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Kapitel 2
Die ABC-Vermutung
Die ABC-Vermutung wurde - wie bereits in der Einleitung erw¨ ahnt - 1985 von Masser und Oesterl´ e formuliert. Dabei werden Eigenschaften des Zahlentripels (a, b, c) untersucht, die paarweise teilerfremd sind. Von ABC-Treffern spricht man genau dann, wenn rad(a·b·c) ≤ c gilt. Wir betrachten dabei o. B. d. A. nat¨ urliche Zahlen. Als das Radikal einer nat¨ urlichen Zahl n bezeichnen wir den quadratfreien Kern dieser Zahl. Zun¨ achst formulieren wir die ABC-Vermutung und gehen dann in diesem Kapitel noch auf einige wichtige Folgerungen ein, die zutreffen, falls die ABC-Vermutung gilt.
2.1 Grundlegende Definitionen
Die ABC-Vermutung ist eine 1985 von J. Oesterl´ e und D. Masser aufgestellte Vermutung. Sie beschreibt eine Zahl c, die sich aus der Summe zweier nat¨ urlichen Zahlen (a + b) zusammensetzt. Sind a, b und c teilerfremd, so heißt das Tripel (a, b, c) ein ABC-Tripel.
Diese Vermutung ist bisher weder bewiesen noch widerlegt. Weiterhin wurde das Verh¨ altnis rad(abc) eingef¨ uhrt. Man spricht dann von ABC-Treffern,
c
falls dieser Quotient kleiner oder gleich 1 ist, d. h. rad(abc) ≤ c. Dar¨ uber hinaus gibt es bereits eine Vielzahl zahlentheoretischer Ergebnisse, die die G¨ ultigkeit der ABC-Vermutung voraussetzen. Wir gehen auch teilweise auf diese Ergebnisse ein und setzen stets voraus, dass die ABC-Vermutung gilt.
Wir beginnen zun¨ achst mit einigen Definitionen, die wir f¨ ur die Berechnung von ABC-Tripeln ben¨ otigen:
Definition 2.1 (Radikal einer nat¨ urlichen Zahl)
1 · . . . · p e k Sei n ∈ N von der Form n = p e 1 k mit p i Primzahl f¨ ur alle i = 1, . . . , k und e i die zugeh¨ orige Vielfachheit. Dann definieren wir das Radikal von n wie folgt:
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2.2 Das polynomiale Analogon der ABC-Vermutung
Bevor wir uns mit den Ergebnissen und Konsequenzen, die bei G¨ ultigkeit der ABC-Vermutung resultieren, besch¨ aftigen, gehen wir noch kurz auf die Hintergr¨ unde der ABC-Vermutung ein. Masser erhielt die Idee f¨ ur seine Definition durch den Satz von Mason, den wir nun zeigen m¨ ochten. Zun¨ achst ben¨ otigen wir noch die nachfolgende Definition:
Definition 2.7 (Radikal eines Polynoms)
Sei K ein algebraisch abgeschlossener K¨ orper mit Charateristik 0. Sei p(x) =
mit a k ∈ K. Dann ist n 0 (p) die Anzahl der paarweise verschiedenen Nullstellen von p(x), d. h. jede Nullstelle wird nur mit der Vielfachheit 1 gez¨ ahlt, analog zum Radikal einer nat¨ urlichen Zahl.
Nun k¨ onnen wir den Satz von Mason formulieren:
Satz 2.8 (Satz von Mason)
Seien a(x), b(x), c(x) Polynome mit Koeffizienten in K, K ein algebraisch abgeschlossener K¨ orper mit char (K) = 0. Seien a(x), b(x), c(x) teilerfremd und a(x) + b(x) = c(x). Dann gilt:
max deg{a(x), b(x), c(x)} ≤ n 0 (a(x) · b(x) · c(x)) − 1 (2.5)
Beweis: Nach Voraussetzung gilt a(x) + b(x) = c(x). Wir teilen beide Seiten durch c(x) und erhalten
Nun setzen wir f (x) := a(x) und g(x) := b(x) , d. h. f (x) + g(x) = 1. Durch Differentia-
c(x) c(x)
tion nach x erhalten wir f (x) + g (x) = 0 (2.7)
Durch Erweitern des Bruches erhalten wir dann
f
(x)
Wegen a(x) = f (x) · c(x) und b(x) = g(x) · c(x) folgt schließlich
Sei nun h(x) eine rationale Funktion und ρ i die paarweise verschiedenen Wurzeln des Z¨ ahlers und Nenners. Dann ist
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2.3 Spezielle Folgerungen aus der ABC-Vermutung
Unter der Voraussetzung, dass die ABC-Vermutung gilt, k¨ onnen wir eine Reihe zah-lentheoretischer Ergebnisse zeigen. Die ABC-Vermutung impliziert beispielsweise eine schwache Form von Fermats letztem Satz:
Hypothese 2.11 (Das asymptotische Fermat-Problem)
Sei ggT(x, y, z) = 1. Dann existiert ein N ∈ N, so dass f¨ ur alle n > N die Gleichung
x n + y n = z n (2.17)
nur die triviale ganzzahlige L¨ osung 1 besitzt.
Wir werden nachfolgend zeigen, dass diese Aussage folgt, falls die ABC-Vermutung gilt. Daf¨ ur ben¨ otigen wir noch die folgenden Notation:
Wir benutzen das Symbol ”” 2 f¨ ur die folgende Ausssage ¨ uber Funktionen f (x) und g(x):
f (x) g(x), falls es ein c ∈ R gibt, so dass f (x) ≤ c · g(x) f¨ ur alle x ∈ R gilt.
Satz 2.12
Gilt die ABC-Vermutung, so impliziert diese das asymptotische Fermat-Problem. Beweis: Sei die ABC-Vermutung g¨ ultig. O. B. d. A. seien x, y, z ∈ N. Nach der ABC-Vermutung gilt
Damit folgt
3 =| x · y · z | 3+ε . | x · y · z | 1+ ε (2.19) 3
Hiermit erhalten wir, dass n ∈ N beschr¨ ankt ist, da | x · y · z |> 1. Damit n ∈ N nicht beschr¨ ankt ist, muss | x · y · z |≤ 1 gelten. Somit folgt, dass eine der drei Zahlen x, y, z Null sein muss.
1 Der Satz von Fermat (nach Pierre de Fermat, 1608-1665) wurde erst 1993 von Wiles und Taylor bewiesen.
2 Wir f¨ uhren sp¨ ater die Definition der Landau-Symbole ein, die die gleiche Bedeutung haben.
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Hypothese 2.23 (Original Szpiro-Vermutung)
Sei E eine Weierstraß-Kurve mit Diskriminante D und c(E) der Konduktor von E. Dann gilt: | D || rad(D) 6+ε c(E) 6+ε . (2.25)
- Quote paper
- Matthias Mahl (Author), 2009, Konstruktion guter ABC-Tripel mit dem LLL-Algorithmus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155457
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