Leseprobe
Inhalt
Einleitung
1. Hans Thiersch
2. Theorie der Sozialpädagogik
3. Das Konzept der Lebensweltorientierung
3.1 Entwicklung des Konzepts
3.2 Ziel der Lebensweltorientierung
3.3 Dimensionen der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit
3.4 Handlungsprinzipien der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit
3.5 Lebensweltorientierte Jugendhilfe
4. Zusammenfassung
5. Literatur
Einleitung
In der folgenden Arbeit beschäftige ich mich mit dem Konzept der Lebensweltorientierung von Hans Thiersch. Zu Beginn wird kurz der Lebenslauf von Hans Thiersch geschildert. Im zweiten Punkt geht es um die von ihm formulierte Theorie der Sozialpädagogik, welche mit der Lebensweltorientierung eng in Zusammenhang steht. Im weiteren Teil meiner Arbeit soll es dann um das Konzept der Lebensweltorientierung gehen, wobei ich zunächst die Entwicklung des Konzepts skizziere. Dann soll das Ziel dieses Konzepts dargestellt werden, um anschließend auf die Dimensionen und die Handlungsprinzipien der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit einzugehen. Schließlich soll dann die lebensweltorientierte Jugendhilfe in einzelnen Aspekten erläutert werden und die Arbeit zuletzt durch eine kurze Zusammenfassung abgerundet werden.
1. Hans Thiersch
1935 wird Hans Thiersch in Recklinghausen in Nordrheinwestfalen geboren. 1962 promoviert er zum Dr. Phil. und wird 1967 Professor für Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Kiel. 1970 folgt seine Habilitation. Ebenfalls in diesem Jahr wird er an der Universität Tübingen zum Professor für Erziehungswissenschaften und Sozialpädagogik ernannt. Dort leitet er das Institut für Erziehungswissenschaften I in der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften und gemeinsam mit Prof. Dr. Siegfried Müller den Arbeitsbereich für Sozialpädagogik. Außerdem ist er in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften tätig und arbeitet dort von 1978 bis 1984 als Mitglied des Vorstands und Vorsitzender. Von 1980 bis 1984 arbeitet in der Studienreformkommission mit, welche Empfehlungen zum Ausbildungsbereich Sozialwesen entwickelt. Hans Thiersch ist außerdem Mitglied der Sachverständigenkommission zum 8. Jugendbericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe (vgl. Engelke 1993, S. 271).
Zahlreiche Publikationen wurden von Hans Thiersch veröffentlicht und er ist auch Mitherausgeber mehrerer Zeitschriften. Arbeitschwerpunkte Hans Thierschs sind: Fragen der Hermeneutik und der sozialpädagogischen Theorie, Probleme der
Definition abweichenden Verhaltens, Probleme der Beratung, Heimerziehung und der sozialpädagogischen Jugendarbeit. Im Tübinger Verein für sozialtherapeutische Wohngruppen hat Thiersch durch seine Mitarbeit Kontakt zur Praxis gewonnen (vgl. Engelke 1993, S. 271-272).
2. Theorie der Sozialpädagogik
Die Grundlage der Theorie der Sozialpädagogik ist, so Engelke (1993), für Hans Thiersch eine Gesellschafstheorie, welche gleichzeitig die Erzeugung und Definition von sozialen Problemen und Lernproblemen behandelt, als auch die spezifischen Interventionsformen als gesellschaftliche Reaktion auf diese. Für Thiersch gliedert sich die Theorie der Sozialpädagogik/Sozialarbeit in fünf für ihn wichtige Dimensionen (vgl. Engelke 1993, S. 274):
1) Die Lebenswelt sozialpädagogischer Adressaten
Wesentlich sind hier die Fragen danach, wie die Menschen leben und wie ihr Alltag aussieht. Der Alltag ist hier der Ansatzpunkt für eine Hilfe zur Selbsthilfe. Es sollen so Lebensmöglichkeiten freigesetzt und stabilisiert, sowie Rahmenbedingungen verändert werden. So könnte ein selbstbestimmteres und freieres und somit menschlicheres Leben ermöglicht werden (vgl. Engelke 1993, S. 274).
2) Die gesellschaftliche Funktion von Sozialpädagogik
Im Mittelpunkt steht hier die Frage nach den gesellschaftlichen Funktionen sozialpädagogischer Institutionen und Interventionsformen.
Sozialarbeit ist hierbei für Thiersch geprägt durch einen Widerspruch zwischen gegebener struktureller Gewalt und Sozialstaatsansprüchen, zwischen dem Auftrag die bestehende Machtverteilung zu stützen, Konflikte unauffällig und mit wenig Aufwand zu lösen und der Vertretung der Lebensrechte aller und dabei vor allem derer, die in der Gesellschaft zu kurz kommen. Wie schon in der ersten Dimension der Sozialpädagogischen Theorie erwähnt, soll alltagsorientierte Sozialpädagogik vor allem den Adressaten helfen ihren Alltag gelingender zu organisieren und somit Hilfe zur Selbsthilfe sein. Die Frage an eine alltagsorientierte Sozialpädagogik kann also nur sein, ob diese Anforderungen mit Hilfe der Nutzung institutioneller und professioneller Ressourcen ermöglicht werden können. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn soziale Arbeit in ihrer konkreten Arbeit auch den Adressaten aus Armut, Hilflosigkeit und Verstrickungen im Alltag herauszuhelfen und somit auch gleichzeitig Verhältnisse sozialpolitisch zu ändern versucht(vgl. Engelke 1993, S. 276-277).
3) Die sozialpädagogischen Institutionen
Die institutionell-professionellen Möglichkeiten sind auf komplizierte Art und Weise mit dem Alltag der Adressaten verknüpft. Sozialarbeit, die alltagsorientiert ist, gelingt nur wenn die institutionellen Möglichkeiten vom Alltag kritisiert werden, wie die institutionellen Möglichkeiten ebenso den Alltag kritisieren. Um diese Möglichkeiten zugänglich zu machen, ist danach zu fragen, wie die spezifischen sozialpädagogischen Institutionen sich gebildet haben. Dabei muss nach den spezifischen Leistungen und auch nach den disziplinierenden, unterdrückenden und stigmatisierenden Mechanismen dieser Institutionen gefragt werden. Dazu ist nach Thiersch eine differenzierte Diskussion der sozialpädagogischen Institutionen von staatlichen, öffentlichen und privaten Trägern notwendig (vgl. Engelke 1993, S. 277).
4) Sozialpädagogisches Handeln
Bei diesem Punkt ist es die mit der Institutionalisierung von Sozialpädagogik /Sozialarbeit einhergehende zunehmende Professionalisierung, welche Thiersch hinterfragt. Inwiefern soll pädagogische Professionalisierung funktionieren, in einem Arbeitsfeld, welches nicht insgesamt professionalisiert werden muss, da Professionelle und Nicht-Professionelle nebeneinander und miteinander arbeiten können, und wie weit soll diese gehen? Durch die Professionalisierung, welche überprüfbar und ausweisbar gestaltetet werden muss, bildet sich auch eine Distanz zu den Klienten heraus, welche auch immer Herrschaft beinhaltet (vgl. Engelke 1993, S. 278)
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