1.Einleitung
Der Strafvollzug ist ein Thema, das nie an Aktualität verliert. Auch heute noch fehlt es nicht an Diskussionen über die Situation der Gefangenen im Strafvollzug und dessen Qualität. Während es in einigen Ländern noch die Todesstrafe gibt, wird die Bestrafung in Europa vor allem durch Gefängnisstrafe vollzogen. Damit hat sich die Art der Bestrafung in den letzten dreihundert Jahren grundlegend verändert. Während Ende des 17. Jahrhunderts die Bestrafung aus öffentlicher Folter und Marter sowie Hinrichtungen bestand, bei denen der Körper des Verbrecher zur Schau gestellt wurde, kam es gegen Anfang des 18. Jahrhunderts zur entscheidenden Wende im Strafvollzug. Heute spielt sich der Akt des "Strafens" hinter verschlossenen Türen ab. das zwanghafte, körperliche, isolierende und verheimlichende Modell der Strafgewalt das repräsentative, szenische, zeichenhafte, öffentliche und kollektive Modell verdrängt?"3
2. Das Fest der Martern
Überwachen und Strafen beginnt mit der Schilderung einer grausamen Todesmarter, der öffentlichen Hinrichtung von Francios Damien, der verurteilt wurde, weil er ein (erfolgloses) Attentat auf Ludwig XV. verübt hatte. 4 Er wurde brutal gefoltert und vor einer Menschenmenge gevierteilt. Im Mittelalter und bis Anfang des 18.Jahrhunderts fand die Bestrafung von Gesetzesübertretern öffentlich statt. Vor aller Augen wurden äußerst grausame Marterstrafen vollzogen. Ende des 17.Jahrhunderts verschwanden diese "peinlichen" Marterstrafen mehr und mehr von der Bildfläche. Während diese brutale Gewalt später gering geschätzt wurde, war die Marter damals Anlass für große öffentliche und populäre Spektakel. Sie war ein politisches Ritual. Die Marterstrafe erzeugte eine bestimmte Menge an körperlichen Schmerzen und sollte bewußt nicht sofort töten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Fest der Martern
- Änderungen im Strafvollzug
- Nicht mehr Strafen, sondern Bessern und Heilen
- Die Technologie der Disziplin
- Der gelehrige Körper
- Funktionsweisen der Disziplin
- Die Kunst der Verteilung
- Die Kontrolle der Tätigkeit
- Die Organisation von Entwicklungen
- Die Zusammensetzung der Kräfte zu einem Apparat
- Die Mittel der guten Abrichtung
- Das Panoptikum und der Panoptismus
- Das panoptische Prinzip in der Gesellschaft
- Das Gefängnis als Disziplinaranstalt
- Kritik an der Institution Gefängnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Michel Foucaults Werk "Überwachen und Strafen" befasst sich mit der historischen Entwicklung des Strafvollzugs und der Entstehung des Gefängnisses. Der Autor untersucht den Wandel der Bestrafungsmechanismen und die aufkommende Machtform der Disziplin, die im 18. Jahrhundert die Strafpraktiken grundlegend veränderte. Foucault zeigt, wie die Disziplin in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere im Strafvollzug, zur Internalisierung von Macht und Kontrolle führt.
- Die Transformation der Strafpraxis vom öffentlichen Spektakel der Marter zum modernen Gefängnis
- Die Rolle der Disziplin als neue Machtform, die den Körper und das Verhalten des Individuums beeinflusst
- Die Funktionsweise der Disziplin durch Kontrolle, Überwachung und Normalisierung
- Das Panoptikum als ideales Modell einer disziplinarischen Einrichtung und seine Verbreitung in der Gesellschaft
- Die Kritik am Gefängnis als Institution, die Delinquenz eher fördert, anstatt sie zu verhindern
Zusammenfassung der Kapitel
Das Buch beginnt mit einer detaillierten Beschreibung der öffentlichen Hinrichtung von Damiens, die den brutalen und zeichenhaften Charakter der Strafjustiz im klassischen Zeitalter veranschaulicht. Foucault beleuchtet dann die Reformbewegungen des 18. Jahrhunderts, die die grausamen Marterstrafen durch eine neue Form der Bestrafung, die auf Besserung und Heilung des Verbrechers zielt, ersetzten.
Im Fokus steht die Analyse der Disziplin als treibende Kraft dieser Veränderung. Foucault untersucht die Funktionsweisen der Disziplin, die sich in der Kontrolle von Körpern, Tätigkeiten und Entwicklungen manifestieren. Das Panoptikum wird als ideales architektonisches Modell der Disziplin vorgestellt, das die ständige Überwachung und Selbstkontrolle des Individuums ermöglicht.
Das Gefängnis wird als zentrale Disziplinaranstalt analysiert, die durch ihre totale Kontrolle über die Lebensbereiche des Häftlings die gewünschte Umerziehung erreichen soll. Foucault kritisiert jedoch die Ineffektivität des Gefängnisses und zeigt, dass es Delinquenz eher fördert als sie zu verhindern. Er argumentiert, dass das Gefängnis die Kriminalität nicht bekämpft, sondern vielmehr das kriminelle Subjekt produziert.
Schlüsselwörter
Das Werk befasst sich mit den Themen Disziplin, Macht, Kontrolle, Überwachung, Panoptikum, Gefängnis, Strafvollzug, Besserung, Kriminalität und Disziplinargesellschaft.
- Quote paper
- Sonja Uhl (Author), 2010, Zu Foucaults "Überwachen und Strafen" , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162353