Die Arbeit untersucht exemplarisch, inwieweit Legenden der Neuen Welt untereinander zusammenhängen oder Bezüge aufweisen: Hierzu werden das Schiffstagebuch, die Siebenstädtelegende sowie der El Dorado-Komplex untersucht. Die drei Quellen werden miteinander verglichen. Zentraler Bestandteil dieser Analyse ist die Ausarbeitung von christlichen Einflüssen, Dogmen und Stereotypen. Ferner soll auch die mögliche Einwirkung der indigenen Bevölkerung bei der Entstehung von Legenden untersucht werden. Die Darstellung will überdies den Versuch unternehmen, eventuelle Urquellen zu finden, um damit zu zeigen, dass wesentliche Ideen bereits ihren Ursprung in Europa hatten und in der Neuen Welt um- bzw. überformt wurden. In diesem Zusammenhang wird auch die mittelalterliche Mirabilienbildung angesprochen.
Die Arbeit stellt eine wichtige Basis für die nachfolgende Dissertation (Die Genese von Legenden in der Neuen Welt im Spannungsfeld antiker, mittelalterlicher und indigener Einflüsse Ansätze eines kulturellen Austausches oder Wissenstransformation
von Europa auf Amerika?) zum selben Themenkomplex dar.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorbetrachtungen
- Stand der Forschung
- Zur Quellenlage und dem historischen Umfeld der Frühphase kolonialer Expansion in Amerika
- Legende vs. Mythos - Differenzierung der Begriffe
- Grundkonstanten für die Entstehung von Legenden in der Neuen Welt
- Komponentenschema
- Exemplarischer Quellenvergleich: Schiffstagebuch – Die Sieben Goldenen Städte von Cibola – El Dorado
- Auf der Suche nach Cipango – Die Asienrezeption im Schiffstagebuch des Kolumbus
- Die Sieben Goldenen Städte von Cibola – Visionen eines Geistlichen?
- Spanische und oberdeutsche Expeditionen – Die Suche nach dem El Dorado in den Weiten Südamerikas
- Zusammenfassung der Teilanalysen
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Quellen im Vergleich
- Die singulären Ergebnisse im Komponentenschema
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Entstehung von Legenden in der Frühphase der kolonialen Expansion Amerikas (1492 bis 1550). Im Mittelpunkt steht die vergleichende Untersuchung von Quellen, welche die Mythen um Cipango, die Sieben Städte von Cibola und El Dorado beleuchten.
- Die Analyse der Entstehungskontexte der Legenden
- Der Einfluss europäischer Bildungs- und Kulturmuster
- Die Rolle der indigenen Bevölkerung bei der Verbreitung und Modifikation der Legenden
- Die Suche nach möglichen Urquellen und intertextuellen Bezügen
- Die kritische Bewertung der Glaubhaftigkeit der Quellen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit vor und führt die Legenden um Cipango, die Sieben Städte von Cibola und El Dorado ein. Sie erläutert außerdem das besondere Interesse der europäischen Eroberer an diesen Mythen, die mit der Hoffnung auf große Reichtümer und Ruhm verbunden waren.
Das Kapitel „Vorbetrachtungen“ beleuchtet den Stand der Forschung zum Thema Legendendarstellung in frühneuzeitlichen Berichten. Außerdem werden die Quellenlage und das historische Umfeld der kolonialen Expansion in Amerika analysiert.
Das Kapitel „Grundkonstanten für die Entstehung von Legenden in der Neuen Welt“ erörtert die zentralen Faktoren, die zur Entstehung und Verbreitung der Legenden beitrugen. Es wird ein Komponentenschema mit folgenden Komponenten vorgestellt: Bildungstechnisch, interpretatorisch, praktisch, geistlich, persönlich-subjektiv und politisch.
Das Kapitel „Exemplarischer Quellenvergleich: Schiffstagebuch – El Dorado – Sieben Goldenen Städte“ untersucht die drei Legenden anhand von sieben Kriterien. Zuerst wird Kolumbus' Schiffstagebuch, das die ersten primären Informationen über die Neue Welt enthält, analysiert. Anschließend wird der Bericht des Franziskanermönches Marcos de Nizza über die Sieben Städte von Cibola untersucht. Schließlich erfolgt eine Analyse der Quellen zum Thema El Dorado, die sich vor allem in den Briefen Philipp von Huttens widerspiegeln.
Im Kapitel „Zusammenfassung der Teilanalysen“ werden die Ergebnisse der Einzelanalysen zusammengefasst. Es werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Legenden in Bezug auf die Rolle der indigenen Bevölkerung, die Nachahmungstendenz, das Konkurrenzmotiv und die Nutzung europäischer Mirabilien als Deutungs- und Erklärungsmuster herausgearbeitet.
Die Schlussbetrachtung fasst die zentralen Erkenntnisse der Arbeit zusammen und stellt die Bedeutung der Legenden für die europäische Expansion in Amerika dar. Die Arbeit zeigt, dass die europäische Wahrnehmung der Neuen Welt stark durch die Brille des Mittelalters geprägt war. Die Konquistadoren nutzten mittelalterliche Topoi und Stereotypen, um die neuen Landschaften und Kulturen zu erklären und zu deuten. Die indigene Bevölkerung spielte eine wichtige Rolle bei der Verbreitung und Modifikation der Legenden. Schließlich entstand ein Kreislauf aus europäischen Vorannahmen, indigenen Informationen und der ständigen Suche nach Reichtümern, der das Entstehen und die Weiterverbreitung von Legenden förderte.
Schlüsselwörter
Frühneuzeitliche Berichterstattung, Kolonialexpansion, Amerika, Legendenbildung, Cipango, Sieben Städte von Cibola, El Dorado, indigene Bevölkerung, europäische Bildungs- und Kulturmuster, Mirabilienbildung, Transformation, intertextuelle Bezüge, Quellenkritik.
- Arbeit zitieren
- Dr. Thomas Mrotzek (Autor:in), 2006, Legendendarstellung in frühneuzeitlichen Berichten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159963