Der E-Commerce hat das Potential, eine der bedeutendsten Entwicklungen des 21.
Jahrhunderts darzustellen. Den Steuerverwaltungen kommt dabei eine wichtige Rolle
zu. Sie müssen entscheiden, ob die geltenden Steuervorschriften und –prinzipien auf
E-Commerce Transaktionen anwendbar sind oder ob hierfür steuerliche Sondervorschriften
gelten sollen. Dabei können Steuern prohibitiv wirken oder eine Entwicklung
unterstützen1.
Natürliche bzw. juristische Personen, die im Inland ansässig sind, sind gem.
§ 1 Abs. 1 S. 1 EStG bzw. gem. § 1 Abs. 1 KStG i. V. m. § 2 Abs. 1 EStG unbeschränkt
steuerpflichtig. Somit unterliegen alle ihre Einkünfte, unabhängig von ihrer
Quelle, der deutschen Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Bei Personen, die nicht
im Inland ansässig sind, besteht nur dann eine Steuerpflicht, wenn die Einkünfte einen
im Gesetz festgelegten Inlandsbezug haben. Es wird somit nicht auf die Person
des Einkunftserzielers abgestellt (im Gegensatz zur unbeschränkten Steuerpflicht),
sondern auf das Besteuerungsobjekt, die inländischen Einkünfte.2
Im Rahmen der gewerblichen Einkünfte [zu denen im wesentlichen auch die Einkünfte
in Verbindung mit E-Commerce Transaktionen gehören] dürfte die Existenz
einer Betriebsstätte die wohl bedeutendste Inlandsanknüpfung darstellen3.
In der vorliegenden Arbeit soll die Frage nach dem Vorliegen einer Betriebsstätte im
Zusammenhang mit dem E-Commerce näher untersucht werden. Dabei soll insbesondere
an folgenden, internetspezifischen Besonderheiten überprüft werden, ob
diese zur Annahme einer Betriebsstätte führen können4:
· Host-Computer (Internet-Server)
· Homepage als virtuelle Betriebsstätte
· Computer des Kunden (Client) [...]
1 Vgl. Portner, Steuerliche Aspekte, S. 118.
2 Vgl. Strunk (Hrsg.), Steuern und E-Commerce, S. 47.
3 S. a. Kessler (Hrsg.), Neue Medien, Teil 5/5.1.2. S. 4.
4 Vgl. Strunk (Hrsg.), Steuern und E-Commerce, S. 53.
Inhaltsverzeichnis
- I. Zielsetzung, Aufbau und Abgrenzung der Untersuchung
- II. Grundsätze der Betriebsstätte und des ständigen Vertreters nach nationalem Recht
- A. Betriebsstätte
- 1. Definition, Grundsätze und Bedeutung
- 2. Geschäftseinrichtung oder Anlage
- 3. „Feste\" Geschäftseinrichtung / Anlage und Verfügungsmacht
- a.) Räumliche Komponente
- b.) Zeitliche Komponente
- c.) Verfügungsmacht
- 4. Dienen der Tätigkeit eines Unternehmens
- 5. Einzelne Gruppen von Betriebsstätten
- B. Ständiger Vertreter
- 1. Definition, Grundsätze und Bedeutung
- 2. Begriffsmerkmale
- a.) Geschäftsbesorgung
- b.) Nachhaltigkeit
- c.) Weisungsgebundenheit
- III. Grundsätze der Betriebsstätte und des Vertreters nach internationalem Recht
- A. Betriebsstätte
- 1. Definition, Grundsätze und Bedeutung
- 2. Geschäftseinrichtung
- 3. „Feste“ Geschäftseinrichtung und Verfügungsmacht
- a.) Räumliche Komponente
- b.) Zeitliche Komponente
- c.) Verfügungsmacht
- 4. Ausübung der Tätigkeit eines Unternehmens
- 5. Betriebsstättenkatalog / Bauausführungen und Montagen
- 6. Negativkatalog Hilfstätigkeiten und Tätigkeiten vorbereitender Art
- a.) Hilfstätigkeiten oder Tätigkeiten vorbereitender Art
- b.) Einkaufs- und Informationsbeschaffungstätigkeit
- ba.) Einkauf von Gütern oder Waren
- bb.) Informationsbeschaffung
- B. Vertreterbetriebsstätte
- 1. „Abhängiger“ Vertreter
- 2. „Unabhängiger\" Vertreter
- C. Unterschiede der Grundsätze der Betriebsstätte und des Vertreters zwischen nationalem und internationalem Recht
- 1. Betriebsstätte
- 2. Vertreter
- IV. Übertragung der Grundsätze auf den Electronic Commerce
- A. Technischer Ablauf des Electronic Commerce
- 1. World Wide Web (WWW) und Internet
- a.) Internet als Transportmittel für das World Wide Web
- b.) Aufbau einer World Wide Web Verbindung
- c.) Funktion einer World Wide Web Seite
- 2. Client/Server Modell des World Wide Web
- 3. Funktion eines Host-Computers (Server)
- B. Ertragsteuerliche Behandlung von gewerblichen Einkünften im Internet – Betriebsstättenbegründung im virtuellen Raum
- 1. Ansässigkeit von Kapitalgesellschaften als Ausgangspunkt im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht
- 2. Gewerbliche Einkünfte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG und die Erfordernis einer Betriebsstätte oder eines Vertreters
- a.) Grundsätzliche Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsstätte
- b.) Übertragung der Grundsätze auf den Electronic Commerce
- ba.) Host-Computer (Internet-Server)
- bb.) Homepage als virtuelle Betriebsstätte
- bc.) Computer des Kunden (Client)
- c.) Grundsätzliche Voraussetzungen für das Vorliegen eines Vertreters
- d.) Übertragung der Grundsätze auf den Electronic Commerce
- da.) Internet-Service-Provider (ISP)
- daa.) Internet-Service-Provider mit Sitz im Ausland
- dab.) Internet-Service-Provider mit Sitz im Inland
- V. OECD Betriebsstättendiskussion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die steuerliche Betriebsstättenproblematik im Rahmen des Electronic Commerce. Sie analysiert, ob und unter welchen Bedingungen eine Betriebsstätte im Sinne des deutschen und internationalen Steuerrechts im Internet begründet wird. Dabei werden die theoretischen Grundlagen der Betriebsstättenlehre im nationalen und internationalen Recht sowie die spezifischen technischen Gegebenheiten des Electronic Commerce betrachtet. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob die klassischen Kriterien der Betriebsstättenlehre auf den elektronischen Geschäftsverkehr übertragbar sind, und untersucht die verschiedenen Ansätze zur Lösung der Problematik.
- Definition und Abgrenzung der Betriebsstätte im Kontext des Electronic Commerce
- Analyse der technischen Infrastruktur des Electronic Commerce und deren Auswirkungen auf die Betriebsstättenlehre
- Bewertung der verschiedenen Ansätze zur steuerlichen Behandlung von Betriebsstätten im Internet
- Diskussion der Rolle von Internet-Service-Providern und ihrer Bedeutung für die Betriebsstättenbegründung
- Relevanz der OECD-Betriebsstättendiskussion für die nationale Rechtsprechung
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel I stellt die Zielsetzung, den Aufbau und die Abgrenzung der Untersuchung dar. Hier werden die wichtigsten Forschungsfragen und die methodische Vorgehensweise der Arbeit erläutert. Kapitel II widmet sich den grundlegenden Prinzipien der Betriebsstätte und des ständigen Vertreters nach nationalem Recht. Es werden die relevanten Definitionen, Kriterien und rechtlichen Grundlagen aus dem deutschen Steuerrecht dargelegt.
Kapitel III behandelt die internationalen Grundsätze der Betriebsstätte und des Vertreters. Es werden die Unterschiede zwischen dem nationalen und dem internationalen Recht aufgezeigt und die relevanten internationalen Rechtsnormen und Konventionen diskutiert. Kapitel IV analysiert die Übertragung dieser Grundsätze auf den Electronic Commerce.
Es werden die technischen Aspekte des Electronic Commerce erläutert und untersucht, ob und unter welchen Bedingungen eine Betriebsstätte im virtuellen Raum begründet werden kann. Kapitel V beschäftigt sich mit der OECD-Betriebsstättendiskussion und analysiert die Positionen der OECD-Mitgliedstaaten zu dieser Thematik.
Schlüsselwörter
Electronic Commerce, Betriebsstätte, ständiger Vertreter, Steuerrecht, Internet, World Wide Web, Host-Computer, Server, Client, Internet-Service-Provider, OECD-Betriebsstättendiskussion, virtuelle Betriebsstätte, Ansässigkeit, Gewerbliche Einkünfte, EStG, internationale Steuerrecht, nationale Steuerrecht, Rechtstheorie, Rechtstheorie des Electronic Commerce.
- Arbeit zitieren
- Thore Schmitz (Autor:in), 2000, Steuerliche Betriebsstättenproblematik im Rahmen des Electronic Commerce, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16205