der Straße, ob er etwas besser oder klüger werden wolle, und er wird ironisch lächeln; aber raune verheißend: willst du mehr Macht?!!!; hei, wie da die Äuglein leuchten“ (Reemtsma 2004, S. 423). Dieses Zitat beschreibt explizit die Situation innerhalb der Bevölkerung jener Zeit, wie sie Schmidt wahrgenommen haben muss. Die Gesellschaftskritik richtet sich dabei gleich auf mehrere Faktoren. Einerseits wird deutlich, dass Schmidt das Streben nach Macht grundsätzlich abzulehnen scheint, was durch die leuchtenden Augen symbolisiert wird. Darüber hinaus lässt sich vermuten, dass aus der Sicht von Arno Schmidt dieses Machtstreben der Menschen der eigenen Intelligenz übergeordnet wird, denn der Wunsch nach mehr Bildung und somit einem erweiterten geistigen Horizont wird ironisch belächelt. Des Weiteren wird in diesem Zitat auch die Methodik der nationalsozialistischen Propaganda indirekt angesprochen und kritisiert. Das verheißende Raunen – das Versprechen von zweifelhaften Errungenschaften oder auch persönlichen Erfolgen – führt nach Ansicht von Schmidt zu einer Gutgläubigkeit der Menschen. Diese persönliche Wertehaltung des Einzelnen kann von Machthabern ausgenutzt werden. Ergibt sich der Mensch in derartige Versprechungen, vertritt er vielleicht sogar die propagierte Ideologie des politischen Regimes, so wird aus dem Einzelnen eine große Gesamtheit, die nichts weiter zu sein scheint als Verfügungsmasse der Machthaber (vgl. Reemtsma 2004, S. 425). Hiervon distanziert sich der Schriftsteller zum einen durch seine gesellschaftliche Außenseiterrolle und zum anderen durch die inhaltliche und sprachliche Gestaltung seiner Werke (vgl. Bandel 2003, S. 29). Die Angst des Schriftstellers, dass sich die kriegerische Vergangenheit wiederholen könnte, wodurch sein Leben wie bereits im Zweiten Weltkrieg durch Einschnitte geprägt wäre, wird in seinem literarischen Schaffen überaus deutlich.

Grundsätzlich sieht sich Schmidt nicht als Teil des Volkes, sondern durch den Zufall als Deutscher geboren (vgl. Reemtsma 2006, S. 101). Seiner Auffassung nach beinhaltet der Begriff Volk eine Form der Gleichheit, bei der dem Individuum keine Bedeutung zugemessen wird. „Er empfindet eine unüberbrückbare Kluft zu den anderen, die auf einer unterschiedlichen Art des Denkens und Handelns beruht.“ (Simon 2006, S. 23). Festzustellen ist somit, dass Schmidt vor und während des Krieges eine innerliche Protesthaltung einnimmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg und seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft arbeitet er das Erlebte literarisch auf. Auch wenn eine strikte Trennung zwischen dem Autor und seinen literarischen Figuren vorgenommen werden sollte, lassen sich dennoch einige Parallelen zur Realität ziehen, wie im weiteren Verlauf ersichtlich wird. Für Schmidt steht speziell nach seiner kritischen Beobachtung der Nachkriegszeit fest, dass die Gesellschaft eine aktive Aufarbeitung der Geschehnisse ablehnt. Daraus resultiert für ihn, dass ähnliche Vorgehensweisen wie im Dritten Reich auch zukünftig möglich wären, da die Menschen keine Lehren aus ihrem Fehlverhalten gezogen haben (vgl. Reemtsma 2004, S. 427). Ähnliche Verhaltensweisen zur Gesellschaft sind auch innerhalb der Trilogie „Nobodaddy´s Kinder“ zu erkennen. Die Erzähler nehmen Haltungen und Wertevorstellungen ihrer Mitmenschen wahr und kritisieren diese innerlich, wie folgend beschrieben wird.

[...]


[1] Das Gesamtwerk Arno Schmidts umfasst neben vielen Erzählungen auch Fotografien, literaturgeschichtliche Arbeiten oder auch Übersetzungen. Diese Ausarbeitung wird sich innerhalb der Gesellschaftskritik lediglich auf „Nobodaddy´s Kinder“ beziehen.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Zur Gesellschaftskritik im Werk Arno Schmidt am Beispiel der Trilogie „Nobodaddy´s Kinder“
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Fakultät III)
Veranstaltung
Nachkriegsliteratur
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
17
Katalognummer
V153764
ISBN (eBook)
9783640661794
ISBN (Buch)
9783640661916
Dateigröße
502 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arno Schmidt, Gesellschaftskritik, Nobodady´s Kinder, Faun, Brand´s Haide, Leviathan
Arbeit zitieren
B.A. Marco Schindler (Autor:in), 2009, Zur Gesellschaftskritik im Werk Arno Schmidt am Beispiel der Trilogie „Nobodaddy´s Kinder“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153764

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