Zur Vorgehensweise:
Bevor die Gabe und der Geschenkaustausch im Bereich der ottonischen Königsherrschaft anhand der Quellen untersucht werden kann, sind einige theoretische Vorüberlegungen notwendig.
Eingangs ist es unabdingbar, sich den bisherigen Forschungsstand in Bezug auf das hier behandelte Thema zu vergegenwärtigen. Dabei soll zunächst die bisherige Tätigkeit der Geschichtswissenschaft bzw. Mediävistik auf diesem Gebiet skizziert werden, deren Anteil an den Veröffentlichungen noch eher begrenzt ist.
Andere Disziplinen, wie Anthropologie, Soziologie, Ethnologie, Wirtschaftswissenschaft und Germanistik, sind hier der Geschichtswissenschaft voraus und haben grundlegende Ergebnisse geliefert. Daher sollen in einem nächsten Schritt auch die für die hier behandelte Fragestellung zentralen Ergebnisse anderer Disziplinen dargestellt werden. Im Vordergrund werden hierbei die Arbeiten von Marcel Mauss und Marshall Sahlins stehen. Der Essay „Die Gabe“ von Mauss ist für die Erforschung des Geschenkverhaltens in archaischen Gesellschaften noch immer maßgeblich und seine Rezeption durch nachfolgende Generationen längst nicht abgeschlossen. Auch die hier angestellte Untersuchung kommt nicht ohne einen Verweis auf seine Arbeit aus. Die Ergebnisse von Mauss bilden das Fundament für Sahlins Überlegungen, die jedoch weiter gehen und gewissermaßen die notwendige Fortsetzung dessen Gedankengangs bilden.
Wie bereits angedeutet, wird die Gabe oder das Geschenk in der vorliegenden Arbeit als ein wesentliches Medium der symbolischen Kommunikation mittelalterlicher Herrschaftsträger eingeordnet. Diese Perspektive, die notwendig ist um die Quellen richtig zu verstehen, muss begründet und in Bezug auf das Thema erläutert werden. Hiermit wer-den die theoretischen Überlegungen, die gewissermaßen die gedankliche Folie für die weitere Analyse bilden, abgeschlossen.
Der nächste Abschnitt beinhaltet die Analyse der Quellen. Es bietet sich eine kleinschrittige Vorgehensweise an, bei der Hypothesen für regelhaftes Verhalten aufgestellt werden, die sich aus einer ersten Lektüre der Quellen ergeben haben. Diese sollen dann anhand der Quellen überprüft werden. Um Übersichtlichkeit und Systematik zu gewährleisten, sollen die Quellen nicht unter verschiedenen Gesichtspunkten in ihrer Gesamtheit untersucht werden, sondern jeweils nur unter Berücksichtigung der aufgestellten Hypothese.[…]
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- Problemstellung
- Vorgehensweise
- GABENTHEORIEN
- Die Gabe als vernachlässigtes Thema der Geschichtswissenschaft
- Die Gabe aus dem Blickwinkel anderer Wissenschaftsdisziplinen
- Geben - Annehmen - Erwidern
- Redistribution und Formen reziproker Leistungen
- DER RITUELLE GABENTAUSCH ALS EIN MEDIUM DER SYMBOLISCHEN KOMMUNIKATION IM MITTELALTER
- REGELN DES GABENTAUSCHS IM BEREICH DER OTTONISCHEN KÖNIGSHERRSCHAFT
- Untersuchungsgegenstand
- Die Quellen und das Problem der Perspektivität
- Methode
- Gabensituationen bei Rangungleichheit der Akteure
- Der Ranghöhere reicht die größeren Gaben
- Einem Herrscher muss die Möglichkeit eingeräumt werden, aus den dargebrachten Gaben nur Weniges auszuwählen
- Die dargebrachten Geschenke für einen König müssen seinem Rang entsprechen
- Zuerst schenkt der Rangniedere, worauf die Gegengabe durch den Ranghöheren erfolgt
- Gabensituationen bei Ranggleichheit der Akteure
- Zwischen Ranggleichen muss der Gabentausch in allen seinen Teilen balanciert gestaltet werden
- Agonaler Gabentausch
- In der Gabe liegt die Möglichkeit zu einer verdeckten Herausforderung und zur Provokation, ein Potenzial, das in agonalen Gabensituationen vielseitig genutzt wurde
- FAZIT
- Bewertung der Geschenksituation zwischen Boleslaw Chrobry und Otto III. vor dem Hintergrund der gewonnenen Erkenntnisse
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Thema des Geschenketausch im ottonischen Reich, mit dem Fokus auf dessen Rolle als Medium der symbolischen Kommunikation und als Ausdruck von Macht und Herrschaft.
- Die Bedeutung des Gabentausch als Ausdruck von Macht und Status
- Die Regeln und Rituale des Gabentausch in der ottonischen Gesellschaft
- Die Analyse von konkreten Geschenksituationen im Kontext von Rangungleichheit und Ranggleichheit der Akteure
- Die Rolle des agonalen Gabentausch als Mittel zur Provokation und zur Durchsetzung von Machtansprüchen
- Die Bewertung der historischen Ereignisse in Gnesen im Jahr 1000 im Licht der gewonnenen Erkenntnisse über den Gabentausch.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Problemstellung der Arbeit erläutert und die Vorgehensweise des Autors beschreibt. Anschließend werden in einem gesonderten Kapitel verschiedene Gabentheorien aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen präsentiert, um den theoretischen Rahmen der Arbeit zu setzen. Das dritte Kapitel widmet sich dem rituellen Gabentausch als Medium der symbolischen Kommunikation im Mittelalter.
Das vierte Kapitel behandelt die Regeln des Gabentausch im Bereich der ottonischen Königsherrschaft. Es werden verschiedene Aspekte des Gabentausch in Abhängigkeit von der Rangstellung der Akteure analysiert, sowie der agonaler Gabentausch als Mittel zur Provokation und zur Durchsetzung von Machtansprüchen.
Das fünfte Kapitel beinhaltet das Fazit der Arbeit und bietet eine Bewertung der historischen Ereignisse in Gnesen im Jahr 1000 im Licht der gewonnenen Erkenntnisse.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert sich auf die Themen Geschenketausch, Symbolische Kommunikation, Macht, Herrschaft, ottonische Königsherrschaft, Rituale, Rang, Agonalität, Boleslaw Chrobry, Otto III., und der „Akt von Gnesen“.
- Citar trabajo
- Nico Sudmann (Autor), 2009, Geschenke und Gabentausch im Bereich der ottonischen Königsherrschaft, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161274