Assessment Center - computergestützte Verfahren


Seminararbeit, 2002

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Fragestellung und Vorgehensweise

2 Komplexe Szenarien in Assessment Centern
2.1 Die Merkmale computersimulierter komplexer Szenarien
2.2 Die Einsatzmöglichkeiten komplexer Szenarien in Assessment Centern
2.3 Qualitätsaspekte komplexer Szenarien

3 Darstellung und Analyse eines komplexen Szenarios
3.1 Die klassische TAILORSHOP-Simulation
3.2 Die TAILORSHOP-Variation TEXTILFABRIK

4 Überblick über weitere computergestützte Assessment-Center-Verfahren

5 Kritische Würdigung des Einsatzes komplexer Szenarien in Assessment Centern

Literaturverzeichnis

1 Fragestellung und Vorgehensweise

Im Zeitalter der Globalisierung und des rasanten technischen Fortschritts sind hochqualifizierte Führungskräfte für ein Wirtschaftsunternehmen bedeutender denn je. Bedingt durch steigenden Wettbewerb und hohe Komplexität der Märkte können die Entscheidungen weniger Individuen die Wirtschaftslage einer ganzen Unternehmung gefährden und im Extremfall dessen Ausscheiden aus dem Markt bewirken (vgl. Frey/Eichenberger 1990, S.273). Die optimale Personalauswahl stellt entsprechend einen wichtigen Wettbewerbsfaktor eines jeden Unternehmens dar.

Die als “Assessment Center” bekannten klassischen Personalauswahlverfahren finden seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland Verwendung, und stellen seitdem eine feste Größe in der Personalentwicklung dar. Ihre Anwendung reicht von singulären Bewerberauslesen bis hin zu umfangreichen mehrstufigen Ausführungen (vgl. Jochmann 1999, S. V). Eine Gruppe von Teilnehmern durchläuft eine Variation von Übungen unter der Leitung eines Beobachterteams. Das Verhalten der Probanden wird hierbei mit einer Kriterienliste abgeglichen, die als mehr oder wenige relevant für einen auszuübenden Beruf betrachtet wird (vgl. Ballantyne/Povah 1995, S. 2-4). Seit den 70er Jahren werden auch Personalcomputer zu diagnostischen Zwecken eingesetzt. In Bezug auf Assessment Center ermöglichen sie eine große Bandbreite neuer Anwendungen ausgehend von der einfachen Übertragung bestehender Verfahren in verfeinerten Varianten auf den Bildschirm über computergestützte Videosimulationen bis hin zur Gestaltung virtueller, der Realität entlehnter Sachverhalte in Form komplexer, dynamischer Szenarien. Letztgenannte Anwendung ermöglicht es, die Komplexität der späteren Entscheidungen auf dem Computer nachzubilden. Die nachgebildete Welt entspricht hierbei in ihren Anforderungen im optimalen Fall der späteren Berufsrealität. Somit kann das Entscheidungsverhalten der Probanden direkt diagnostiziert werden (vgl. Funke/Geilhardt 1996, S. 201, vgl. Lehment 1999, S. 120-124).

Gegenstand der vorliegenden Arbeit wird es im Folgenden sein, den Einsatz computergestützter Diagnoseverfahren im Rahmen von Assessment Centern zu untersuchen. Aufgrund ihrer derzeitigen Praxisbedeutung und ihres Potentials für künftige Anwendungen wird der Schwerpunkt hierbei auf der Betrachtung komplexer Management-Szenarien liegen. Zunächst wird hierzu eine Abgrenzung komplexer Szenarien vorgenommen und ihre Einsatzchancen innerhalb von Assessment Centern vorgestellt. Da bei der Erstellung und späteren Verwendung diagnostischer Instrumente insbesondere wissenschaftliche Gütekriterien eine große Bedeutung besitzen, wird des weiteren die Problematik der Objektivität, Reliabilität und Validität in Bezug auf diese spezifische Thematik erläutert. Aufgrund des vorgegebenen Umfangs dieser Arbeit wird sich diese Betrachtung allerdings lediglich auf einen Überblick beschränken. Im Folgenden werden zwei ausgewählte Simulationsprogramme vorgestellt, „TAILORSHOP“ und das daraus hervor gegangene „TEXTILFABRIK“. Hierbei sollen durch diese Gegenüberstellung von alt und neu Probleme beim Einsatz computergestützter komplexer Verfahren aufgezeigt werden. Ergänzend zum Schwerpunkt der Arbeit wird hiernach ein Überblick über weitere computergestützte Verfahren und ihre Anwendungsmöglichkeiten gegeben. Abschluß der Betrachtung stellt eine zusammenfassende Beurteilung der Einsatzmöglichkeiten computergestützter komplexer Szenarien innerhalb von Assessment Centern dar.

2 Komplexe Szenarien in Assessment Centern

2.1 Die Merkmale computersimulierter komplexer Szenarien

Computersimulierte komplexe Szenarien sind programmierte Simulationen von Realitätsausschnitten. Ein oder mehrere Probanden übernehmen die Rolle eines Entscheidungsträgers in der Simulation. Ihre Handlungen nehmen hierbei auf den Programmverlauf und dessen Ergebnis Einfluß (vgl. Strauß/Kleinmann 2001, S. 70-71). Beim Einsatz komplexer Szenarien zu diagnostischen Zwecken ist hierbei zunächst zu klären, welche Szenarien als “komplex” zu betrachten sind. Die Klärung dieses Sachverhalts geht aus dem zugrundeliegenden psychologischen Fachgebiet des “Komplexen Problemlösens” hervor, und umfaßt die in diesem Bereich definierten Aspekte einer typischen realen und komplexen Problemstellung. Hieraus ergeben sich die im Folgenden dargestellten Anforderungen an ein realitätsnahes Szenario (vgl. Hasselmann 1993, S.3-4). Das System hat Komplexität im Sinne einer hohen Zahl von Variablen aufzuweisen. Zwischen diesen müssen vielfältige Wirkungszusammenhänge, Vernetztheit, bestehen, welche bei Variationen einer Variable zu Effektausbreitung innerhalb des Systems führen. Die Simulation muß Dynamik aufweisen, d.h. durch äußere Eingriffe veränderbar sein. Beim Vorliegen von Eigendynamik verändert sich das Szenario selbständig und erhöht somit den Zeit- und Handlungsdruck des Probanden erheblich. Des weiteren ist „Intransparenz” in Form von unvollständigen Informationen über die Zusammenhänge und den Aufbau des Szenarios gefordert. Es sind mehrere, teilweise sich widersprechende Ziele gleichzeitig zu verfolgen, deren ex ante Bestimmung unzulänglich erfolgte, d.h. Polytelie und Unbestimmtheit der Ziele (vgl. Funke 1995b, S. 145-146, Funke/Geilhardt 1996, S. 201-202).

2.2 Die Einsatzmöglichkeiten komplexer Szenarien in Assessment Centern

Das Ziel des Einsatzes computersimulierter komplexer Szenarien in der beruflichen Eignungsdiagnostik ist eine virtuelle Nachbildung betrieblicher Anforderungen. Der Proband wird mit dieser konfrontiert, sein Verhalten erfaßt und als Grundlage einer Eignungsbestimmung genutzt. Diese Anforderungen jedoch unterliegen seit den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts einem starken Wandel. Steigende Komplexität der Entscheidungssituationen verbunden mit vielfältigen Fern- und Nebenwirkungen und der heutzutage viel diskutierten “Informationsflut” sowie intransparente, sogar widersprüchliche Ziele führen zu neuen Anforderungen an Manager-Qualifikationen (vgl. Hasselmann 1993, S. 7-14, vgl. Dörner 1981, S. 163). Die klassischen eignungsdiagnostischen Instrumente sind nur bedingt geeignet, der veränderten Nachfrage an Fähigkeiten gerecht zu werden. Gerade im Bereich der komplexen Problemstellungen besteht ein großes Defizit an Diagnosemethoden (vgl. Hasselmann 1993, S. 27-28). Der Einsatz komplexer Szenarien stellt hierbei eine Möglichkeit zur Lösung des Problems dar. Wie aus der bereits erfolgten Abgrenzung hervorgeht, werden diese mit dem Ziel geschaffen, reale komplexe Problemstellungen in kontrollierbare Laborsituationen zu überführen. Durch die Dynamik der Anwendungen soll es möglich sein, das Problemlöseverhalten des Probanden einzusehen, und hieraus Rückschlüsse auf seine individuellen Befähigungen zu ziehen. Der Motivationswert sowie die von den Probanden empfundene Gleichbehandlung dieser Methodik führen zudem zu hoher Akzeptanz seitens der Teilnehmer (vgl. Funke/Geilhardt 1996, S. 206, Funke 1995a, S. 220).

2.3 Qualitätsaspekte komplexer Szenarien

Wie alle eignungsdiagnostischen Verfahren unterliegen auch komplexe computergestützte Szenarien diversen wissenschaftlichen Voraussetzungen. Eine Verletzung dieser kann ihre Verwendbarkeit einschränken oder sie gänzlich unbrauchbar machen. Hierbei ist zunächst der Zusammenhang zwischen Meßwert und realer Anforderung zu nennen. Ein Szenario liefert nur dann sinnvolle Ergebnisse, wenn die in ihm gemessenen Werte auch den späteren beruflichen Problemstellungen entsprechen. Eine reine Augenscheinvalidität, d.h. der Verweis auf die vermeintlich bestehende Verwandtschaft des Szenarios zur Praxis in Form postulierter Übereinstimmung, ist hierbei ebenso beliebt wie bedenklich (vgl. Funke 1995b, S. 174-175).

Die Objektivität einer Diagnosemethode bedingt größtmögliche Standardisierung, um allen Teilnehmern gleiche Voraussetzungen zu schaffen und eine Verzerrung der Ergebnisse durch z.B. unterschiedliches Versuchsleiterverhalten somit zu verhindern. Das Teilnehmerverhalten muß stets vergleichbar sein. Dieses bedingt unter anderem gleich formulierte Zielvorgaben und identische Durchführungszeiten (vgl. Funke 1995b, S. 177). Die Dynamik komplexer Szenarien stellt hierbei ein erhebliches methodisches Problem dar. Da unterschiedliche Entscheidungen der Probanden während der Simulation zu unterschiedlichen, sich ständig ändernden Zwischenergebnissen kommen, entsteht somit eine Vielzahl unterschiedlicher, nur schwer vergleichbarer “Zwischenprobleme”. Eigendynamische Szenarien mit vorprogrammierten Ereignissen verstärken diese Problematik, da betreffende Ereignisse die Teilnehmer nicht in der jeweils identischen Situation treffen, sondern die punktuelle Lage eines jeden als Ergebnis individueller Entscheidungen stark variieren kann (vgl. Funke 1995b, S. 178). Zudem ist dafür Sorge zu tragen, daß das Modell des Szenarios keine unrealistischen Zusammenhänge enthält. Jede Computersimulation unterliegt gewissen Annahmen, die seine Programmierung erst ermöglichen. Diese Annahmen bestimmen die Zusammenhänge zwischen den Variablen. Ein Teilnehmer mit realistischen Annahmen über ein inplausibel gestaltetes System würde somit für seine Vernunft bestraft, während ein zufällig richtig handelnder Proband die Problemlage anscheinend richtig erfaßt hat. In der Folge kann dieses darüber hinaus zu vermeidbaren Mißerfolgserlebnissen des Probanden führen. Eine Lösung des Problems wird teilweise darin gesehen, in dem Programm von Anfang an keine realistischen Zusammenhänge vorzugeben. Die Leistung des Probanden besteht dann im Erkennen der komplexen aber künstlichen Zusammenhänge. Ein Beispiel hierfür ist die „SINUS“-Simulation (vgl. Funke/Geilhardt 1996, S. 204-205, vgl. Strauß/Hasselmann/ Hasselmann 1992, S 537-539, vgl. Hasselmann 1995, S. 254).

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Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Assessment Center - computergestützte Verfahren
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik)
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
20
Katalognummer
V15448
ISBN (eBook)
9783638205528
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Assessment, Center, Verfahren
Arbeit zitieren
Michael Thomas (Autor:in), 2002, Assessment Center - computergestützte Verfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15448

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