Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Vorgehen
2. Emerging Markets
2.1 Definition und Abgrenzung von Emerging Markets
2.2 Motive zur Internationalisierung und Chancen in Emerging Markets
2.3 Risiken in Emerging Markets
3. Grundlagen der Unternehmensbewertung
3.1 Grundsätze und Methoden der Unternehmensbewertung
3.2 Der Kapitalisierungszinssatz
4. Besonderheiten in der Bewertung von Unternehmen aus Emerging Markets
4.1 Definition von Inflation - Hyperinflation und Inflationserwartungen
4.2 Das Problem der Inflation bei der Unternehmensbewertung – Theorie
4.2.1 Unternehmensbewertung bei sicheren Inflationserwartungen
4.2.1.1 Inflationsproportionales Wachstum
4.2.1.2 Nicht-inflationsproportionales Wachstum
4.2.2 Unternehmensbewertung bei unsicheren Inflationserwartungen
4.3 Weitere Ansätze und die Berücksichtigung von Inflation
4.4 Berücksichtigung von Hyperinflation und Hyperwachstum - Praxis
5. Zusammenfassung
6. Anhang
7. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Die attraktivsten FDI Zielländer
Abb.2: Kriterien von Emerging Markets
Abb.3: Entwicklung des Wirtschaftswachstums in Industrieländern im Vergleich zu Emerging Markets
Abb.4: WACC - Treiberbaum
Abb.5: Emerging Markets Bond Index Global (EMBIG)
Abb.6: Deka Country Risk Indicator (DCRI)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Industrien konsolidieren in Wellen: Dabei gibt es Jahre, in denen die M&A-Tätigkeit kaum Aufmerksamkeit erregt, und in andern Jahren wiederum überschlagen sich die Nachrichten über Großfusionen oder spektakuläre Übernahmen. Seit Mitte des Jahres 2004 befindet sich der internationale M&A-Markt nach einer längeren „Durststrecke“ wieder im Aufwind, so die Unternehmensberatung A.T. Kearney.[1]
Besonders die Emerging Markets haben an Attraktivität gewonnen und ein branchenübergreifender Trend ist der Anstieg von Unternehmensakquisitionen in Ländern, die nicht zu den klassischen Industrienationen West- und Zentraleuropa, Nordamerika, Australien oder Japan gehören. Länder aus den Emerging Markets wie China oder Indien zählen mittlerweile weltweit zu den begehrtesten FDI-Zielländern,[2] was auf die großen Wachstumschancen und die günstigen Rahmenbedingungen für Firmen zurückzuführen ist. Somit gewinnt die Bewertung von ausländischen Unternehmen im Zuge der verstärkten Globalisierung zunehmend an Bedeutung. Die sich in zahlreichen Branchen schrittweise verschlechternde Ausgangssituation an den westlichen Industriestandorten führt deshalb in vielen Fällen zu einem „going international“, gerade in die Emerging Markets, in denen meist weitaus lukrativere Bedingungen herrschen.[3] Im Vergleich zur Bewertung nationaler Unternehmen spielen bei der Unternehmensbewertung im internationalen Kontext und vor allem in Emerging Markets zusätzliche Faktoren eine Rolle, welche die Komplexität des Bewertungsprozesses deutlich erhöhen.
Ziel dieser Arbeit ist es die Besonderheiten und Risiken bei der Bewertung von Unternehmen in Emerging Markets herauszustellen und die Aspekte von starker Inflation und Wachstum im Hinblick auf die Unternehmensbewertung zu erarbeiten, sowie mögliche Ansätze zu deren Berücksichtigung zu erläutern.
1.2 Vorgehen
Das erste Kapitel dieser Arbeit soll die Problemstellung und Vorgehensweise Darlegen, dabei liegt der Fokus auf der Unternehmensbewertung in Emerging Markets. Im zweiten Kapitel wird auf die Sichtweise der Literatur und ihrer Definition von Emerging Markets eingegangen. Hier gilt es zunächst diese definitorisch abzugrenzen, sowie ihre Bedeutung und Entwicklung aufzuzeigen. Weiter werden die bestehenden Chancen und Risiken in Emerging Markets dargestellt und kurz erläutert. Das dritte Kapitel widmet sich den Grundlagen der Unternehmensbewertung indem kurz auf die Grundsätze und Methoden, sowie den Kapitalisierungszins eingegangen wird. Im vierten Kapitel werden theoretische Hintergründe zur Berücksichtigung von Inflation bei der Unternehmensbewertung erörtert. Als zentraler Punkt der Arbeit werden Ansätze aus der Praxis zur Berücksichtigung von Hyperinflation und Hyperwachstum aufgezeigt und näher Beleuchtet. Die Arbeit endet in Kapitel fünf mit einer kurzen Zusammenfassung und einem Fazit der Ergebnisse.
2. Emerging Markets
2.1 Definition und Abgrenzung von Emerging Markets
Der Begriff „Emerging Markets“ kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt „aufstrebende Märkte“.[4] Er entstand, als die internationale Finanz-Corporation (IFC) Programme auf den Weg brachte, um das Kapitalmarktwachstum in den Minderentwickelten Nationen (auch LDC-Länder genannt) anzuschieben. Seither gab es zahlreiche Definitionen, die sich auf die unterschiedlichsten Kriterien stützten. Bei Emerging Markets handelt es sich generell um unterentwickelte, aber aufstrebende Länder, die sich auf dem wirtschaftlichen Weg zur Industrienation befinden.[5] Die Weltbank definierte Emerging Markets als Länder, deren Brutto-Inlandsprodukt (BIP) pro Kopf geringer ist als das von entwickelten Ländern.[6] Häufig werden unter dem Begriff Emerging Markets auch vorgerückte Entwicklungsländer und Transformationsstaaten zusammengefasst,[7] die Zeiten der Stagnation hinter sich haben und anfangen starke ökonomische Wachstumsraten zu erzielen.[8] Diese Länder schaffen es aus einer Periode der „under-performance“ bezüglich der Höhe und des Wachstums des BIP aufzustreben. Emerging Markets werden auch als geografisch abgegrenzte Weltregion gesehen, die sich aus einer Vielzahl von Ländern zusammensetzt. Dabei werden diese Emerging Markets vier Weltregionen zugeordnet: Osteuropa, Asien, Lateinamerika und Afrika.[9] Die vier magischen Buchstaben BRIC stehen derzeit für die wohl hoffnungsvollsten aufstrebenden Volkswirtschaften der Welt: Brasilien, Russland, Indien und – vor allem – China.[10] Durch das rasche Wirtschaftswachstum und die damit einhergehende Steigerung der Kaufkraft entsteht in Emerging Markets ein Nachfragesog für zahlreiche Produkte sowohl im Konsumgüter- als auch im Investitionsgüterbereich. Hierdurch entwickeln sich stetig wachsende Märkte, so dass insgesamt von aufstrebenden Märkten bzw. Emerging Markets gesprochen werden kann. Der Entwicklungsstand der Emerging Markets Länder ist allerdings - verglichen mit den westlichen Industrienationen - derzeit noch relativ niedrig. Dies gilt insbesondere für die Kennziffer des erwirtschafteten BSP pro Kopf.[11]
Emerging Markets sind in der hier verwendeten Definition aufstrebende Volkswirtschaften, die an der Schwelle vom Entwicklungsland zum Industrieland stehen und im Vergleich zu anderen Nationen ein überproportionales Wirtschaftswachstum aufweisen. Dies geht einher mit internen Veränderungen der Wirtschaft und der Schaffung staatlicher Voraussetzungen zur Öffnung dem Ausland gegenüber. Sie sind somit als niedrige Einkommens- und rapide Wachstumsländer zu verstehen, welche die ökonomische Liberalisierung als einen primären Wachstumstreiber nutzen.[12] Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Emerging Markets häufig durch 3 Merkmale als diese kategorisiert oder bezeichnet werden: Erstens, weil sie über ein geringes oder mittleres BIP verfügen; Zweiten, weil sie Kapitalmärkte mit einem Entwicklungsdefizit aufweisen; Drittens, weil sie nicht industrialisiert sind.[13] Emerging Markets können sicherlich als Investments der Zukunft gelten, weil die Wachstumsperspektiven ihrer Volkswirtschaft insgesamt als ganz überdurchschnittlich angesehen werden[14].
2.2 Motive zur Internationalisierung und Chancen in Emerging Markets
Es beginnt die Zeit der Emerging Markets, der Aufschwung wird nicht erst noch kommen, er ist schon da.[15] Die Emerging Markets haben in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Entwicklungen an den Finanzmärkten, als auch in der Weltwirtschaft deutlich an Gewicht gewonnen. Insbesondere das Schwergewicht China bestimmt zunehmend den Konjunkturzyklus der Weltwirtschaft.[16] Viele Emerging Markets bieten mittlerweile alle Grundvorrausetzungen für eine anhaltende positive Entwicklung: Hohes Wirtschaftswachstum, eine steigende Binnennachfrage, eine junge Bevölkerung, steigende Ausbildungs- und Einkommensniveaus, stabilisierende Währungen, marktwirtschaftliche Reformen und sich stark verbessernde Staatshaushalte.[17] Aber auch Faktoren wie die Harmonisierung der Revisionsstandards, der Steuersysteme und der Regulierung, wie insbesondere dem US-Gesetz zur verbindlichen Regelung der Unternehmensberichterstattung Sarbanes- Oxley, haben weltweit zu größerer Transparenz, Offenlegung und ausgeglicheneren Spielregeln geführt. Somit ist die Bedeutung der Emerging Markets erheblich gestiegen, wobei diese Märkte nicht wirklich über ein regulatorisches Umfeld verfügen, das eine effiziente und friktionslose M&A-Aktivität unterstützt.[18] Immer mehr westliche Konzerne aus den Industriestaaten erkennen die Chancen der Emerging Markets und beteiligen sich mit Direktinvestitionen in diesen Ländern.[19] Wie schon eingangs erwähnt, befindet sich der internationale M&A-Markt wieder im Aufwind und ein branchenübergreifender Trend ist der Anstieg von Unternehmensakquisitionen in den Emerging Markets, die mittlerweile weltweit zu den begehrtesten FDI-Zielländern zählen.[20] Ein Engagement in den klassischen Emerging Markets Osteuropa, Asien und Lateinamerika ist für West-Unternehmen dabei in doppelter Hinsicht interessant: Einerseits ist die Erschließung des sich bietenden und meist enormen Marktpotentials als eine ganz entscheidende Zielsetzung für viele Unternehmen zu sehen, auf der anderen Seite können die weitaus günstigeren Faktorkosten - insbesondere die Lohnkostenvorteile - und ihre Ausnutzung als Triebkraft der Internationalisierung in Emerging Markets fungieren.[21] Bezogen auf den Kapitalmarkt zeichnen sich die Emerging Markets mit einer höheren Rendite, geringeren Kursschwankungen und einem sehr gutem Wachstumspotential aus.[22]
2.3 Risiken in Emerging Markets
Mit der zunehmenden Globalisierung und der steigenden Kapitalmobilität hat auch die Bewertung in Emerging Markets einen immer höheren Stellenwert erreicht. Die bedeutendsten Emerging-Markets-Krisen der letzten 15 Jahre (die „Tequila-Krise“ in Mexiko 1994, die Asien-Krise 1997, die „Wodka-Krise“ in Russland 1998 und die Wirtschaftskrise in Argentinien 2001/02)[23] haben jedoch gezeigt, dass international agierende Investoren besondere Risiken beachten müssen. In ihrem Sinne ist eine umfassende Risikoanalyse der Anlage- bzw. Investitionsmöglichkeiten in Schwellenländern unverzichtbar. Einen Hauptschwerpunkt bei Anlageentscheidungen bilden wirtschaftliche Risiken, was häufig zu Unsicherheiten führt und die Bewertung in diesem Umfeld im Vergleich zu Industriestaaten deutlich erschwert. Risken werden dabei in sehr hohen Inflationsraten, Währungsrisiken, der makroökonomischen Volatilität, Kapitalkontrollen, der Politischen Unsicherheit, Kriegen und zivilen Unruhen, regulatorischen Veränderungen, schwachen Kontrollen und Korruption gesehen.[24]
Allerdings sollte bedacht werden, dass in Emerging Markets zu investieren nicht unbedingt eine ungeheuer risikoreiche Aufgabe sein muss, wenn man sich vor Augen führt, dass nicht zu investieren eventuell noch risikoreicher ist, sofern sich der Markt wie vorhergesagt entwickelt und die meisten Wettbewerber Vorteile aus den Investitionsgelegenheiten die Emerging Markets bieten generieren.[25] Mit der zunehmenden Attraktivität der Emerging Markets sind somit auch neue Denkmuster in der Bewertung von Ländern und Risiken erforderlich. “One of the primary characteristics of emerging markets is that they are characterized by high levels of uncertainty due to lack of prior experience and rapid technological and market change”.[26] Aktuelle Daten stehen oft nur bedingt zur Verfügung und Unterschiede in der Erhebung statistischer Daten lassen diese nicht immer verlässlich erscheinen. Die Problematik der unvollständigen Informationen bei einer Internationalisierung in Emerging Markets wird im Zeitablauf jedoch geringer, da immer mehr Erfahrungsberichte und bessere Informationsquellen zur Verfügung stehen. Dennoch sind Währungsrisiken wegen der oft hohen Inflationsraten und extremen Währungsabwertungen besonders weit verbreitet. Womit die vermutlich größte Angst der Emerging Markets-Investoren mit einer Währungsabwertung und den sich daraus ergebenden Verlustrisiken verknüpft ist.[27] Will Rogers formulierte dazu einmal sehr treffend: „Man sollte in die Inflation investieren. Sie ist das einzige, was steigt“.[28]
3. Grundlagen der Unternehmensbewertung
3.1 Grundsätze und Methoden der Unternehmensbewertung
Die gängige Literatur betont immer wieder: „Bewerten heißt vergleichen“[29]. Dabei wird ein Bewertungsobjekt einem Vergleichsobjekt gegenübergestellt und aus dem bekannten Preis des Vergleichsobjekts wird auf den unbekannten Preis (Wert) des Bewertungsobjekts geschlossen. Es lassen sich zwei wesentliche Zwecke der Unternehmensbewertung kennzeichnen: Die Ermittlung von Grenzpreisen, sowie die Ermittlung von fairen Einigungspreisen.[30] In Beiden Fällen sind Annahmen über Opportunitätskosten zu treffen, hier muss also der Kapitalisierungssatz alternative Geldverwendungsmöglichkeiten widerspiegeln.[31] In der Bewertungspraxis wird häufig bei der Bestimmung des Kapitalisierungssatzes vereinfachend von dem landesüblichen Zinsfuß ausgegangen[32] und Unternehmens-bewertungen erfolgen vielfach derart, dass ein nachhaltiger zu erzielender Entnahmebetrag (bzw. Cash-Flow) mit einem Basiszins auf den Bewertungsstichtag diskontiert wird, nachdem dieser um Risiko-, Geldentwertungs-, sowie Wachstumseffekte korrigiert wurde.[33]
Weiter sind die „Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung“ relevant. Sie stellen ein bestimmtes System von Bewertungsnormen dar und sollen eine Anleitung zur zweckentsprechenden Unternehmensbewertung geben, um vor allem die von der Bewertung Betroffenen, wie auch den Bewerter selbst zu schützen.[34] Das Zweckadäquanzprinzip verdeutlicht z.B., dass es nicht den „einzig richtigen“ Unternehmenswert geben kann.[35] Für die Berücksichtigung von Inflation und Wachstum sind das Zuflussprinzip und das Ausschüttungsprinzip, nach denen jene Komponenten als Erfolgsgröße gelten, die dem Unternehmer auch tatsächlich aus dem Unternehmen zufließen, von besonderer Bedeutung.[36]
Bei Einzelbewertungsverfahren wird der Unternehmenswert aus der Summe der Werte der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden des Unternehmens ermittelt. Gesamtbewertungsverfahren unterscheiden sich hiervon durch ihre investitionstheoretische Ausrichtung.[37] Ein in der Praxis häufig angewandtes Gesamtbewertungsverfahren stellt die Ertragswertmethode dar, welche die erwarteten Nettoausschüttungen bzw. -entnahmen des Unternehmens schätzt, die sich aus den Ausschüttungen zuzüglich dem Saldo etwaiger Kapitalrückzahlungen und Kapitaleinzahlungen ergeben,[38] und auf den Bewertungsstichtag diskontiert; der Barwert entspricht dem Unternehmenswert. Dabei wird je nach Art der Diskontierung der Ertragswert oder Discounted Cash Flow ermittelt.[39] Als Cash-Flow werden die den Eigentümern und Fremdkapitalgebern nach Abzug der Unternehmenssteuern zur Verfügung stehenden Zahlungsüberschüsse verstanden, die mit dem gewogenen Kapitalkostensatz der Eigen- und Fremdkapitalgeber diskontiert werden. Dabei wird der Kapitalkostensatz der Eigentümer auf Basis des CAPM geschätzt, der Kapitalkostensatz der Fremdkapitalgeber ist wegen der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen um den Unternehmenssteuersatz gemindert. Die Summe der abgezinsten Cash-Flows ergibt den Marktwert des Unternehmens für Eigen- und Fremdkapitalgeber.[40]
Der Zukunftsorientierung ist dabei eine große Bedeutung beizumessen, was das Problem der Unsicherheit mit sich bringt. Je weiter die zu prognostizierenden Größen in der Zukunft liegen, desto schwieriger und ungenauer werden die Prognosen, weshalb in der Praxis häufig ein Phasenmodell verwendet wird. In der ersten Phase mit detaillierten Planungsrechnungen werden die finanziellen Überschüsse einzeln prognostiziert. Für einen späteren Zeitraum, der aus pauschalen Annahmen besteht, muss geprüft werden, ob sich die finanziellen Überschüsse mit einer konstanten Wachstumsrate verändern, was in das Modell der ewigen Rente führt.[41] Die theoretischen Ansätze zur Berücksichtigung von Inflation und Wachstum beziehen sich meist nur auf den so genannten „Terminal Value“, welcher sich vereinfacht ermitteln lässt als: UW = E / i[42] (1)
Dabei ist UW = Unternehmenswert, E = Erträge (finanzielle Überschüsse), i = Kapitalisierungszinssatz.
3.2 Der Kapitalisierungszinssatz
Der Kapitalisierungszinssatz erfüllt im Rahmen der Unternehmensbewertung zwei Aufgaben, er ist ein Maß für die Zeitpräferenz, da die Zukunftserfolge auf den Bewertungsstichtag abdiskontiert werden, und gleichzeitig stellt er ein Maß der Opportunitätskosten dar, um eine Vergleichbarkeit von verschiedenen Investitionen zu erreichen.[43] Die Opportunitätskosten bestehen in Bezug auf den Verzicht in die alternative Investition. Der Kapitalisierungszinssatz wird bei Ertragswert- bzw. DCF-Verfahren aus einer kapitalmarktorientierten risikoäquivalenten Renditeforderung, einem risikolosen Basiszinsfuß und einer Prämie für das übernommene Risiko ermittelt. In der Bewertungspraxis wird zur Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes oftmals vereinfachend von dem landesüblichen Zinsfuß (Kapitalzins) ausgegangen,[44] auch wenn diese Anlageform von der Literatur nicht als tatsächliche Anlagealternative gesehen wird.[45] Eine Risiko- bzw. Unsicherheitsäquivalenz kann hergestellt werden, indem nicht der Erwartungswert der zu schätzenden Erfolge, sondern das Sicherheitsäquivalent angesetzt wird.[46] Um zu exakten Ergebnissen zu gelangen, wird die Risikonutzenfunktion des Investors benötigt. Da diese gewöhnlich schwer zu bestimmen ist, behilft sich die Praxis häufig mit dem Konzept der Risikozuschlagsmethode. In diesem Fall wird die Risikoäquivalenz durch einen Zuschlag auf den Basiszinssatz hergestellt.[47] Häufig wird auch auf den marktmäßig objektivierten Ansatz des Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückgegriffen, mit dem sich risikoäquivalente Renditen ermitteln lassen. Zur Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes existieren zwar neben dem CAPM noch weitere Modelle wie Multi-Faktoren-Modelle und andere, das CAPM hat sich aber in der Praxis durchgesetzt.[48]
[...]
[1] Vgl. Scheiter und Wehmeyer (A.T. Kearney), 2006, S.373.
[2] Vgl. Scheiter und Wehmeyer (A.T. Kearney), 2006, S.376. In Anhang 1 ist ergänzend eine Grafik der attraktivsten FDI-Zielländer von 2005 beigefügt.
[3] Vgl. Hirn, 1995, S. 118-120.
[4] Weitere häufige in der Literatur verwendete Bezeichnungen sind auch „Emerging Economies“, „LCD-Märkte“ oder „aufstrebende Wirtschaftsnationen“.
[5] Vgl. Wilhelmi, 2006, S.15.
[6] Vgl. Pereiro, 2002, S.2; Laut Wilhelmi (2006, S.15) beträgt die „BIP-Grenze“ der Weltbank für Emerging Markets weniger als 10.066 US-Dollar, laut Mahler (1996, S.13) sind es allerdings nur 8355 US-Dollar.
[7] Vgl. Sell und Willmann, 1999, S.2.
[8] Vgl. Kukovetz, 2002, S.5.
[9] Vgl. Mangold, 1996, S.10.
[10] Vgl. Knappmann (Manager Magazin), 2006, S.1. Als Erfinder des BRIC-Konzepts gilt Jim O'Neill, der Chefvolkswirt der Investmentbank Goldman Sachs. Er sieht die Globalisierung als gemeinsamen großen Faktor dieser Länder.
[11] Vgl. Mangold, 1996, S. 10. In manchen Ländern Asiens, mit China als Paradebeispiel, wächst das Bruttosozialprodukt bereits mit über 10% pro Jahr. Im gesamten Durchschnitt liegen die Wachstumsraten des Bruttosozialproduktes der Emerging Markets bei ca. 7%.
[12] Vgl. Hoskisson u.a., 2000, S.249.
[13] Vgl. Mobius, 1995 S.15. Im Anhang 2 ist eine differenziertere Darstellung der Kriterien, die Emerging Markets ausmachen laut Mangold (1996, S.11-12) zu finden.
[14] Vgl. Mahler, 1996, S.9; Vgl. auch Wilhelmi, 2006, S.20-21.
[15] Vgl. Wilhelmi, 2006, S.15.
[16] Vgl. DekaBank, 2007a, S.1. Es waren z.B. Nachrichten aus China, die laut der DekaBank im Februar 2007 weltweit den ersten scharfen Rückgang an den Aktienmärkten eingeleitet haben.
[17] Vgl. Wilhelmi, 2006, S.20-21. Siehe auch Pereiro, 2002, S.12-13. Die kurzfristige Entwicklung des Wirtschaftswachstums in Industrieländern im Vergleich zu Emerging Markets wird in Anhang 3 dargestellt.
[18] Vgl. Kurer, 2006, S.1.
[19] Vgl. Wilhelmi, 2006, S.24 und S.37.
[20] Vgl. Scheiter und Wehmeyer (A.T. Kearney), 2006, S.376.
[21] Vgl. Hirn, 1995, S.118 ; Vgl. auch Mangold, 1996, S.14-17. Motive des „going international“ können daher in die Verlagerungsstrategie und die Wachstums- bzw. Expansionsstrategie unterschieden werden.
[22] Vgl. Mobius, 1995, S.4. Während das Verhältnis zwischen Börsenkapitalisierung und Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den führenden Industrieländern durchschnittlich bei mehr als 80% liegt, beläuft es sich in Emerging Markets nur auf 33% im Mittel, und fällt in mehr als der Hälfte der Länder unter die 20% Marke.
[23] Vgl. Wilhelmi, 2006, S.40-41.
[24] Vgl. James / Koller, 2000, S.79-80; Vgl. auch Koller / Goedhart / Wessels, 2005, S.605.
[25] Vgl. Kukovetz, 2002, S.42.
[26] Vgl. Teplensky et al, 1993, S.511.
[27] Vgl. Mark Mobius, 1995 S.147-148.
[28] Vgl. Mark Mobius, 1995 S.147.
[29] Vgl. Moxter, 1983, S.123; Vgl. auch Ballwieser, 1988, S.798.
[30] Vgl. Moxter, 1983, S.9, 16f.
[31] Vgl. Ballwieser, 1988, S.798.
[32] Vgl. Ballwieser, 1988, S.798.
[33] Vgl. Ballwieser, 1986, S.1.
[34] Vgl. Moxter, 1983, S.1
[35] Vgl. Moxter, 1983, S.5-8. Darüber hinaus gibt es noch einige weiter Grundsätze der ordnungsgemäßen Unternehmensbewertung. Zu diesen zählen z.B. das Typisierungsprinzip, das Vollausschüttungsprinzip, das Mehrwertigkeitsprinzip und das Stichtagsprinzip. Für eine detaillierte Erläuterung vgl. dazu Moxter, 1983.
[36] Vgl. Moxter, 1983, S.79; Vgl. auch Drukarczyk, 2007, S.105-106.
[37] Vgl. Ballwieser, 1993, S.153.
[38] Vgl. Peemöller, 2002, S.207-208. Die Komponenten, die zur Ermittlung des Ertragswertes notwendig sind, sind die Höhe und der Zeitpunkt der erwarteten Ertragsüberschüsse für die Eigentümer, die Laufzeit, in der mit Ertragsüberschüssen zu rechnen ist, und der Kapitalisierungszinssatz, mit dem die Ertragsüberschüsse abgezinst werden.
[39] Vgl. Ballwieser, 1993, S.153. Dabei ist zu beachten, dass die Diskontierung von erwarteten Gewinnen anstelle von Nettoentnahmen zu Fehlern führt. Vgl. Ballwieser, 1993, S.153.
[40] Vgl. Ballwieser, 1993, S.164.
[41] Hier wird auf die formale Darstellung der ewigen Rente verzichte und auf den Anhang 4 verwiesen.
[42] Vgl. IDW, 2002, S.67.
[43] Vgl. Piltz, 1989, S.25. Neben diesen Aufgaben muss der Kapitalisierungszins einer Reihe von Äquivalenzprinzipien genügen. Die Alternativanlage muss hinsichtlich des Risikos, der Verfügbarkeit, des Planungshorizonts, des Arbeitseinsatzes sowie der Kaufkraft äquivalent zum Bewertungsobjekt sein. Gegebenenfalls muss diese Äquivalenz durch eine Anpassung im Kapitalisierungszins herbeigeführt werden (Vgl. Moxter, 1983, S.155-162).
[44] Vgl. Ballwieser, 1988, S.798.
[45] Vgl. Moxter, 1983, S.150-152.
[46] Vgl. Drukarczyk, 2001, S.303.
[47] Vgl. Ballwieser, 1981, S.103. Dies bedeutet laut Ballwieser (1981, S.103) lediglich einen Fehler durch einen Anderen zu ersetzen und das eine Vorziehenswürdigkeit dieser Methode fraglich sei, da ein exakter Risikozuschlag ebenso schwer zu ermitteln sein dürfte wie das entsprechende Sicherheitsäquivalent.
[48] Vgl. hierzu Geginat u.a., 2006, S. 18; Vgl. auch Pereiro, 2002, S.107. Die Formel zur Berechnung der Rendite nach dem CAPM und ein kurzer Überblick zum WACC-Ansatz ist im Anhang 5 zu finden.