Nach Ende des zweiten Weltkrieges hat sich in Deutschland einiges verändert. Diese Phase war durch ein starkes Wirtschaftswachstum geprägt, welches neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze und dem Anstieg des Lebensstandards eine Aufwertung der Bildungsvoraussetzungen zur Folge hatte. Das sogenannte Upgrading äußerte sich in einer drastisch zunehmenden Bildungsbeteiligung, speziell im höheren Sekundar- und Tertiärbereich. Zudem nahmen immer mehr Frauen eine gute Bildung für sich in Anspruch. Heutzutage beeinflusst nichts die Stellung in der Gesellschaft so sehr wie der Bildungsabschluss .
Inwieweit sich diese Entwicklungen grundsätzlich auf die Sozialstruktur in Deutschland ausgewirkt haben, ist äußerst umstritten. Im Wesentlichen orientiert man sich an zwei Argumentationsrichtungen. Auf der einen Seite stehen die Vertreter des Individualisierungsansatzes. Ihrer Meinung nach hat ein Rückgang der sozialen Strukturierung stattgefunden, während individuelle Handlungsoptionen zunehmen. Ungleichheitskriterien wie das Bildungsniveau sind nicht mehr an eine bestimmte Position in der Gesellschaft geknüpft. Somit wird es schwieriger, sozialstrukturelle Größen zu erschließen.
Auf der anderen Seite stehen die Vertreter der Schließungsthese. Für sie existieren soziale Ungleichheiten auch in einer individualisierten Gesellschaft. Demnach ist Bildung nach wie vor ein entscheidender Faktor, wenn es um Einkommen oder Handlungsalternativen geht. Anstelle einer Auflösung von traditionellen Strukturen rechnen sie mit einer Schließung der Sozialstruktur, die von einer verstärkten sozialen Differenzierung begleitet wird.
In der nachfolgenden Arbeit sollen bildungsspezifische Heiratsbeziehungen in Westdeutschland hinsichtlich dieser beiden Thesen untersucht werden. Dabei wird Heike Wirths empirische Analyse von Heiratsbeziehungen im Mittelpunkt stehen. Der erste Teil befasst sich mit sozialtheoretischen Modellen der Partnerwahl. Es werden drei verschiedene Sichtweisen dargelegt, welche auf die Beweggründe, einen bestimmten Partner zu wählen, eingehen. Der Hauptteil widmet sich den bildungsspezifischen Heiratsbeziehungen. Nach einer kurzen Erläuterung zu möglichen Auswirkungen der Bildungsexpansion werden drei Determinanten der Partnerwahl vorgestellt. Anschließend sollen Wirths Befunde Tendenzen zur bildungsspezifischen Partnerwahl aufzeigen. Im letzten Teil dreht es sich um aktuellere Daten zur Bildungshomogamie. Sie werden den Befunden von Wirth vergleichend gegenübergestellt.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Sozialtheoretische Modelle der Partnerwahl
- Der Ansatz der Familienökonomie nach Gary S. Becker
- Partnerwahl aus austauschtheoretischer Perspektive
- Individuelles Handeln in sozialen Strukturen
- Determinanten der Partnerwahl
- Räumliche Nähe
- Soziale Differenzierung
- Geschlechtsspezifische Bildungsangleichung
- Tendenzen der bildungsspezifischen Partnerwahl
- Vergleich der Befunde zur Bildungshomogamie mit aktuelleren Daten
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht bildungsspezifische Heiratsbeziehungen in Westdeutschland im Kontext von zwei gegensätzlichen Thesen: dem Individualisierungsansatz und der Schließungsthese. Sie analysiert, wie sich die Bildungsexpansion auf die Sozialstruktur und die Partnerwahl auswirkt. Darüber hinaus werden Determinanten der Partnerwahl, wie räumliche Nähe, soziale Differenzierung und geschlechtsspezifische Bildungsangleichung, untersucht. Die Arbeit beleuchtet außerdem Trends in der bildungsspezifischen Partnerwahl und vergleicht aktuelle Daten mit den Befunden von Heike Wirth.
- Bildungsexpansion und ihre Auswirkungen auf die Sozialstruktur
- Sozialtheoretische Modelle der Partnerwahl (Familienökonomie und Austauschtheorie)
- Determinanten der Partnerwahl (räumliche Nähe, soziale Differenzierung, Bildungsangleichung)
- Trends in der bildungsspezifischen Partnerwahl
- Vergleich aktueller Daten mit früheren Befunden zur Bildungshomogamie
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel liefert eine Einleitung und stellt die beiden zentralen Thesen des Individualisierungsansatzes und der Schließungsthese vor. Es skizziert die Entwicklung der Bildungsexpansion in Deutschland und deren potenzielle Auswirkungen auf die Sozialstruktur. Das zweite Kapitel widmet sich verschiedenen sozialtheoretischen Modellen der Partnerwahl. Es behandelt den Ansatz der Familienökonomie nach Gary S. Becker, der auf ökonomische Prinzipien der Nutzenmaximierung und Ressourcenallokation setzt. Anschließend werden austauschtheoretische Ansätze vorgestellt, die die Bedeutung sozialer Interaktion, Belohnung und Bedürfnisbefriedigung in der Partnerwahl betonen. Das dritte Kapitel untersucht die Determinanten der Partnerwahl, wobei räumliche Nähe, soziale Differenzierung und geschlechtsspezifische Bildungsangleichung im Fokus stehen. Es geht auf Tendenzen in der bildungsspezifischen Partnerwahl ein und vergleicht aktuelle Daten mit den Befunden von Heike Wirth.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Bildungsexpansion, der Sozialstruktur, der Partnerwahl, der Familienökonomie, der Austauschtheorie, der Bildungshomogamie, der Determinanten der Partnerwahl und der empirischen Analyse von Heike Wirth.
- Arbeit zitieren
- Denise Betsch (Autor:in), 2008, Bildungsspezifische Heiratsbeziehungen in einer individualisierten Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154778