Eine Gleichstellung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes soll erfolgen, wenn der Betreffende infolge seiner Behinderungen bei wertender Betrachtung (i. S. einer wesentlichen Bedingung) in seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Nichtbehinderten in besonderer Weise beeinträchtigt und deshalb nur schwer vermittelbar ist. Unter dieser Voraussetzung ist eine Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes gerechtfertigt, denn die Gleichstellung hat zur Folge, dass der Gleichgestellte auf die Pflichtquote (§ 71) des ArbG angerechnet wird. Die Gleichstellung kann dazu dienen, dem Minderbehinderten einen Arbeitsplatz zu verschaffen oder zu erhalten. Hintergrund der Gleichstellung ist die Tatsache, dass bei einem Grad der Behinderung von weniger als 50 nicht automatisch eine uneingeschränkte Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt vorliegt. Eine Gleichstellung kommt in Betracht, wenn eine Schutzbedürftigkeit vorliegt, d. h. behinderte Mensch ansonsten nicht in der Lage ist, sich einen geeigneten Arbeitsplatz zu verschaffen oder zu erhalten. Jede Gleichstellung ist von drei persönlichen Voraussetzungen abhängig.
Der Gleichzustellende muss zum Personenkreis des § 2 Abs. 2 SGB IX gehören, also im Bundesgebiet rechtmäßig wohnen, sich aufhalten oder arbeiten.
Es muss eine Feststellung über den Grad der Behinderung nach § 69 SGB IX vorliegen.
Der Gleichzustellende muss sich ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht verschaffen oder erhalten können. Ob der Behinderte bereits in einem Betrieb als Arbeitnehmer tätig ist oder eine Beschäftigung erst aufnehmen will, ist nicht von Belang.
Die Auslegung und Anwendung des § 73 SGB IX durch die Arbeitsagentur verstößt gegen § 4 TzBfG. § 4 Abs. 1 TzBfG differenziert in der ab 01.04.1999 geltenden Fassung nicht zwischen teilzeitbeschäftigten und geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern. § 4 enthält ein Verbot der Diskriminierung: Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftiger Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Genau das passiert aber, wenn man wie die Arbeitsagentur § 73 SGB IX auf § 68 und das Gleichstellungsverfahren bezieht. Dies ist weder vom Gesetzgeber so gedacht, noch formuliert und erst recht gar nicht gewollt. Kapitel 2 (SGB IX) regelt die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber.
Inhaltsverzeichnis
- Praktischer Fall Frau A
- Gleichstellung und Behinderung
- Voraussetzungen für die Gleichstellung
- Auslegung und Anwendung des § 73 SGB IX
- Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen (§ 71 SGB IX)
- Gleichbehandlungsgrundsatz und Diskriminierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text analysiert den Fall von Frau A, die einen Antrag auf Gleichstellung als geringfügig Beschäftigte gestellt hat und diesen abgelehnt bekam. Die Zielsetzung ist es, die rechtlichen Grundlagen der Gleichstellung nach dem SGB IX zu beleuchten und die Entscheidung der Arbeitsagentur kritisch zu prüfen.
- Gleichstellung geringfügig Beschäftigter nach SGB IX
- Rechtliche Voraussetzungen für die Gleichstellung behinderter Menschen
- Auslegung und Anwendung von § 73 SGB IX im Kontext von Teilzeitarbeit
- Arbeitgeberpflichten zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen
- Diskriminierungsschutz und Gleichbehandlungsgrundsatz
Zusammenfassung der Kapitel
Praktischer Fall Frau A: Der Text beschreibt den Fall von Frau A, die aufgrund ihrer geringfügigen Beschäftigung und einer Behinderung einen Antrag auf Gleichstellung stellte, welcher von der Arbeitsagentur abgelehnt wurde. Die Ablehnung basierte auf der Argumentation einer wöchentlichen Arbeitszeit unter 18 Stunden. Der Text dient als Grundlage zur Analyse der rechtlichen Aspekte dieses Falls und der damit verbundenen Problematik der Gleichstellung geringfügig Beschäftigter.
Gleichstellung und Behinderung: Dieses Kapitel erläutert die rechtlichen Rahmenbedingungen der Gleichstellung behinderter Menschen nach dem SGB IX. Es betont, dass eine Behinderung nicht erst ab einem Grad der Behinderung von 50% festgestellt werden muss, sondern bereits ab 30% eine Gleichstellung in Betracht kommt. Die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtentätigkeit (AHP) spielen dabei eine zentrale Rolle bei der Bewertung der Behinderung und deren Auswirkungen auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das Kapitel betont die Bedeutung der Gleichstellung nicht nur zum Schutz vor Kündigung, sondern auch zur Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung.
Voraussetzungen für die Gleichstellung: Hier werden die drei persönlichen Voraussetzungen für eine Gleichstellung detailliert dargestellt: rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet, Feststellung des Grades der Behinderung nach § 69 SGB IX und die Unfähigkeit, ohne Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz zu erhalten oder zu behalten. Das Kapitel unterstreicht, dass der Antrag auf Gleichstellung formfrei gestellt werden kann und die Zuständigkeit bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit liegt. Die Gleichstellungsentscheidung hat weitreichende Schutzwirkungen, vergleichbar mit dem Schutz für Schwerbehinderte.
Auslegung und Anwendung des § 73 SGB IX: Dieses Kapitel analysiert die Auslegung und Anwendung von § 73 SGB IX durch die Arbeitsagentur im Fall von Frau A und kritisiert die Anwendung dieses Paragraphen im Kontext des Teilzeitbeschäftigungsgesetzes (§ 4 TzBfG). Es wird argumentiert, dass die Arbeitsagentur die Vorschriften des SGB IX falsch interpretiert und anwendet, indem sie die wöchentliche Arbeitszeit als ausschließliches Kriterium für die Gleichstellung verwendet. Der Text betont den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten.
Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen (§ 71 SGB IX): Dieses Kapitel beleuchtet die Arbeitgeberpflichten nach § 71 SGB IX zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Es beschreibt die Pflichtquote und die Konsequenzen bei Nichterfüllung dieser Quote, inklusive der Ausgleichsabgabe. Der Text betont den öffentlichen Charakter dieser Verpflichtung und die Bedeutung der behindertengerechten Beschäftigung. Er verdeutlicht, dass die Nichterfüllung der Pflichtquote eine Ordnungswidrigkeit darstellt und die Arbeitgeber sich nicht auf ihr Recht auf Personalauswahl berufen können.
Schlüsselwörter
Gleichstellung, geringfügige Beschäftigung, SGB IX, Behinderung, Teilzeitbeschäftigung, § 73 SGB IX, Arbeitgeberpflichten, Diskriminierung, Gleichbehandlungsgrundsatz, Pflichtquote, Arbeitsagentur, Sonderkündigungsschutz.
Häufig gestellte Fragen zum Fall Frau A und Gleichstellung nach SGB IX
Was ist der Gegenstand dieses Textes?
Der Text analysiert den Fall von Frau A, die einen Antrag auf Gleichstellung als geringfügig Beschäftigte mit Behinderung gestellt hat und abgelehnt wurde. Er untersucht die rechtlichen Grundlagen der Gleichstellung nach dem SGB IX und kritisiert die Entscheidung der Arbeitsagentur.
Welche Themen werden im Text behandelt?
Der Text behandelt die Gleichstellung geringfügig Beschäftigter nach SGB IX, die rechtlichen Voraussetzungen für die Gleichstellung behinderter Menschen, die Auslegung und Anwendung von § 73 SGB IX im Kontext von Teilzeitarbeit, Arbeitgeberpflichten zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, und den Diskriminierungsschutz sowie den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Wie ist der Fall von Frau A?
Frau A, eine geringfügig Beschäftigte mit einer Behinderung, beantragte die Gleichstellung, wurde aber von der Arbeitsagentur aufgrund ihrer wöchentlichen Arbeitszeit unter 18 Stunden abgelehnt. Der Text analysiert diese Ablehnung und die damit verbundenen rechtlichen Fragen.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Gleichstellung nach SGB IX erfüllt sein?
Die Voraussetzungen sind ein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet, die Feststellung eines Grades der Behinderung nach § 69 SGB IX und die Unfähigkeit, ohne Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz zu erhalten oder zu behalten. Der Antrag kann formfrei gestellt werden.
Wie wird § 73 SGB IX im Text interpretiert?
Der Text kritisiert die Auslegung und Anwendung von § 73 SGB IX durch die Arbeitsagentur im Fall von Frau A. Es wird argumentiert, dass die Arbeitsagentur die Vorschriften falsch interpretiert und die wöchentliche Arbeitszeit als ausschließliches Kriterium verwendet, was gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung verstößt.
Welche Pflichten haben Arbeitgeber bezüglich der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen?
Arbeitgeber haben nach § 71 SGB IX eine Pflichtquote für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu erfüllen. Die Nichterfüllung führt zu Konsequenzen wie der Ausgleichsabgabe und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Arbeitgeber können sich nicht auf ihr Recht auf Personalauswahl berufen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt des Textes?
Gleichstellung, geringfügige Beschäftigung, SGB IX, Behinderung, Teilzeitbeschäftigung, § 73 SGB IX, Arbeitgeberpflichten, Diskriminierung, Gleichbehandlungsgrundsatz, Pflichtquote, Arbeitsagentur, Sonderkündigungsschutz.
Ab welchem Grad der Behinderung ist eine Gleichstellung möglich?
Eine Gleichstellung kommt bereits ab einem Grad der Behinderung von 30% in Betracht, nicht erst ab 50%.
Welche Schutzwirkung hat die Gleichstellung?
Die Gleichstellungsentscheidung hat weitreichende Schutzwirkungen, vergleichbar mit dem Schutz für Schwerbehinderte.
Wo liegt die Zuständigkeit für den Antrag auf Gleichstellung?
Die Zuständigkeit für den Antrag auf Gleichstellung liegt bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit.
- Citation du texte
- Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Auteur), 2010, Die Gleichstellung geringfügig Beschäftigter nach dem SGB IX - ein praktischer Fall, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162264