Außenhandelsstrategien und wirtschaftliche Entwicklung - das Beispiel Taiwan


Dossier / Travail de Séminaire, 2003

26 Pages, Note: 1,7


Extrait


Gliederung

1. Einleitung

2. Rahmenbedingungen
2.1. Landescharakteristika
2.2. Politische Entwicklung

3. Wirtschaftliche Entwicklung und Entwicklungsstrategien
3.1. Grundlagen der 40er Jahre
3.2. Importsubstitution der 50er Jahre
3.3. Exportorientierung der 60er Jahre
3.4. „Kapitalintensität statt Arbeitsintensität“ der 70er Jahre
3.5. Technologieorientierung der 80er Jahre
3.6. Asienkrise der 90er Jahre

4. Erfolge der wirtschaftlichen Entwicklung

5. Perspektiven für die Zukunft

Anhang 1
Anhang 2

Literaturverzeichnis

Internetquellen

1. Einleitung

In den vergangenen Jahrzehnten wurden Taiwans rasches Wirtschaftswachstum und seine aufsehenserregende Entwicklung immer wieder als Wirtschaftswunder gepriesen. Es erfolgte der Aufstieg der „Republik China auf Taiwan“ vom Entwicklungsland zum modernen Industriestaat. Dieser Wandel war geprägt von hohen und stabilen Wachstumsraten, einem steigenden pro Kopf Einkommen, gleichmäßiger Einkommensverteilung, niedriger Inflation und einer beeindruckenden Kapitalakkumulation.

Taiwan ist als einer der vier „Tigerstaaten“ neben Südkorea, Hongkong und Singapur bekannt geworden. Durch seine Wirtschaftsreformen, die heute Modellcharakter für viele Staaten der „Dritten Welt“ besitzen, gelang es dem Land, innerhalb eines halben Jahrhunderts einen Erfolg zu erreichen, für den der „Westen“ über 100 Jahre benötigte.

Die vorliegende Arbeit beschreibt zunächst im zweiten Abschnitt die konstitutionellen Rahmenbedingungen Taiwans, gefolgt von der Darlegung der Entwicklungsstrategien über die einzelnen Epochen in Abschnitt 3. Diese dienen als Erklärungsansatz für die wirtschaftliche Entwicklung und bilden den Hauptteil der Arbeit. In Abschnitt 4 werden noch einmal die Erfolge des 50-jährigen Entwicklungsprozesses herausgestellt. Abschließend zeigt Abschnitt 5 in einem Ausblick die Bemühungen Taiwans, den Anschluss an der Weltspitze zu halten.

2. Rahmenbedingungen

2.1. Landescharakteristika

Das Gebiet unter der Regierungsgewalt der Republik China setzt sich zusammen aus den Inseln Taiwan, Penghu, Kinmen, Matsu sowie weiteren kleineren Inseln (siehe Anhang 1). Taiwan liegt im Westpazifik vor der Westküste des chinesischen Festlandes und erstreckt sich über eine Gesamtfläche von etwa 36.300 qkm. 2001 lebten auf den Inseln 22,5 Millionen Menschen, wobei Taiwan das am zweitdichtesten besiedelte Gebiet der Welt ist. Die größte Stadt der Insel ist die Hauptstadt Taipeh mit 2,64 Millionen Einwohnern. Anerkannte Amtsprachen sind das auf einem Pekingdialekt basierende Mandarin und Englisch.[1]

2.2. Politische Entwicklung

Die politische Entwicklung des heutigen Taiwans beginnt mit dem Ende des zweiten Weltkrieges, als die Alliierten das Gebiet nach fünfzig Jahren japanischer Herrschaft wieder China zusprachen. 1949 flüchtete der spätere Staatspräsident Chiang Kai-shek mit seinen Gefolgsleuten vor den kommunistischen Truppen vom chinesischen Festland auf die Insel und rief dort 1950 die „Republik China auf Taiwan“ aus. Zur gleichen Zeit gründeten die Kommunisten in Beijing die „Volksrepublik China“.

Taiwan stand in dieser ersten Phase der politischen Entwicklung unter dem Schutz der Amerikaner, die so den Vormarsch des Kommunismus in Asien verhindern wollten, und unterhielt enge diplomatische Beziehungen zur überwiegenden Mehrheit der demokratischen Länder. Bis 1971 war die Republik China auf Taiwan auch als rechtmäßiger Vertreter ganz Chinas anerkannt. Doch als das Land in diesem Jahr seinen Platz als Gründungsmitglied der vereinten Nationen dem viel größeren Gegenpart, der Volksrepublik China, überlassen musste und aus dem Rat ausschied, wurde der internationale Einfluss Taiwans stark reduziert. Die Zahl der Länder mit diplomatischen Beziehungen zu Taiwan sank von über 100 auf etwa 30, meist kleinere Staaten. Grund für diesen Ausschluss war die Asymmetrie der beiden chinesischen Länder in Bevölkerungsgröße, Landesmasse, militärischer Stärke und wirtschaftlicher Performanz.[2]

Die staatsrechtliche Struktur Taiwans ist vergleichbar mit der Deutschlands bestehend aus Bund, Ländern und Kommunen. Zusätzlich zu den drei Staatsgewalten Exekutive, Legislative und Judikative gibt es noch ein Prüfungs- und Kontrollorgan sowie die Nationalversammlung. Auch die Stellung des Präsidenten und die des Premierministers ist vergleichbar mit der der deutschen Amtsinhaber. Die Verfassung des Landes basiert auf den drei Prinzipien: Nationalismus, Demokratie und soziale Wohlfahrt.[3]

3. Wirtschaftliche Entwicklung und Entwicklungsstrategien

Die erste Phase Taiwans wirtschaftlicher Entwicklung erstreckte sich von 1952 bis 1980. Während dieser Zeit erzielte Taiwan ein durchschnittliches Wachstum seines Bruttosozialproduktes von 9,2 Prozent und lag damit weltweit an der Spitze. Die zweite Entwicklungsphase reichte von 1981-1995. In dieser Zeit verlangsamte sich, beeinflusst durch weltweite Konjunkturveränderungen, die Entwicklung auf 7,5 Prozent. Die Wachstumsraten der Exporte von Waren und Arbeit stiegen seit 1952 jährlich um 16,5 Prozent. Dies verdeutlicht die Bedeutung des Außenhandels für Taiwans wirtschaftlichen Fortschritt.[4]

Während dieser dynamischen Entwicklung erlebte Taiwan mehrfach einen markanten Strukturwandel – weg von einer traditionellen Agrarwirtschaft über einen rasch wachsenden Industriesektor hin zu einem modernen Dienstleistungsland. Mit welchen Strategien dieser Wandel erreicht wurde, soll im folgenden erläutert werden.

3.1. Grundlagen der 40er Jahre

Durch das Bombardement der Alliierten im zweiten Weltkrieg fiel die Produktion Taiwans nach dem Krieg auf die Hälfte des in der Vorkriegszeit erreichten Standes zurück. Dabei reduzierten sich die landwirtschaftliche Produktion auf ca. 50 Prozent und die Industrieproduktion sogar auf 35 Prozent. Hinzu kam, dass nach dem Fall des chinesischen Festlandes an den Kommunismus die Handelsverbindung beider Seiten unterbrochen wurde. Die Folge war eine Verknappung des Waren- und Güterangebotes. Panikkäufe führten schließlich zwischen 1946 und 1949 zu einer Hyperinflation. Der Regierung gelang es aber durch eine Währungsreform im Juni 1949 (die neue Währung hieß New-Taiwan-Dollar) und hohe Zinsen das Problem der Inflation in den Griff zu kriegen.

Durch die Flucht weiterer Festlandbewohner vor den chinesischen Kommunisten stieg die Einwohnerzahl Taiwans deutlich an. Allein 1949 emigrierten 1,6 Millionen Menschen, darunter etwa 0,6 Millionen aus dem militärischen Dienst, vom Festland auf die Insel. Diese Zunahme der Bevölkerung führte zu einer gesteigerten Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Wohnungen.

Nach 1945 konzentrierte sich Taiwan darauf, die notwendige Infrastruktur in den Bereichen Landwirtschaft, produzierendes Gewerbe und Transport wiederherzustellen. Als eine Ökonomie ohne nennenswerte Bodenschätze lag dabei das Hauptaugenmerk vor allem auf dem Agrarsektor, der einen Anteil am damaligen Bruttosozialprodukt von rund 44 Prozent hatte und mehr als 50 Prozent aller Erwerbstätigen beschäftigte.[5]

Ein entscheidender Faktor für die rasche Entwicklung der Landwirtschaft und der Industrie war die Landreform von 1949, die als Grundbaustein für eine stabile Gesellschaft und eine Erhöhung des Lebensstandards gesehen werden kann. Die Reform wurde in drei Stufen durchgeführt. In einem ersten Schritt wurde ein gesetzlicher Pachtzins von 37,5 Prozent des jährlichen Ernteertrags festgesetzt (üblich waren bis dato Pachtzinsen von bis zu 70 Prozent). Danach wurden ca. 60 Prozent des öffentlichen Landes als Agrarland an die Bauern verkauft. In der letzten Stufe wurden 1953 die großen Landbesitzer zwangsenteignet und das freigewordene Land den Landpächtern zum Kauf angeboten. Die Landbesitzer erhielten als Gegenleistung für ihr abgegebenes Land Beteiligungen an neu gegründeten Industrieunternehmen. Der Regierung gelang es dadurch, ein neues, gerechtes und modernes System zu schaffen, das auf der einen Seite die Industrialisierung beschleunigte und auf der anderen Seite die Agrarproduktivität und Produktion erhöhte.[6]

Durch diese Reform und einige Großprojekte zur Erhöhung der Produktionsleistung bei Textilien, Düngemitteln und Energiegewinnung gelang es Taiwan Ende der 40er Jahre, die höchsten Produktionswerte der Vorkriegszeit wieder zu erreichen.

3.2. Importsubstitution der 50er Jahre

In den 50er Jahren wurde die Strategie Taiwans dann darauf ausgerichtet, Importe durch nationale Produktion zu substituieren. Dabei sollten die mit Importen konkurrierenden Produktionsbereiche ausgebaut werden, um so die Nachfrage nach Importgütern durch eigene Leistungen befriedigen zu können. Diese Stärkung des Binnenmarktes bietet gerade Entwicklungsländern im Vergleich zur Exportförderung mehrere Vorteile. Zum einen sind kleinere Länder auf internationalen Märkten hohem Konkurrenzdruck ausgesetzt und haben daher wenig Möglichkeiten ihre Exporte zu steigern. Dagegen lassen sich im Importgüterbereich durch protektionistische Maßnahmen bessere Wachstumserfolge erzielen. Zum anderen handelt es sich bei Exportgütern meistens um qualitativ hochwertige Produkte, die nur mit Einsatz häufig nicht, bzw. noch nicht vorhandener moderner Technologie hergestellt werden können. Die Abschottung der nationalen Märkte eröffnet daher Unternehmen mit geringem Technologie-Know-How bessere Entwicklungsmöglichkeiten.

Ein Nachteil einer auf bloße Importsubstitution ausgerichteten Politik ist aber die Nichtnutzung internationaler komparativer Kostenvorteile. Es ist in der Regel so, dass die gezielte Produktion importkonkurrierender Güter Wohlfahrtsverluste mit sich bringt, bzw. potenzielle Wohlfahrtsgewinne nicht realisiert werden können. Solche Gewinne würden durch die Teilnahme am internationalen Handel entstehen, d.h. ein Land müsste diejenigen Güter, die es nur mit relativ hohen Kosten herstellen kann, importieren und dafür solche Güter exportieren, die geringere Produktionskosten verursachen. Ein weiterer Nachteil im Vergleich zur Exportförderung sind die begrenzten Wachstumsmöglichkeiten der heimischen Wirtschaft, da man nicht an der Expansion des Welthandels partizipieren kann. Als dritter negativer Effekt ist die Verteuerung der eigenen Produktion zu nennen. Diese ergibt sich daraus, dass sich die Unternehmen einer geschützten Wirtschaft nicht mehr an internationalen Preis- und Qualitätsstandards orientieren müssen. Die heimische Wirtschaft läuft demzufolge Gefahr, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.[7]

Der Plan Taiwans war es, zunächst die Leichtindustrie, wie z.B. Textil- und Papierverarbeitung, zu entwickeln und mit den erzeugten inländischen Produkten ausländische Güter schrittweise zu ersetzen. Durch die Verlagerung auf einen sehr arbeitsintensiven Sektor sollte es gelingen, die in der Landwirtschaft freigesetzten Arbeitskräfte zu absorbieren und das Volkseinkommen zu erhöhen. Die vorgelagerte Schwerindustrie dagegen wurde in dieser Anfangsphase der wirtschaftlichen Entwicklung zunächst vernachlässigt, da diese einen hohen Kapitaleinsatz erfordert und sich so wegen sehr hoher Zinsen nicht gegen die ausländische Konkurrenz behaupten kann.[8]

[...]


[1] Vgl. F.A.Z.-Institut (2003) S.5 ff.

[2] Vgl. Suberg (1997), S.6 ff.

[3] Vgl. http://www.gio.gov.tw/taiwan-website/abroad/de/glance/ch4.htm

[4] Vgl. Tzong-shian (1999), S.33

[5] Vgl. Hsien-Feng (1992), S.9ff.

[6] Vgl. Chang (1982), S.94 ff.

[7] Vgl. Dieckheuer (1995), S.570 f.

[8] Vgl. Tzong-shian (1999), S.24

Fin de l'extrait de 26 pages

Résumé des informations

Titre
Außenhandelsstrategien und wirtschaftliche Entwicklung - das Beispiel Taiwan
Université
University of Bamberg  (FB VWL)
Note
1,7
Auteur
Année
2003
Pages
26
N° de catalogue
V15393
ISBN (ebook)
9783638205139
Taille d'un fichier
426 KB
Langue
allemand
Mots clés
Außenhandelsstrategien, Entwicklung, Beispiel, Taiwan
Citation du texte
Stephan Pierer (Auteur), 2003, Außenhandelsstrategien und wirtschaftliche Entwicklung - das Beispiel Taiwan, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15393

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