Überlegungen zur Bedeutung des "Privilegium Minus"


Seminararbeit, 2010

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einführende Bemerkungen

2. Welche Bedeutung kann man dem Privilegium Minus zumessen?
2.1. Welfisch- staufischer Konflikt und Königsdesignation Friedrichs III. von Schwaben. Die Entwicklungen vor der Königswahl 1152
2.2. Die Regelung des Anspruchs auf Bayern durch Friedrich Barbarossa
2.3. Das Dokument der Beilegung des Konflikts und der Gründung des Herzogtums Österreichs: Das Privilegium Minus
2.4. Bedeutungen und Auswirkungen des Privilegium Minus in der Praxis des 12. Jahrhunderts

3. Beantwortung der Forschungsfrage

4. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einführende Bemerkungen

Das Privilegium Minus: wörtlich übersetzt handelt es sich bei einem Privilegium um ein Ausnahmegesetz und wie im Folgenden beschrieben wird, trifft diese Bezeichnung dieser Urkunde als Ausnahme voll und ganz. Ein solches Gesetz wurde notwendig, weil die römisch-deutschen Könige im Hochmittelalter, besonders in militärischer Sicht, abhängig von ihren Vasallen, in dem Fall dem Herzog von Bayern waren. Damals bestand Bayern aus verschiedenen Teilen, unter anderem auch noch aus der damaligen Mark Österreich. Da die Lehensvergabe Bayerns, wie auch anderer Ländereien, demnach immer sehr stark vom derzeit aktuellen finanziellen, militärischen oder politischen Notstand des Königs abhängig war, wechselten die vom König Lehnsrechte speziell im 12. Jahrhundert ihre Besitzer. Dass bei der neuen Belehnung einer anderen Dynastie, wie 1156 der Welfen, das ehemalige Herrschergeschlecht der Babenberger in diesem Fall versucht, einen solchen territorialen Verlust, auch aus Gründen eines drohenden Ehrverlusts, zu verhindern, liegt auf der Hand.

Der damalige deutsche König Friedrich I., ab 1155 Kaiser, hatte das Herzogtum Bayern, als Bedingung für die Wahl dessen zum König, dem Welfen Heinrich III. von Sachsen zugesprochen. Problematisch an der Vergabe dieses Lehens war für Friedrich, dass das Herzogtum Bayern zu dieser Zeit noch dem babenberger Haus, in Person von Herzog Heinrich II. von Bayern gehörte.

Am Ende dieses Konflikts stehen die in der genannten Urkunde von 1156 enthaltenden Regelungen. Da es für das Verstehen und speziell für die Einordnung dieser Bestimmungen notwendig ist, die Vorgänge in den Jahren teilweise auch weit vor 1156 zu kennen, gehe ich ausführlich auf den welfisch- babenbergischen Konflikt ein, der durch das damalige Königshaus einerseits verursacht, andererseits immer wieder beschwichtigt wurde. Weiterhin sind natürlich die einzelnen Teile des Privilegium Minus und ihre Bedeutungen und Auswirkungen Thema dieser Arbeit, um letztendlich die Frage zu beantworten: Welche Bedeutung kann man dem Privilegium Minus zumessen?

Grundlegende Werke bei der Nachvollziehung dieses Konflikts sind die Werke von Görich „… damit die Ehre Österreichs nicht gemindert werde …“, Pohls „Die Welt der Babenberger und Appelts „Privilegium Minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich“. Auf die einzelnen Bestimmungen des Privilegium Minus gehen unter anderem die verschiedenen Werke von Lechner, Maleczek und wiederum Appelt ein. Grundlegende Quelle, neben Abschriften des Dokuments an sich, sind die Aufzeichnung Otto von Freisings aus dieser Zeit. Erst im 19. Jahrhundert verbreitete sich durch die Forschungsergebnisse Alfons Hubers und Wattenbachs die breite Überzeugung in der Forschung, dass das Privilegium Maius eine Fälschung des Privilegium Minus von 1358-1365 des regierenden Erzherzogs von Österreich Rudolph IV. war und dieses daher keineswegs weiterhin eine Forschungsgrundlage darstellen kann. Immer wieder wurden von verschiedenen Historikern Vorwürfe der Interpolation laut, beispielsweise durch von Dungern bei der Gerichtsbarkeitsbestimmung und durch Erben bezüglich der libertas affectandi. Diese wurden jedoch nach und nach durch die wissenschaftliche Kritik zurückgewiesen.

2. Welche Bedeutung kann man dem Privilegium Minus zumessen?

2.1. Welfisch- staufischer Konflikt und Königsdesignation Friedrichs III. von Schwaben. Die Entwicklungen vor der Königswahl 1152

Ein Grund, nicht mit der Wahl des römisch-deutschen Königs Friedrich Barbarossas zu beginnen, sondern sich die Entwicklung innerhalb des Reichs noch unter seinem Vorgänger Konrad III zu betrachten, ist zunächst einmal die Designation Friedrichs III. von Schwaben[1] durch Konrad III.. Dokumentiert wird die Empfehlung Konrads an Friedrich, sich mit den betreffenden Fürsten deshalb in Kontakt zu setzen in der Chronica Regia Coloniensis: „ut pro regno sibi adquirendo princibus loqueretur, suasit“.[2] Zwar hatte diese mündliche Vorbestimmung seines späteren Nachfolgers keine staatsrechtlich bindende Autorität, jedoch lenkte es die Weichen, auch für die Wähler, entscheidend zu Gunsten Friedrichs. Daraus folgt, dass die Wähler des neuen römisch-deutschen Königs diesen im Prinzip schon wählen, sich diese Stimme aber dennoch so teuer wie möglich bezahlen lassen wollten.

Der deshalb auszuhandelnde Preis für die Stimme des sächsischen Herzogs Heinrichs III. lässt den Betrachter das Augenmerk darauf richten, welche Interessen der eben genannte Herzog im Vorfeld, schon unter Konrad III., hatte. Die Vorgeschichte begann schon 1138 als Konrad III. dem Welfen Heinrich dem Stolzen, also dem Vater Heinrichs des Löwen, zunächst das Herzogtum Sachsen und später gar das Herzogtum Bayern entzog. Der staufische Herrscher übertrug das Herzogtum Sachsen zwar 1142 wieder an den genannten Sohn Heinrichs des Stolzen, jedoch bestand durch den dauerhaften Verlust Bayerns enormes Konfliktpotenzial zwischen beiden Dynastien. Bayern fiel nämlich dem Babenberger Haus in Person von Leopold IV. und darauf folgend seinem Sohn Heinrich II. Jasomirgott zu.[3] Aus Rache für seinen Bruder griff daraufhin Welf VI. den neu belehnten Leopold IV. an und schlug ihn, woraufhin sich auch das Volk gegen ihren neuen Regenten auflehnte und es zu einem offenen Konflikt kam, der damit endete, dass mehrere Stadtviertel der Stadt Regensburg in Brand gesetzt wurden. Erst durch das Sammeln seiner Truppen in der nahen Umgebung der Stadt konnte sich Leopold IV., begeleitet von einer Geldzahlung, wieder bei der Bevölkerung den nötigen Respekt verschaffen. Die Rache Leopolds an Welf lies natürlich nicht lange auf sich warten, sodass erster einige Burgen auf dem Herrschaftsgebiet des Angreifers zerstörte. Auch die Heirat Heinrich II. Jasomirgotts mit der Witwe Heinrichs des Stolzen aus der welfischen Dynastie konnte anschließende Konflikte, die immer wieder durch Welf VI. angeheizt wurden, nicht verhindern.[4]

1147 begann Heinrich der Löwe dann selbst seine Bemühungen um das Herzogtum Bayern, in dem er öffentlich Ansprüche geltend machte. Auf dem Reichstag in Frankfurt, der eigentlich unter friedlichen Vorzeichen angesichts des anstehenden Zweiten Kreuzzugs stehen sollte, forderte Heinrich der Löwe öffentlich das seinem Vater, moralisch gesehen, unrechtmäßig enteignete Bayern zurück. Der Konflikt spitzte sich daher zu, da diese Ansprüche zum einen die Lehensvergabe des Königs in Frage stellten und zum anderen weil König Konrad III. zusätzlich gegen Ende seiner Amtszeit einen Romzug plante und der mit Bayern begünstigte Stiefbruder des Königs, Heinrich Jasomirgott, zu den bedeutendsten Mitstreitern des Königs zählte.[5] Eine welfische Opposition, die die Aufteilung von Herzogtümern durch den König in Frage gestellt hätte und durch die Gewinnung Bayerns auch machtpolitisch ein enormes Gegengewicht während der geplanten Abwesenheit des römisch-deutschen Regenten dargestellt hätte, konnte zudem auch nicht im Interesse Konrads III. liegen. Die Versuche, zunächst justizieller, und nach deren Scheitern, militärischer Natur, wichtige Stützpunkte des welfischen Opponenten einzunehmen, zeigten keine Erfolge für den König. Da man zu dieser Zeit von einem Höhepunkt des staufisch-welfischen Konflikts sprechen kann, ist die Designation Friedrichs III. von Schwaben, des Sohnes der Welfin Judith, eine erste Annäherung beider Geschlechter.[6] Zudem bestand auch in das babenberger Haus eine genealogische Beziehung, denn durch Agnes, die Großmutter des designierten römisch-deutschen Königs, war er „ein Neffe der babenbergischen Brüder“[7].

[...]


[1] Der spätere König und Kaiser Friedrich I. „Barbarossa“

[2] Georgius Waitz (Hrsg.): Monumenta Germanaiae Historica. Chronica Regia Coloniensis, Hannover 1978, S. 88.

[3] Vgl. Görich, Knut: „… damit die Ehre Österreichs nicht gemindert werde …“. Verfahren und Ausgleich im Streit um das Herzogtum Bayern 1152-1156, in: Schmid, Peter/ Wanderwitz, Heinrich (Hrsg.): Die Geburt Österreichs. 850 Jahre Privilegium Minus, 1. Auflage, Regensburg 2007, S. 23.

[4] Vgl. Pohl, Walter/ Vacha, Brigitte (Hrsg.): Die Welt der Babenberger. Schleier, Kreuz und Schwert, Graz/ Wien/ Köln 1995, S. 145f..

[5] Vgl. Appelt, Heinrich: Privilegium Minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich, 2., durchgesehene Auflage, Graz 1976, S. 32f..

[6] Vgl. Appelt, Heinrich: Heinrich der Löwe und die Wahl Friedrich Barbarossas, in: Novotny, Alexander/ Pickl, Othmar (Hrsg.): Festschrift. Hermann Wiesflecker zum sechzigsten Geburtstag, Graz 1973, S. 45f..

[7] Görich, Ehre Österreichs, 2007, S. 23.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Überlegungen zur Bedeutung des "Privilegium Minus"
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Geschichte)
Veranstaltung
Seminar: Fürstliche Dynastien im Hochmittelalter
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
17
Katalognummer
V161434
ISBN (eBook)
9783640746149
ISBN (Buch)
9783640746774
Dateigröße
561 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bedeutung, Privilegium, Minus
Arbeit zitieren
Sebastian Ketting (Autor:in), 2010, Überlegungen zur Bedeutung des "Privilegium Minus", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161434

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Überlegungen zur Bedeutung des "Privilegium Minus"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden