Die Struktur des Finanzsystems und die Effektivität der Rettungspakete


Seminar Paper, 2010

37 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Gang der Untersuchung

3. Struktur des Finanzsystems
3.1 Relevanz des Finanzsystems
3.2 Aufbau von Finanzsystemen

4. Maßnahmen der Zentralbanken
4.1 Zielsetzung und Eingriffe der FED
4.2 Zielsetzung und Eingriffe der EZB
4.3 Effektivität der Rettungsmaßnahmen

5.Staatliche Rettungsmaßnahmen
5.1 Rettungsmaßnahmen der USA
5.1.1 Emergency Economic Stabilization Act
5.1.2 Financial Stability Plan
5.1.3 Staatliche Übernahmen
5.2 Die Deutschen Rettungsmaßnahmen
5.2.1 Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz
5.2.2 Lockerung von Bilanzierungsregeln und Bereinigung von Problemaktiva
5.2.3 Staatliche Übernahmen

6. Effektivität der Rettungsmaßnahmen
6.1 Effektivität der amerikanischen Rettungsmaßnahmen
6.2 Effektivität der deutschen Rettungsmaßnahmen
6.3 Auswirkungen der Rettungspaketen auf relevante Märkte
6.4 Negative Auswirkungen der Rettungspakete

7. Abschließendes Fazit

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung

Infolge der Insolvenz zahlreicher Finanzinstitute sahen sich die Zentralbanken und die Regierungen einer komplizierten Aufgabe gegenüber, nämlich der Eindämmung negativer Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft. Basierend auf den Erfahrungen aus vergangenen Krisen wurden zahlreiche Rettungsmaßnahmen verabschiedet, deren Effektivität im Folgenden untersucht wird.

Auf den ersten Blick sind die Rettungspakete aufgrund ihrer Anzahl und Komplexität kaum überschaubar. Daher ist es schwierig die gesamte Effektivität auf einzelne Maßnahmen zurückzuführen, und zu beurteilen, welche Maßnahmen erfolgreich waren. Doch gerade darin besteht unsere Herausforderung, trotz dieser Unüberschaubarkeit die Auswirkungen einzelner Pakete voneinander abzugrenzen. Ein weiteres Problem, welches die Beurteilung der Effektivität erschwert, ergibt sich durch die umgesetzten Maßnahmen, die zwar in der kurzen Frist die gewünschten Wirkungen zeigen, langfristig aber mit Problemen verbunden sind. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass wir uns immer noch in der Krise befinden und einige Maßnahmen erst vor kurzem verabschiedet wurden. Somit ist es möglicherweise noch zu früh, über die vollständige Effektivität dieser Maßnahmen zu urteilen. Dennoch haben wir uns zum Ziel gesetzt, zu einem nachvollziehbaren zwischenzeitlichen Urteil zu gelangen.

2. Gang der Untersuchung

Um die Ziele der Rettungspakete und ihre Wirkung auf verschiedene Bereiche des Finanzsystems besser nachvollziehen zu können, werden wir im dritten Kapitel zunächst auf den Begriff des Finanzsystems und vor allem auf seine Relevanz eingehen. Diese Einführung soll dazu dienen, die negativen Auswirkungen einer Krise auf die Funktionsweise des Finanzsystems und auf die darin agierenden Akteure verständlich zu machen. Anschließend gehen wir über zu den in der Krise ergriffenen Rettungspaketen. Dabei erachten wir es als sinnvoll, zwischen den unkonventionellen Maßnahmen der Zentralbanken und den staatlichen Rettungspaketen zu unterscheiden, da ihnen unterschiedliche Instrumente zur Kriseneindämmung zur Verfügung stehen. In einem ersten Schritt werden wir die Maßnahmen der Zentralbanken und deren Effektivität untersuchen. Wegen den unterschiedlichen Finanzsystemen der USA und des Euroraums bietet es sich an, die Eingriffe der FED und der EZB gegenüberzustellen und ihre Wirkungen zu beschreiben.

Im Anschluss gehen wir auf die Effizienz der staatlichen Rettungspakete ein, auf die wir den Schwerpunkt unserer Arbeit richten. Um eine Analyse der Effizienz durchzuführen, werden wir zunächst die Rettungspakete der USA und Deutschlands detailliert vorstellen. Darauf aufbauend arbeiten wir die Wirkung der einzelnen Maßnahmen länderspezifisch heraus, beziehen jedoch die Märkte als wichtigsten Indikator länderübergreifend mit ein, da es sich hauptsächlich um internationale Märkte handelt. Um unsere Untersuchung abzurunden, gehen wir auf die Gefahren von Rettungspaketen ein, bevor wir schließlich unser Schlussfazit vorstellen.

3. Struktur des Finanzsystems

3.1 Relevanz von Finanzsystemen

Bis Mitte des zwanzigsten Jahrhundert waren die meisten Ökonomen der Meinung, dass ein gut funktionierendes Finanzsystem das Wirtschaftswachstum fördert. Doch mit der neoklassischen Wachstumstheorie änderte sich die Meinung dahingehend, dass das Finanzsystem keinen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leistet und damit keine Wohlfahrtseffekte aufweist. Da diese Theorie keine Finanzinstitutionen als Wachstumsfaktoren enthält, scheint demnach die Frage berechtigt zu sein, ob ein gutes Finanzsystem nicht eher eine Konsequenz, als eine Ursache des Wirtschaftswachstums ist.1 Einen ersten ökonometrischen Beweis für einen positiven Beitrag des Finanzsystems zum Wirtschaftswachstum liefert „The World Development Report“ von 1989. Unter anderem offenbart dieser Report, dass der größte Unterschied zwischen armen und reichen Nationen nicht nur im Vorhandensein , sondern in der Effizienz beim Umgang mit natürlichen Ressourcen liegt. Und der Beitrag eines guten Finanzsystems liegt in der Steigerung dieser Effizienz.2 Gäbe es keine Finanzintermediäre, würde kaum jemand sein gespartes Geld direkt einem Unternehmen für Investitionen zu Verfügung stellen und Unternehmen könnten wichtige Investitionsprojekte nicht durchführen. Außerdem brauchen Unternehmen hohe Kredite, die ihnen für eine längere Frist gewährt werden. Jeder einzelne Sparer würde aber nur eine relativ kleine Summe bereitstellen können und darauf bestehen sein Geld jederzeit abheben zu können. Diese Probleme werden durch Finanzintermediäre gelöst, denn sie koordinieren die finanziellen Mittelflüsse zwischen Gläubigern und Schuldnern und aggregieren Kapital für größere Investitionsprojekte. Finanzsysteme erleichtern den Handel, das Pooling und die Diversifikation von Risiken. Außerdem überwachen Finanzsysteme das Management von Unternehmen und erleichtern den Zahlungsverkehr. Deshalb vermindern Finanzsysteme Marktunvollkommenheiten und fördern die Effizienz beim Umgang einer Volkswirtschaft mit der Ressource Kapital.3 Abgesehen davon, beeinflusst die Qualität des Finanzsystems die Effektivität von Rettungspaketen zu Krisenzeiten. Bei dem hohen Umfang der Rettungspakete, wie in der aktuellen Krise haben qualitativ gute Finanzsysteme das Potenzial, die Kosten und die Dauer der Rettungsmaßnahmen zu reduzieren.

Doch wie kann man ein gutes Finanzsystem charakterisieren und bewerten? Außerdem stellt sich die Frage, wie die Ausgestaltung eines Finanzsystems die Effektivität der Rettungspakete beeinflussen kann und welche Schwachstellen in Finanzsystemen langfristig zu beheben sind, um die Anfälligkeit für systemische Krisen zu minimieren. Auch wenn wir aus Platzgründen nicht auf alle diese Fragen näher eingehen werden, sollte man die wesentlichen Eigenschaften und die Struktur des Finanzsystems verstehen, um zumindest die Intention und die Wirkung der Rettungspakete besser nachvollziehen zu können. Aus diesem Grund, werden wir im Folgenden einige definitorische Erläuterungen darstellen.

3.2 Aufbau von Finanzsystemen

Das Finanzsystem ist zunächst von dem Finanzsektor zu unterscheiden. Genauer gesagt ist der Finanzsektor nur ein Teil eines Finanzsystems. Der Finanzsektor ist die Angebotsseite von Finanzdienstleistungen und umfasst unter anderem Zentralbanken, Geschäftsbanken, andere Finanzinstitutionen, die keine Banken sind, organisierte Finanzmärkte, sowie Regulierungs- und Überwachungsbehörden dieser Institutionen. Das Finanzsystem stellt dagegen eine breitere Fassung dar, denn sie beinhaltet neben der Angebots- auch die Nachfrageseite nach Finanzdienstleistungen. Diese Nachfrageseite besteht aus nicht-finanziellen Wirtschaftssektoren, wie Unternehmen oder Haushalte. Das Finanzsystem umfasst dabei auch die Art und Weise, wie diese Angebots- und Nachfrageseite aufeinander abgestimmt sind, sowie regulatorische Rahmenbedingungen bis hin zu Bilanzierungsrichtlinien.4 Auch der Staat ist ein Teil des Finanzsystems, denn er kann sowohl als Anbieter, wie auch als Nachfrager nach Finanzdienstleistungen agieren. Der Staat reguliert das Finanzsystem und kann eingreifen, wenn die Märkte versagen. Wenn man Finanzsysteme vergleicht oder analysiert, stellt sich die Frage, ob es in einem Finanzsystem geeignete Institutionen für Kreditvergabe, Sparanlagen und Versicherungsunternehmen gibt, um der Bevölkerung und Unternehmen in finanziellen Angelegenheiten Hilfestellung zu leisten. Die Funktionsweise, die Eigentümerstruktur, die Unternehmensführung und die Regulierung dieser Institutionen können sich länderspezifisch unterscheiden.5 Der Institutionelle Rahmen ist dabei nicht so wichtig wie die allgemeine Funktion des Finanzsystems, denn diese Funktion ist in allen Ländern gleich. Es sind nicht unbedingt die Banken, die als Kreditgeber agieren. Beispielsweise können sich Unternehmen über Anleihen am Kapitalmarkt finanzieren und Sparer ihre Ersparnisse in Fonds anlegen, womit die Banken als Finanzintermediäre an Bedeutung verlieren. Diese Überlegung führt uns zu einer gängigen Unterscheidung zwischen einem bankenorientierten und einem kapitalmarktorientierten Finanzsystem. In einem bankenorientierten Finanzsystem, wie dem in Deutschland oder Japan, sind Banken die wichtigste Kapitalquelle bei der Unternehmensfinanzierung und nehmen einen großen Teil der Ersparnisse der Haushalte entgegen. Banken haben eine aktive Rolle in der Corporate Governance der nicht-finanziellen Unternehmen und üben einen starken Einfluss auf andere Teile des Finanzsektors aus. In einem kapitalmarktorientierten Finanzsystem ,wie dem in den USA oder Großbritannien sind dagegen Kapitalmärkte die wichtigste Finanzierungsquelle für Unternehmen und Ersparnisse werden überwiegend in Kapitalmarktnahe Institutionen, wie Investment- und Pensionsfonds angelegt.6

Darüber hinaus besteht jedes Finanzsystem aus vielen Elementen. Es ist daher wichtig den Zusammenhang zwischen den einzelnen Elementen zu verstehen und zu bestimmen, inwiefern sich diese Elemente gegenseitig und das System als Ganzes beeinflussen. Diese Elemente können unter anderem die Rolle der Banken im Finanzsektor, die Rolle der Finanzmärkte im Vergleich zu Intermediären, rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen oder die Struktur der Unternehmensfinanzierung sein. In einem gut funktionierenden Finanzsystem müssen diese Elemente komplementär zueinander sein. Komplementarität bedeutet, dass positive Wirkungen der Ausprägungen von Elementen sich gegenseitig unterstützen und negative Wirkungen sich gegenseitig abschwächen. Damit können aufeinander abgestimmte Ausprägungen der Merkmale einen Vorteil für das gesamte Finanzsystem generieren. Wenn dieses Potenzial tatsächlich genutzt wird, kann man von einem konsistenten Finanzsystem sprechen. Ein solches konsistentes System befindet sich in einem Gleichgewicht. Doch es kann mehrere Gleichgewichte bzw. lokale Optima geben und es ist für die im System handelnden Akteure fast unmöglich zu beurteilen, ob ein lokales oder globales Optimum besteht. Es ist daher sehr schwierig bestimmte Elemente eines Systems so zu gestalten, dass das optimale System erreicht wird. Ein bestimmtes Element mag in bestimmten Finanzsystemen sehr wertvoll sein und Akteure eines anderen Finanzsystems dazu verleiten, es bei sich zu implementieren. Doch obwohl bestimmte Elemente gegenüber gleichen Elementen im eigenen Finanzsystem überlegen zu sein scheinen, werden sie möglicherweise nicht zu den anderen Elementen passen und somit das eigene Finanzsystem schwächen. Veränderungen einzelner Elemente müssen daher systemkompatibel sein, um die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems verbessern zu können.7 Insbesondere vor dem Hintergrund der finanzpolitischen Bemühungen, die nach der aktuellen Krise im Finanzsystem zu einigen Veränderungen führen werden, ist die Systemkompatibilität dieser Maßnahmen zu berücksichtigen.

4 Maßnahmen der Zentralbanken

4.1 Zielsetzung und Eingriffe der FED

Die Federal Reserve hat eine Vielzahl von Schritten unternommen, um auf die sich zuspitzende Wirtschaftskrise zu reagieren. Insgesamt wurde der Leitzins von 5,25% im September 2007 auf eine Spanne zwischen 0% und 0,25% im Dezember 2009 gesenkt. Als die Zinsen nahe bei 0% lagen, waren die geldpolitischen Möglichkeiten ausgeschöpft, sodass die FED zu unkonventionellen Maßnahmen greifen musste. Im Vordergrund dieser Maßnahmen stand das Bestreben, die Kreditmärkte zu stabilisieren und damit das Übergreifen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft zu unterbinden. Diese unkonventionellen Maßnahmen der FED lassen sich in drei Kategorien unterteilen.8 Die erste Kategorie umfasst kurzfristige Liquiditätshilfen für Finanzinstitute. Diese Maßnahme soll den Interbankenmarkt beleben, indem sie das nach dem Lehman-Bankrott verloren gegangene Vertrauen wiederherzustellen versucht und die Kreditvergabe an das produzierende Gewerbe stützt. Im Interbankenmarkt sollen alle Kreditinstitute wissen, dass ihre Gegenparteien in schwierigen Situationen Zugang zur Liquidität haben werden und sie ihre Kredite zurückgezahlt bekommen. Mit Hilfe von Devisen-Swap Geschäften mit anderen Notenbanken hat die FED auch ausländische Kreditinstitute mit Liquidität in US- Dollar versorgt. Trotz dieser Bemühungen, können diese Liquiditätsspritzen für Banken die Unternehmensfinanzierung in den USA nicht ausreichend fördern. Das liegt daran, dass die USA ein kapitalmarktorientiertes Finanzsystem haben und die Unternehmen sich kurzfristig überwiegend über Unternehmensanleihen (bzw. Commercial Papers) am Markt finanzieren. Dieser Markt ist aber seit dem Lehman- Bankrott eingebrochen.9

Die zweite Kategorie dieser unkonventionellen Maßnahmen der FED beinhaltet Liquiditätshilfen für wichtige Kreditmärkte und spricht damit das oben genannte Problem an. Demnach finanziert die FED den Ankauf kurzfristiger Commercial Papers von Investoren und stützt so die Unternehmensfinanzierung in den USA. Außerdem soll der Verbriefungsmarkt für spezielle Konsumenten- und Unternehmenskredite wiederbelebt werden, indem Kredite im Austausch gegen neue ABS mit einem AAA-Rating begeben werden. Durch die Ausweitung des Angebots, sowie die Senkung der Kreditzinsen soll dieses Programm die Kreditklemme auf Verbraucher- und Unternehmensebene mildern.10

Bei der dritten Kategorie handelt es sich um den Ankauf bestimmter Wertpapiere und somit die Ausweitung der eigenen Bilanz. Anders als bei der quantitativen Lockerung, geht es der FED hierbei nicht darum, lediglich durch hohe Zentralbankreserven stimulierend zu wirken, sondern gezielt private Kreditmärkte zu stützen. Beispielsweise sollten durch den Ankauf von MBS die Hypothekenzinsen gesenkt und damit die Kreditvergabe an die Haushalte angekurbelt werden.11 Die Bilanzsumme der FED wurde in kurzer Zeit von 900 Mrd. auf 2,3 Billionen Dollar erhöht, was auch durch den massiven Ankauf von Unternehmensanleihen zu erklären ist.12

4.2 Zielsetzung und Eingriffe der EZB

Im Gegensatz zur FED, hat die EZB nicht sofort auf die Turbulenzen an den Finanzmärkten reagiert. Noch im Juli 2008 hat die EZB den Zins von 4% leicht angehoben und anschließend wieder gesenkt. Die Gründe für dieses Vorgehen waren die hohe Inflationserwartung und das primäre Ziel der EZB, die Preisstabilität zu gewährleisten. Doch als das Ausmaß der Krise deutlich wurde, fielen die Leitzinsen zwischen Oktober 2008 und Mai 2009 bis auf ein Niveau von 1%. Um sicherzustellen, dass diese niedrigen Zinsen auch an die Realwirtschaft weitergegeben werden und die Kreditmärkte für Unternehmen und Haushalte wieder funktionieren, hat die EZB ebenfalls mehrere Sondermaßnahmen ergriffen. So hat die EZB die Banken zu einem festen Zinssatz von 1% mit so viel Liquidität versorgt, wie diese nachfragten. Die Bandbreite von Sicherheiten, die die EZB für die Liquiditätsbereitstellung akzeptierte, wurde ausgeweitet und die Laufzeiten dieser Kredite wurden ebenfalls verlängert. Im Mittelpunkt der Maßnahmen der EZB stehen an erster Stelle die Banken, was daran liegt, dass im Finanzsystem des Euroraumes die Banken eine zentrale Rolle bei der Kreditvergabe an alle Wirtschaftssektoren spielen. Zwar hat die EZB unter anderem mit dem Ankauf von gedeckten Schuldverschreibungen auch bestimmte Märkte gestützt, jedoch stand dabei insbesondere die Refinanzierung der Banken im Vordergrund.13 Anders als im Euroraum, hat die FED wichtige Märkte intensiv zu stützten versucht, weil sich US- Unternehmen nicht primär bei Banken, sondern über Kapitalmärkte finanzieren.

4.3 Die Effektivität der Maßnahmen beider Zentralbanken

Als sich die Spannungen an den Finanzmärkten zuspitzten und die Zentralbanken zum ersten Mal eingreifen mussten, kam es zunächst zu einer Beruhigung der Märkte. Diese ersten Maßnahmen wurden als ein Indiz dafür gewertet, dass Zentralbanken ein Zusammenbruch des gesamten Finanzsektors nicht zulassen würden.14 Aber mit der Insolvenz von Lehman Brothers wurde dieser Glaube widerlegt und es kam viel Unruhe im Interbankenmarkt auf, was die Zentralbanken dazu veranlasste, weitere Maßnahmen zu konstruieren. Die Zentralbanken konnten bereits am Anfang der Krise einige Erfolge aufweisen, denn es gelang ihnen zu verhindern, dass sich die Liquiditätsengpässe nicht zu mehrfachen Bankeninsolvenzen entwickelten. Die Zinsaufschläge im Interbankenmarkt sind seit Herbst 2008 gesunken, und deuten auf eine Lockerung der Refinanzierungskonditionen hin. Dennoch hat die FED es nur vorübergehend geschafft, das Volumen ausstehender Commercial Papers zu erhöhen, was wiederum eine sich fortsetzende Anspannung auf diesem Markt bedeutet.15,16

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bloomberg, Fed, BANTLEON BANK AG

Trotz dieser teilweise positiven Wirkung, haben es die Zentralbanken nicht geschafft, die Kreditmärkte ausreichend zu entlasten und das Vertrauen in das gesamte System wiederherzustellen. Die Kreditvergabe an Unternehmen blieb verhalten. Schließlich hat die zusätzliche Liquidität nichts an der Eigenkapitalausstattung und der Problemaktiva der Banken geändert. Doch diese Entwicklung wäre weitaus negativer ausgefallen, wenn die Zentralbanken nicht eingegriffen hätten. Trotz dieser Tatsache ist die Vorgehensweise der Zentralbanken mit einigen Problemen verbunden. Beispielsweise haben Zentralbanken zu wenige Informationen über Bilanzen der Geschäftsbanken, weshalb sie die spezifischen Bedürfnisse einiger Banken bei der Ausarbeitung ihrer Maßnahmen übersehen können. Im Falle der EZB hat sich außerdem gezeigt, dass es im Bereich der Finanzpolitik und Bankenaufsicht keinen entsprechenden Gegenpart auf europäischer Ebene gibt.17 Es besteht daher ein Koordinationsproblem der EZB mit jeweiligen nationalen Finanz- und Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten, was die gegenseitige Beratung zu Krisenzeiten erschwert. Ein anderes Problem ist das Fehlen einer einheitlichen Linie bezüglich der Zinspolitik. Die EZB und die FED haben aufgrund ihrer unterschiedlichen primären geldpolitischen Zielen mit unterschiedlichen Ansätzen reagiert. Die FED hat die Zinsen sofort gesenkt, denn ihr übergeordnetes Ziel ist die Vollbeschäftigung sowie ein konstantes Wirtschaftswachstum. Die EZB hat die Zinsen sogar zunächst angehoben, um auf die Inflationserwartungen zu reagieren, denn sie verfolgt primär das Ziel der Preisstabilität. Ohne diese Kommunikationsprobleme bezüglich der Geldpolitik wären einige positive Effekte der Maßnahmen vielleicht schon früher aufgekommen. Die Zentralbanken haben schnell auf die Krise reagiert und dadurch einen Zusammenbruch des Finanzsystems verhindert, doch auch die Regierungen haben umfangreiche Rettungspakete konstruiert, auf die wir im Folgenden eingehen werden.

5. Staatliche Rettungsmaßnahmen

Die Wirtschaftskrise hat mit der Insolvenz von Lehman Brothers am 15. September 2008 eine neue Dimension erreicht. Die amerikanische und deutsche Regierung sahen sich einem von Vertrauensverlust geplagten Bankensektor gegenüber, der aufgrund von Liquiditätsengpässen und der akuten Gefahr eines „Bank-Runs“, zu kollabieren drohte. Nachfolgend stellen wir die von den USA und Deutschland zur Überwindung der Krise ergriffenen Maßnahmen im Einzelnen vor.

5.1 Die Rettungsmaßnahmen der USA

Zur Überwindung der Wirtschaftskrise, wurde in den USA eine Vielzahl von Rettungsmaßnahmen eingeleitet. Der Anfang wurde mit dem am 3. Oktober 2008 vom Kongress verabschiedeten „Emergency Economic Stabilization Act“ Gesetzt gelegt.18 Das Gesetz begründet das 700 Mrd. USD umfassende „Trouble Asset Relief Program“ (TARP), das anfangs primär aus dem „Capital Purchasing Program“(CPP) und dem „Targeted Investment Program“(TIP) besteht. Zusammen mit dem „Asset Guarantee Program“(AGP) sollen sie zu einer Stabilisierung der Finanzinstitutionen führen und zu einer Erhöhung der Marktliquidität beitragen.19

Am 10. Februar 2009 wurde ein weiteres Maßnahmenpaket, der „Financial Stability Plan“ angekündigt. Im Folgenden werden die wichtigsten Maßnahmen der beiden Rettungspakte vorgestellt.20

5.1.1 Emergency Economic Stabilization Act

Eigenkapitalhilfen unter dem „Capital Purchasing Program“(CPP) und dem „Targeted Investment Program“(TIP).

Das im Rahmen des TARP 250 Mrd. USD schwere CPP sah ursprünglich die Bereinigung der Bankbilanzen von schwer zu bewertenden Krediten und verbrieften Wertpapieren vor, die auf US-Immobilen vergeben wurden.21 Anstatt diesem Plan zu folgen, wurden die 250 Mrd. USD aufgrund eines Strategiewechsels für Eigenkapitalhilfen bei Banken verwendet.22

Gesetztes Ziel war es, Vermögensanteile im Wert von bis zu 3% der risiko- gewichteten Aktiva oder 25 Mrd. USD, jedoch mindestens 1% der risikogewichteten Vermögenswerte durch staatliche Mittel zu erwerben.23 Als Bedingung für die Eigenkapitalhilfe fordert das Treasury Department stimmrechtslose Vorzugsaktien, die in den ersten fünf Jahren eine jährliche Dividende von fünf Prozent, im Anschluss von neun Prozent abwerfen. Zusätzlich sollte eine Kompensation an den Staat erfolgen, falls mit den Eigenkapitalhilfen exzessive Risiken eingegangen werden. Gehälter sind auf 500.000 USD zu begrenzen und großzügige Abfindungsregeln für ausscheidende Manager sind verboten. Damit der Staat an zukünftigen Kursgewinnen ebenfalls beteiligt wird, erhält er zusätzlich Optionsscheine, die zum Erwerb von Anteilen berechtigen.24 Am gleichnamigen Tag der Einführung des Programmes, akzeptierten neun Banken staatliche Beteiligungen im Wert von insgesamt 125 Mrd. USD.25

[...]


1 Vgl. Krahnen/Schmidt (2004) “The German Financial System”

2 Vgl. The World Development Report 1989 (Finance and Growth) S.26

3 Vgl. Wolfgang J. Hügle “Finanzsysteme, wirtschaftliches Wachstum und die Rolle des Staates

4 Vgl. Krahnen/Schmidt (2004) „The German Financial System“ S.22,23

5 Vgl. Schmidt (2008) „Transformation des deutschen Finanzsystems und der Corporate Governance“

6 Vgl. Der Weg zu einem krisensicheren Finanzsystem: Risiken und Chancen

7 Vgl.Hackethal/Schmidt (2000) „Finanzsysteme und Koplementarität“

8 Vgl. Ben S. Bernanke (13.01.09) At the Stamp Lecture, London School of Economics

9 Vgl.Ben S. Bernanke (13.01.09) At the Stamp Lecture, London School of Economics

10 Vgl.Ben S. Bernanke (13.01.09) At the Stamp Lecture, London School of Economics

11 Vgl. Ben S. Bernanke (13.01.09) At the Stamp Lecture, London School of Economics

12 Vgl. Institut der Deutschen Wirtschaft (2010)

13 Vgl. Jean-Claude Trichet (Wirtschaftstag Frankfurt, den 15. Okt. 2009)

14 Vgl SVR S. 142

15 Vgl. Bantleon „Geldpolitische Optionen der FED in Krisenzeiten“

16 Vgl. Siehe Abbildung: 1-Monats Libor, Volumen Ausstehender Commercial Papers (Quelle: Bantleon)

17 Vgl. SVR S.142

18 Vgl. Financialstability.gov

19 Vgl. Federalreserve.gov

20 Vgl. US Treasury

21 Vgl. DB Research S.10

22 Vgl. SVR S.153 DB Research S.10

23 Vgl. US Treasury

24 Vgl. US Treasury SVR S.153

25 Vgl. DB Research S.11

Excerpt out of 37 pages

Details

Title
Die Struktur des Finanzsystems und die Effektivität der Rettungspakete
College
University of Frankfurt (Main)
Grade
2,0
Author
Year
2010
Pages
37
Catalog Number
V162794
ISBN (eBook)
9783668215245
ISBN (Book)
9783668215252
File size
825 KB
Language
German
Keywords
Finanzsysteme, Finanzkrise, Rettungspakete
Quote paper
Diddy Dedula (Author), 2010, Die Struktur des Finanzsystems und die Effektivität der Rettungspakete, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162794

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