Diese Arbeit möchte zeigen, dass sich zwischen juristischer Tätigkeit Hoffmanns und seinem literarischen Schaffen durchaus Bezüge herstellen lassen. Der Fokus soll dabei zum einen auf dem Entstehungskontext des Werkes "Das Fräulein von Scuderi" liegen, das Hoffmann während seiner Anstellung als Kammergerichtsrat im preußischen Kriminalsenat verfasste
"Ausgezeichnet im Amte / als Dichter / als Tonkünstler / als Maler" – so lautet die Inschrift auf dem von Freunden gestifteten Grabstein E.T.A. Hoffmanns (1776–1822). Darüber steht sein bürgerlicher Name – Ernst Theodor Wilhelm, nicht das von ihm genutzte "Amadeus“ – sowie seine Stellung als Kammergerichtsrat. Die Reihenfolge und Betonung seines Amtes sind kaum zufällig: Sie sollten staatlichen Angriffen auf seine Person entgegenwirken. Denn Hoffmanns Tod war nicht nur von schwerer Krankheit begleitet, sondern auch von einem Konflikt mit der politischen Justiz. Als Mitglied der Immediat-Untersuchungskommission geriet er in ein Disziplinarverfahren. Man bezichtigte ihn des Amtsgeheimnisverrats, der Verleumdung und sogar der Majestätsbeleidigung, nachdem bekannt geworden war, dass seine Erzählung Meister Floh (1822, zensierte Erstfassung) angeblich satirische Anspielungen auf die Demagogenverfolgung und auf hohe Beamte enthalte. Der Prozess kam durch seinen Tod jedoch nicht zum Abschluss.
Seine Freunde Theodor Gottlieb von Hippel und Julius Eduard Hitzig – beide Juristen – bemühten sich, ihn als tüchtigen Kammergerichtsrat darzustellen und zugleich als unpolitischen Künstler abzugrenzen, der keineswegs mit Staatsfeinden sympathisierte. Im Unterschied zu Zeitgenossen wie Goethe oder Eichendorff gelang es Hoffmann, sowohl im Staatsdienst als auch als Künstler eine herausragende Laufbahn einzuschlagen. Lange hielt sich dennoch die Vorstellung einer strikten Trennung von „Brotberuf“ und Berufung – gestützt auf Selbstaussagen, Vorgesetztenberichte und Hitzigs Biographie. Erst die neuere Forschung hat diese Dichotomie in Frage gestellt und verstärkt nach dem Einfluss gefragt, den Hoffmanns juristische Tätigkeit und sein Rechtsverständnis auf seine Werke hatten.
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- I. Hardt (Author), 2023, Richter und Dichter. Zum Verhältnis von juristischer Arbeit und literarischem Schaffen des E.T.A. Hoffmann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1623436