Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ökonomische Einordnung Islands / bereits erreichter Integrationsgrad
3. Inwieweit erfüllt Island die Kopenhagener – Kriterien?
4. Wie stehen die Öffentlichkeit und die politischen Parteien Islands zum EU-Beitritt?
5. Wichtige Problembereiche im Rahmen eines möglichen EU-Beitritts Islands
5.1. Icesave-Pleite (Landsbanki)
5.2. Hohe Staatsschulden
5.3. Fischereiwirtschaft
6. Konklusion
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Am 17.07.09 hat Island einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU gestellt. In der Vergangenheit wollte Island von einer Mitgliedschaft nichts wissen (Euranet, 2010). Das kleine Land, das lange unter Fremdherrschaft stand, ist erst seit 1944 unabhängig und von daher sehr auf seine Unabhängigkeit bedacht, ferner hatte der Kontrollverlust über die Fischerei in der Vergangenheit einem Beitritt entgegengestanden (Frankfurter Rundschau, 2010). Im Rahmen der globalen Finanzkrise ist die Verschuldung Islands stark angestiegen, das isländische Bankensystem musste verstaatlicht werden, eine Beinahe-Pleite Islands konnte man nur knapp verhindern (Spiegel, 2009b). Die isländische Krone geriet deutlich unter Druck. Durch die EU-Mitgliedschaft und die spätere mögliche Einführung des Euros bietet sich für Island die Chance seine Wirtschaft zu stabilisieren. Aber ist Island auch reif für den EU-Beitritt?
2. Ökonomische Einordnung Islands / bereits erreichter Integrationsgrad
Vor der Krise wies Island ein sehr hohes deutlich über dem Durchschnitt der EU-27 liegendes Pro-Kopf-Einkommen auf, das im Rahmen der Krise merklich einbrach, sich aber immer noch auf vergleichsweise hohem Niveau befindet (epp.eurostat.ec.europa.eu, 2010). Laut Finanzminister Sigfusson ist trotz hoher Schulden und der aktuellen wirtschaftlichen Lage der Lebensstandard immer noch überdurchschnittlich (Die Presse, 2010). Die wirtschaftliche Basis des Landes ist trotz Krise noch stark (Europäische Kommission, 2010c). Island ist seit 1970 Mitglied der EFTA, seit 1994 Teil des EWR, 2001 folgte der Beitritt zum Schengener Abkommen. Einen überwiegenden Teil seines Außenhandels wickelt Island mit der EU ab.
3. Inwieweit erfüllt Island die Kopenhagener – Kriterien?
Island ist, da es gemäß Artikel 49 die unter Artikel 2 aufgeführten Werte des EUV achtet, zur Antragsstellung berechtigt. Beitreten kann wer die Beitrittskriterien: das politische Kriterium (A) und das wirtschaftliche Kriterium (B) erfüllt, sowie zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der EU-Mitgliedschaft fähig ist (C) (Belke und Hebler, 2002, S. 6). Darüber hinaus muss die EU auch fähig sein das neue Mitglied aufzunehmen (D) (a. a. O., S. 21f).
A:Nach Auffassung der Kommission kann das politische Kriterium als erfüllt angesehen werden. Island ist eine funktionierende Demokratie mit stabilen Institutionen und einer realisierten Gewaltenteilung. Die Überwachung der Regierung durch das Parlament ist gewährleistet. Die Gerichte und das Justizwesen genügen höchsten Anforderungen. Ferner ist nach Meinung der Kommission der Schutz der Grund- sowie der Menschenrechte gewährleistet (Europäische Kommission, 2010b, S. 5f).
B:Des Weiteren weist die Kommission darauf hin, dass Island über seine langjährige Mitgliedschaft in den unter Punkt 2 genannten Organisationen bereits eng mit dem europäischen Wirtschaftsraum verflochten ist. Der Strukturwandel von einer hauptsächlich auf Fischerei basierten hin zu einer diversifizierten Wirtschaft ist gelungen. Wie unter Punkt 1 erwähnt, leidet Island momentan unter einer schweren Depression. Die Regierung hat bereits weitreichende Schritte zur Stabilisierung seiner Volkswirtschaft, der isländischen Krone und der Reformierung des Finanzsektors angestoßen, erste Fortschritte sind erkennbar. Die Stabilisierung der isländischen Wirtschaft ist aber lange noch nicht abgeschlossen. Gerade die hohe Staatsverschuldung stellt eine der größten Herausforderungen des Landes dar. Ferner ist der Prozess der Umstrukturierung des Finanzsektors und der Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen und der Finanzaufsicht zu vollenden (Europäische Kommission, 2010b, S. 6f).
C:Die Kommission konstatiert, dass bezüglich der Realisierung der Verpflichtung im Rahmen des EWR-Abkommen Island eine zufriedenstellende Bilanz vorzuweisen hat. Der Anteil der übernommen Binnenmarktmarktverordnungen ist auf demselben Stand wie der EU-Durchschnitt. Island ist insbesondere in Bezug auf die Verpflichtungen im Rahmen des EWR, aber auch darüber hinaus gut auf die Erfüllung der durch die Mitgliedschaft verbundenen Pflichten befähigt. Deutliche Bemühungen sind in den folgenden Kapiteln des gemeinsamen Besitzstandes (Europäische Kommission, 2005, S. 2ff) durchzuführen: 1, 9, 11, 12, 13, 16, 18, 22, 27, 29, 32 (Europäische Kommission, 2010b, S. 7f).
D:Eine Überstrapazierung der Aufnahmefähigkeit der EU in Bezug auf Island scheint aufgrund der Relationen der isländische Bevölkerungsgröße zur EU-27 (0,061 % in 2007) sowie der Relation der BIPs (0,115 % in 2007) als nicht gegeben (Europäische Kommission, 2009b, S. 73 und S. 137).
4. Wie stehen die Öffentlichkeit und die politischen Parteien Islands zum EU-Beitritt?
Die Meinung im Land ist zweigeteilt (Europäische Kommission, 2010b, S. 3). Dies zeigt sich zum einen dadurch, dass Island erst jetzt einen Antrag auf Mitgliedschaft stellt, vornehmlich durch die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise war das Land motiviert (Euranet, 2010). Des Weiteren fiel die Abstimmung des Althing diesbezüglich mit 33 zu 30 Abgeordneten nur sehr knapp zu Gunsten eines Beitritts aus (Spiegel, 2009a). Laut aktuellen Meinungsumfragen spricht sich die Mehrheit der Isländer gegen eine Mitgliedschaft aus (Morgunblaðið, 2010). Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, inwieweit ein EU-Beitritt von den Isländern mitgetragen wird. Gerade die umfassende Unterstützung der Öffentlichkeit ist Grundvoraussetzung dafür, dass das Beitrittsland erschöpfend die Rolle eines Mitglieds realisieren kann (Europäische Kommission, 2007, S. 9).
5. Wichtige Problembereiche im Rahmen eines möglichen EU-Beitritts Islands
5.1. Icesave-Pleite (Landsbanki)
Im Rahmen der Pleite der isländischen Internetbank Icesave hat die Regierung der Niederlande und Großbritanniens der isländischen Einlagensicherung mit 3,9 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen, um ihre Sparer zu schützen (Europäische Kommission, 2010b, S. 4). Aktuell wird auf bilateraler Ebene über die Rückführung verhandelt. Eine Einigung vor Beginn der Beitrittsverhandlung erscheint wünschenswert und sollte die Verhandlungen voranbringen. Laut EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle handelt es sich jedoch um ein bilaterales Problem, ohne Einfluss auf die Bereitschaft zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen (Hamburger Abendblatt, 2010).
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