Produktnamen in Russland


Essay, 2007

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Produktnamen in Russland

In Russland verlief die Entwicklung der Produktnamensgebung ähnlich wie in Westeuropa. Anfangs wurden Produkte meist nach ihren Erfindern oder Entdeckern benannt. Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden für die Bezeichnung der Produkte oft die entsprechenden Gattungsbezeichnungen verwendet. Durch den Zusatz des Namens der entsprechenden Handelsgesellschaft wurden die verschiedenen Produkte gegeneinander abgegrenzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: www.kommersant.ru

In der Sowjetunion spielten Produktnamen eher eine marginale Rolle. Grundnahrungsmittel trugen oft lediglich Gattungsbezeichnungen. Mit Einsatz der Marktwirtschaft nach dem Zerfall der Sowjetunion gewannen die Produktnamen nun an Bedeutung. Auch in Russland vollzog sich eine Entwicklung hin zu häufiger Verwendung von Neologismen. Aber nach welchen Regeln geht man dabei vor? Lassen sich die im westeuropäischen Raum vorgefunden Mechanismen ohne weiteres auf Russland übertragen? Welche Kriterien spielen dabei eine Rolle?

Wer in fremden Ländern neue Märkte für seine Produkte finden möchte, muss sich auch damit beschäftigen, welche Sprache und welche Kultur das Zielland hat. Im Falle Russlands war das Anfang der 90er Jahre noch nicht zwingend notwendig. Alles, was aus dem Ausland kam, hatte hohes Prestige. Die Namen deutscher oder amerikanischer Produkte beließ man vorzugsweise so wie sie waren. Selbst russische Firmen gaben sich Namen mit starkem fremdländischem Bezug (Wimm-Bill- Dunn - heute Вимм-Билль-Данн) und ihre Produkte benannten sie gern in Anlehnung an vorhandene bekannte ausländische Marken (J-7).

Ende der 90er Jahre gab es in Russland aber einen markanten Stimmungsumschwung national­patriotischer Art. Man besann sich zunehmend auf das „Eigene" und begann, es deutlich gegen das „Fremde" abzugrenzen. Das hat natürlich große Auswirkungen auf das Verhalten der fremdländischen Firmen, die auch weiterhin ihre Produkte in Russland verkaufen wollen. Und es bringt die Notwendigkeit sich damit zu beschäftigen, nach welchen Mechanismen russische Produktnamen zustande kommen. Wie soll ein deutscher Produzent sein Produkt am geschicktesten nennen, um es erfolgreich auf dem russischen Markt anbieten zu können? Womit gewinnt man den russischen Käufer, wenn die beispielsweise deutsche Herkunft des Produkts als Qualitätsmerkmal nicht mehr ausreicht? Ja, wenn es sogar nachteilig ist, wenn die fremdländische Herkunft des Produkts schnell ersichtlich ist?

Um mögliche Antworten auf diese Fragen zu finden, wollte ich mir ein Bild von russischen Produktnamen machen sowohl aus linguistischer Sicht als auch aus kultureller. Als Grundlage für meine Untersuchung dienten Produktnamen, die ich der Seite http://adpro.tv entnommen habe. Diese Seite beschäftigt sich mit der Suche und Analyse von Fernsehwerbung auf den 5 wichtigsten Fernsehkanälen Russlands. Meine Stichprobe stellen die Top100 dar - die 100 am häufigsten im Fernsehen beworbenen Produkte im Zeitraum 26.02.07 bis 26.05.07. Davon blieben nach Aussieben von „Varianten" 83 übrig. Da in der Stichprobe Produkte russischer und ausländischer Herkunft ungefähr gleich stark vertreten sind, lassen sich auch kontrastive Betrachtungen auf der Grundlage der Daten anstellen. Die Stichprobe lässt sich noch in zwei weitere fast gleichgroße Gruppen unterteilen: Nahrungsmittel und Haushalts- und Kosmetikprodukte. Sodass auch hier Vergleiche möglich werden. Außerdem habe ich in meine Betrachtung einige besondere Einzelfälle aufgenommen, die mir während meiner Recherche aufgefallen sind und die interessante Ansätze für weitere Forschung bieten.

Wortbildungsverfahren

Aus linguistischer Sicht ist interessant, nach welchen Wortbildungsverfahren Produktnamen gebildet werden, welche Wortarten verwendet werden.

Bei den Wortarten lässt sich an der Stichprobe ersehen, dass zumeist Substantive verwendet werden. Adjektive und Verben kommen in syntagmatischen Gebilden vor. Alleinstehende Verben habe ich als Produktnamen nicht gefunden.

Bei den Wortbildungsverfahren lassen sich folgende unterscheiden: Komposition, Affigierung, Konversion, Akronyme, Syntagmen und Satzform, Zusammensetzungen, Entlehnungen, Silbenabbriviaturen. Die Auswertung der Stichprobe ergab die folgende Verteilung:

Wortbildungsverfahren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter den Stichprobennamen lassen sich für fast jedes Verfahren Belege finden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für das Wortbildungsverfahren Silbenabbriviatur war kein russisches Beispiel vertreten.

Kompositionen bilden in der Stichprobe die größte Gruppe. Hinsichtlich der deutschen Sprache kann man sagen, dass der Vorteil eines Kompositums der ist, dass es erlaubt, mehr Informationen auf kleinerem Raum unterzubringen. Dies lässt sich nicht ohne weiteres auf die russische Sprache übertragen. Gegen ein Wort im Deutschen steht meist eine Umschreibung mit Adjektiv (Determinatum) und Substantiv (Determinans) im Russischen. Deshalb werden auch die meisten Komposita in der Stichprobe durch ausländische Produkte gestellt.

Hinsichtlich der Affigierung finden sich auch bei russischen Produktnamen sogenannte kommerzielle Affixe wie Bio-, -an oder -(l)on.

Syntagmen bilden die zweite große Gruppe. Im Englischen werden die Teile des Syntagmas oft mit Bindestrichen verbunden und durch linguistische Stilmittel wie Buchstaben- oder Silbenkürzungen und Sprachrhythmusanpassung zu einem phonologischen Wort geformt, z. B. Slim-a-Soup. Im Russischen habe ich keine vergleichbaren Beispiele gefunden. Eine Besonderheit der russischen Sprache wäre dabei, dass hier Ein-Wort-Sätze möglich sind.

Semantischer Bezug

Im Hinblick auf den semantischen Bezug lassen sich Produktnamen unterscheiden, die sich durch Motiviertheit auszeichnen, also deskriptiv bzw. denotativ sind, oder durch Arbitrarität, also assoziativ sind. Es gibt auch Produktnamen, die keinen semantischen Bezug zum Produkt haben, wie es bei den Neologismen der Fall ist. Die folgende Grafik bildet die Verteilung der Stichprobennamen auf die drei Gruppen des semantischen Bezugs ab:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Grafik zeigt, dass auch russische Produktnamen-Kreateure im Zeitalter von Neologismen angekommen sind. Ein auffälliger Unterschied besteht bei der Verwendung von deskriptiven Produktnamen. Die meisten deskriptiven Namen in der Stichprobe werden von ausländischen Produkten gestellt. Dabei fällt auf, dass ursprünglich englische Produktnamen, die auf dem deutschen Markt auch so belassen werden, für den russischen Markt ins Russische übertragen werden. So wird Palmolive Pure Cashmere als Palmolive Чистый кашемир verkauft und Herbal Essences Silk & Shine als Herbal Essences Блеск и Шелк.

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Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Produktnamen in Russland
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Slavistik)
Veranstaltung
Studierendenkonferenz
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
13
Katalognummer
V162529
ISBN (eBook)
9783640762026
ISBN (Buch)
9783640762293
Dateigröße
923 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Produktnamen, Wortbildung, Wortbildungsverfahren, semantischer Bezug, russische Produktnamen
Arbeit zitieren
Oksana Rucker (Autor:in), 2007, Produktnamen in Russland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162529

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