In dieser Arbeit wird die Entwicklung und Vermittlung von Spielvereinbarungen im Kindertheater untersucht.
Die grundsätzliche Verabredung, dass im Theater die Rollen in Spielende und Zuschauende unterteilt sind, gilt als Grundvoraussetzung für das Medium. Die jeweilige Beziehung zwischen diesen beiden Gruppen wird in hohem Maße durch die herrschenden Theaterkonventionen bestimmt.
Während erwachsene Theaterzuschauer mit diesen Konventionen zumeist vertraut sind, verhält sich dies bei Kindern anders, da diese ihre Rolle als Zuschauer im Theater erst noch lernen müssen.
Deshalb kommt es im Kindertheater besonders auf die konkrete Verabredung des Stücks an, die es mit den ästhetischen Mitteln der Inszenierung im spielerischen Prozess zu vermitteln gilt.
Die erste Begegnung zwischen Schauspielern und Zuschauern ist entscheidend, um die Regeln eines Stücks als Spielvereinbarung mit den Kindern zu etablieren. Wenn ein Spielprinzip erst einmal eingeführt und akzeptiert wurde, führt es zu Irritationen, wenn es gebrochen wird.
Beispielhaft wird in dieser Arbeit die Entwicklung und Vermittlung von Spielvereinbarungen im Kindertheater an dem Stück „Das bucklige Pferdchen“ in der Inszenierung von Ania Michaelis am Theaterhaus Frankfurt untersucht.
Die These dieser Arbeit lautet: Bei der Inszenierung eines Stückes sollte die Folgerichtigkeit der Spielvereinbarung im Blick behalten werden. Dies gilt für die dem Zuschauer zugewiesene Rolle genauso wie für die ‚Als-ob-Behauptung’. Nur, wenn die Vereinbarung, die am Anfang getroffen wurde, auch bis zum Ende des Stücks durchgehalten wird und mit der Spielweise übereinstimmt, wird den jungen Zuschauern Sicherheit in ihrer Rezeption gegeben, damit sie sich auf das Wechselspiel mit der Bühne einlassen können.
Folgende Fragen werden im Mittelpunkt stehen werden:
• Welche Verabredung wird am Anfang des Stücks mit dem Zuschauer getroffen?
• Auf welchen (Spiel-) Ebenen findet die Kommunikation statt?
• Welche Rolle wird dem Zuschauer dabei zugewiesen?
• Wie verändert sich seine Rolle durch den Wechsel der Spielebenen?
• Wann ist er Spielpartner, Komplize oder Voyeur?
• Mit welchen Mitteln wird das Verhältnis zum Zuschauer jeweils konstituiert?
• Wird das am Anfang etablierte Spielprinzip durchgehalten oder wird die Vereinbarung an
bestimmten Stellen unklar oder gebrochen?
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- II Theaterästhetische Traditionslinien
- 1 Aufführungsgeschichte des Stücks „Das bucklige Pferdchen“
- 1.1 Tjus, St. Petersburg (Brjanzew)
- 1.2 Theater der Freundschaft, Berlin (Hawemann)
- 2 Ästhetische Vorbilder
- 2.1 Commedia dell'arte (Balagan)
- 2.2 Wsevolod Meyerhold
- 2.3 Bertolt Brecht
- 2.4 Erzähltheater
- 1 Aufführungsgeschichte des Stücks „Das bucklige Pferdchen“
- III Methode und Arbeitsweise bei der Entwicklung der Inszenierung
- 1 Ensemblespiel
- 2 Kollektive Kreativität - Improvisationstechniken nach Horst Hawemann
- 3 Spielprinzip - Haltungsänderung und Wechsel der Spielebenen
- 4 Kommunikationsebenen nach Manfred Pfister
- IV Entwicklung und Vermittlung von Spielvereinbarungen In der Inszenierung
- 1 Der Raum als Bedingung für die Spielvereinbarung
- 1.1 Arrangement von Zuschauerraum und Bühne
- 1.2 Das Bühnenbild
- 2 Der Beginn des Stückes – Aufbau der Spielvereinbarung
- 3 Bühneninterne Kommunikation
- 3.1 Das Verhältnis des Schauspielers zu seiner Rolle
- 3.1.1. Die Beziehung des Spielers zur Figur
- 3.1.2. Besonderheiten des Puppentheaters
- 3.1.3. Erzählerhaltung
- 3.1.4. Spielerhaltung
- 3.2 Ebenenübergreifendes Ensemblespiel
- 3.1 Das Verhältnis des Schauspielers zu seiner Rolle
- 4 Externe Kommunikation mit dem Publikum
- 4.1 Direkte Kontaktaufnahme mit dem Publikum
- 4.2 Spiegelung der Zuschauerposition durch die Spieler
- 5 Brechung der Spielvereinbarung
- 6 Der Schluss - Auflösung der Spielvereinbarung
- 1 Der Raum als Bedingung für die Spielvereinbarung
- V Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung und Vermittlung von Spielvereinbarungen im Kindertheater, mit dem Fokus auf die Inszenierung „Das bucklige Pferdchen“ von Ania Michaelis am Theaterhaus Frankfurt. Die Arbeit erforscht, wie die Inszenierung durch die Interaktion von Schauspielern und Zuschauern eine spezifische Spielvereinbarung herstellt und wie diese durch verschiedene Mittel, wie Raumgestaltung, Bühnenbild und Kommunikation, vermittelt wird.
- Die Rolle des Spielers und des Zuschauers im Kindertheater
- Die Entwicklung und Vermittlung von Spielvereinbarungen
- Die Bedeutung des Raumes und des Bühnenbilds für die Spielvereinbarung
- Die Kommunikation zwischen Schauspielern und Publikum
- Ästhetische Traditionslinien und Vorbilder für die Inszenierung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Erörterung der theaterästhetischen Traditionslinien, die die Inszenierung „Das bucklige Pferdchen“ prägen. Sie beleuchtet die Aufführungsgeschichte des Stücks, die ästhetischen Vorbilder und die methodischen Einflüsse, die die Inszenierung beeinflussen.
Kapitel III widmet sich der Methode und Arbeitsweise bei der Entwicklung der Inszenierung, wobei die Bedeutung des Ensemblespiels, der kollektiven Kreativität und der Improvisationstechniken nach Horst Hawemann hervorgehoben werden.
Im Mittelpunkt von Kapitel IV steht die Entwicklung und Vermittlung von Spielvereinbarungen in der Inszenierung. Der Fokus liegt auf der Rolle des Raumes, des Bühnenbilds, der Bühnenkommunikation und der externen Kommunikation mit dem Publikum.
Schlüsselwörter
Kindertheater, Spielvereinbarung, Inszenierung, „Das bucklige Pferdchen“, Ania Michaelis, Theaterhaus Frankfurt, Raumgestaltung, Bühnenbild, Kommunikation, Ensemblespiel, Improvisation, Erzähltheater, Ästhetische Vorbilder, Meyerhold, Brecht.
- Arbeit zitieren
- Nadja Blickle (Autor:in), 2008, Die Entwicklung und Vermittlung von Spielvereinbarungen im Kindertheater, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/157100