Turfkopf 2010 - Das ganz subjektive Jahrbuch des Galoppsports

Die turfcast.net-Kolumnen eines Jahres


Estudio Científico, 2010

63 Páginas


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Turfkopf - Die Kolumne I vom 17.06.2010
Ein Versprechen war das schon…
Derbysieger Wiener Walzer in Ascot

Turfkopf – Die Kolumne II vom 29.06.2010
Ballydoyle for ever
Derby-Fieber auf dem irischen Curragh und anderswo

Turfkopf – die Kolumne III vom 01.07.2010
Es war die beste Zeit…
Zum Karriereende des Ausnahmestehers Getaway

Turfkopf – die Kolumne IV vom 19.07.2010
Warme Kleidung bitte – auch bei Hitze!
Godolphin Management macht den deutschen Cracks das Leben schwer…

Turfkopf – die Kolumne V vom 19.07.2010
Schritt zur Normalität
Erstmals in der Geschichte gewinnt ein ausländisches Pferd das Derby

Turfkopf – die Kolumne VI vom 23.07.2010
Wiener Walzer will es wissen!
Nächstes Monster-Rennen für den Schlenderhaner Crack Mitte August in York

Turfkopf – die Kolumne VII vom 25.07.2010
Einfach nur zugreifen!
Auch der Münchner Dallmayr-Preis geht nach England

Turfkopf – die Kolumne VIII vom 02.08.2010
Die Diana bleibt da!
Neuer Glanz: Enora siegt im deutschen Stutenderby

Turfkopf – die Kolumne IX vom 14.08.2010
Wiener Walzer bleibt daheim…
Kursänderung: Rheinland-Pokal statt Yorker Monster-Rennen

Turfkopf – die Kolumne X vom 16.08.2010
Tierische und menschliche Nichtstarter im Rheinland-Pokal
Der Siegeszug von Godolphin setzt sich auch in Köln fort

Turfkopf – die Kolumne XI vom 19.08.2010
Pferde, die was wollen…
Sariska und andere Charakterpferde auf dem Yorker Ebor-Meeting

Turfkopf – die Kolumne XII vom 23.08.2010
Länderkampf und Ponychaos in Deauville
Dream Ahead ist der neue Star unter den englischen Zweijährigen

Turfkopf – die Kolumne XIII vom 08.09.2010
Immer auf dem Teppich bleiben
Night Magic gewinnt überlegen den Großen Preis von Baden

Turfkopf – die Kolumne XIV vom 14.09.2009
Good bye, Sariska
Dringend gesucht: Der Arc-Favorit

Turfkopf – die Kolumne XV vom 27.09.2010
Autofahren mit Scalo!
Der Ittlinger Scalo ist im Kölner Preis von Europa nicht zu schlagen

Turfkopf – die Kolumne XVI vom 06.10.2010
Analysten-Ächzen
Überwiegend deutscher Frust am großen Pariser Arc-Wochenende

Turfkopf – Die Kolumne XVII vom 13.10.2010
Alianthus vs. Vanjura
Italien – das Sehnsuchtsland deutscher Galopper

Turfkopf – die Kolumne XVIII vom 21.10.2010
Zurück auf Los
Wer darf da ernüchtern? – Wiener Walzer beendet eine durchwachsene Saison

Turfkopf – die Kolumne XIX (online am 23.10.2010)
Renntagsgeschacher
Was Kalender erzählen…

Turfkopf – die Kolumne XX (online am 17.11.2010)
Ratloses Orakel
Die Generation der deutschen Zweijährigen bleibt konturlos

Vorwort

Noch ein Jahrbuch? Ja und doch auch gleich wieder nein. Denn das Turfkopf- Jahrbuch ist nichts weiter als die Sammlung der gleichnamigen 20 Kolumnen, die zwischen Juni und November 2010 begleitend zur deutschen Galoppsportsaison auf www.turfcast.net in unregelmäßiger Folge erschienen sind. Kein bewegender Jahresrückblick, keine Sonderreportagen, keine Besinnungsgespräche. Einfach nur die Zusammenstellung von ein paar Blogbeiträgen für den Bücherschrank.

Die Kolumnen sind weder in der Wahl der Themen noch im Umfang ihrer Behandlung repräsentativ oder gar vollständig. Sie sind schlichtweg das Ergebnis der Reflektion eines halbwegs alt gedienten Kulturjournalisten über seinen seit früher Jugend intensiv verfolgten Lieblingssport. Unter Ausnutzung all der Freiheit und Subjektivität, die sich nur der Fan oder Schlachtenbummler, nicht aber ein unabhängiger Chronist leisten darf. Deshalb sei an dieser Stelle auch kein Hehl daraus gemacht, dass es natürlich kein Zufall ist, dass im Mittelpunkt der Betrachtungen immer wieder ein gewisser, derzeit noch vierjähriger Hengst auftaucht, der 2009 souverän das Deutsche Derby gewann. Wiener Walzer ist – bei aller Sympathie für Night Magic, Scalo, Goldikova oder Cape Blanco – schlichtweg mein Lieblingspferd. Die Geschichte dahinter ist simpel, aber nichts für diese Seiten. Eine Fangeschichte halt.

Der Erfolg dieser Kolumne ist natürlich untrennbar mit www.turfcast.net verbunden, dem unabhängigen Informationsportal rund um den Galoppsport. In Zeiten, in denen nicht nur die Strukturen im deutschen Galoppsport immer weiter zentralisiert werden, sondern mit diesen auch der Informationsfluss; in Zeiten, in denen nicht nur hinter GaloppOnline.de und der Sportwelt, sondern auch hinter Racebets.com und German-Racing.com mehr oder minder ein und die selbe Mannschaft steckt, halten wir den unabhängigen und subjektiven Diskurs für unverzichtbar. Leider ist die deutsche Galoppsportszene zu klein, um ein Meinungsspektrum offerieren zu können, wie es etwa die englische und irische oder auch die französische Szene mit ihren unterschiedlichen Publiktionen und Websites bietet. Aber gerade um auch der deutschen Szene und ihren Fans das Korrektiv eines „fremden Blicks“ nicht vorzuenthalten, hoffen wir, über unsere Bloggerarbeit hinaus mit der Veröffentlichung dieses Jahrbuchs einen weiteren kleinen Schritt auf dem Wege der Nachhaltigkeit eines unabhängigen Diskurses gehen zu können. Für weitere engagierte Mitstreiter ist Lajos Balogh, verantwortlicher Gründer von turfcast.net, dankbar. Ihm sei an dieser Stelle für die freundschaftliche und kollegiale Zusammenarbeit und für das Titelfoto dieses Buches herzlich gedankt!

Köln im November 2010. Rolf C. Hemke

Turfkopf - Die Kolumne I vom 17.06.2010

Ein Versprechen war das schon…

Derbysieger Wiener Walzer in Ascot

Die Bilanz des Ascot-Starts von Wiener Walzer, dem deutschen Derbysieger 2009, liest sich auf den ersten Blick nüchtern: Fünfter in einem der prestigeträchtigsten englischen Rennen, den mit rund € 511.000 dotierten Gr. 1- Prince of Wales´s Stakes über 2012 m im Rahmen des legendären Royal Ascot- Meetings. Bei genauerem Hinsehen allerdings ist das Resultat durchaus bemerkenswert: Mit zweidreiviertel Längen Rückstand auf den Sieger Byword verkürzte der Schlenderhander seinen Abstand zu dem Fabre-Hengst erheblich. Bei seinem Saisondebut im Pariser Prix d´Ispahan konnte dieser ihn noch auf zehn Längen distanzieren.

Der Auftritt Wiener Walzers am Pfingstsonntag 23.5. in Longchamp war eine Notlösung, daran hatte sein Trainer Jens Hirschberger von vornherein keinen Zweifel gelassen. Eigentlich hatte der Hengst bereits Anfang Mai im Gr. 1-Prix Ganay in Paris in die Boxen einrücken sollen, was sich aufgrund einer leichten Erkältung allerdings nicht realisieren ließ. So diente der Start drei Wochen später auf allzu kurzer Distanz (1850 m) und gegen die übermächtige Goldikova insbesondere der Vorbereitung. Seine Platzierung auf Rang drei täuschte darüber hinweg, dass sich die Bahnrekord laufende Goldikova und der von ihr nur um eine halbe Länge geschlagene Byword an diesem Tag in anderen Galoppdimensionen bewegten als der Rest des Feldes. Die viertplatzierte Stacelita, immerhin letztjährige französische Prix de Diane-Siegerin, folgte – ebenfalls mit Saisondebut – weitere sechs Längen hinter Wiener Walzer zurück. Ihr Trainer Claude Rouget schaltete daraufhin erstmal einen Gang zurück: Sie gewann am 14.6 das Gr.3-Rennen La Coupe in Longchamp.

Hirschberger hingegen hielt an der Großaufgabe für Wiener Walzer fest. Und nimmt man Byword als einen Formindikator kann sich der Trainer bestätigt fühlen: Denn während sein Schützling erst den zweiten Saisonauftritt absolvierte, begann Byword bereits Anfang April in einem Listenrennen in Maisons-Lafitte und setzte sich noch am Maifeiertag im Prix du Muguet in Saint-Cloud lediglich mit kurzem Kopf gegenüber Gris de Gris und anderthalb Längen gegenüber Andreas Löwes Sehrezad durch. Der Konditionsvorteil Bywords gegenüber Wiener Walzer dürfte also auch in Ascot noch nicht zu vernachlässigen gewesen sein, dies zumal der Schlenderhaner dem Vernehmen nach im heimischen Training nicht gerade übereifrig sein soll, sondern eher dazu tendiert, seine Pflicht zu erfüllen. Man wird also tendenziell davon ausgehen können, dass er sein Formhoch erst in der zweiten Saisonhälfte erreicht, wenn er bereits einige Rennen absolviert hat. Sein respektabler Sieg letztes Jahr im Kölner Rheinland-Pokal Mitte August könnte das bestätigen, auch wenn Hirschberger im Vorfeld von Ascot nochmals betont hatte, für wie stark er die Entwicklung des Hengstes nicht nur über die Winterpause, sondern gerade nochmals in den letzten drei Wochen hält.

Die entscheidende Schlussphase des Rennens von Ascot lässt aber darauf schließen, dass Wiener Walzer immer noch nicht bei 100 % angelangt ist. Nach dem Rennen sagte Adrie de Vries: „Das Rennen war für mich völlig in Ordnung, es lief alles glatt und ich war in einer guten zweiten Position. Als das Rennen dann schneller wurde, lief er unverändert weiter – er beschleunigte nicht. Ich denke, er könnte zwei- oder vierhundert Meter mehr vertragen – aber der Boden war perfekt, das war genau das, was er mag.“ GaloppOnline.de hingegen zitierte Gebhard Apelt, den Racing Manager von Schlenderhan mit den Worten:

„Wiener Walzer war Fünfter nach Zielfoto, da war mehr drin. Er sollte eigentlich an vierter Stelle gehen, doch an zweiter Position hatte er die Nase zu früh im Wind." Was schließt der geneigte Leser daraus?

Hat sich Adrie de Vries nicht an die Rittorder gehalten, als er Wiener Walzer schon nach wenigen hundert Metern auf die zweite Position beorderte und das Feld das Rennen über mitanführte? Hätte er Wiener Walzer eher während des Rennens verstecken und auf Warten reiten sollen? Wäre dieser dann besser abgesprungen und hätte noch beschleunigen können? Wäre ein Hase, wie ihn Hirschberger mit dem Ullmann-Hengst Next Vision im Prix d´Ispahan einsetzte, die Lösung gewesen, um Wiener Walzer während des Rennens im Feld zu halten? Fakt ist, dass Next Vision und Goldikovas Hase Celebrissime das Pariser Rennen so schnell gemacht haben, dass Wiener Walzer auf der Geraden nichts mehr zuzusetzen hatte. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so drastisch, war auch der Ausgang der Prince of Wales´s Stakes – ohne Hase.

Fakt ist aber auch, dass Wiener Walzer schnelle Rennen braucht, damit seine hohe Grundgeschwindigkeit zum Tragen kommt und er nicht im Einlauf ausgesprintet wird (der Einsatz eines Hasens ist für ihn also grundsätzlich sinnvoll). Drängt sich bei solchen Überlegungen aber nicht doch – abgesehen von einer weiteren Formentwicklung des Pferdes – die vorsichtig formulierte Einschätzung von Adrie de Vries auf, dass der Derbysieger auch international wieder auf die Derbydistanz gehört? Ist ein Pferd, das ausgewiesene Steher wie Getaway und Godolphins Eastern Anthem schon als Dreijähriger im Kölner Rheinland-Pokal geschlagen hat und dabei immer wieder zulegen konnte, nicht auf der Distanz hinreichend ausgewiesen?

Jedenfalls kann man Jens Hirschberger – egal wie er sich entscheidet – für die weitere Saisonplanung nur den Mut wünschen, Wiener Walzer weiter auf dem gewählten Topniveau einzusetzen. Dass das Pferd diese Klasse kann, hat er mit seiner Leistung in Ascot bereits bewiesen. Im geschlagenen Feld landete hier Weltklasse: Der Arc-Dritte 2009 Cavalryman mit Frankie Dettori, der unverwüstliche Presvis unter Kieran Fallon, genauso wie Pferde, die aktuelle beste Gruppe 1-Formen mitbringen. Godolphins Allybar war Ende März im Herzschlagfinale des Dubai World Cup (allerdings auf dem Kunstbelag Tapeta) nur um Zentimeter geschlagener Dritter und die Französin Shalanaya war zweite hinter Godolphins Cutlass Bay im bereits angesprochenen Pariser Prix Ganay.

Nennungen besitzt Wiener Walzer nun u.a. für den Gr.1-Deutschland-Preis über 2400 m am Derby-Wochenende in Hamburg, den ebenfals über 2400 m führenden Gr.1-Großen Preis von Baden und den Pariser Prix de l´Arc de Triomphe. Alternativ zu Hamburg könnte sich natürlich auch ein neuerlicher Start in Ascot anbieten, in den berühmten, mit € 1,2 Mio. dotierten Gr.1-King George VI and Queen Elizabeth Stakes. Die Distanzfrage scheint damit fast vorentschieden. Wie die Route tatsächlich aussehen wird, hängt aber nicht nur von Hirschberger ab, sondern entscheiden die jeweiligen Bodenverhältnisse (abgetrocknet, bitte sehr und kein Matsch an den Hufen!). Im Vergleich zu Ascot wäre Hamburg ein Schritt zurück auf der internationalen Skala - immer noch eine Gruppe 1-Prüfung, aber eben eine deutsche. Da tummelt sich zumeist nicht unbedingt die internationale Topklasse. Allerdings hätten wir auch gegen einen überlegenen Sieg Wiener Walzers nichts einzuwenden, bevor es wieder an die ganz großen Aufgaben geht...

Turfkopf – Die Kolumne II vom 29.06.2010

Ballydoyle for ever

Derby-Fieber auf dem irischen Curragh und anderswo

Das Derbyfieber ist im Moment eine weit verbreitete Seuche. Man wundert sich, dass die Pharmaindustrie noch keine millionenschwere Impfkampagne ausgelöst hat. Zugegebenermaßen ist das in Zeiten von Fussball-Welt- oder Europameisterschaften ein regelmäßiger Befund. Dass deshalb gleich das Deutsche Derby, gemeint ist das echte, das Galoppderby, um zwei Wochen auf den 18.07. nach hinten verschoben wurde, ist allerdings die Ausnahme – bisher. Denn schon wird diskutiert ob der Termin Mitte Juli nicht grundsätzlich der bessere sei…

Für internationale Derbytouristen – von denen es vor allem auf den britischen Inseln viele gibt – wäre das eine gute Meldung. Denn bisher lagen der deutsche und der irische Derbytermin parallel. Was nun wirklich ärgerlich ist, weil man als deutscher Derbygänger so zwangsläufig das wichtigste irische Flachrennmeeting verpassen muss, an dem von Freitag bis Sonntag gleich sechs Grupperennen auf dem Plan stehen: Neben dem Gr.1-Irischen Derby über 2400 m und dotiert mit € 1.250 000 und den prestigeträchtigen Gr.2-Railway Stakes für die Zweijährigen über 1200 m am Sonntag, die bereits am Samstag ausgetragenen und seit 2004 mit Gruppe 1-Status versehenen Pretty Polly- Stakes für 3jährige und ältere Stuten über 1800 m und mit € 188.000 dotiert. Darüber hinaus verteilen sich drei weitere Gr. 3-Rennen auf das Wochenende.

Die Gründe für die Faszination, die ein Derby auslösen kann, sind bekannt: Allgemein gesprochen liegen sie im direkten Vergleich bekannter oder sich ähnelnder Größen. Ob man vom Lokalderby Schalke gegen Dortmund ausgeht oder von dem „WM-Klassiker“ Deutschland gegen England. Dort, genauer gesagt im englischen Epsom, ist auch der Begriff des „Derby“ entstanden, als am 4. Mai 1780 erstmals die Derby Stakes ausgetragen wurden, ein Leistungsvergleich für 3-jährige Vollblutpferde. Diese wurden nach Edward Smith Stanley, dem 12. Earl of Derby benannt, dem Gastgeber einer Party, anlässlich derer die ersten Derby Stakes stattfanden (übrigens spricht sich die gleichnamige Stadt Derby und damit auch das Rennen bei korrekter englischer Aussprache „Darbie“ und gerade nicht, wie im deutschen gerne falsch ausgesprochen „Dörbie“).

Mit Übernahme des englischen Leistungssystems für Vollblüter wurde in allen wichtigen Galoppsportländern auch eine derartige Derby-Prüfung eingeführt.

Daneben sieht die englische Systematik vier weitere, sogenannte klassische Prüfungen vor: die 1000 Guineas (in Deutschland ausgetragen in Düsseldorf, 1600m für 3jährige Stuten), die 2000 Guineas (in Deutschland das Kölner Mehl- Mühlens-Rennen, 1600 m für 3jährige Hengste und Stuten), das Stutenderby (2400 m, in Deutschland der Düsseldorfer Preis der Diana) und das St. Leger (in Deutschland in Dortmund ausgetragen, 2800 m, seit 2007 nicht mehr nur für dreijährige sondern auch für altere Hengste und Stuten zugänglich). In Irland fällt die örtliche Zuordnung der einzelnen Rennen leichter: Alle fünf klassischen Prüfungen finden auf dem Curragh statt. Schon der Name weist auf die historische Bedeutung des Ortes hin: Der Name leitet sich aus dem gälischen Wort Cuirreach her, was so viel wie „Rennbahn“ bedeutet. Das erste historisch belegbare Rennen an diesem Ort fand im Jahr 1727 statt, doch gilt es als sicher, dass hier auch schon vorher Rennen stattgefunden haben. Heute heißt die ganze Hochebene ca. 50 km von Dublin entfernt und zwischen den Orten Kildare und Newtown gelegen „the Curragh“. Das erste irische Derby wurde hier 1866 ausgetragen.

Der Galoppsportlaie, der erstmals mit einem Derbyfeld konfrontiert wird, fühlt sich erstmal überfordert. Fünfzehn, zwanzig oder manchmal noch mehr junge Pferde sind da gelistet, deren Namen man im Zweifel noch nie gehört hat. Das Erstaunen perfekt macht dann in solchen Situationen das Entzücken des Gesprächspartners, der vielleicht ausgerechnet Insider ist und über die Pferde plaudert wie über alte Bekannte. In der Tat bekommt auch ein Fußballderby erst dann für den Betrachter Brisanz, wenn er die Situation, aus der dieses Duell heraus stattfindet, zumindest einschätzen kann. Wenn ich als Australier nichts vom deutschen Fußball verstehe, interessiert mich auch das Lokalderby zwischen dem 1. FC Köln und dem Kölner Vorort-Club Bayer Leverkusen nicht. Will man also das englische, irische oder französische Derby genießen, kommt man nicht ohne eine gewisse Beobachtung der dortigen Galoppsportszene aus, ansonsten bleiben die Pferdchen eben unbekannte Größen. Der Weg eines Pferdes auf ein Derby hin kann dabei seinen ganz eigenen Charme entwickeln.

Nehmen wir das kleine Drama um den Ullmann-Hengst Scorcher samt der Vorgeschichte seines Vollbruders Suestado aus dem Vorjahr: Dieser war zum Deutschen Derby im vergangenen Jahr noch stärker gewettet als der großartige, vom gleichen Trainer Jens Hirschberger trainierte Wiener Walzer. Doch im Rennen war der Favorit früh geschlagen. Danach tauchte er gar nicht mehr auf der Rennbahn auf und dem Vernehmen nach wird er wohl auch nicht mehr dorthin zurückkehren. Scorcher überzeugte bei seinem Lebensdebut ähnlich wie es Suestado anfangs tat. Sein Auftritt in einem kleinen Maidenrennen vor dem Krefelder Busch-Memorial Ende April war überragend. Die Kölner Union (Gr.2, 2200 m, am 13.6.), die wichtigste deutsche Derbyvorprüfung (wenn auch kein

„klassisches“ Rennen im Sinne des englischen Leistungssystems so doch das

älteste (seit 1834) auf deutschem Boden ausgetragene Galopprennen) ließ er wegen kleinerer gesundheitlicher Probleme aus. In einem mittelklassigen Rennen (Course B) in Maisons-Lafitte überzeugte Scorcher wenig später mit einem überlegenen Sieg, was ihn zum klaren Derbyfavoriten machte. Doch dann wurde er kaum eine weitere Woche später vom Derby abgemeldet - wegen „Wachstumsproblemen“. „Mit seinem rechten Bruder Suestado“, so Gebhard Apelt, General Manager des Gestüt Schlenderhan, „haben wir im Vorjahr großes Pech gehabt, das soll sich nicht wiederholen“. Die Derbyblase Scorcher ist geplatzt.

Ein anderes, kleines Drama spielte sich vor dem englischen Derby rund um den irischen Ballydoyle-Stall ab: Seit seinem überlegenen Erfolg in der über 1609 m führenden Gr.1-Racing Post-Trophy in Doncaster letzten Herbst war der von dem irischen Erfolgstrainer Aidan O´Brien trainierte St. Nicholas Abbey unumstrittener Favorit. Dies blieb er auch, als sein Trainingsgefährte Cape Blanco den hocheingeschätzten Workforce (Trainer Sir Michael Stoute) in den Gr. 2-Dante Stakes von York über 2092 m, der wichtigsten englischen Derby- Vorprüfung (quasi dem Pendant zum deutschen Union-Rennen) schlug. Doch dann wurde St. Nicholas Abbey wenige Tage vor dem Derby wegen „leichter muskulärer Probleme“ – dem Vernehmen nach aber eher wegen chronischer Formschwäche – abgemeldet.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich O´Brien im Hinblick auf Cape Blanco schon für einen Start im französischen Derby entschieden, das regelmäßig am selben Wochenende wie das Epsom-Derby stattfindet. So wurde mit Jan Vermeer plötzlich die dritte Ballydoyle-Farbe zum Favoriten. Einen Außenstehenden mag die Dominanz dieses einen irischen Trainers wundern, doch der Ballydoyle- Stall, die Rennabteilung des berühmten irischen Coolmore Stud, ist neben Godolphin, dem privaten Rennstall der Maktoums, der Regentenfamilie von Dubai, die größte Galoppsport-Operation weltweit, geschätzte einhundert Millionen Euro ist allein der Pferdebestand der Rennabteilung wert.

Pointe der diesjährigen Ballydoyle-Zauderei rund um die beiden wichtigsten Derby-Rennen ist, dass der Favorit Cape Blanco als Zehnter im französischen Derby, dem Gr. 1-Prix du Jockey Club in Chantilly über 2100 m, mit € 1,5 Mio. dotiert, ebenso enttäuschte wie Jan Vermeer als Vierter im englischen Derby (Gr.1, 2423 m, ca. € 1,5 Mio.). Letzterer war nicht einmal bestes Ballydoyle- Pferd in diesem Rennen, da sein Pacemaker At first Sight so viele Längen voraus war, dass es hinter dem Mitfavoriten Workforce noch zum zweiten Platz für den Riesenaußenseiter reichte.

Das irische Derby, das jeweils drei oder vier Wochen später als das englische und französische Derby ausgetragen wird, ist die klassische Revanche für das englische Derby oder aber auch der klassische Vergleich zwischen französischem und englischem Derbysieger. Nichts von alledem stand allerdings in diesem Jahr auf dem Programm. Der Ammerländer Lope de Vega, überlegener Sieger des französischen Derbys, hat derzeit noch eine Nennung für den Gr. 1-Prix Jean Prat über 1600 m in Chantilly Anfang Juli und soll Mitte August in Deauville gegen Goldikova im Gr.1-Prix Jacques le Marois wiederum über die Meile antreten. Workforce soll in die berühmten Gr.1-King George VI and Queen Elizabeth Stakes in Ascot über 2414 m am 24.07. gehen. Auf dem Curragh war also am letzten Wochenende quasi freie Bahn für Aidan O´Brien, der gleich fünf Pferde sattelte. Neben Jan Vermeer und Cape Blanco auch den Epsom-Zweiten At first Sight und den -Fünften Midas Touch. Als Pacemaker wurde dieses mal Bright Horizon eingesetzt, der seinem Trainer nicht so hochklassig die Rechnung verderben sollte wie At first Sight in Epsom.

Gegen die Ballydoyle-Armada stellten sich nur einige wenige englische Top- Dreijährige: Nachdem Godolphin Chabal wegen zu trockenem Boden abgemeldet hatte, war der Hauptgegner in dem von Mark Johnston für den Kronprinzen von Dubai, Hamdan bin Mohammed al Maktoum, trainierten (also nicht zu Godolphin gehörigen) Monterosso zu sehen. Seine Form wies in diesem Jahr steil nach oben und mündete neun Tage vor dem Irischen Derby im Sieg in den Gr. 2-Kind Edward VII Stakes von Royal Ascot über 2414 m, in denen At first Sight Vierter wurde. Monterosso firmierte dann unmittelbar vor dem Rennen tatsächlich auch als Favorit kurz vor Cape Blanco. Auch der von Michael Bell trainierte Coordinated Cut, Dritter hinter Workforce und Cape Blanco in den Dante Stakes und Siebter in Epsom, war als Gegener ernst zu nehmen.

Doch es kam dann so, wie es sich Aidan O´Brien nur wünschen konnte: Pacemaker Bright Horizon, der unter Jockey Sean Levey eine höllisch schnelle Fahrt vorgelegt hatte, baute rechtzeitig vor der Zielgeraden ab und übergab At first Sight und dann dem stark aufkommenden Midas Touch das Kommando. Mitte der Geraden machten sich dann Monterosso außen und Jan Vermeer innen stark bemerkbar, liefen zwar zu Midas Touch auf, bekamen ihn aber nicht in den Griff, bevor dann Cape Blanco unter Ballydoyles Jockey Nr.1 Johnny Murtagh den Turbo anwarf und unwiderstehlich anzog. Die drei Ballydoyle-Hengste setzen sich noch klar von Monterosso ab, dem neun Tage nach seiner großen Vorstellung in Ascot anscheinend noch die Kraft fehlte, nachzusetzen. Aidan O´Brien gelang also mal wieder die Dreierwette mit seinen eigenen Pferden – nach 2002 und 2007 bereits zum dritten Mal im Irischen Derby. Zudem war es sein fünfter Sieg in diesem Rennen in Folge. Im letzten Jahr war kurzfristig der von dem Iren John Oxx trainierte Supergalopper Sea the Stars wegen zu tiefen Geläufs abgemeldet worden, sodass dessen damaliger Dauerrivale Fame and Glory wenigstens einmal – in seiner Abwesenheit – prominent zum Zuge kam.

Nachdem der französische Derbysieger Lope de Vega von seinem Trainer Andre Fabre eher auf Meilendistanz angesetzt werden dürfte, gibt es nun also wenigstens die Möglichkeit, dem Duell zwischen englischem und irischem Derbysieger entgegenzufiebern: Am 24.7. dürfte es in den King George VI and Queen Elizabeth Stakes in Ascot soweit sein. Vorher aber, am 18.7. heißt es erstmal im Gr.1-Deutschen Derby über 2400 m in Hamburg…“and they´re off“!

Turfkopf – die Kolumne III vom 01.07.2010

Es war die beste Zeit…

Zum Karriereende des Ausnahmestehers Getaway

Die Nachricht klingt nüchtern: Getaway hat sich am Mittwoch, den 30.06., im heimischen Training in Bergheim bei Köln eine Fissur zugezogen und wird am Donnerstag 01.07 operiert. Die Verletzung bedeutet das Ende seiner Karriere.

Der Punkt hinter diesem Satz sitzt. Unverrückbar. Auch wenn dem deutschen Galoppsportfan da für einen Moment die Luft wegbleibt. Und sich Bilder vor die Augen schieben. Drei Szenen überlagern sich da. Natürlich der Einlauf im Gr.1-Prix de l´Arc de Triomphe 2007 (damals noch mit € 2 Mio. dotiert) unter Jockey Olivier Peslier. Der damals von André Fabre trainierte Hengst wurde nur um einen kurzen Kopf vom Dritten Sagara geschlagen Vierter. Dann der unwiderstehliche drei Längen-Sieg im Gr.1-Großen Preis von Baden 2009 unter Adrie de Vries als er auf für ihn passend weichem Geläuf gleich mehrere Topferde, darunter den Dubai Sheema Classic-Sieger Eastern Anthem und den späteren Arc-Zweiten Youmzain stehen ließ. Am eindrucksvollsten aber war Getaway vielleicht in jener Niederlage im Gr.1-Rheinlandpokal wieder unter Adrie de Vries als er sich die gesamte Zielgerade von Weidenpesch hinunter eine unvergleichliche Schlacht mit seinem Trainingsgefährten Wiener Walzer lieferte und nur mit einem kurzen Kopf unterlag.

Es ist unter anderem dieses Foto der beiden sich gegenseitig beharkenden Tophengste, mit dem der Kölner Rennverein in dieser Saison für seine Veranstaltungen unter dem neuen German Racing-Logo wirbt, das gleiche Bild ist auch das Deckblatt des Grünen Galopp-Kalenders 2010. Wer dieses Rennen an jenem heißen Augustnachmittag im vergangenen Jahr in Köln miterlebt hat, bekam eine Vorstellung davon, was der Begriff RENNPFERD eigentlich meint: Dass da eben nicht nur Pferde im Kreis stumpf um die Wette laufen, sondern dass diese Tiere einen Siegeswillen haben, der nahezu unabhängig vom Jockey ist. Wie sich diese beiden Pferde über drei-, vierhundert Meter keinen einzigen Galoppsprung geschenkt haben, mal Wiener Walzer, dann Getaway und zum Schluss wieder Wiener Walzer die Nase vorn hatte, das ist der Stoff aus dem Sportlegenden gestrickt sind.

Natürlich war Getaway in die Jahre gekommen, jetzt bei seinem Abschied ist er sieben. Das ist für einen Galopper ein Alter, welches für einen Fußballer das überschreiten der Dreißig bedeutet. 22 Starts hat er absolviert, gewann neun Rennen und war siebenmal platziert. € 884.950 verdiente er insgesamt. Doch dieser Getaway hatte noch eine Rennzukunft vor sich. Die Entscheidung seines Trainers Jens Hirschberger Ende letzter Saison, ihn ein weiteres Jahr im Training zu halten war mehr als nachvollziehbar. Erst im Frühjahr war der Hengst von André Fabre zu Hirschberger ins Training gewechselt und hatte sich im Laufe des letzten Sommers groß gesteigert gezeigt. Mit dem Gr.1- Deutschland-Preis in Düsseldorf am 19.07.2009 unter Stephen Hellyn und dem bereits erwähnten Großen Preis von Baden gewann er immerhin erst in der letzten Saison seine beiden Gruppe 1-Rennen. Bei seinem dritten Auftritt im Prix de l´Arc de Triomphe 2009 blieb er als Dreizehnter nach einem lieblosen Ritt von Stéphane Pasquier auf zu trockenem Boden unter Wert geschlagen.

Doch dies tat seinem Ruf keinen Abbruch. Im Vorfeld zu seinem Saisonauftakt im Gr.2-Kölner Gerling-Preis unter Adrie de Vries gab es geradezu eine Fluchtreaktion der Konkurrenz, als klar wurde, dass er antreten würde. Schließlich startete ein Fünfer-Feld aus den Boxen und es mutet nun rückblickend wie eine Ironie des Schicksals an, dass Getaway – noch entfernt von seiner Bestform – ausgerechnet von seinem Pacemaker Eye of the Tiger knapp geschlagen wurde. Sein letzter Lebensstart liegt nicht einmal drei Wochen zurück: Am 13. Juni lieferte er sich im mit € 297.000 dotierten Gr.1- Gran Premio di Milano wiederum unter Adrie de Vries das mit Spannung erwartete Duell mit Quijano, deutscher Titelverteidiger in diesem Rennen und eben der andere große ältere deutsche Steher unter Andrasch Starke. Auch hier blieb ihm nur der Ehrenplatz – knapp von dem 184:10 Außenseiter Jakkalberry unter Fabio Branca geschlagen, Quijano wurde Vierter.

Die Neuauflage dieses Duells war für den Deutschland-Preis (Grosser Preis von LOTTO Hamburg) am 17.7. geplant. Dort hätte Quijano den Titelverteidiger Getaway herausfordern sollen. Dazu kommt es nicht mehr. „Es ist leider ein Seuchenjahr“, klagt Gebhard Apelt, General Manager von Schlenderhan zu Getaways Trainigsunfall, nachdem Trainer Hirschberger schon seinen Derbyfavoriten Scorcher wegen Wachstumsproblemen vorzeitig in Hamburg hatte abmelden müssen. Doch auch im letzten Jahr war Schlenderhan schon schwer getroffen, als Adlerflug, Derbysieger von 2007, im Mai nach einem Trainingsunfall seine Rennkarriere beenden musste.

Am Donnerstag 01.07. wurde Getaways Operation erfolgreich durchgeführt. Er soll nun 2011 als Deckhengst aufgestellt werden. Deutschland hat mit Getaway nicht nur ein erfolgreiches Rennpferd verloren, sondern einen großen Galopper - mit manchmal schwierigem Charakter und mit einem ganz großen Herzen. Schon in Hamburg werden wir ihn vermissen! Hoffen wir auf eine große zweite Karriere des prächtigen Monsunsohns: als Vater vieler Derbysieger.

Turfkopf – die Kolumne IV vom 19.07.2010

Warme Kleidung bitte – auch bei Hitze!

Godolphin Management macht den deutschen Cracks das Leben schwer…

Die Hamburger Derbyankunft vom vergangenen Sonntag mit dem souveränen Sieger Buzzword wiederholte quasi die Geschehnisse vom Tag zuvor: Da hatte der Godolphin-Hengst Campanologist die beiden deutschen Topsteher Wiener Walzer und Quijano mit dreiviertel Länge Abstand sicher auf die Plätze zwei und drei verwiesen.

„Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech hinzu“, lautet einer der prominentesten Fußballer-Aphorismen, in diesem Fall dem ehemaligen Dortmunder Jürgen Wegmann zugeschrieben. Kein Glück hatte der deutsche Derbysieger 2009, Wiener Walzer, bereits im Vorfeld seines Starts zum Gr.1- Großen Preis von Lotto Hamburg über 2400 m. In der Nacht regnete es in Hamburg kräftig, so dass die Bodentiefe von 4, 3 cm am Freitag auf 4, 5 cm am Samstagmorgen aufweichte. 4, 5 cm ist der Grenzwert, bei dem der Boden noch als gut und noch nicht als „weich“ einzustufen ist. Wir erinnern uns: Im vergangenen Jahr hatte es rund um den Preis von Baden einige Aufregung um den Start von Wiener Walzer gegeben – wegen des weichen Bodens von 4,6 cm. Bis in die englische Rennsport-Presse hinein waren die Analysten nach dem vierten Platz von Wiener Walzer einhellig der Meinung, dass der Boden für den Derbysieger zu weich war. Das Hamburger Geläuf trocknete allerdings unter der Nachmittagssonne wieder etwas ab. Der Wert wurde nachträglich wieder auf 4, 3 korrigiert. Dieser Wert stellt sicherlich den Grenzwert dessen dar, was Wiener Walzer, Spezialist für festen Boden, noch laufen „kann“, wenn er Bestform abrufen soll. Bei seinem Derbysieg war der Boden 3, 6 cm tief, bei seinem Sieg im Kölner Rheinlandpokal 4, 2 cm.

Das Pech im eigentlichen Sinne stellte sich dann unmittelbar vor dem Rennen ein, als sein Pacemaker Steuben wegen Fiebers vom Rennen abgemeldet werden musste. Da kein weiterer Hase startete und kein Frontrenner auszumachen war, konnte man sich schon vor dem Rennen ausrechnen, dass Wiener Walzer – der kein Schlusssprinter ist, sondern eine schnelle Fahrt benötigt – selbst die Kraft raubende Führarbeit würden leisten müssen. Eine nicht unbedingt Erfolg versprechende Konstellation.

Dennoch war das Vertrauen der Wetter enorm. 20:10 notierte der populäre Hengst kurz vor dem Rennen. Seine unmittelbaren Verfolger, der von Michael Bell trainierte Sieger im Gr.2-Grand Prix de Chantilly Anfang Juni, Allied Powers unter Ioritz Mendizabal, notierte 41:10. Der Godolphin-Hengst Campanologist unter Frankie Dettori, von Wiener Walzers Trainingsgefährten Getaway bei seinem letzten Lebensstart Mitte Juni noch geschlagener Dritter im Gr.1-Gran Premio di Milano notierte zum Schluss 43:10. Der von Mark Johnston trainierte Kölner Gr.1-Europa Preis-Sieger des Vorjahres Jukebox Jury unter Royston Ffrench stand 66:10. Bei seinen letzten beiden Starts im Gr.1- Coronation Cup von Epsom am 4.6.2010 und in den Gr.2-Hardwicke-Stakes von Royal Ascot zwei Wochen später war er abgeschlagen eingelaufen. Der von Peter Schiergen trainierte Fährhofer Globetrotter Quijano unter Andrasch Starke hingegen, der als Vierter im Gran Premio di Milano wieder ansteigende Form hatte erkennen lassen, stand 82:10.

Nach zügiger Fahrt durch Wiener Walzer setzte sich Campanologist unter Frankie Dettori etwa 200 m vor dem Ziel vom letztjährigen Derbysieger unter Adrie de Vries ab. Der packte zwar nochmal an und mobilisierte Reserven, war aber nicht mehr in der Lage, den Godolphin-Hengst zustellen. Im Gegenteil, auf den letzten Metern kamen Quijano, der zwischenzeitlich abgetauchte Jukebox Jury und Allied Powers noch einmal stärker auf, so dass Wiener Walzer nur mit Kopf vor dem Fährhofer Wallach und dieser mit einem weiteren Kopf vor dem Europa-Preis-Sieger und Allied Powers blieb.

Wo also stehen Wiener Walzer und Quijano? Für letzteren geht die Formkurve nach einer enttäuschenden Dubai-Kampagne und einem immerhin respektablen Abschneiden im Gran Premio di Milano eindeutig nach oben. Blieb er dort noch 2,5 Längen hinter dem Dritten Campanologist war es hier nur mehr eine Länge. Und Wiener Walzer? Misst man die Form über seinen kürzlich erst verletzungsbedingt pensionierten Trainingsgefährten Getaway, der in besagtem Mailänder Rennen den Godolphin-Hengst mit 3 ¼ Längen distanzierte, dann müsste man Wiener Walzers Form im Vergleich zu Ascot als eher rückläufig einstufen. Dem widerspricht allerdings die Aussage des Godolphin-Quartiers, die ihren eigenen Hengst als deutlich gesteigert einschätzten.

Interessant ist die Formentwicklung Wiener Walzers im Vergleich zu dem von John Gosden trainierten Drittplatzierten Tazeez aus den mit € 511.000 dotierten Gr.1-Prince of Wales´s Stakes: In dem Parallelrennen in Newmarket, den Gr.2- Princess of Wales´s Stakes über 2414 m am 08.07. schlug er die beiden Topfavoriten Spanish Moon und Holberg, wurde als Mitfavorit hinter zwei Außenseitern aber wieder nur Dritter. Die echte Aufwertung einer Form liest sich anders.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Distanzfrage. Immerhin bedeutete der Deutschland-Preis mit seinen 2400 m die Rückkehr auf die Derbydistanz nach 1850 m im Pariser Gr.1-Prix d´Ispahan am 23.05. und den 2012 m in Ascot. So wie Wiener Walzer auf den letzten Metern nochmals anpackte und seinen zweiten Platz verteidigte, erscheint diese Distanz keinesfalls als Problem. Auf Distanzen auch deutlich jenseits der 2000 m-Grenze scheint er besser aufgehoben als auf den kürzeren Strecken. Zumindest diese Erkenntnis kann sein Trainer Jens Hirschberger mit nach Quadrath-Ichendorf bei Köln nehmen.

Bezüglich der weiteren Pläne mit Wiener Walzer hält sich Schlenderhan derzeit bedeckt. Der Hengst besitzt Nennungen für die beiden Kölner Gr.1-Prüfungen, den Rheinland-Pokal und den Preis von Europa, ebenso für den Großen-Preis von Baden und den Prix de l´Arc de Triomphe. Vor Überraschungen ist man aber nicht gefeit, denn im Vorfeld zum Deutschland-Preis ließ Jens Hirschberger verlautbaren, dass alternativ nicht, wie noch nach Royal Ascot geäußert, der Dallmayr-Preis anvisiert worden sei, sondern das mit ca. € 830.000 dotierte Gr.1-Juddmonte International in York. Alternativ hätte Wiener Walzer am 15.08. auf seiner Heimatbahn den Rheinland-Pokal zu verteidigen. Gegen wen? Der in Köln trainierte Quijano und Campanologist haben Nennungen…

Der Beutezug Godolphins auf deutschen Rennbahnen geht schon vorher weiter: Wenn der Godolphin-Hengst Alexandros am nächsten Sonntag im Dallmayr- Preis in München antritt, wovon derzeit auszugehen ist. Dann darf sich auch der bisher einzige deutsche Gruppe 1-Sieger der laufenden Saison, der von Andreas Wöhler trainierte und durch seine Frühform Mitte Mai im Premio Presidente della Repubblica in Rom erfolgreiche Querari ganz warm anziehen, trotz der herrschenden Temperaturen…

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Detalles

Título
Turfkopf 2010 - Das ganz subjektive Jahrbuch des Galoppsports
Subtítulo
Die turfcast.net-Kolumnen eines Jahres
Universidad
University of Münster
Autor
Año
2010
Páginas
63
No. de catálogo
V162118
ISBN (Ebook)
9783640758142
ISBN (Libro)
9783640758289
Tamaño de fichero
617 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Galoppsport, Jahrbuch, Saison 2010, Wiener Walzer, Gestüt Schlenderhan, Galopprennen, Pferderennen, Rennen, Turf, Turfsaison, 2010, Turfkopf, Prix de l´Arc de triomphe, Workforce, Stacelita, Rip van Winkle, Aidan O´Brien, Longchamp, Curragh, Ascot, Royal Ascot, Paris, Sariska, Deauville, Galopp, Galoppsaison, Henry Cecil, Said bin Suroor, Godolphin, Campanologist, Cavalryman, Ballydoyle, Night Magic, Schiergen, Figge, Quijano, Starke
Citar trabajo
Rolf C. Hemke (Autor), 2010, Turfkopf 2010 - Das ganz subjektive Jahrbuch des Galoppsports, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162118

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