Die Oktobristen und die konstitutionelle Monarchie 1905-1907


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 1999

14 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhalt:

1. Einleitung

2. Der Zwiespalt der Oktobristen:
Vom Oktobermanifest zur Wahlrechtsänderung

3. Die Oktobristen und die Duma

4. Evolution statt Revolution

5. Die Agrarfrage

6. Schluß

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Seminararbeit hat sich zur Aufgabe gemacht, ein Resultat der russischen Revolution von 1905 zu beleuchten: den Bund vom 17. Oktober bzw. die Partei des Oktober-Verbandes, kurz Oktobristen im Zeitraum von der Gründung des Bundes im November 1905 bis zur Wahlrechtsänderung im Juni 1907. Ich werde nicht eine allgemeine Darstellung vornehmen, sondern einzelne Standpunkte und Themen herausgreifen.

Der Verband verstand sich als Sammelbecken aller gemäßigt-konservativen Kräfte (rechts von der Mitte), sein Fundament war die liberale Zemstvo-Bewegung.[1] Seine Anführer und Gründer waren Shipov und Guhkov. Zwei Schwierigkeiten tauchen nun bei näherem Betrachten der Partei auf. Erstens stand sie in der konstitutionellen Anfangsperiode auf einer sehr weitläufigen Basis.[2] Es gab zum einen Befürworter weitreichender sozialer Reformen, zum anderen zarentreue, das Alte bewahrende Kräfte. Zweitens und daraus folgernd ist bei den Historikern keine fest umrissene Charakterisierung zu finden. Die Ansichten, Meinungen und Forderungen des Verbandes waren so breit gefächert, daß in der Rückschau keine bestimmte Linie in Einzelfragen erkennbar ist. Aus diesem Grund wurde zwar ein Parteiprogramm formuliert (Frühjahr1906), aber nie auf einem Parteitag verabschiedet.[3]

Alle Anhänger hatten aber zwei Dinge gemeinsam: Abwehr einer sozialistischen Revolution und politische Arbeit im Rahmen der vom Zar gegebenen Rechte.

2. Der Zwiespalt der Oktobristen:

Vom Oktobermanifest zur Wahlrechtsänderung

Der Oktober-Verband hatte als politische Grundlage das vom Zar erlassene Oktober-Manifest vom 17. Oktober 1905. Für die Partei in der Duma stellte diese Proklamation die „ideelle Basis“ dar[4]. Das schon oben erwähnte Parteiprogramm enthält weitere drei Leitgedanken, deren Verwirklichungen im folgenden noch überprüft werden müssen: „von nun an ist unser Volk ein politisch freies Volk, unser Staat ein Rechtsstaat und in unserer Staatsordnung ... das Prinzip der konstitutionellen Monarchie [eingeführt worden].“[5] Sie grenzten sich somit von vorne herein von den Kadetten, der anderen „Zemstwo-Partei“, ab[6], die eine Verfassungsgebende Versammlung und die Volkssouveränität forderten, und von den Sozialdemokraten (SD) sowie Sozialisten-Revolutionären (SR). Im Oktober-Manifest garantierte der Zar vier Freiheitsrechte (Freiheit der Person, des Glaubens, der Rede und der Vereine bzw. Versammlungen) und eine nach allgemeinem Wahlrecht gewählte Duma mit legislativer Gewalt. Der Zar blieb aber die höchste Instanz und das Manifest war nicht als garantierte Verfassung sondern als Geschenk an sein Volk gedacht.

In der Parteigründungsphase stellte es für die Mehrheit der Oktobristen ein Kompromiß zwischen der Autokratie und dem Liberalismus dar und war der Garant, eine Herrschaft der Gesetze statt der Willkür zu schaffen. Guhkov betrachtete es im Dezember 1905 als ein freiwilliges Geschenk des Monarchen: es ist „ein Akt des Vertrauens in die Nation als ein Teil des Herrschers. Die Bewegung der Oktobristen war die Antwort der Nation, ein Akt des Glaubens in den Herrscher.“

In den Grundgesetzen des Frühjahres 1906 wurden „die Aufgabe, die Zusammensetzung und die Befugnisse der einzelnen Staatsorgane definiert“[7] und die Freiheitsrechte nochmals gewährleistet. „Die Fortentwicklung und die Befestigung dieser Prinzipien ... stellt[e] eine der hauptsächlichen Aufgaben des Bundes dar.“[8] Tatsächlich „erfreute sich Rußland nach 1905 einer uneingeschränkten Pressefrei-heit“[9], bildeten sich Gewerkschaften und Parteien. Diese garantierte Versammlungs- und Vereinsfreiheit wurde aber oft von den Behörden behindert. Die meisten politischen Gruppen wirkten in einer rechtlichen Grauzone[10].

Die Grundgesetze sind „ein merkwürdiges Dokument“[11]. Sie waren zum einen ein Rückzieher gegenüber den Zugeständnissen vom Oktober und damit eine Wieder-befestigung der zaristischen Macht, sowie auch eine Art erste Verfassung mit noch nie dagewesenen Rechten und Freiheiten für die russische Bevölkerung. Für die Oktobristen müßten sie eigentlich ein Bruch mit dem Manifest sein. So war zum Beispiel von einer ersten Kammer, dem Reichsrat, der ebenso wie die zweite Kammer die Duma legislative Gewalt besaß, im Oktober-Manifest noch keine Rede. Durch das Veto- und Budgetrecht kam dieser Kammer aber eine die Rechte des Parlaments einschneidende Bedeutung zu. Doch die Oktobristen bereiteten sich auf die Wahlen zur Duma vor, ohne jegliche Kritik am Vorgehen der Regierung zu üben.

[...]


[1] Die Einordnung ist schwer vorzunehmen und unter Zeitgenossen wie in der Forschung umstritten. Der Zusatz in der Klammer ist das Resultat meiner persönlich vorgenommenen Untersuchungen und fußt auf der Meinung von Guhkov bei Birth Die Oktobristen (1905-1913) S.20. vgl. Hagen Die Entfaltung politischer Öffentlichkeit in Russland 1906-1914 S.206/215. Dazu Ascher The Revolution of 1905 S.31: „The leaders of the Octobrists, who can be regarded as the most moderate wing within liberalism or the most liberal wing within conservatism ..." siehe weitere Ausführungen auf S.32-34. Birth S.17/105 stellt den Konservatismus als Grundrichtung heraus, untersucht eingehend die Ansichten von Zeitgenossen S.93-99. Scheibert Die russischen Parteien von 1905-1917 S.18 dagegen charakterisiert die Oktobristen als eine unideologische Mittelpartei. Der deutsche Zeitgenosse der Revolution, Max Weber Zur russischen Revolution von 1905 prägte die Bezeichnung „Freikonservative" und Zemstwo-Rechte.

[2] Shipovs Meinung nach Ascher S.33 zitiert: „He ... proposed that not only Octobrists but anyone generally sympathic with their goals be invited." Dagegen sprach sich aber Guhkov aus, ebd. Über die soziale Struktur des Verbandes siehe Hagen S.208f, grundlegend Birth, der auch die großzügige Mitgliederpolitik des Verbandes heraushebt (S.18).

[3] Ascher S.33: „The membership and potential supporters of the Union of October 17 were far too divided on fundamental issues to reach agreement on a program." vgl. Hagen S.211. Das Programm kann bei Scheibert S. 69-77 eingesehen werden.

[4] Hagen S.205.

[5] vgl. Scheibert S. 69.

[6] vgl. Scheibert S.18; Hagen S.205; Weber S.255; nach Birth S.147 fürchtete Shipov „die Despotie der Masse" (Februar 1906).

[7] Ulam Rußlands gescheiterte Revolutionen S.238. Die Grundgesetzte sind ins Engl. übersetzt bei Szeftel The Russian Constitution of April 23, 1906 S.81-109 nachzulesen.

[8] vgl. Scheibert S.72/Grundsatz 3.

[9] Pipes Die russische Revolution, Band 1 S.278; vgl. dagegen die Ausführungen von Ascher S.28f.

[10] vgl. Hagen S.197 und ausführlicher Szeftel S.246f. Bsp.: Die Oktobristen sind schon vor der I. Duma von der Regierung als Partei anerkannt worden, die Kadetten waren vor der III. Duma immer noch keine offizielle Partei. Von Zensur und Behinderung von Parteiversammlungen berichtet Weber S.102f./Anm.90c.

[11] Pipes S.279.

Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Die Oktobristen und die konstitutionelle Monarchie 1905-1907
Université
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg  (Neue und Neueste Geschichte)
Cours
Die Russische Revolution von 1905
Note
2,0
Auteur
Année
1999
Pages
14
N° de catalogue
V16023
ISBN (ebook)
9783638209816
Taille d'un fichier
501 KB
Langue
allemand
Annotations
Evolution statt Revolution, Agrarfrage, Forscher: Max Weber, Ascher, Birth, Pipes
Mots clés
Oktobristen, Monarchie, Russische, Revolution
Citation du texte
Wolfram Baier (Auteur), 1999, Die Oktobristen und die konstitutionelle Monarchie 1905-1907, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16023

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