Die entgegengesetzten Ergebnisse der Abstimmungen über eine Widerspruchsregelung (Opt-Out) bei der postmortalen Organspende im Vereinigten Königreich im Jahr 2019 und in Deutschland im Jahr 2020 werfen die Frage nach Gründen auf. Warum war für die Befürworter einer Widerspruchsregelung das Window of Opportunity in dem einen Land ausreichend geöffnet, in dem anderen nicht?
Die Arbeit untersucht zum einen die Umstände und Vorbedingungen historischer, gesellschaftlicher und rechtlicher Art. Mit diesem Vorwissen werden die parlamentarischen und externen Debattenbeiträge, die zu den Abstimmungen geführt haben, einer qualitativen Analyse unterzogen, um Unterschiede in den Argumentationsschwerpunkten herauszuarbeiten.
Die Untersuchungen zeigen stark divergierende Schwerpunkte vor allem in den Bereichen Recht, Ethik und politischen Unterstützungsprozessen auf, die sowohl selbst einen Einfluss auf die Entscheidungsfindung gehabt haben dürften, als auch als Indizien dafür dienen, warum die Policy Agenda zweier vergleichbarer Industrieländer in einem diffizilen Politikfeld diametral unterschiedliche Ergebnisse hervorbringt.
Ein Erklärungsansatz sieht vor allem die frühere Beschäftigung des Vereinigten Königreichs in Kombination mit einer unterstützenden öffentlichen Meinung in der Verantwortung dafür, dass der Policy Stream in UK zur Einführung geführt hat.
Die Arbeit wirft damit nicht nur einen Blick auf divergierende gesellschaftliche und rechtliche Traditionen der Transplantationsmedizin, sondern auch auf zwei Parlamente, deren Kulturen und Verfahren sich deutlich voneinander absetzen.
- Arbeit zitieren
- Oliver Fraederich (Autor:in), 2021, Debatten um Leben und Tod, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1612759