Die Diagnostik der Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern

Ein Vergleich der verschiedenen Diagnoseverfahren


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2010

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
2.1 Beschreibung der Störung
2.2 Epidemiologie
2.3 Ätiologie
2.4 Therapie

3. Diagnostik der ADHS
3.1 Fragebögen
3.2 Direkte Verhaltensbeobachtung
3.3 Neuropsychologische Testverfahren

4. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Obwohl die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung eine der häufigsten psychiatrischen Störungen des Kindes- und Jugendalters ist, gibt es nur wenige einigermaßen valide Verfahren zur Diagnose der Störung. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der Forschungsstand zum Störungsbild der ADHS uneinheitlich ist und es bis heute nicht gelungen ist, ein für die Störung spezifisches neuropsychologisches Profil auszumachen. Die ADHS kann individuell sehr unterschiedliche Verläufe annehmen und tritt komorbid mit einer Vielzahl unterschiedlicher weiterer Störungen auf. Eine Störung einwandfrei zu diagnostizieren, welche so facettenreich ist, kann erst gelingen, wenn bekannt ist, welche grundlegenden Defizite Kinder mit und ohne ADHS unterscheiden. Im Folgenden soll zunächst die ADHS beschrieben werden, bevor ein Überblick über die Verfahren mit ihren Vor- und Nachteilen gegeben werden soll, welche momentan bei der ADHS-Diagnostik Verwendung finden.

2. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

2.1 Beschreibung der Störung

Die ADHS ist eine im Kleinkindalter beginnende psychiatrische Störung, welche durch die drei Hauptsymptome „Unaufmerksamkeit“, „motorische Überaktivität“ und „Impulsivität“ gekennzeichnet ist und zu den häufigsten Störungen des Kindes- und Jugendalters gehört (Döpfner, 2002). Die Diagnose erfolgt anhand der beiden Klassifikationssysteme „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - 10“ (ICD-10, Weltgesundheitsorganisation) und „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders - IV“ (DSM-IV, American Psychiatric Association). Hinsichtlich der Definition der Symptome unterscheiden sich die beiden Klassifikationssysteme nur unwesentlich. Im Folgenden sind die Kriterien des DSM-IV aufgeführt, wie sie in der deutschen Übersetzung von Saß et al. (2003) formuliert sind.

Um das Symptom der Unaufmerksamkeit diagnostizieren zu können, müssen mindestens sechs der folgenden Kriterien erfüllt sein.

Der Patient...

1. beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten.
2. hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten.
3. scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen.
4. führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen (nicht aufgrund oppositionellen Verhaltens oder Verständnisschwierigkeiten).
5. hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren.
6. vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die längerandauernde geistige Anstrengungen erfordern (wie Mitarbeit im Unterricht oder Hausaufgaben).
7. verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt werden (z.B. Spielsachen, Hausaufgabenhefte, Stifte, Bücher oder Werkzeug).
8. lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken.
9. ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich (Saß et al., 2003, S. 62-63).

Wie anhand der Diagnosekriterien ersichtlich ist, ist im Zusammenhang mit der ADHS sowohl der Bereich der selektiven Aufmerksamkeit als auch der Bereich der Daueraufmerksamkeit von Bedeutung, da die Betroffenen in beiden Bereichen Defizite aufweisen. Eine gestörte selektive Aufmerksamkeitsleistung zeigt sich durch ein hohes Maß an Ablenkbarkeit und Vergesslichkeit, während sich die Daueraufmerksamkeit auf die Fähigkeit bezieht, die Aufmerksamkeitsleistung bei der Bearbeitung einer Aufgabe aufrechtzuerhalten (Döpfner, 2002).

Um die Diagnose Hyperaktivität und Impulsivität nach DSM-IV stellen zu können, müssen mindestens sechs der Symptome beider Bereiche zusammengenommen erfüllt sein.

Hyperaktivität:

Der Patient ...

1. zappelt häufig mit den Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum.
2. steht in der Klasse oder in anderen Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird, häufig auf.
3. läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben).
4. hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen.
5. ist häufig „auf Achse“ oder handelt oftmals, als wäre er/sie „getrieben“.
6. redet häufig übermäßig viel.

Impulsivität:

Der Patient ...

1. platzt häufig mit den Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist.
2. kann nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist.
3. unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in Gespräche oder in Spiele anderer hinein).

Das Symptom der Hyperaktivität beschreibt zusammenfassend Verhaltensweisen von desorganisierter und überschießender Aktivität, welche vor allem in strukturierten Situationen auftreten, in denen Ruhe und Verhaltenskontrolle verlangt wird, beispielsweise in Stillarbeitsphasen in der Schule oder beim Bearbeiten der Hausaufgaben. Der Bereich der Impulsivität gliedert sich in die zwei Bereiche kognitive und motivationale Impulsivität auf. Mit kognitiver Impulsivität wird die Tendenz bezeichnet, Handlungen zu beginnen, bevor sie ausreichend durchdacht sind, und somit häufig dem ersten Handlungsimpuls zu folgen. Motivationale Impulsivität beschreibt die Schwierigkeit, Bedürfnisse aufzuschieben (Döpfner, 2002).

Um die Diagnose ADHS nach dem DSM-IV vergeben zu können, müssen zusätzlich zu den bereits genannten Symptomkriterien auch folgende Kriterien erfüllt sein:

1. Die Symptome sind mindestens über einen Zeitraum von 6 Monaten beständig aufgetreten.
2. Die Symptome sind in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß vorhanden gewesen.
3. Einige Symptome der Hyperaktivität-Impulsivität oder Unaufmerksamkeit, die Beeinträchtigung verursachen, treten bereits vor dem Alter von sieben Jahren auf.
4. Beeinträchtigungen durch diese Symptome zeigen sich in zwei oder mehr Bereichen (z.B. in der Schule, bzw. am Arbeitsplatz und zu Hause).
5. Es müssen deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen vorhanden sein.
6. Die Symptome treten nicht ausschließlich im Verlauf einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, Schizophrenie oder einer anderen psychotischen Störung auf und können auch nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt werden (z.B. Affektive Störung, Angststörung, Dissoziative Störung oder eine Persönlichkeitsstörung). (Saß et al., 2003).

Anhand des DSM-IV ist die Unterscheidung von drei verschiedenen Subtypen der Störung möglich, welchen unterschiedliche Kombinationen der drei Hauptsymptome zu Grunde liegen. Die Codierung erfolgt nach Typus und ist im Folgenden in Klammern hinter den Störungsbezeichnungen aufgeführt.

- Mischtypus (314.01):

Alle drei Hauptsymptome sind gleichermaßen ausgeprägt

- Vorwiegend unaufmerksamer Typus (314.00):

Das Symptom der verminderten Aufmerksamkeit steht im Vordergrund. Hyperaktivität und impulsives Verhalten tritt nicht oder nur sehr schwach ausgeprägt auf.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Diagnostik der Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern
Untertitel
Ein Vergleich der verschiedenen Diagnoseverfahren
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)  (Institut für Psychologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
21
Katalognummer
V154706
ISBN (eBook)
9783640676606
ISBN (Buch)
9783640676460
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Diagnostik, Vergleich, ADHS, ADS, Neuropsychologie, Psychologie, Klinische Psychologie, Aufmerksamkeit, Kinder, Testdiagnostik, TAP, KITAP, Fragebögen, KJP, Diagnoseverfahren, Diagnose
Arbeit zitieren
Stephan Polowinski (Autor:in), 2010, Die Diagnostik der Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154706

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