Die Globalisierung hat die Margen zahlreicher Unternehmen empfindlich schrumpfen lassen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind die betrieblichen Ressourcen möglichst effizient zu allokalisieren. Ein bloßes „Absitzen“ der tarifvertraglichen oder individuell vereinbarten Arbeitszeit gehört der Vergangenheit an. Das gilt auch für das Humankapital eines Unternehmens, zu dem freie Mitarbeiter und Teilzeitkräfte ebenso zu zählen sind wie die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat. Andererseits wächst bei zahlreichen Arbeitnehmern der Wunsch, ihre Lebensarbeitszeit den individuellen Bedürfnissen anzupassen und der „Rente mit 67“ dadurch zu entgehen, dass sie in Zeiten großer Leistungsfähigkeit überdurchschnittlich viel arbeiten, um sich früher in den Altersruhestand zu verabschieden. Es gilt, die persönliche Work-Life-Balance zu optimieren. Lebensarbeitszeitkonten (LZK) können insoweit für alle Beteiligten zu einer „Win-Win-Situation“ führen. Wie aber verhält es sich bei den Mitgliedern der Geschäftsleitung (GmbH-Geschäftsführer oder -Gesellschafter-Geschäftsführer, AG-Vorstand und -Aufsichtsrat), die für eine bestimmte Mindestzeit bestellt werden und u.U. sogar am Unternehmen beteiligt sind? Der aktuellen Stellungnahme des BMF zufolge sei es mit deren Aufgabenbild nicht zu vereinbaren, sie für die Dauer ihrer Geschäftsleitungstätigkeit ebenso wie „normale“ Arbeitnehmer in die LZK aufzunehmen. Steht dies mit geltendem Verfassungsrecht und insbesondere dem Allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) im Einklang? Vorliegender Aufsatz stellt das Modell der LZK vor, fokussiert das (gesetzliche) Aufgabenbild der beiden Vergleichsgruppen und versucht, hierauf eine Antwort zu geben.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung und Überblick
- B. Altersvorsorgesystem über Lebensarbeitszeitkonten
- I. Begriffsbestimmung
- II. Anliegen und Zielsetzung
- C. Status der Mitglieder von Kapitalgesellschaftsorganen
- I. Ausnahmen von der Sozialversicherungspflicht
- II. Einbringungsfähige Gehaltsbestandteile
- D. Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses
- I. Vereinbarkeit mit dem Allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)
- 1. Schutzbereich
- 2. Eingriff
- 3. Rechtfertigung
- a) Keine Begriffskongruenz von Steuer- und Sozialrecht
- b) Differenzierung nach dem gesetzlichen Leitbild
- b.1) Meinungsspektrum
- ba) BMF
- bb) Ansicht von Wellisch/Liedtke/Quast
- b.2) Stellungnahme
- b.1) Meinungsspektrum
- c) Funktion und Status von Kapitalgesellschaftsorganen
- II. Ergebnis
- F. Ausblick und Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich kritisch mit dem Ausschluss von Organen von Kapitalgesellschaften (insbesondere Geschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer) aus dem Altersvorsorgesystem über Lebensarbeitszeitkonten II. Ziel ist es, die rechtliche und verfassungsmässige Grundlage dieses Ausschlusses zu untersuchen.
- Begriffsbestimmung und Funktionsweise von Lebensarbeitszeitkonten II
- Rechtlicher Status von Kapitalgesellschaftsorganen und ihre Ausnahmen von der Sozialversicherungspflicht
- Verfassungsmässige Vereinbarkeit des Ausschlusses mit dem Allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)
- Differenzierung nach dem gesetzlichen Leitbild und die Funktion von Kapitalgesellschaftsorganen
- Ausblick und Schlussbetrachtung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen Überblick über die Thematik und stellt die Relevanz des Themas dar. Kapitel B erläutert das Altersvorsorgesystem über Lebensarbeitszeitkonten, definiert den Begriff und erklärt dessen Anliegen und Zielsetzung. Kapitel C befasst sich mit dem Status der Mitglieder von Kapitalgesellschaftsorganen, analysiert die Ausnahmen von der Sozialversicherungspflicht und die einbringungsfähigen Gehaltsbestandteile. Das Kernstück der Arbeit ist Kapitel D, welches die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses aus dem Altersvorsorgesystem untersucht, insbesondere im Hinblick auf den Allgemeinen Gleichheitssatz. Die Argumentation greift auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurück und analysiert das Meinungsspektrum der Fachliteratur. Es beleuchtet die unterschiedlichen Perspektiven auf die Funktion und den Status von Kapitalgesellschaftsorganen. Abschliessend werden die Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gegeben.
Schlüsselwörter
Lebensarbeitszeitkonten II, Altersvorsorgesystem, Kapitalgesellschaften, Geschäftsführer, Gesellschafter-Geschäftsführer, Sozialversicherungspflicht, Verfassungsmässigkeit, Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), Rechtfertigung, Funktion, Status, Differenzierung.
- I. Vereinbarkeit mit dem Allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)
- Quote paper
- Diplom-Kaufmann Georg Kungl (Author), 2010, Der Ausschluss von Geschäftsführern und Gesellschafter-Geschäftsführern aus dem Altersvorsorgesystem über Lebensarbeitszeitkonten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160432