Babyklappe - Fluch oder Segen?

Eine kritische Auseinandersetzung unter ausgewählten Aspekten


Hausarbeit, 2009

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Statistik

3. Rechtliche Aspekte

4. Identität – Für Babyklappenkinder unmöglich?

5. Die aussetzende Person

6. Kinderhandel – eine Gefahr?

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung:

„Nur ein gerettetes Kind und es hat sich schon gelohnt.“ So oder so ähnlich werben Babyklappenbetreiber und deren Befürworter für das Angebot der Babyklappe, mit dem jungen Müttern in extremen Notsituationen die Möglichkeit gegeben werden soll, ihr Baby in sichere Obhut zu geben. Auch ein Großteil der Öffentlichkeit steht diesem Angebot positiv gegenüber. Schließlich sei es doch allemal besser, das Kind in einer Babyklappe abzugeben, als es auf irgendeine Parkbank zu legen oder es gar zu töten. Wirft man dagegen einen Blick in wissenschaftliche Veröffentlichungen, so eröffnet sich eine völlig neue Perspektive. Hier wird das Thema Babyklappe höchst unterschiedlich, oftmals sogar überaus negativ bewertet. Häufigste Vorwürfe der Kritiker: Die Babyklappe sei gesetzeswidrig, würde die Zahl der Kindesaussetzungen nicht verringern sondern sogar erhöhen, und öffne durch die Anonymität kriminellen Machenschaften Tür und Tor.

Mittlerweile gibt es in Deutschland ca. 90 Einrichtungen, die erste ihrer Art war der Verein Sternipark in Hamburg, der im Jahr 2000 gegründet wurde.[1] An Aktualität hat das Thema derweil nichts eingebüßt, im Gegenteil: Bei jedem durch die Medien bekannt gemachten Fall von Kindesaussetzung entflammt die Diskussion um Sinn oder Unsinn der Babyklappe wieder aufs Neue. Fluch oder Segen?

Ziel dieser Arbeit ist es, anhand einiger ausgewählter Aspekte einen Überblick über die Babyklappendebatte zu liefern. Dabei soll es vor allem darum gehen, die verschiedenen Argumentationsstandpunkte gegenüber zu stellen, um so zu einer Bewertung gelangen zu können. Aus Platzgründen können nicht alle Facetten des Themas beleuchtet werden, so dass die Autorin sich für die ihrer Meinung nach gewichtigsten Punkte beschränkt hat.

Um einen Einblick in das grundsätzliche Problem zu geben, wird in Kapitel 2 dargestellt, wie schwer es ist, bei diesem Thema überhaupt verlässliche Aussagen treffen zu können, da keine gesicherten empirischen Daten vorliegen. Das Kapitel 3 beinhaltet die verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkte, welche die Frage der Legalität der Babyklappe ins Auge fassen.

Im darauf folgenden Kapitel 4 sollen die verschiedenen Standpunkte darüber beleuchtet werden, ob und inwiefern Babyklappenkinder Probleme bei der eigenen Identitätsfindung haben. Ein näherer Blick auf die aussetzende Person wird in Kapitel 5 geworfen. Dabei wird vor allem der Frage nachgegangen, ob das seitens der Babyklappenanbieter angestrebte Klientel erreicht wird. Das letzte Kapitel behandelt einen speziellen Aspekt, die eventuelle Gefahr des Kinderhandels bei Babyklappen, bevor in einem anschließenden Fazit die wesentlichen Punkte noch einmal zusammengefasst werden und ein Ausblick gewagt wird.

2. Statistik

Statistisch verlässliche Aussagen zum Thema Babyklappe zu machen fällt schwer, da kaum empirisch abgesichertes Material zu finden ist. Die Gründe hierfür seien vielfältig. So gäbe es zum einen keine regelmäßigen und überprüfbaren Daten von Seiten der Anbieter, da diese die versprochene Anonymität der Mütter nicht aufheben wollen. Des Weiteren werde die Kindesaussetzung in §221 StGB „nicht gesondert ausgewiesen und somit nicht gesondert erfasst.“[2] Weiter seien auch keine verlässlichen Zahlen über die faktische Kindesaussetzung vorhanden, da die hierbei zu berücksichtigende Dunkelziffer eine aussagekräftige Statistik unmöglich mache. Ebenso fehlten Angaben über Zahlen der Kinder, welche wieder zurückgenommen werden oder darüber, wie viele abgebende Personen Informationen für ihr Kind hinterlassen haben.[3]

Auch Neonatizide sind nicht verlässlich dokumentiert. Bis 1998 wurden diese noch mittels §217 StGB erfasst. Seit der Abschaffung im selben Jahr gibt es keine Dokumentation mehr.

Schätzungen vermuten ca. 20 bis 30 getötete bzw. ausgesetzte Kinder pro Jahr in Deutschland.[4] Diese Zahlen seien laut Christine Swientek „seit 20 Jahren die geringsten“[5].

Angesichts dieser unsicheren Faktenlage, ist es wichtig dieses Terrain mit höchster Zurückhaltung zu betrachten, und keine vorschnelle Beurteilung vorzunehmen.

Christine Swientek wagte im Jahr 2007 den Versuch einer Studie zum Thema Babyklappen, räumte dabei aber selber ein, dass es weder Statistiken und Fallsammlungen gäbe, was sie dazu zwingen würde, ihre Untersuchung ausschließlich anhand von Medienberichten vorzunehmen.[6]

Trotz dieser empirischen Unsicherheit sagen Kritiker, dass die Anzahl von Kindestötungen/-aussetzungen trotz Babyklappe nicht gesunken und ein Anstieg von Findelkindern zu verzeichnen sei.[7] Allerdings ist zu hinterfragen, ob diese Aussage tatsächlich so übernommen werden kann, da die Daten, die diese These stützen, wie bereits erwähnt, allein anhand bundesweiter Medienberichte ermittelt wurden. Die Chance aus diesem Material zu einer fundierten und wissenschaftlich abgesicherten Schlussfolgerung zu gelangen, ist gering, da die Fälle, die nicht in den Medien dokumentiert wurden, nicht mit in die Beurteilung einbezogen werden können. Um überhaupt zuverlässige Daten zu bekommen, wäre eine Untersuchung von Nöten, die Zahlen von allen Seiten umfasst. Dies ist jedoch kaum möglich.

Angesichts dieser Sachlage verbietet sich ein abschließendes Urteil darüber, ob Babyklappen tatsächlich Aussetzungen/Tötungen verhindern können. Diese These kann weder unterstützt noch entkräftet werden, da es schlicht und ergreifend an empirisch abgesichertem Wissen mangelt.

3. Rechtliche Aspekte

Bei der Auseinandersetzung mit der Thematik der Babyklappe stößt man unwillkürlich auf den rechtlichen Gegenstand. Die Rechtslage ist nach wie vor strittig, da es ein notwendiges Gesetz, welches die Einrichtung von Babyklappen regelt, nicht gibt.

So stellt Roland Merten fest, dass Babyklappen „mit der derzeit gültigen Rechtsordnung nicht vereinbar“[8] sind. Anbieter berufen sich dagegen auf den §221 StGB, die Kindesaussetzung. Dieser Tatbestand liegt vor, „wenn eine Person einen Menschen in eine hilflose Lage versetzt[…]“[9]. Legt man nun zu Grunde, dass eine Mutter mit dem Gang zur Babyklappe Leid von ihrem Kind fernhalten möchte, dann könne ihr keine Schädigungsabsicht nachgewiesen werden. In diesem Sinne seien die Babyklappe und die damit verbundene Abgabe nicht strafbar.[10]

Im Zusammenhang mit der Babyklappe müssen durchaus noch weitere Bereiche der Rechtsordnung beachtet werden. Betroffen sind zum einen das Recht eines Menschen auf Kenntnis seiner Abstammung und Identität, das Personenstandsrecht sowie Aspekte des Sorge- und Unterhaltsrechtes.

Nach dem Persönlichkeitsecht (Art.2 Abs.1 GG) stehe jedem Menschen das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung zu. Unterstützt werde dies noch durch Art.1 Abs. 1 GG, den Schutz der Menschenwürde. Jeder Person werde mittels des Persönlichkeitsrechts ein Bereich privater Lebensgestaltung zugesichert, in welchem er seine Eigenständigkeit nach eigenem Verständnis entfalten könne. Voraussetzung dafür ist nach Ulrike Riedel „die Kenntnis der für die Individualität des Menschen konstitutiven Faktoren und dazu gehört […] die Kenntnis der Abstammung“[11]. Befürworter entgegnen, dass es bei der Babyklappe um einen Wertekonflikt zwischen dem Recht auf Leben, welches in Art.2 Abs.2 Satz 1 GG garantiert wird und dem Recht auf Kenntnis der Abstammung und Identität gehe. Hierbei habe letzteres hinter dem ersten zurückzustehen, da es vorrangig um den Schutz von Mutter und Kind ginge.[12]

Das Personenstandsgesetz (PStG) mit seinen relevanten Paragraphen (§§18-21 sowie § 24) hat eine ebenso gewichtige Bedeutung für das Thema. Demnach bestehe eine Meldepflicht für Kinder binnen einer Woche nach Geburt beim Standesamt. Ebenso werde dort festgehalten, wer verpflichtet ist, dieses zu melden und welche Daten angegeben werden müssen. Folglich müsse also jede Geburt sowie die Identität der Mutter und des Vaters, soweit bekannt, mitgeteilt werden. Wer dies unterlasse, erfülle den Tatbestand der Personenstandsfälschung nach §169StGB. Ferner kann auch Art.6 Abs.2 GG herangezogen werden, wonach die Eltern berechtigt und verpflichtet seien, ihr Kind zu pflegen und zu erziehen. Gerade hier müsse auch das Recht des Vaters beachtet werden, der häufig in der Diskussion um Babyklappen gänzlich außer Acht gelassen werde. In diesem Zusammenhang könne auch über §171 StGB, Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht diskutiert werden.[13]

[...]


[1] Vgl. Sternipark (2009).

[2] Swientek (2007), S.16.

[3] Vgl. Merten (2004), S.258 u. Busch (2005), S.32.

[4] Vgl. Rohde (2005), S.45 u. Swientek ( 2007), S.38.

[5] Swientek (2007), S.38.

[6] Vgl. ebd., S.16.

[7] Vgl. ebd., S. 38f. u. Bott;Swientek;Wacker (2007), S.160f.

[8] Merten (2004), S.257.

[9] Ebd., S.258.

[10] Vgl. ebd., S.258f.

[11] Riedel (2007), S. 44.

[12] Vgl. ebd., S.43f. u. Busch (2005), S.34.

[13] Vgl. Altebockwinkel (2002), S.61 u. Merten (2004), S.259f. u. Riedel (2007), S.45f. u. Swientek (2001), S. 126f.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Babyklappe - Fluch oder Segen?
Untertitel
Eine kritische Auseinandersetzung unter ausgewählten Aspekten
Hochschule
Katholische Fachhochschule Nordrhein-Westfalen - Abteilung Münster
Veranstaltung
Ethos und Ethik als Grundlagen und Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
17
Katalognummer
V155625
ISBN (eBook)
9783640684038
ISBN (Buch)
9783640684182
Dateigröße
378 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Babyklappe, Fluch, Segen, Eine, Auseinandersetzung, Aspekten
Arbeit zitieren
Katharina Thesing (Autor:in), 2009, Babyklappe - Fluch oder Segen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155625

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