1. Einleitung
„[...] bleib in Bewegung,
geh keine Bindungen ein
und bring keine Opfer.“
So resümiert Richard Sennett, englischer Soziologe, die Prinzipien der „flexiblen Gesellschaft“. Die ersten beiden Anforderungen die sich der Mensch des späten 20. und 21. Jahrhunderts stellt, treffen nach Betrachtung des neuen Arbeitsbegriffs augenscheinlich zu. Liest man die aktuellen Berichte aus den Zeitungen bringen die meisten Menschen Opfer im physischen als auch psychischen Sinne:
„Eines Tages konnten sie es nicht mehr länger mit ansehen. Die Arbeitskollegen schickten Bernd Tillmann nach Hause. Monatelang hatte der damals 33-jährige Bankangestellte gegen den drohenden Zusammenbruch angekämpft; hat ignoniert, dass ihm die Arbeit immer weniger Freude bereitet. Dann [...] verließen ihn die Kräfte.“
Der suggerierte profitorientierte Wesenszug, der „Zwang zum Verkauf immer fragwürdigerer Produkte“ , durch die Bank bei welcher genannter Bernd Tillmann arbeitete, trieb diesen psychisch so weit bis die Arbeit zur Belastung wurde und Tillmann in ihrer ganzen Wucht überrollte und ihn einfach ausschaltete. Die Folge: „Anpassungsstörungen“ so sein Arzt nach der Diagnose - „Burn-out“ so Tillmann es mittlerweile rückblickend erkennt.
„Burn-out“ – ausgebrannt von der Arbeit. Wie tiefgreifend ist das Phänomen Arbeit geworden? Welche Gestalt hat diese angenommen, das nichts mehr im Sinne einer „Frei-zeit“ als Freiraum, sichtbar getrennt von der Arbeit bestehen kann? Lebt der Mensch nur noch von der Arbeit? Oder lebt die Gesellschaft vielmehr vom Ergebnis vieler Opferbringungen nach Erwirtschaftung des Kapitals? So schreibt Gilles Deleuze in einem Aufsatz: „Der Mensch ist nicht mehr der eingeschlossene, sondern der verschuldete Mensch.“
Den Figuren in Kathrin Rögglas Roman „Wir schlafen nicht“ ist bereits jedes „runterkommen“ nach der Arbeit für die „freie Zeit“ zu anstrengend und ebenfalls mit psychischer Höchstleisung verbunden. Diese stehen samt ihres ganzen Lebens in der „Schuld“ des Kapitals und der Arbeit als Dienstleister: Sie haben sich eigentlich aufgegeben. Sei es die key-account-managerin , bei welcher nichts „ohne bleibende wirkung“ vorübergeht oder die praktikantin, die „ohne medien- und agenturvergangenheit“ aber „expotauglich“ sein will, in der Medienbranche Fuss fassen möchte, oder aber der senior-associate der „100 %“ in seinem Beruf gefordert ist, jedoch bereit ist zu experimentieren und „mal sehe[n] will, wie sich diese welt [...].
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kathrin Röggla Wir schlafen nicht
- „Wie müssen es wagen, uns die Arbeit wiederanzueignen“ – Andre Gorz und Richard Sennett über die Entwicklung der Arbeit
- „short-sleeping“ - Beispiele aus Kathrin Rögglas Roman Wir schlafen nicht
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Entfremdungsphänomene im Kontext der modernen Arbeitswelt anhand von Kathrin Rögglas Roman "Wir schlafen nicht". Die Analyse untersucht, wie die Arbeit des 21. Jahrhunderts Flexibilität und volle Hingabe verlangt, Freizeit zerstört, psychosomatische Krankheiten hervorruft und das Subjekt in seiner Existenz prägt.
- Entfremdung der Arbeit im 21. Jahrhundert
- Flexibilisierung und ihre Auswirkungen auf die Freizeit
- Psychosomatische Krankheiten als Folge von Arbeitsbelastung
- Die Arbeit als Motor für die Subjektwerdung
- Der Einfluss der modernen Arbeitswelt auf das individuelle Leben
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Entfremdung der Arbeit ein und beleuchtet die Problematik der modernen Arbeitswelt anhand von Beispielen aus dem Zeitgeschehen. Der erste Teil stellt Kathrin Rögglas Roman "Wir schlafen nicht" als Untersuchungsgegenstand vor und analysiert die Figuren und deren Lebensumstände, die von der Arbeit geprägt sind.
Im zweiten Teil wird die Entwicklung der Arbeit von den tayloristischen Zwängen hin zum Post-Fordismus und der scheinbar freien, flexiblen Arbeitsweise anhand der Theorien von Andre Gorz und Richard Sennett beleuchtet.
Der dritte Teil dieser Arbeit analysiert konkrete Beispiele aus Rögglas Roman, um die Entfremdungsphänomene in der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts aufzuzeigen. Dieser Teil konzentriert sich auf die Charakterisierung der Figuren, ihre Lebensweise und die Auswirkungen der Arbeit auf ihre Psyche und ihre Beziehungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die zentralen Themen der Entfremdung der Arbeit, Flexibilität, Psychosomatische Krankheiten, Subjektwerdung und die Auswirkungen der modernen Arbeitswelt auf das individuelle Leben. Wichtige theoretische Ansätze sind die Theorien von Andre Gorz und Richard Sennett, die die Entwicklung der Arbeitsgesellschaft und die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt beleuchten.
- Citar trabajo
- Jessica Lammer (Autor), 2010, Von der Entfremdung der Arbeit in Kathrin Rögglas Roman "Wir schlafen nicht", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162052