Die Trennung der Liebenden - Die schöne Magelone im Vergleich mit Gabriotto und Reinhard


Dossier / Travail de Séminaire, 2002

19 Pages, Note: sehr gut


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

I. Die Trennung der Liebenden als Motiv in mittelalterlichen Liebesromanen
a) Traditionen des Liebesromans
b) Trennung als Motiv

II. Die Trennung der Liebenden in der schönen Magelona

III. Die Trennung der Liebenden in Gabriotto und Reinhart

IV. Zusammenfassung

V. Bibliographie
a) Textausgaben
b) Verwendete Literatur

Einleitung

Thema der Arbeit ist der Liebesroman „Die schöne Magelona“[1] von Veit Warbeck. Der Text entstand 1527 am kursächsischen Hof und stand vermutlich in Zusammenhang mit der Hochzeit des Thronfolgers Johann Friedrich. Die schöne Magelona ist die Übersetzung eines anonym entstandenen französischen Prosaromans aus dem Jahr 1453. Die Magelona erschien erstmals 1535 in der Augsburger Offizin Heinrich Steiners und war dort mit einer Vorrede von Georg Spalatin versehen. Der Text war ursprünglich für einen spezifischen Rezipientenkreis verfasst und dann fast unverändert veröffentlicht worden. Er „bildete für den deutschsprachigen Raum fortan die Grundlage einer breiten literarischen Tradition.“[2]

Kernthema des Prosatextes ist die Liebe zwischen dem Grafensohn Peter und der Königstochter Magelona, die ihre Liebe vor ihrem Vater verbergen, vom Hof fliehen und dann voneinander getrennt werden. Nachdem beide einige Jahre eigene Wege gehen und Abenteuer erleben, finden sie wieder zusammen und übernehmen die Herrschaft in der Grafschaft von Peters Eltern. Die Trennung der Liebenden füllt einen großen Teil der Erzählung und soll hier Thema sein.

Der Text folgt einer traditionellen Erzählstruktur, innerhalb derer die Trennung der Liebenden ein wichtiges Moment darstellt. Im folgenden soll zunächst die Tradition der Liebesromane und ihre Struktur dargelegt werden, ebenso der Trennungsaspekt im Allgemeinen. Welchem Zweck dient die Trennung innerhalb der Romane, was für Formen von Trennung existieren und wodurch wird die Trennung in den verschiedenen Texten verursacht? Denn wenn auch die Liebespaare immer getrennt werden, so ist die Ursache häufig sehr unterschiedlich.

Speziell für die schöne Magelona stellt sich die Frage, welchen Sinn die Trennung von Peter und Magelona zu erfüllen hat und wodurch sie begründet wird. Gleichzeitig ist auch der auf die Trennung folgende Weg beider Charaktere von Bedeutung und wie die Zusammenführung vom Erzähler konstruiert wurde.

Als Vergleich zur Trennung von Peter und Magelona soll der Liebesroman „Gabriotto und Reinhart“[3] von Georg Wickram herangezogen werden. Die in diesem Text vorgestellten Liebespaare Gabriotto und Philomena sowie Reinhart und Rosamunda werden im Lauf ihrer Geschichte ebenfalls voneinander getrennt, ihre Trennung nimmt jedoch ein völlig anderes Ende. Doch folgt auch diese Erzählung traditionellen Mustern. Welche Funktion erfüllt bei Wickrams Text im Vergleich zur schönen Magelona die Trennung und wie ist sie gestaltet? Welche Konsequenzen hat sie hier für die Liebespaare?

Zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen soll die Arbeit von Xenja von Ertzdorff über Novellen und Romane des 15. und 16. Jahrhunderts[4], sowie der Beitrag von Volker Mertens über „Aspekte der Liebe“[5] herangezogen werden. Mit der Tradition des Liebesromans haben sich Werner Röcke[6] und Dietrich Huschenbett[7] beschäftigt. Die Arbeiten geben einen guten Überblick über die Struktur der Liebesromane.

Armin Schulz[8] und Norbert Thomas[9] haben sich ausführlich mit Trennungsmotiv in der schönen Magelona beschäftigt und sollen für die folgende Betrachtung herangezogen werden.

Die Liebesromane folgen trotz durchaus variierender Handlungszusammenhänge einer bestehenden Tradition und einer relativ festgelegten Struktur. Die Trennung der Liebenden ist ein fester Teil dieser Struktur und verfolgt in der jeweiligen Erzählung ein bestimmtes Ziel mit festgelegten Intentionen.

I. Die Trennung der Liebenden als Motiv in mittelalterlichen Liebesromanen

a) Traditionen des Liebesromans

In allen mittelalterlichen Minne- und Abenteuerromanen geht es um die Werbung und den Gewinn einer Geliebten, um die glückliche Vereinigung und erneute Trennung, die Suche beider Liebenden nacheinander sowie das Bestehen von Abenteuern, um eine darauf folgende Wiedervereinigung und entweder um den Vollzug der Ehe oder aber die endgültige Trennung des Liebespaares.[10] Obwohl sich die Vielzahl von existierenden Minne- und Abenteuerromanen in ihren Erscheinungsformen deutlich voneinander unterscheiden, „sind die Gemeinsamkeiten (...) deutlich genug: Übereinstimmungen in der thematischen Struktur, in den Schwerpunkten und dem Aufbau der Handlung, Übereinstimmungen aber auch – trotz aller Unterschiede – in der Konstellation und Darstellung der Figuren.“[11]

Von Huschenbett wird die Struktur des Minneromans in sieben Abschnitte unterteilt. Zunächst werden zwei Dynastien der 1. Generation vorgestellt (I.), es folgt die Begegnung von Held und Heldin (II.) und deren Erziehung (III.). Im IV. Abschnitt folgt der Minne- Dialog von Held und Heldin, dass heißt die Bewußtmachung der Minne und die Schaffung eines eigenen, individuellen, gegen die Öffentlichkeit abgeschirmten privaten Raumes. Auf die Trennung der Liebenden durch die Gesellschaft (V.) folgt ihre Vereinigung, die Übernahme der Herrschaft (VI.) und die Vorstellung der 3. Generation (VII.).[12] Innerhalb dieser Struktur kann die Reihenfolge der einzelnen Punkte mehr oder weniger stark variieren. Die zum Teil erheblichen Unterschiede in den einzelnen Texten ändern nichts an der strukturellen Analogie des Handlungsaufbaus und es gilt für alle Texte, dass die Liebe die entscheidende Kraft im Roman ist. Allgemein läßt sich formulieren, dass der Minne- und Abenteuerroman „gattungsbestimmende Konstanten „ aufweist, gleichzeitig aber „eine außerordentlich offene Struktur“[13] besitzt, die eine Vielzahl unterschiedlicher Handlungsabläufe zuläßt.

Die beschriebene Struktur läßt sich auf zwei unterschiedliche Stofftraditionen zurückführen, die in den Minne- und Abenteuerromanen miteinander verbunden werden:

1. Das Motiv der Brautwerbung fand in der nord-, west- und osteuropäischen Literatur des Mittelalters weite Verbreitung und ist in zahlreichen Variationen überliefert. Innerhalb dieses Motivs berät ein Fürst oder König mit seinen Vasallen über die Notwendigkeit einer Heirat. Einer seiner Ratgeber berichtet daraufhin von einer schönen Prinzessin, die jedoch nur unter Gefahren zu erringen wäre. Der Fürst zieht daraufhin aus und gewinnt die Prinzessin auf unterschiedlichsten Wegen: Entweder durch Gewalt oder durch List, mit oder ohne ihrem Einverständnis, nachdem er gegen ihren Vater oder dessen Vasallen Kämpfe bestanden hat. Dieses Motiv der Brautwerbung oder des Brautraubs verbindet sich mit:
2. Der antiken Erzähltradition, die im Mittelalter vor allem durch den Roman „Apollonius von Tyrus“ Verbreitung fand und Einfluss auf die Liebesromane hatte. Das Handlungsschema dieser Tradition zeigt einen jungen Fürsten, der von einer Prinzessin hört, deren Vater bisher alle Freier töten ließ. Er bemüht sich um sie, muss jedoch, wie schon seine Vorgänger, fliehen und landet als Schiffbrüchiger in einem Königreich, wo er sich in die dortige Prinzessin verliebt und diese auch gewinnen kann. Durch widrige Umstände wird das Paar getrennt, beide durchleben zahlreiche Abenteuer und werden letztendlich durch eine gnädige Gottheit wieder zusammengeführt. „Für den literaturgeschichtlichen Ort des Minne- und Abenteuerromans im Mittelalter ist dieses Schema insofern von Bedeutung, als es einerseits maßgeblich zur Verfeinerung des alten Brautwerbungsmotivs beigetragen hat (...), andererseits den Unterschied gegenüber minne und aventiure des höfischen Romans markiert.“[14]

Während das Abenteuer im höfischen Roman dem Helden als neue Gelegenheit der Bewährung und seines ritterlichen Ethos dient, rufen Wunder und Abenteuer im spätantiken Liebes- und Reiseroman den Wunsch nach neuen Erfahrungen hervor, es wird aber nicht, wie im höfischen Roman, nach einer Gelegenheit gesucht, die eigene Vollkommenheit zu bestätigen. Im Gegensatz zum höfischen Roman steht im Minne- und Abenteuerroman die persönliche Bindung der Liebenden und nicht die gesellschaftlichen Verpflichtungen im Vordergrund. Die Verbindung des alten Brautwerbungsschemas mit der Tradition des spätantiken Romans führt zu einer höchst variablen Gestaltung von Minne und Abenteuer. Dabei werden in die Erzählungen weitere Traditionen eingewoben. So findet beispielsweise das Motiv der weiten und abenteuerlichen Reise aus der hellenistischen Erzählung ebenso seinen Platz, wie die Legendenerzählung. "„Gottes wunderbares Handeln lenkt das Geschehen, die Helden sind Träger von Gottes Willen und je von seiner Gnade abhängig.“[15]

[...]


[1] Veit Warbeck: Die schöne Magelona. In der Fassung des ‚Buchs der Liebe‘ (1587). Hrsg. Von Hans- Gert Roloff. Stuttgart 1969

[2] Schulz, Armin: Poetik des Hybriden. Schema, Variation und intertextuelle Kombinatorik in der Minne- und Aventiureepik: Willehalm von Orlens – Partonopier und Meliur – Wilhelm von Österreich – Die schöne Magelone. Berlin 2000. S. 153

[3] Georg Wickram: Sämtliche Werke. Hrsg. Von Hans- Gert Roloff. Band 2: Gabriotto und Reinhart. Berlin/ New York 1967

[4] von Ertzdorff, Xenja: Romane und Novellen des 15. und 16. Jahrhunderts in Deutschland. Darmstadt 1989

[5] Mertens, Volker: „Aspekte der Liebe“. Ihre Semantik in den Prosaromanen Tristant, Melusine, Magelone und Goldfaden. In: Personenbeziehungen in der mittelalterlichen Literatur. Hg. von H. Brall, B. Haupt, U. Küsters. Düsseldorf 1994. S. 109- 134

[6] Röcke, Werner: Höfische und unhöfische Minne- und Abenteuerromane. In: Epische Stoffe des Mittelalters. Hg. von V. Mertens u. U. Müller. Stuttgart 1984. S. 395- 423

[7] Huschenbett, Dietrich: Ehe statt Minne? Zur Tradition des Minne- Romans in Mittelalter und Neuzeit. In: Spannungen und Konflikte menschlichen Zusammenlebens in der deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von K. Gärtner u.a. Bristoler Colloquium 1993. Tübingen 1996. S. 189- 203

[8] Schulz, Armin. 2000

[9] Thomas, Norbert: Handlungsstruktur und dominante Motivik im deutschen Prosaroman des 15. und frühen 16. Jahrhundert. Nürnberg 1971

[10] Vgl. dazu die Arbeit von W. Röcke. 1984

[11] Ders. S. 396

[12] Vgl. dazu: Huschenbett, Dietrich. 1996. S. 191. Anm. 7

[13] Ridder, Klaus: Mittelhochdeutsche Minne- und Aventiureromane. Berlin 1988. S. 6. Vgl. Anm. 25

[14] Röcke, Werner. 1984. S. 398

[15] Ders. S. 399

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Die Trennung der Liebenden - Die schöne Magelone im Vergleich mit Gabriotto und Reinhard
Université
Free University of Berlin  (Fachbereich Germanistik)
Note
sehr gut
Auteur
Année
2002
Pages
19
N° de catalogue
V15803
ISBN (ebook)
9783638208215
ISBN (Livre)
9783638901499
Taille d'un fichier
549 KB
Langue
allemand
Mots clés
Trennung, Liebenden, Magelone, Vergleich, Gabriotto, Reinhard
Citation du texte
Julika Stark (Auteur), 2002, Die Trennung der Liebenden - Die schöne Magelone im Vergleich mit Gabriotto und Reinhard, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15803

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