Bereits seit der Antike löst die Geschichte von Medea [...]gleichermaßen Grauen und Faszination aus, findet als ein immer wiederkehrendes Motiv in vielfacher Ausdeutung und Gestaltung Eingang in die Literaturgeschichte. Und nach wie vor scheint das Interesse an diesem Stoff ungebrochen.
Doch was macht diese alten Geschichten so interessant, dass sie auch heute noch als Vorlage für immer neue literarische Bearbeitungen dienen, und welche Bedeutung haben sie für die Gegenwart?
Dieser Frage soll anhand der Autoren Heiner Müller und Christa Wolf nachgegangen werden, die sich während ihres gesamten Schaffens immer wieder mit den antiken Mythen auseinandersetzen und diese in ihre Werke einfließen lassen.
Dabei nehmen die beiden Autoren hinsichtlich ihrer Antike-Projekte durchaus aufeinander bezug und beeinflussen sich gegenseitig: Während Müller mit den Plänen zu seinem letzten großen Projekt „Digest Orestie“, einer Kurzfassung der Trilogie des Aischylos, auf die „Kassandra“ (1983) von Christa Wolf rekurriert, bezieht sich Wolf wiederum mit ihrer zeitgleich zu Müllers „Orestie“ beginnenden Arbeit am Medea-Roman auf dessen „VERKOMMENES UFER MEDEAMATERIAL LANDSCHAFT MIT ARGONAUTEN“.
Am Beispiel der beiden letztgenannten Werke – Heiner Müllers „VERKOMMENES UFER MEDEAMATERIAL LANDSCHAFT MIT ARGONAUTEN“ (1982) und Christa Wolfs „Medea.Stimmen“ (1996) – sollen mit dieser Arbeit unterschiedliche Konzepte der Bearbeitung antiker Vorlagen – speziell des Medeamythos – vorgestellt werden. [...]
Ausgehend von der Form und Struktur der Texte möchte ich den Umgang mit dem Mythos, d.h. die unterschiedlichen Bearbeitungsmodi der antiken Vorlage vor allem auf inhaltlicher Ebene und in Hinblick auf ihr utopisches Potential analysieren, wobei formelle und konzeptionelle Aspekte sich oft gegenseitig bedingen und auf vielfache Weise miteinander korrespondieren.
Mir geht es vor allem darum, den Affinitäten und Differenzen nachzuspüren, Gemeinsamkeiten, Unterschiede und mögliche wechselseitige Einflussnahmen zwischen Heiner Müllers und Christa Wolfs Antike-Projekten aufzuzeigen. Dieser Fokussierung ist neben der Struktur meiner Arbeit auch eine gewisse thematische Begrenztheit geschuldet, so dass nicht alle Aspekte v.a. des vielschichtigen, von intertextuellen Bezügen geprägten Werkes Heiner Müllers angesprochen, geschweige denn geklärt werden können
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Heiner Müller „VERKOMMENES UFER MEDEAMATERIAL LANDSCHAFT MIT ARGONAUTEN“
- Komposition/ Struktur
- Bearbeitung des Mythos
- Utopische Substanz
- Christa Wolf,,Medea. Stimmen“
- Komposition/ Struktur
- Bearbeitung des Mythos
- Utopische Substanz
- Dialog und Dissens – ein Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Bearbeitung des Medea-Mythos bei Heiner Müller und Christa Wolf. Ziel ist es, die unterschiedlichen Konzepte der Bearbeitung antiker Vorlagen - speziell des Medeamythos - vorzustellen und zu analysieren.
- Umgang mit dem Mythos
- Bearbeitungsmodi der antiken Vorlage
- Utopisches Potential der Bearbeitungen
- Affinitäten und Differenzen zwischen Müllers und Wolfs Antike-Projekten
- Wechselseitige Einflussnahmen der beiden Autoren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert den bleibenden Einfluss des Medea-Mythos und die Motivation, diesen anhand der Werke von Heiner Müller und Christa Wolf zu untersuchen.
Das Kapitel über Heiner Müllers „VERKOMMENES UFER MEDEAMATERIAL LANDSCHAFT MIT ARGONAUTEN“ beleuchtet die Komposition und Struktur des Textes im Kontext der von Müller propagierten „Entdramatisierung“ und der Suche nach neuen Darstellungsformen. Es werden die Collage- und Montagetechniken sowie die Poetik des Fragmentarischen analysiert.
Das Kapitel über Christa Wolfs „Medea. Stimmen“ widmet sich der Komposition und Struktur des Romans. Es wird die Bearbeitung des Mythos und das utopische Potential des Textes beleuchtet.
Das abschließende Kapitel „Dialog und Dissens – ein Fazit“ vergleicht die verschiedenen Konzepte der Mythenbearbeitung bei Müller und Wolf und analysiert die Affinitäten und Differenzen zwischen ihren Antike-Projekten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Antike, Mythos, Medea, Bearbeitung, Dramaturgie, Heiner Müller, Christa Wolf, Utopie, Collage, Montage, Fragmentarisches, Dialog, Dissens.
- Quote paper
- Astrid Lukas (Author), 2003, Dialog und Dissenz - Bearbeitungen des Medea-Mythos bei Heiner Müller und Christa Wolf, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15664