Das Yogasutra wurde im Laufe der Jahrhunderte vielfach kommentiert und übersetzt. Der erste Kommentar stammt von Vyasa, der im 5. Jahrhundert lebte. Dieser Kommentar wurde später von Shankara (788–820), einem der bedeutendsten indischen Philosophen, in einem umfassenden Werk erneut kommentiert. Weitere wichtige Kommentare sind Tattvavaisharadi von Vachaspati Mishra (neuntes/ zehntes Jahrhundert), Rajamartanda von König Bhoja (um 1040) und Yogavarttika von Vijnanabhikshu (zweite Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts). Bis zum 18. Jahrhundert entstanden mehr als fünfzehn verschiedene Kommentare zum Yogasutra. Die Yoga-Sūtren stellen die erste systematische Niederschrift indischer Yoga-Philosophien dar. Patañjali beschreibt darin den 8-gliedrigen Pfad des Yoga (aṣṭāṅga-yoga), der in der Realisation der drei inneren Glieder der yogischen Sammlung (saṃyama) mündet, nämlich Konzentration (dhāraṇā), Meditation (dhyāna) und Versenkung (samādhi). Dies ist ein Zustand, in dem nur noch der Gegenstand leuchtet, so, als ob das Ich verschwunden wäre. Für Patañjalis Auffassung von Meditation ist charakteristisch, dass dieses meditative Sein zur Welt von den Menschen zwar nicht willentlich herbeigeführt, jedoch durch die Übung der fünf äusseren Glieder von Yoga vorbereitet werden kann, nämlich durch die Einübung yogischer Verhältnisse zu anderen (1), zu uns selbst (2) und die Ausbildung einer yogischen Körperhaltung (3) sowie Atmung (4), die uns für das Ereignis jenes Sinneswandels (5) bereit machen, der uns das innere Selbst schmecken lässt und damit die Tore für die yogische Sammlung (6–8) öffnet. Diese Arbeit mit dem zentralen Text der Yoga-Sūtren von Patañjali.
Inhaltsverzeichnis
- Die Yoga-Sūtren von Patañjali
- Ins Ochsengespann eingebunden
- Der achtgliedrige Yogaweg zur Versenkung
- Kriyā-Yoga, der Yoga der Tat
- Die yogische Sammlung (samyama)
- Das yogische Glück im menschlichen Unglück: viveka-khyāti
- Die Ambivalenz unserer leiblichen Natur
- Das spirituelle „Joch“ zusammenfügen
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Yoga-Sūtren von Patañjali, einem zentralen Text des Yoga. Ziel ist es, den Text im Kontext der indischen Philosophie zu beleuchten und dessen Kernaussagen zu erläutern. Dabei wird der achtgliedrige Yogaweg und die Bedeutung der yogischen Sammlung (samyama) im Detail betrachtet.
- Der achtgliedrige Yogaweg (aṣṭānga-yoga)
- Die Bedeutung von samyama (Konzentration, Meditation, Versenkung)
- Die vielfältigen Bedeutungen von Yoga im indischen Kontext
- Das Konzept von Dharma und dessen Beziehung zu Yoga
- Die Interaktion des Körpers mit anderen Körpern und deren ethische Bewertung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Yoga-Sūtren von Patañjali: Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Yoga-Sūtren von Patañjali, einem zentralen Ursprungstext des Yoga aus dem 2. bis 4. Jahrhundert. Der Text wird in seinem historischen Kontext beleuchtet, wobei verschiedene Kommentare und Übersetzungen im Laufe der Jahrhunderte erwähnt werden, von Vyasa bis hin zu Vijnanabhikshu. Besondere Aufmerksamkeit wird dem achtgliedrigen Pfad des Yoga (aṣṭānga-yoga) gewidmet und der Erläuterung, wie dieser zur yogischen Sammlung (samyama) mit den drei inneren Gliedern Konzentration (dhāraṇā), Meditation (dhyāna) und Versenkung (samādhi) führt. Der Text betont die Möglichkeit, durch die Übung der fünf äußeren Glieder des Yoga den Sinneswandel vorzubereiten, der zum Erleben des inneren Selbst führt.
Ins Ochsengespann eingebunden: Dieses Kapitel erörtert die vielschichtigen Bedeutungen des Wortes "Yoga" im indischen Kontext. Ausgehend von der ältesten Bedeutung im Ṛg-Veda, dem Joch, das zwei Ochsen zu einem Gespann verbindet, wird Yoga als eine Methode verstanden, die verschiedene Elemente zu einer produktiven Einheit zusammenfügt. Die Analogie zum Ochsengespann verdeutlicht, wie einzelne Komponenten durch Verbindung zu einer leistungsfähigeren Einheit werden. Der Bezug zu Deleuze und Guattaris Konzept der "Wunschmaschinen" wird hergestellt, um die semantische Nähe von Begriffen wie "Gefüge," "Verkettung," und "Verbindung" zu beleuchten. Schließlich wird der Gedanke von Sri Aurobindo Ghose zum "evolutionären Yoga der Natur" einbezogen, der die Verbindung atomarer Partikel zu Molekülen als Beispiel für Yoga in der Natur anführt. Der Zusammenhang zwischen "yama" und "niyama" im Kontext des yogischen Begriffs von Dharma wird erläutert.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in den Yoga-Sūtren von Patañjali?
Die Yoga-Sūtren von Patañjali sind ein zentraler Text des Yoga, der im Kontext der indischen Philosophie beleuchtet wird. Ziel ist es, die Kernaussagen des Textes zu erläutern, insbesondere den achtgliedrigen Yogaweg und die Bedeutung der yogischen Sammlung (samyama).
Was ist der achtgliedrige Yogaweg (aṣṭānga-yoga)?
Der achtgliedrige Yogaweg ist ein zentrales Konzept in den Yoga-Sūtren. Er besteht aus Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi und führt zur yogischen Sammlung (samyama).
Was bedeutet Samyama im Yoga?
Samyama bezeichnet die drei inneren Glieder des achtgliedrigen Yogaweges: Konzentration (dhāraṇā), Meditation (dhyāna) und Versenkung (samādhi). Es ist ein Zustand tiefer yogischer Sammlung.
Welche unterschiedlichen Bedeutungen hat Yoga im indischen Kontext?
Yoga hat vielfältige Bedeutungen, von der ursprünglichen Bedeutung im Ṛg-Veda (Joch) bis hin zu einer Methode, die verschiedene Elemente zu einer produktiven Einheit zusammenfügt. Es kann auch als Verbindung atomarer Partikel zu Molekülen in der Natur verstanden werden.
Was bedeutet Dharma im Kontext von Yoga?
Der Zusammenhang zwischen "yama" und "niyama" wird im Kontext des yogischen Begriffs von Dharma erläutert. Dharma bezieht sich auf ethische und moralische Prinzipien, die im Yoga eine wichtige Rolle spielen.
Was wird unter "Ins Ochsengespann eingebunden" verstanden?
Dieses Kapitel erörtert die vielschichtigen Bedeutungen des Wortes "Yoga" im indischen Kontext, ausgehend von der ältesten Bedeutung im Ṛg-Veda, dem Joch, das zwei Ochsen zu einem Gespann verbindet. Yoga wird als eine Methode verstanden, die verschiedene Elemente zu einer produktiven Einheit zusammenfügt.
Was ist Kriyā-Yoga?
Kriyā-Yoga ist der Yoga der Tat, der in den Yoga-Sūtren erwähnt wird.
Was ist Viveka-Khyāti?
Viveka-Khyāti ist das yogische Glück im menschlichen Unglück, ein Zustand der Unterscheidungskraft und Erkenntnis.
Was wird über die Ambivalenz unserer leiblichen Natur gesagt?
Die Ambivalenz unserer leiblichen Natur wird im Kontext von Yoga betrachtet.
Was bedeutet das spirituelle „Joch“ zusammenfügen?
Das spirituelle "Joch" zusammenfügen bezieht sich auf die Vereinigung verschiedener Aspekte des Selbst durch Yoga.
- Citation du texte
- Markus Stricker (Auteur), 2025, Die Yoga-Sūtren von Patañjali. Indische Philosophie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1582461