Prolog
In der vorliegenden Arbeit soll eine Analyse des Werkes Casa tomada des argentinischen Autors Julío Cortázar (1914–1984) vorgenommen werden. Cortázar prägte gemeinsam mit Borges und Sábato die argentinische Prosa des 20. Jahrhunderts, wobei die zu untersuchende Erzählung dem phantastischen Genre zugeordnet werden kann. Hieraus ergibt sich die Frage nach einer Begriffsbestimmung der Phantastik, welche zu Beginn hinsichtlich der Todorov´schen Phantastiktheorie, zusammen mit einer kurzen Betrachtung des Autors, näher untersucht wird. Gemäß der Begriffsbestimmung werden die phantastischen Elemente des Werkes Casa tomada aufgezeigt, bevor die Frage nach psychoanalytischen Elementen und eine Untersuchung der Kurzgeschichte, thematisiert wird. Durch die Besonderheit, in Form des Ich- Erzählers in Casa tomada im Zusammenhang mit der Geschwisterthematik, entsteht ein Bild der seelischen Befindlichkeit und den psychischen Konflikten der Protagonisten. Dies äußert sich aus interpretativen Aspekten im Inzest der Geschwister, aber auch im Wahrnehmen von Geräuschen im Haus. Tzvetan Todorov äußert sich in seinem Werk über die phantastische Literatur bezüglich der Psychoanalyse wie folgt:
Die Psychoanalyse hat die phantastische Literatur ersetzt und damit überflüssig gemacht. Man hat es heute nicht mehr nötig, auf den Teufel zurückzugreifen, um über eine exzessive sexuelle Begierde sprechen zu können[...]. Die Psychoanalyse und die Art von Literatur, die [...] von ihr inspiriert ist, handeln davon in unverhüllten Begriffen. Die Themen der phantastischen Literatur sind buchstäblich zum Gegenstand der psychoanalytischen Forschung der letzten 50 Jahre geworden.(1)
Die Psychoanalyse stellt keine wissenschaftliche Ersetzung oder Deutungsmodell für die phantastische Literatur dar, wenn auch unterschiedliche Methoden, sondern versucht lediglich die elementaren Bedrohungen des Menschen zu veranschaulichen.(2) Demnach wird ein Versuch unternommen, eine Verschmelzung des Phantastischen und dem Psychoanalytischen herzustellen, indem Gemeinsamkeiten, aber auch Differenzen der beiden Begriffssysteme aufgezeigt werden und letztlich der Frage nachgegangen wird, ob in dem Werk Casa tomada eine Verschmelzung der beiden Begrifflichkeiten, die Psychoanalyse und das Phantastische, vorhanden ist.
[...]
_____
(1) Todorov 1972:143.
(2) Schäuble 2006:56.
Inhaltsverzeichnis
- PROLOG
- JULIO CORTÁZAR UND DAS PHANTASTISCHE
- PHANTASTISCHE ELEMENTE IN „CASA TOMADA“
- PSYCHOANALYTISCHE BEGRIFFSKLÄRUNG
- FORMEN DES UNBEWUSSTEN UND DES BEWUSSTSEINS
- DAS INSTANZENMODELL DER PERSÖNLICHKEIT NACH FREUD
- PSYCHOANALYTISCHE UNTERSUCHUNG VON CASA TOMADA
- VERSCHMELZUNG DES PHANTASTISCHEN UND DER PSYCHOANALYSE?
- FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Kurzgeschichte „Casa tomada“ von Julio Cortázar und analysiert sie unter dem Aspekt des Phantastischen und der Psychoanalyse. Ziel ist es, die phantastischen Elemente in der Geschichte zu identifizieren, sie im Kontext der Todorov'schen Phantastiktheorie zu betrachten und anschließend eine psychoanalytische Interpretation vorzunehmen. Dabei soll die Frage nach einer möglichen Verschmelzung des Phantastischen und der Psychoanalyse im Werk „Casa tomada“ untersucht werden.
- Das Phantastische in der Literatur und die Definition nach Tzvetan Todorov
- Die Rolle des Unbewussten und der Psychoanalyse in der Interpretation von „Casa tomada“
- Die Geschwisterthematik und ihre Bedeutung für die seelische Befindlichkeit der Protagonisten
- Die Ambiguität der Ereignisse in der Geschichte und die Frage nach Realität und Illusion
- Die Bedeutung von Raum und Ort in der Erzählung und ihre Verbindung zur psychischen Verfassung der Figuren
Zusammenfassung der Kapitel
Der Prolog führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt Julio Cortázar und seine Kurzgeschichte „Casa tomada“ vor. Er beleuchtet die Besonderheit der Erzählung im Kontext des phantastischen Genres und stellt die Frage nach der Definition der Phantastik.
Kapitel 2 widmet sich Julio Cortázar und seiner literarischen Arbeit im Bereich des Phantastischen. Es beleuchtet die Bedeutung seiner Werke, insbesondere „Casa tomada“, im Kontext der neophantastischen Literatur. Die Definition des Phantastischen nach Tzvetan Todorov wird vorgestellt und anhand der Geschichte „Casa tomada“ analysiert.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit psychoanalytischen Begriffen, insbesondere den Formen des Unbewussten und des Bewusstseins sowie dem Instanzenmodell der Persönlichkeit nach Freud. Diese theoretischen Grundlagen werden im darauffolgenden Kapitel zur Interpretation von „Casa tomada“ herangezogen.
Kapitel 4 widmet sich der psychoanalytischen Untersuchung der Geschichte „Casa tomada“. Es analysiert die seelische Befindlichkeit der Protagonisten, insbesondere die Geschwisterthematik und ihre Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Realität.
Kapitel 5 untersucht die Frage nach einer möglichen Verschmelzung des Phantastischen und der Psychoanalyse im Werk „Casa tomada“. Es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Begriffssysteme aufgezeigt und es wird geklärt, ob die Geschichte eine Synthese aus beiden darstellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen des Phantastischen und der Psychoanalyse im Kontext der Kurzgeschichte „Casa tomada“ von Julio Cortázar. Wichtige Schlüsselbegriffe sind dabei: Phantastik, Psychoanalyse, Unbewusstes, Geschwisterthematik, Raum, Ort, Realität, Illusion, Ambiguität und Interpretation.
- Arbeit zitieren
- Laura Spohr (Autor:in), 2010, Analyse des Werkes "Casa tomada" von Julio Cortázar, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154340