Ziel der Arbeit ist die Bewertung von Handlungsoptionen mittels Realoptionsansatz aufgrund des Binomialmodells und ein Aufzeigen der Unterschiede und Problematiken im Vergleich zu klassischen Bewertungsmethoden der Unternehmens- und Investitionsbewertung.
Als Einstieg wird ein Überblick über die gängigen Methoden als auch über den Realoptionsansatz gegeben. Ein Rückblick auf die geschichtliche Entwicklung der Realoptionen rundet das Bild ab.
Anhand eines Softwareentwicklungsprojektes werden die relevanten Problemfelder sowie Vor- und Nachteile diskutiert und die Berechnung beispielhaft vorgeführt.
Als Abschluß der Arbeit werden die Ergebnisse zusammengefaßt und diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. BEWERTUNGSVERFAHREN
2.1 Begriffsdefinitionen
2.2 Klassische Verfahren
2.2.1 Substanzwertverfahren
2.2.2 Liquidationswertverfahren
2.2.3 Ertragswertverfahren
2.2.4 Mittelwertverfahren
2.2.5 Multiplikatorverfahren
2.2.6 Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF)
2.2.7 Optionsansatz
2.3 Optionstheorie
2.3.1 Generelle Betrachtung von Optionstheorien
2.3.2 Entwicklung von Realoptionen
2.3.3 Prinzipien der Optionstheorie
2.3.4 Arten von Optionen
2.4 Realoptionen
2.4.1 Charakteristika von IT-Projekten
2.4.2 Potential von Realoptionen
2.4.3 Arten von Realoptionen
2.4.4 Bewertung mittels Realoptionen
2.4.5 Ähnlichkeiten von Finanzoptionen und Realoptionen
2.4.6 Modelle zu Realoptionen
2.4.7 Stärken und Grenzen von Realoptionen
3. PROJEKTBESCHREIBUNG
3.1 Organisatorisches Umfeld
3.2 Technisches Umfeld
3.3 Projektziel und -planung
3.4 Kostenstruktur des Projekts BPR-1
3.4.1 Personalkosten
3.4.2 Gesamte Investitionskosten
3.4.3 Gesamte Projektkosten BPR-1
3.5 Ergebnisse von BPR-1
3.6 Folgeprojekt BPR-2
3.6.1 Phasenbeschreibung zu BPR-2
4. BEWERTUNG DES FOLGEPROJEKTS BPR-2
4.1 Ausgangssituation nach BPR-1
4.2 Bewertung von BPR-2
4.2.1 Ausgangssituation und Annahmen
4.2.2 Rückflüsse und Kapitalwerte des Gesamtprojekts
4.2.3 RO-Ansatz mittels Binomialmodell
4.3 Bewertung des Wissenszuwachses
4.3.1 Bereich Softwareentwicklung
4.3.2 Bereich Business-Analyse
4.3.3 Gesamtsituation und Conclusion
5. RESUMEE DER BEWERTUNG
5.1 Vergleich Kapitalwert und Realoptionsansatz
5.2 Realoptionen und Software Engineering
5.3 Strategische Projekte
5.4 Zusammenfassung
6. ANHANG
6.1 Abkürzungsverzeichnis
6.2 Abbildungsverzeichnis
6.3 Tabellenverzeichnis
6.4 Formelverzeichnis
6.5 Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der strategischen Unternehmensplanung hat sich die Bewertung von Unternehmen und Investitionen mittels verschiedenster Verfahren zu einem unverzichtbaren Werkzeug entwickelt. Die Bewertung immateriellen Vermögens in einem Unternehmen hingegen entzieht sich großteils der Bewertung mit klassischen Verfahren wie Discounted Cash Flow und anderen gängigen Verfahren.
Ziel dieser Arbeit ist es, anhand eines praktischen Beispiels etablierte Bewertungsmethoden dem Realoptionsansatz gegenüberzustellen und die Ergebnisse zu diskutieren. Herangezogen wird dazu ein internes Entwicklungsprojekt im IT-Bereich eines österreichischen Finanzdienstleistungsunternehmens.
Die Fragen in diesem Zusammenhang sind folgende: Was für Vor- und Nachteile hat der Realoptionsansatz für die Bewertung immaterieller Güter? Ist der Realoptionsansatz für IT-Projekte geeignet?
In Kap. 2 werden einige gängige Bewertungsverfahren stellvertretend als auch der neue Realoptionsansatz dargestellt. Aufgeführt werden sowohl die Entstehung des Wertes als auch die Vor- und Nachteile des betreffenden Verfahrens bzw. seine Aussagekraft.
In Kap. 3 wird die Ausgangssituation des als Beispiel herangezogenen Projekts beschrieben. Es wird der Projektumfang dargestellt sowie ansatzweise die Soft Facts des Projektumfeldes. Weiters wird die Kostenstruktur der Projektphasen dargestellt, da sie als Eingangsmaterial der Bewertung benötigt wird.
In Kap. 4 wird von der Projektbeschreibung aus Kap. 3 zur Bewertung der Projektinvestition übergeleitet. Der Einstieg erfolgt durch die Festlegung der relevanten Einflußfaktoren und der notwendigen Annahmen und Schätzungen. Im nächsten Schritt wird das Gesamtprojekt mittels Kapitalwert und Realoptionsansatz bewertet. Abschließend wird noch auf die Bewertung des Wissens- bzw. Erfahrungszuwachses der Projektmitarbeiter aus dem gescheiterten Projekt BPR-1 und dessen Auswirkungen eingegangen.
In Kap. 5 werden die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt und diskutiert. Das Resumee soll dem Leser einen Eindruck von den Möglichkeiten der Anwendung von Realoptionsansätzen bieten.
Der Anhang in Kap. 6 umfaßt die üblichen Verzeichnisse zu Abkürzungen, Tabellen, Grafiken und Quellen in einschlägiger Fachliteratur.
2. Bewertungsverfahren
2.1 Begriffsdefinitionen
Der Kontext in dem Bewertungsverfahren im Rahmen dieser Arbeit betrachtet werden, ist die Anwendung zur Bewertung von Unternehmen und Investitionen.[1]
Zu unterscheiden ist zwischen den Begriffen Bewertungsobjekt und Bewertungssubjekt. Das Objekt ist jene Einheit, die mittels einer Bewertungstheorie und der daraus abgeleiteten Verfahren bewertet werden soll. Das Bewertungssubjekt ist jene Einheit, die auf Grund eines spezifischen Interesses den Wert des Objekts in irgendeiner Form bestimmen will und sich zu diesem Zweck eines Verfahrens bedient.
Bei der Betrachtung von Bewertungsverfahren werden grundsätzlich drei Sichtweisen angeführt, die spezifische Auswirkungen bei der Anwendung von Bewertungsverfahren nach sich ziehen:
- Die subjektive Sicht der Bewertung geht davon aus, dass ein Bewertungsobjekt für jedes Bewertungssubjekt einen individuellen - sprich subjektiven - Wert besitzt. Daraus folgt, dass Zielsystem und Entscheidungsraum einen erheblichen Einfluß auf den zu ermittelnden Wert des Bewertungsobjektes ausüben.
- Die objektive Sicht der Bewertung nimmt an, dass ein Bewertungsobjekt immer den gleichen Wert besitzt, und dieser vom Bewertungssubjekt völlig unabhängig ist. Es wird der objektimmanente Wert ermittelt. Die Folge daraus ist, dass dem Zielsystem und dem Entscheidungsraum im Gegensatz zur subjektiven Sichtweise kein Einfluß auf den zu ermittelnden Wert des Bewertungsobjektes zugestanden wird.
- Die funktionale Sicht der Bewertung stellt einen Kompromiß zwischen subjektiver und objektiver Sichtweise dar. Es wird dabei der Zweck der Bewertung in den Mittelpunkt gerückt. Weiters werden Situationen mit und ohne Eigentumsveränderung differenziert.
Die Anlässe für Bewertungen sind vielfältig. Einige seien hier stellvertretend angeführt:
- Kauf/Verkauf, Erbschaftsstreitigkeiten, Unternehmensnachfolge, Fusion/Spaltung von Unternehmen, Ausscheiden von Gesellschaftern, etc.
- Veränderungen in der Finanzierungsstruktur (Zuführung von Eigen- bzw. Fremdkapital)
- Wertorientierte Unternehmensführung (Investitionscontrolling)
Übersicht der Bewertungsverfahren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Übersicht der Bewertungsverfahren (Quelle: Ernst/Schneider/Thielen, 2006, S. 2)
2.2 Klassische Verfahren
Folgend werden hier stellvertretend für bekannte und mehrheitlich angewendete klassische Verfahren zur Bewertung von Unternehmen und Investitionen einige dieser Methoden dargestellt.
2.2.1 Substanzwertverfahren
Der Substanzwert eines Unternehmens spiegelt jenen monetären Wert wider, den man für eine Reproduktion des Unternehmens in identischer Form unter der Voraussetzung des Going Concern (Fortführung des Unternehmens) aufwenden müßte. Diese Kosten bilden den Substanzwert und werden im Grunde genommen aus der Bilanz eines Unternehmens errechnet. Danach werden die Verbindlichkeiten des Unternehmens abgezogen. Der Rest ergibt den Substanzwert des Unternehmens. In seiner Ausprägung als Vollreproduktionswert enthält der Substanzwert auch das immaterielle Vermögen eines Unternehmens. Da aber gerade das immaterielle Vermögen nur sehr schwer mittels Zahlen faßbar ist, entsteht üblicherweise nur ein Teilreproduktionswert.[2]
Zweck des Substanzwerts ist letztlich die Darstellung einer Untergrenze für den Wert einer Investition. Die Ermittlung gestaltet sich in der Praxis aber schwierig. Die Synergien aus dem Zusammenspiel verschiedener Vermögensteile werden ebenfalls nicht erfasst. Der Substanzwert bewertet die gegenwärtige Situation und nimmt keine Rücksicht auf zukünftige Entwicklungspotentiale.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Vor- und Nachteile des Substanzwertverfahrens (Quelle: Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 30)
2.2.2 Liquidationswertverfahren
Hier entscheiden die Buchwerte aus den Bilanzen nicht den Wert des Unternehmens sondern den fiktiven Preis, den ein potentieller Käufer für die Vermögensgegenstände des Unternehmens bezahlen würde.[3] Die Verkaufserlöse werden dann um das Fremdkapital (zu Nominalwerten) vermindert. Weiters werden noch die Transaktionskosten für den Verkauf abgezogen. Übrig bleibt schlussendlich der Liquidationswert. Der sich ergebende Wert ist unter Umständen auch abhängig von der Zeit, die für eine Liquidation zur Verfügung steht. Bei einem engen Zeitfenster sinkt der Liquidationswert (Gründe dafür können z.B. sein: Erbschaftsstreitigkeiten, dringende Rückführung von Verbindlichkeiten, etc.). Dadurch können verschiedene Liquidationswerte entstehen, die vom echten Wert des Unternehmens teilweise entkoppelt sind.
Der Liquidationswert ist in den meisten Fällen als absolute Wertuntergrenze eines Unternehmens zu betrachten. Liegt der Börsenwert eines notierten Unternehmens unter dem Liquidationswert, so ist der Ausstieg aus der operativen Geschäftstätigkeit eine sinnvolle Option. Das dann freigesetzte Kapital kann in gewinnträchtigere Geschäftsbereiche investiert werden. Weiters nimmt der Liquidationswert - so wie auch der Substanzwert - keine Rücksicht auf Synergieeffekte des Zusammenspiels von Vermögenswerten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2: Vor- und Nachteile des Liquidationswertverfahrens (Quelle: Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 32)
2.2.3 Ertragswertverfahren
Der Ertragswert berücksichtigt im Gegensatz zu den bisher dargestellten Verfahren auch das zukünftig mögliche Wachstum eines Unternehmens.[4] Zukünftige, nachhaltige Erträge werden für einen bestimmten Zeitraum vorab geschätzt und mit einem Zinssatz diskontiert und kapitalisiert. Eine ewige Rente - vergleichbar mit einer konstanten Ausschüttung an die Eigentümer des Unternehmens - wird hinzugerechnet. Als Planungszeitraum werden meist die nächsten drei bis fünf Jahre angenommen und die Zahlengrundlage ergibt sich aus den Planbilanzen des Unternehmens.
Praktisch werden unterschiedliche Definitionen des Ertragswertes verwendet. Es kann sich um den klassischen Jahresüberschuss handeln, der sich aus der Bilanz ergibt. Weiters kann der Ertrag aber auch Investitionscharakter haben - bereinigt und damit zahlungsstromorientiert - was ihn an den Cash Flow heranführt. Aber selbst dann ist der Ertragswert noch bilanzpolitisch manipulierbar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 3: Vor- und Nachteile des Ertragswertverfahrens (Quelle: Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 34)
2.2.4 Mittelwertverfahren
Das Mittelwertverfahren ist der Versuch das Substanzwertverfahren und das Ertragswertverfahren zu kombinieren. Aspekte der Vergangenheit und Gegenwart werden mit der zukünftigen Entwicklung verknüpft. Im Grunde werden Substanzwert und Ertragswert berechnet , gewichtet und dann ein Mittelwert gebildet.[5]
Der Einsatz dieses Verfahrens kann dann sinnvoll sein, wenn ein Unternehmen in der Vergangenheit erfolgreich Gewinne erwirtschaftet hat, aber aufgrund der Marktsituation Investitionen und Umorganisationen vornehmen muss, die im Planungszeitraum zu einem niedrigen oder sogar negativen Ertragswert führen. Die Gewichtung zwischen Substanz- und Ertragswert ist abhängig vom Betriebsmitteleinsatz des betreffenden Unternehmens. Ein Produktionsunternehmen hat naturgemäß einen weit höheren Substanzwert als z.B. ein Softwareunternehmen. Die Gewichtung ist bei Anwendung des Verfahrens Verhandlungssache der beiden Vertragsparteien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 4: Vor- und Nachteile des Mittelwertverfahrens (Quelle: Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 36)
2.2.5 Multiplikatorverfahren
Das grundlegende Prinzip des Multiplikatorverfahrens, ist das Heranziehen eines vergleichbaren Unternehmens (Größe, Branche, etc.). Entscheidende Kennzahlen dieses Unternehmens werden dann in Relation zueinander gesetzt.[6]
Bei der Betrachtung des Bewertungsobjektes sind dann in der Folge die gleichen Relationen auf die entsprechenden Kennzahlen anzuwenden um eine faire Unternehmensbewertung zu erhalten. Für maßgebliche Faktoren werden zusätzlich noch Zu- oder Abschläge einbezogen - das können sein Managementqualität, Wachstumsperspektiven, Fachwissen, etc.[7]
Der große Vorteil dieses Verfahrens ist der zwar grobe aber schnell erreichbare Anhaltspunkt für eine Bewertung ohne die Notwendigkeit für aufwendige Schätzungen. Weiters sind Branchenmultiplikatoren oft auch öffentlich verfügbar, was die Bewertung vereinfacht. Für junge Unternehmen haben sich Multiplikatoren in der Vergangenheit oft als einzig brauchbare Bewertungsmöglichkeit herausgestellt. Die Gründe dafür sind der anfangs meist hohe negative Cash Flow, hohes immaterielles Vermögen und meistens auch die Zugehörigkeit zu einer neuen oder jungen Branche. Unter solchen Bedingungen stoßen z.B. DCF-Verfahren sehr schnell an ihre Grenzen.
Problematisch für die Multiplikatoren ist aber, dass die einfließenden Größen wie der Jahresüberschuss oft bilanztechnisch manipuliert werden und dass die Multiplikatoren die zukünftige individuelle Entwicklung eines Unternehmens nicht berücksichtigen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 5: Vor- und Nachteile des Multiplikatorverfahrens (Quelle: Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 42)
2.2.6 Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF)
Die DCF-Verfahren sind die in der Praxis am häufigsten verwendeten Verfahren. Es werden dabei nicht die durch die Bilanzierung beeinflussbaren Größen zur Bewertung herangezogen, sondern die tatsächlichen Zahlungsströme (Cash Flows). Diese Cash Flows, sie drücken sich als Änderungen des Zahlungsmittelbestandes aus, kann ein Unternehmen zur Tilgung von Verbindlichkeiten, Investitionen und Ausschüttungen an die Inhaber verwenden. Die DCF-Verfahren lassen sich in die Varianten der Entity- Verfahren und Equity-Verfahren gruppieren. Bei einheitlichen Ausgangsbedingungen und Unterstellung einer einheitlichen Kapitalstruktur in der Zukunft sollten alle Varianten zum gleichen Ergebnis führen.
Die wichtigsten Cash Flow Kennzahlen sind folgende:
- CF aus laufender Geschäftstätigkeit (operativer CF)
- CF aus Investitionstätigkeit
- CF aus Finanzierungstätigkeit
- Free CF
- Direkter CF (Informationen zur Berechnung liegen Außenstehenden normalerweise nicht vor)
Für alle DCF-Verfahren gelten folgende Probleme systemimmanent:
- Der zur Abzinsung erforderliche Diskontierungssatz kann nicht zuverlässig ermittelt werden.
- Steuern werden nicht berücksichtigt (z.B. Körperschaftssteuer, Einkommenssteuer).
- Die zuverlässige Abschätzung der zukünftig zu erzielenden, periodischen Cash Flows gestaltet sich schwierig.
Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Parametern, die angenommen werden müssen. Abhängig einzig von der Erfahrung des Anwenders der Verfahren ergeben sich so starke Bandbreiten für die Bewertung von Unternehmen und Investitionen. Insbesondere die Wahl des Diskontierungssatzes und die Prognosen der Zahlungsströme hinterlassen oft den Eindruck willkürlicher Annahmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Schematische Darstellung der DCF-Berechnungsverfahren
(Quelle: Andreas Griessner, 2004)
Beim Equity-Verfahren werden nur die Zahlungen an die Eigenkapitalgeber berücksichtigt. Der Diskontierungssatz muss entsprechend angepasst werden; dazu wird die risikoangepasste Renditeforderung verwendet, die üblicherweise mit einem Kapitalmarktgleichgewichtsmodell (Capital Asset Pricing Method = CAPM) errechnet wird. Für die Errechnung des Marktwertes des Eigenkapitals (Shareholder Value) muss schließlich noch das nicht betriebsnotwendige Vermögen hinzuaddiert werden.
Risikoangepasst heißt in diesem Kontext, dass das Risiko des Zahlungsausfalles der Rendite bereits einbezogen ist. Die Renditenforderung bezeichnet den Zinssatz, den die Eigenkapitalgeber vom betrachteten Unternehmen verlangen. Sollte diese Renditenforderung nicht erfüllt werden, wäre es für die Investoren gewinnbringender, in ein anderes Unternehmen zu investieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 6: Vor- und Nachteile des DCF-Verfahrens Flow to Equity (Quelle: Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 46)
2.2.6.2 DCF-Verfahren nach Flow-to-Entity
Die Entity-Verfahren bewerten aus Sicht des Kapitalgebers. In der Praxis heißt das, dass die zukünftigen Free Cash Flows (nach Steuern) inklusive eines Restwertes auf Basis des letzten explizit geschätzten Free Cash Flows der Zukunft (Terminal Value) auf den Zeitpunkt der Bewertung abgezinst werden. Für die Ermittlung des Marktwertes des Eigenkapitals wird der Marktwert des Fremdkapitals abgezogen.[8]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 7: Vor- und Nachteile des DCF-Verfahrens Flow to Entity (Quelle: Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 44)
Unter Flow-to-Entity subsummiert man die drei Varianten WACC (Weighted Average Costs of Capital), APV (Adjusted Present Value), TCF (Total Cash Flow), wobei die TCF-Variante von sehr geringer praktischer Relevanz ist und daher im Rahmen dieser Arbeit außen vor bleibt.
Die WACC-Variante findet häufig Anwendung für die Ermittlung des Diskontzinssatzes von Investitionsprojekten. Das Ergebnis ist eine wirtschaftlich sinnvolle Mindestrendite. Die Variante geht von einer marktwertorientierten Finanzierung aus, d. h. das Verhältnis von Fremdkapital zu Aktienwert wird für die gesamte Zukunft exakt vorgegeben. Abweichungen werden damit ausgeschlossen. WACC setzt voraus, dass die gewichteten Kapitalkosten des verschuldeten und die erwarteten Cash Flows des unverschuldeten Unternehmens kennt.
Die APV-Variante geht von einer autonomen Finanzierung aus. Bei autonomer Finanzierung werden zukünftige Aufnahmen von Fremdkapital und Tilgungen vorgegeben - dadurch werden Unsicherheiten beseitigt. Ist eine autonome Finanzierung nicht gegeben, dann ergibt die APV-Variante einen falschen Unternehmenswert.
APV errechnet den Steuervorteil für eine anteilige Fremdfinanzierung als Wertdifferenz des verschuldeten und unverschuldeten Unternehmens. Sie setzt aber auch voraus, dass der Marktwert des unverschuldeten Unternehmens und die Kosten des unverschuldeten Eigenkapitals bekannt sind.
2.2.7 Optionsansatz
Die Denkweise in Optionen und ihren Werten wird in der Folge detailliert beschrieben (siehe dazu Kapitel 2.3 und 2.4). An dieser Stelle möchte ich nur ein Beispiel anführen, das den Zweck grob umreißt:
Ein Mobilfunkanbieter möchte in einem neuen Markt aktiv werden. Lokale Festnetzanbieter dieses Landes denken ebenfalls darüber nach, sich in diesen Geschäftsbereich hinein zu entwickeln, hätten aber ein hohes Investitionsvolumen mit hohem Risiko zu tragen. Der Mobilfunkanbieter hat somit ebenfalls ein hohes Investitionsvolumen mit einem hohen Risiko zu tragen. Es ergeben sich für ihn oberflächlich betrachtet 2 Möglichkeiten: Durchführen des Projekts und in Kauf nehmen des Risikos oder Verzicht auf Marktwachstum in diesem Land.
Der Optionsansatz eröffnet aber noch eine weitere Möglichkeit. Der Mobilfunkanbieter könnte sich auf dem neuen Markt einen lokalen Player als Partner suchen und mit diesem zusammen eine Startinvestition tätigen. Gelingt der Markteintritt, dann besteht die Option das Geschäft weiter mit dem strategischen Partner auszubauen. Verläuft das Projekt hingegen negativ, dann besteht immer noch die Möglichkeit, aus dem Projekt auszusteigen und dem Partner das Feld zu überlassen. Diese Handlungsmöglichkeit (Realoption) erkauft sich der Mobilfunkanbieter mit der Startinvestition - sie entspricht einer Option to Expand.
Die Option to Expand beschreibt das Szenario der Ausweitung einer Investition, falls das Projekt sich besser als erwartet entwickelt und daher die Ausweitung des Geschäftsbereiches oder der Produktionsstätte etc. wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Eine detailliertere Beschreibung der grundlegenden Optionsarten wie sie Lenos Trigeorgis sieht, finden sie in Kapitel 2.4.3.
2.3 Optionstheorie
2.3.1 Generelle Betrachtung von Optionstheorien
Die Idee von Optionen ist nichts grundlegend Neues. Die alten Griechen, die Römer und auch schon die Phönizier handelten mit Optionen auf Frachten, die ihre lokalen Seehäfen verließen.
Über lange Zeit hinweg waren sich Manager in der Praxis der Tatsache gar nicht bewusst, dass DCF und andere Bewertungsverfahren, ausgehend vom passiven Commitment des Managements gegenüber bestimmten Handlungsstrategien, Projekte zu pessimistisch bewerten. Diese eingeschränkte Sichtweise führt zu einem systematischen Cash-Flow Verlust, da die Flexibilität des Managements zur Reaktion auf sich ändernde Bedingungen nicht miteinbezogen wird.
Aktive Entscheidungen des Managements resultieren in einer Steigerung des Cash Flows und einer Verminderung von Verlusten. Aus diesen Gründen ergibt sich oft eine Differenz zwischen dem errechneten zu erwartenden NPV (Net Present Value) und dem echten NPV eines Projektes (bzw. einer Investition).
Der Handlungsspielraum des Managements erweitert die Möglichkeiten durch eine Limitierung des Risikos bei Investitionen zu einem sog. Expanded NPV. Der Expanded NPV (statischer NPV + Optionswert) integriert den traditionellen NPV der direkten Cash Flows mit dem Wert der Handlungsoptionen des Managements.
2.3.2 Entwicklung von Realoptionen
An dieser Stelle sei ein Überblick zu bereits entwickelten Optionsmodellen von Hommel (2000) angeführt. Zusammenfassungen einzelner ausgewählter Modelle folgen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Entwicklung der Optionsmodelle (Quelle: Hommel, 2000, S. 17)
Abbildung 3 zeigt einen schematischen Überblick einerseits über die Struktur der Entwicklung des Realoptionsansatzes und zeigt auch die Historie dieser Denkweise mit ihren treibenden Personen. In der Folge greife ich einige der Modelle und der zugrundeliegenden Prinzipien bzw. Stoßrichtungen stellvertretend heraus.
Brennan und Schwartz[9] entwickelten ein Modell zur Bewertung natürlicher Ressourcen (Kupferminen) unter Unsicherheit. Sie nahmen an, dass der Barwert die einzig variable Größe sei, die einer geometrischen Brownschen Bewegung folgt.
Der Begriff der Brownschen Bewegung ist der Physik entnommen. Er beschreibt die zufällige Bewegung von Molekülen aufgrund der Temperatur. Ein Gas z.B. bewegt sich als Wolke vielleicht in eine bestimmte Richtung, aber über die Bewegungen der einzelnen Moleküle innerhalb der Wolke kann keine Aussage gemacht werden, da sie zufällig ist. Man kann also eine durchaus reale Aussage über die Gesamtheit der Gasmoleküle treffen, aber nicht über die einzelnen Teilchen der Wolke. Ist eine Brownsche Bewegung dann auch noch geometrisch ist, dann kommt ein Zeitfaktor hinzu. Daraus ergibt sich, daß eine geometrische Brownsche Bewegung eine zufällig verteilte Bewegung ist, die an einem Zeitstrahl angeordnet ist. Durch Aufstellen und Lösen einer Differentialgleichung kann man daraus die Verläufe von Volatilitäten, Drifts und Erwartungswerten mathematisch beschreiben.
Unter Betrachtung einer hypothetischen Kupfermine, weisen Brennan und Schwartz jene Barwerte aus, zu denen man den Abbau idealer Weise abbricht, die Mine temporär schließt, oder den Betrieb auf unbestimmte Zeit verschiebt.
Im Rahmen von E&P Projekten (Exploration & Production) können einige Annahmen wie bekannte Erzlager nicht genau genug definiert werden. Das Modell von Brennan und Schwartz liefert dazu das passende Modell nicht nur für Kupferminen sondern z.B. auch für Rohöl- oder Erdgasvorkommen.
McDonald and Siegel[10] erforschten die Option in ein Projekt zu investieren. Der NPV von Leistungen und Investitionskosten wird hierbei als stochastische Größe modelliert, die einer geometrischen Brownschen Bewegung folgen. Obwohl das Underlying von einer unendlichen Projektlaufzeit ausgeht, sind Projekt Cash Flows von 0 zulässig durch Einfügen einer Poisson-Sprungstelle in den Prozess. Für praktisch relevante Werte ist das Option Premium (Unterschied zwischen Kapitalwert und Optionswert) erfahrungsgemäß signifikant und reicht von 10% bis 30%.
[...]
[1] Matschke/Brösel, 2006, S. 3 ff.
[2] Vgl. Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 30.
[3] Vgl. Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 32.
[4] Vgl. Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 34.
[5] Vgl. Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 36.
[6] Vgl. Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 42.
[7] Vgl. Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 46.
[8] Vgl. Wiehle/Diegelmann/Deter/Schömig/Rolf, 2005, S. 44.
[9] Vgl. Brennan & Schwartz, 1985.
[10] Vgl. McDonald and Siegel, 1986.
- Arbeit zitieren
- DI(FH), M.A. Stefan Wiedner (Autor:in), 2007, Bewertung immateriellen Vermögens mittels Realoptionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162522
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