Die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008/2009 auf die Preise von Anteilen an deutschen Kapitalgesellschaften

Eine Ereignisstudie


Mémoire (de fin d'études), 2010

68 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

Einleitung

1. Änderungen an der Steuerbelastung deutscher Kapitalgesellschaften und deren Anteilseignern infolge der Steuerreform 2008

2. Die Theorie des effizienten Kapitalmarkts

3 Untersuchungsaufbau zum Test auf Informationseffizienz
3.1 Schema von Ereignisstudien
3.2 Auswahl des Ereignistags
3.3 Auswahl der Unternehmen
3.4 Auswahl des Erwartungsmodells
3.4.1 Nicht-Risikoadjustierte Modelle
3.4.2 Risikoadjustierte Modelle
3.4.2.1 Capital Asset Pricing Model (CAPM)
3.4.2.2 Market Model
3.5 Auswahl von Ereignisfenster und Schätzperiode
3.6 Aggregation der Abnormalen Renditen
3.7 Signifikanztests und Evaluation der Ergebnisse

4 Untersuchungsaufbau und Ablauf
4.1 Auswahl relevanter Aktiengesellschaften
4.2 Auswahl des Marktportfolios
4.3 Auswahl und Gruppierung geeigneter Ereigniszeitpunkte
4.4 Hypothesen

5 Untersuchungsergebnisse
5.1 Informationen ohne rechtliche Relevanz - Gruppe M
5.2 Information mit steuerrechtlicher Verbindlichkeit - Gruppe X
5.3 Kommentare zu steuerlichen Konsequenzen - Gruppe K
5.4 Ungruppierte Ergebnisse für zwei ausgewählte Zeitpunkte

6. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

7. Summary

Quellenverzeichnis

Anhang

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gesamtsteuerbelastung auf Unternehmensebene (Thesaurierungsfall)

Tabelle 2: Gesamtsteuerbelastung bei Vollausschüttung

Tabelle 3: In die Untersuchung einbezogene Unternehmen (Stand 2006)

Tabelle 4: Ausgewählte Meldungen zur Unternehmensteuerreform 2008

Tabelle 5: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10]; Gruppe M (positiv)

Tabelle 6: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10]; Gruppe M (neutral)

Tabelle 7: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10]; Gruppe M (negativ)

Tabelle 8: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10]; Gruppe X (positiv)

Tabelle 9: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10}; Gruppe X (neutral)

Tabelle 10: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10]; Gruppe K (positiv)

Tabelle 11: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10]; Gruppe K (negativ)

Tabelle 12: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10]; Ereignistag: 6. Juli 2007

Tabelle 13: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung für das Intervall [-5; 10]; Ereignistag: 1. Januar 2009

Tabelle 14: Ergebnisse der Tests zur Signifikanzprüfung der kumulierten standardisierten abnormalen Renditen für verschiedene Intervalle im Ereigniszeitraum

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Reaktion des Marktes auf neue Informationen

Abbildung 2: Rotation der Koordinatenachsen

Abbildung 3: Ereignis- und Schätzfenster

Abbildung 4: Kursentwicklung DAX 30 und CAC 40 im Betrachtungszeitraum

Abbildung 5: Abnormale Kursentwicklung bei rechtlich irrelevanten positiven Meldungen

Abbildung 6: Abnormale Kursentwicklung bei rechtlich irrelevanten neutralen und negativen Meldungen

Abbildung 7: Abnormale Kursentwicklung bei rechtlich verbindlichen positiven und neutralen Meldungen

Abbildung 8: Abnormale Kursentwicklung bei neutralen und negativen Kommentaren

Abbildung 9: Abnormale Kursentwicklung um den Ereignistag 6. Juli 2007

Abbildung 10: Abnormale Kursentwicklung um den Ereignistag 1. Januar 2009

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Am 14. März 2007 wurde vom Bundeskabinett der Gesetzentwurf für eine umfas- sende Änderung der Unternehmensbesteuerung verabschiedet. In zwei zeitlich getrennten Teilschritten sollte eine spürbare Entlastung der deutschen Unterneh- men und seiner Anteilseigner erreicht werden, um, so die Begründung der Regie- rung, eine deutliche Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland, einhergehend mit einer Angleichung der Steuerbelastung verschie- dener Rechtsformen und einer erhöhten Planungssicherheit für Unternehmen, zu gewährleisten.1 Am 25. Mai 2007 wurde das Gesetz im Bundestag verabschiedet. Die notwendige Zustimmung des Bundesrates erhielt es am 6. Juli desselben Jah- res und konnte damit in der ersten Stufe zum 1. Januar 2008 und in einer zweiten zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.

Der Anspruch dieser Arbeit ist die Darstellung der Auswirkungen von Ankündi- gungen und Beschlüssen bezüglich der geplanten und später umgesetzten Reform auf die Entwicklung der Anteilspreise deutscher Kapitalgesellschaften. Während bereits vielfältige Studien zu Kapitalmarktreaktionen auf individuelle Unterneh- mensankündigungen oder -Veröffentlichungen existieren, wird der Einfluss von großen politischen Reformvorhaben bis heute in der Forschung und Literatur stark vernachlässigt. Insbesondere in Hinblick auf die volkswirtschaftliche Dimension von Steuergesetzänderungen ist diese Diskrepanz nicht nachvollziehbar.

In dieser Arbeit sollen die Auswirkungen der Reform dahingehend untersucht werden, inwiefern der Kapitalmarkt Ankündigungen und Beschlüsse antizipiert.

Im einleitenden Teil wird auf die beschlossene Steuergesetzgebung und die daraus resultierenden Mehr- oder Minderbelastungen auf Gesellschafts- und Anteilseig- nerebene eingegangen wobei Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesell- schaft insbesondere börsennotierte Unternehmen im Mittelpunkt stehen. Um die Auswirkungen auf die Anteile an deutschen Kapitalgesellschaften nachzuvollzie- hen, wird im zweiten Teil dieser Arbeit versucht den theoretischen Rahmen von Aktienpreisanpassungen darzustellen. Kapitel 3 und 4 beschäftigen sich jeweils mit den theoretischen und praktischen Bedingungen und Zweckmäßigkeiten von Ereignisstudien und Ihrer Anwendung auf den hier zu untersuchenden Sachverhalt. Hier wird insbesondere eine Differenzierung von relevanten und irrelevanten Informationen beobachtet.

Im fünften Abschnitt wird anhand der in Teil 4 gewählten Ereignisse die jeweilige Reaktion des Kapitalmarkts dargestellt.

In den folgenden Kapiteln werden ausschließlich Maßnahmen benannt und analy- siert, welche nach Meinung des Autors einen relevanten Einfluss auf die Entwick- lung von Kapitalgesellschaftsanteilen haben können. Ausschließlich Personenge- sellschaften betreffende Neuregelungen werden aus diesem Grund nicht themati- siert.

1. Änderungen an der Steuerbelastung deutscher Kapitalgesellschaften und deren Anteilseignern infolge der Steuerreform 2008

Bereits im November 2005 wird im Koalitionsvertrag der Koalition aus CDU, CSU und SPD eine Reform der Unternehmensbesteuerung als konkretes Ziel ver- einbart. Mit dem Ziel der Steigerung der Standortattraktivität und Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, wird, im Rahmen der Unternehmensteuer- reform 2008, der bundeseinheitliche Körperschaftsteuersatz von vormals 25 Pro- zent auf nunmehr 15 Prozent gesenkt. In Verbindung mit der gleichzeitigen Sen- kung der Gewerbesteuermesszahl um 1,5 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent und Ab- schaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer von der ertragssteuerlichen Bemessungsgrundlage, ergibt sich im Bundesdurchschnitt2 eine Senkung des kombinierten tariflichen Ertragssteuersatzes von 39,48 auf 30,98 Prozent.3 Wäh- rend diese Maßnahme als zentraler Aspekt durch die Bundesregierung kommuni- ziert wurde, fielen die Einlassungen zu den Gegenfinanzierungsmaßnahmen deut- lich verhaltener aus. Eine Vielzahl von Vorschriften zur Ermittlung der Bemes- sungsgrundlage wurde in dieser Hinsicht angepasst. Insbesondere der Wegfall des Betriebsausgabenabzugs von der Gewerbesteuer, der Ersatz der 50%igen Hinzu- rechnung von Dauerschuldzinsen durch eine 25%ige Hinzurechnung aller Zinsen (zusätzlich Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizen- zen) bei der Gewerbesteuer (der Freibetrag von 100.000 Euro fällt bei größeren Kapitalgesellschaften kaum ins Gewicht) und die Einführung der Zinsschranke in Höhe von 30 Prozent des EbIT führen zu einer relativierten Gesamtsteuerentla- stung auf Unternehmensebene.

Während diese Maßnahmen nur mittelbar auf die Vermögen der Anteilseigner wirken, tritt durch die Einführung einer pauschalen Abgeltungsteuer i. H. v. 25 Prozent4 zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer eine Neuregelung des Ansatzes von Einkünften aus Kapitalvermögen zur Einkommensteuer ab dem Veranlagungszeitraum 2009 in Kraft. Letztlich werden die Einkünfte aus Kapitalvermögen von den anderen Einkunftsarten getrennt und zu einer Schedulensteuer.5

Obwohl weniger als 20 Prozent der deutschen Unternehmen in der Form einer Kapitalgesellschaft organisiert sind, werden, aufgrund der Zielsetzung dieser Ar- beit, die steuerrechtlichen Änderungen für Personengesellschaften an dieser Stelle nicht thematisiert. Die folgenden Ausführungen stellen die einzelnen, für Kapital- gesellschaften und Anteilseigner relevanten, Steuerrechtsänderungen etwas detail- lierter dar.

Wie bereits eingangs beschrieben, führt die Senkung des Körperschaftsteuersatzes in Verbindung mit der Senkung der Gewerbesteuermesszahl von pauschal 5 auf 3,5 Prozent bei Körperschaften zu einer reduzierten Steuerschuld auf Unterneh- mensebene ab dem Veranlagungszeitraum 2008 (Vgl. Tabelle 1). Für Gesellschaf- ten mit vom Kalenderjahr abweichendem Geschäftsjahr ist der verminderte Kör- perschaftsteuersatz bereits für das Wirtschaftsjahr 2007/ 2008 anzusetzen, was bei einer Vielzahl von Unternehmen bereits in 2007 zu einer deutlichen Einsparung geführt hat.6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Gesamtsteuerbelastung auf Unternehmensebene (Thesaurierungsfall)

Etwas differenzierter ist das Bild bei der Abgeltungsteuer. Bis 2008 gilt für Divi- denden das Halbeinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40d EStG i. V. m. § 3c EStG. Damit liegt der maximal anzuwendende Steuersatz bei 22,5 Prozent zuzüglich des Solidaritätszuschlags. Bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Kapitalanlagen erzielte Gewinne sind nur nach den §§ 17, 23 EStG zu versteuern. Wurden diese Kapitalanlagen länger als ein Jahr gehalten, waren diese letztlich steuerfrei.7

Während der Einkommensteuertarif für natürliche Personen gemäß § 32a EStG unverändert bleibt, wird die Tarifbegrenzung des § 32c EStG für Gewinneinkünf- te des Veranlagungszeitraums 2007 nicht fortgeführt. Damit gilt der Spitzensteu- ersatz von 45 Prozent ab 2008 nunmehr für alle Einkunftsarten. Ab 2009, mit In- krafttreten der Abgeltungsteuer, gilt ein einheitlicher Steuersatz von 25 Prozent für Einkünfte aus Kapitalvermögen, u. a. Gewinnausschüttungen von Kapitalge- sellschaften und Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (vorbehalt- lich § 17 EStG), sofern letztere nach dem 31.12.2008 erworben wurden. Gegen- über bisher geltendem Recht werden Kapitalerträge und auch Gewinne aus der Veräußerung der Kapitalanlage nunmehr einheitlich als Kapitalerträge gemäß § 20 EStG besteuert.8 Der Begriff der Veräußerung wird ebenfalls gegenüber bis- her geltendem Recht erweitert. Er umfasst nunmehr neben der entgeltlichen Über- tragung und Abtretung ebenfalls die Einlösung und Rückzahlung sowie verdeckte Einlagen von Kapitalanlagen. Die entgeltliche Übertragung einer Kapitalanlage eines Depots auf einen anderen Gläubiger wird steuerlich ebenfalls als Veräuße- rung gewertet.9

Der Gesetzgeber formuliert für Einkünfte aus Kapitalvermögen zusätzlich ein Verlustverrechnungsverbot mit den anderen Einkunftsarten. Eine Verlustverrech- nung mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ist ebenfalls nicht gestattet,10 ebenso wenig wie ein Verlustrücktrag. Von besonderer Relevanz ist die zeitliche Anwendung der Abgeltungsteuer. War anfangs eine zeitlich analoge Einführung mit den steuerrechtlichen Änderungen auf Gesellschaftsebene geplant, wurde im Gesetzgebungsverfahren das Inkrafttreten auf das Jahr 2009 verschoben. Damit ergibt sich für den Veranlagungszeitraum 2008 eine Sonderstellung, denn Kapi- talerträge, wie Zinsen und Dividenden, unterliegen erstmals der Abgeltungsteuer, wenn Sie dem Gläubiger nach dem 30.12.2008 zufließen.11 Neu geregelt ist in diesem Zusammenhang der Abzug der Fremdfinanzierungszinsen. Dieser ist ausgeschlossen, sofern die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch externe Kapitalgeber (co-)finanziert wurde. Dem Steuerpflichtigen steht hier nun lediglich der Sparerpauschbetrag i. H. v. 801 Euro zu.

Eine vereinfachte schematische Darstellung der Gesamtsteuerbelastung zeigt Ta- belle 2. Auf die weiteren Details und steuerrechtlichen Ausnahmen wird an dieser Stelle nicht weiter eingegangen und auf die umfangreiche Literatur zu diesem Thema verwiesen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Gesamtsteuerbelastung bei Vollausschüttung

Die Steuerreform birgt für die Unternehmen neben den Entlastungen auch erheb- liche Risiken. Um die steuerlichen Mindereinnahmen des Fiskus zu begrenzen12, wurde im Zuge der Unternehmensteuerreform der § 8a KStG a. F. durch ein weit reichendes allgemeines Betriebsausgabenabzugsverbot betrieblich veranlasster Zinsaufwendungen ersetzt. Die sogenannte Zinsschranke, die im Gegensatz zu den US-amerikanischen Vorbildregelungen auch betriebsübliche Fremdfinanzierungen durch Banken einschließt, lässt eine volle steuerliche Abzugsfähigkeit der Finanzierungsaufwendungen nur noch unter bestimmten Voraussetzungen zu,13 während in der alten Fassung lediglich eine Begrenzung im Rahmen der Gesell- schafterfremdfinanzierung zum Tragen kam.14 Über die zusätzlichen Motive der Missbrauchsvermeidung und Ihre tatsächlichen Konsequenzen wird in der Litera- tur zur Zinsschranke weiterhin heftig gestritten. Dieser Disput soll hier nicht wei- tergehend thematisiert werden.

Nach der Grundregel des § 4h Abs. 1 EStG sind Zinsaufwendungen nunmehr nur bis zur Höhe des Zinsertrags voll abzugsfähig. Bei einem negativen Zinssaldo, d. h. übersteigen die Zinsaufwendungen die Zinserträge, sind diese lediglich zu 30 Prozent des modifizierten maßgeblichen Gewinns15, bei Kapitalgesellschaften des maßgeblichen Einkommens gemäß § 8 a Satz 1 KStG, abzugsfähig. Liegt dieser Zinssaldo unterhalb der Freigrenze von 1 Mio. Euro greift die Regelung der Zinsschranke nicht und die Aufwendungen sind steuerlich voll als Betriebsausgaben abzugsfähig. Verbleibende nicht abzugsfähige Zinsaufwendungen müssen außerbilanziell dem Gewinn hinzugerechnet werden, gehen in den Zinsvortrag ein und erhöhen die Zinsaufwendungen der Folgejahre und somit die steuerliche Bemessungsgrundlage. Bei Vorliegen von einem der folgenden drei Tatbestände ist die Zinsschranke i. S. d. § 4 h Abs. nicht anzuwenden.16

1. Der Betrag des Zinssaldos übersteigt die Freigrenze von 1 Mio. Euro nicht.
2. Der Betrieb gehört nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern („Stand- alone-Escape“, Konzernklausel).
3. Der Betrieb gehört zu einem Konzern, jedoch ist die Eigenkapitalquote am Schluss des vergangenen Abschlussstichtags im IAS/IFRS-Abschluss17 gleich oder höher als die Eigenkapitalquote des Konzerns („Eigenkapital- Escape“; die sogenannte Escapeklausel).

Ausnahmen von diesen Ausnahmen sind in § 8 a Abs. 2 und 3 KStG qualifiziert.

Ziel des Gesetzgebers ist es, die Umgehung des Abzugsverbots durch Eigenkapitalüberlassung zu unterbinden. Es wird Kapitalgesellschaften dadurch deutlich erschwert, Verluste zeitnah steuerlich geltend zu machen.18

Neben der Zinsschranke ist ebenfalls der vorgeschriebene Übergang von der de- gressiven auf die lineare Abschreibung von Bedeutung. Damit verändert sich deutlich die steuerliche Geltendmachung von Aufwand über die Zeit. Investitio- nen werden stärker belastet, da diese Kosten die Steuerlast nicht mehr zeitnah mindern.

Der reale Effekt der steuerlichen Änderungen kann nicht abschließend als Grund- lage der folgenden Betrachtungen und Analysen dienen. Durch die keineswegs einfachere Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und der Fülle an Sonderrege- lungen kann lediglich individuell eine Wirkung auf das einzelne Unternehmen ermittelt werden. Betrachtet man die modellierte relative steuerliche Belastung in den Jahren 2007 bis 2009, ist dennoch eine deutliche Entlastung zu erkennen.

Für diese Arbeit sind also drei Sachverhalte der Unternehmensteuerreform von Relevanz.

(1) Die Senkung der Unternehmensteuerbelastung auf knapp 30 Prozent.

(2) Die Einführung einer Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge auf Ebene der Anteilseigner.

(3) Die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, u. a. durch Abzugsverbote.

Damit stellt sich die Frage inwiefern dies theoretische Implikationen für diese Arbeit hat. Im Sinne der traditionellen Bewertungstheorie ist der Wert eines Un- ternehmens die Summe der diskontierten zukünftigen Cashflows aus vorhandenen Anlagen und des Barwerts zukünftiger Cashflows aus Investitionen. Dieser Wert ändert sich, insofern der Kapitalmarkt Informationen erhält, welche die Erwartun- gen in Bezug auf die zukünftigen Cashflows aus vorhandenen und auch zukünfti- gen Anlagen verändern.19 Da sich das einsetzbare Kapital, bzw. der zu investierende Kapitalstock der Kapitalgesellschaften in Folge der Reform erhöht, sollte sich dies in steigenden Aktienkursen widerspiegeln. Ob dies bei steuerlichen Änderungen bereits während des formellen Gesetzgebungsverfahrens, bei Veröffentlichung von Gesetzesinhalten oder erst bei Inkrafttreten des Gesetzes geschieht, ist eine der Hauptfragestellungen dieser Arbeit.

2. Die Theorie des effizienten Kapitalmarkts

Die Investition in Aktien dient vorrangig der Mehrung des eingesetzten Kapitals durch erwartete Kurssteigerungen und der Ausschüttung von Dividenden, in eini- gen Fällen ebenfalls der Einflussnahme auf die Geschäftspolitik des Unterneh- mens. Über den Kapitalmarkt als Allokationsplattform wird denjenigen Titelemit- tenten Geld zur Verfügung gestellt, welche die attraktivste Verzinsung in Aussicht stellen.20 Gleichwohl ist jedes Investment am Kapitalmarkt mit dem Risiko der unsicheren zukünftigen Zahlungen behaftet, welches der Investor durch seine in- dividuelle Anlagestrategie zu minimieren sucht. Die Entscheidung Geld am Kapi- talmarkt in bestimmte Titel zu investieren trifft dabei jeder Investor mehr oder weniger auf Basis der ihm zur Verfügung stehenden Informationen. Der Beschaf- fung und Verarbeitung dieser Informationen kommt also eine zentrale Rolle zu.21

Unter der Annahme, dass prinzipiell jeder Investor zur gleichen Zeit über die glei- chen Informationen verfügen kann und diese ähnlich interpretiert22, stellt die Theorie des effizienten Kapitalmarkts eine fundamentale Bedeutung für den ein- zelnen Investor dar. Ausgehend von der etwas vagen,23 aber auch heute gebräuch- lichen Definition Eugene Famas, ist ein Kapitalmarkt dann effizient, wenn alle verfügbaren Informationen unverzüglich durch den Preis des Assets vollständig widergespiegelt werden.24 Diesem Effizienzbegriff liegen dabei folgende Annah- men zugrunde:25

1. Alle Informationen stehen kostenlos zur Verfügung.
2. Es existieren keine Transaktionskosten.
3. Investoren sind Preisnehmer bzw. Mengenanpasser.
4. Alle Marktteilnehmer handeln rational.

Diese Annahmen sind keineswegs unkritisch zu akzeptieren. Es kann in der Reali- tät keineswegs von nur einer dieser Prämissen als statthaft ausgegangen werden.

Insbesondere die Rationalität der einzelnen Investoren muss, auch in Hinblick auf die Erfassung der tatsächlichen Konsequenzen der Information, in Frage gestellt werden. Der Aktienkurs müsste sich so verhalten, als wäre jeder Investor über den Änderungsgehalt der Information informiert, könnte die Konsequenzen unverzüglich bewerten und wäre zusätzlich in der Lage die Antizipation des Managements in Bezug auf diese Änderung zeitnah zu erfassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Reaktion des Marktes auf neue Informationen26

Um diesen schwerwiegenden Einschränkungen gerecht zu werden, konzipiert Fama eine Unterteilung nach dem Grad der Informationseffizienz.

1. Schwache Form der Informationseffizienz

Der gegenwärtige Marktpreis des Wertpapiers spiegelt alle auf histori schen Anlagepreisen beruhenden Informationen wider.

2. Mittelstrenge Form der Informationseffizienz

Der gegenwärtige Marktpreis spiegelt alleöffentlich verfügbaren Informationen wider.

3. Strenge Form der Informationseffizienz

Der gegenwärtige Marktpreis spiegelt alle relevanten Informationen inklusive Insiderwissen wider.

Informationseffizienz ist demnach ein relativer Begriff. Die meisten Untersuchungen zur Validität dieser Effizienzformen stützen die mittelstrenge Informati- onseffizienz. Demnach spiegelt der aktuelle Marktpreis alle öffentlich verfügbaren Informationen zum Wertpapier wider.27 Öffentlich verfügbar ist an dieser Stelle nicht synonym zu kostenlos verfügbar zu verstehen. Es ist völlig ausreichend, dass alle Investoren die Chance zur Kenntnisnahme zu dem betrachteten Zeit- punkt besitzen. Dieser Punkt ist allerdings insofern problematisch, da es empi- risch nicht eindeutig kodifizierbar ist, inwiefern andere als die in die Untersu- chung einbezogenen öffentlichen Informationen tatsächlich ihren Niederschlag im Aktienpreis, im Sinne dieser Theorie, gefunden haben. In der Forschung hat diese Theorie, trotz der teils widersprüchlichen Ergebnisse, dennoch ihren Platz. Die gesamte Ressourcenallokation einer Volkswirtschaft, neben den sekundären Ef- fekten auf das Vermögen der Anleger, basiert ja gerade auf effizienten Investiti- onsentscheidungen.28

Eine eindeutige Abgrenzung der einzelnen Formen von Informationseffizienz gestaltet sich in der praktischen Arbeit aufgrund der Datenerhebung äußerst schwierig. Um dennoch sinnvoll mit dieser Grundlage arbeiten zu können wird für diese Arbeit auf eine mittelstrenge Markteffizienz abgestellt, was sich, wie oben beschrieben, mit den empirischen Ergebnissen durchaus deckt. Zum Test auf mittelstrenge Informationseffizienz werden in der Forschung sehr unterschiedli- che Preisbildungsmodelle verwendet. Eine Darstellung ausgewählter Typen findet sich in Kapitel 4 dieser Arbeit.

[...]


1 Monatsbericht des BMF - März 2007, S. 91.

2

Unter Berücksichtigung eines bundesdurchschnittlichen Hebesatzes von 432 Prozent; siehe Institut „Finanzen und Steuern“.

3 Spengel (2007), S. 87.

4 Mit der Option zur Veranlagung mit dem persönlichen Steuersatz, sofern dieser für den Steuer- pflichtigen günstiger ist: sog. Günstigerprüfung, gemäß § 32d Abs. 6 EStG n. F.

5 Kritisiert wird in der begleitenden Literatur relativ früh die Ungleichbehandlung von betrieblichen und privaten Dividendenbeziehern. Dennoch tritt die Abgeltungsteuer zum 1. Ja- nuar 2009 in Kraft.

6 F.A.Z. vom 20.11.2007, S. 11.

7 Glutsch et al. (2008), S.60.

8 Glutsch et al. (2008), S. 61.

9 Brusch (2007), S. 1000.

10 § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG.

11 § 52a Abs. 1 Satz 1 EStG.

12 BT-Drs. 16/ 4841, S. 48.

13 Schaumburg/ Rödder (2007), S. 448 ff.

14 Schreiber (2008), S. 285.

15 § 4 h Abs. 3 Satz 1 EStG.

16 Schaumburg/ Rödder (2007), S. 467.

17 § 4 h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c EStG.

18 Schreiber (2008), S. 286.

19 Woolridge et al. (1990), S. 354.

20 Franke, Hax (2004), S. 365.

21 Werner (1999), S. 5.

22 Werner (1999), S. 8.

23 Beaver (1983), S. 346.

24 Fama (1970), S. 383.

25 Werner (1999), S. 9.

26 Eigene Erstellung nach Peters (1999).

27 Beaver (1983), S. 344.

28 Peters (1999), S. 18.

Fin de l'extrait de 68 pages

Résumé des informations

Titre
Die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008/2009 auf die Preise von Anteilen an deutschen Kapitalgesellschaften
Sous-titre
Eine Ereignisstudie
Université
Free University of Berlin  (Betriebswirtschaftliche Steuerlehre)
Note
2,0
Auteur
Année
2010
Pages
68
N° de catalogue
V161580
ISBN (ebook)
9783640773244
ISBN (Livre)
9783640773299
Taille d'un fichier
2988 KB
Langue
allemand
Annotations
Diese Arbeit beschäftigt sich empirisch mit den Auswirkungen von Gesetzesbeschlüssen und Ankündigungen der Unternehmensteuerreform 2008/2009 auf Aktienpreise deutscher Kapitalgesellschaften. Neben den steuerlichen Aspekten werden ebenfalls die ökonometrischen Methoden und die finanzwissenschaftlichen Theorien thematisiert.
Mots clés
Steuerreform, Ereignisstudie, Aktienpreis, Kapitalgesellschaft, CAPM, Capital Asset Pricing Model, 4-State-Model, Market Model, Event Study, Kapitalmarktreaktion, Kapitalmarktreaktionsstudie, Kapitalmarkt, Abgeltungsteuer, Bemessungsgrundlage, Gewerbesteuer
Citation du texte
Martin Donath (Auteur), 2010, Die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008/2009 auf die Preise von Anteilen an deutschen Kapitalgesellschaften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161580

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