Der Einfluss des Technikunterrichts auf die Bewertungskompetenz von Schülerinnen und Schülern am Beispiel von Alltagstechnik

Eine empirische Untersuchung in den Jahrgangsstufen 10 und 11


Examination Thesis, 2009

207 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


INHALTSVERZEICHNIS

DANKSAGUNG

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

0. EINFÜHRUNG

1. DIE NOTWENDIGKEIT VON BEWERTUNGSKOMPETENZ HINSICHTLICH TECHNIK
1.1 Warum soll ein Mensch über Bewertungskompetenz hinsichtlich Technik verfügen?
1.2 Ziele, Methodologie und Aufbau der Arbeit

2. BEWERTUNGSKOMPETENZ IM KONTEXT VON BILDUNGSSTANDARDS UND CURRICULA FÜR DAS FACH TECHNIK
2.1 Gründe für eine deutsche Bildungsreform
2.2 Bildungsstandards und Kompetenzbegriff
2.2.1 Definition und Konzeption von Bildungsstandards
2.2.2 Funktionen und Chancen von Bildungsstandards
2.2.3 Kompetenz als Kategorie der Bildungsstandards vs. Kompetenzen der Rahmenrichtlinie
2.3 Bewertungskompetenz in den Bildungsstandards Technik und den RRL
2.3.1. Bewertungskompetenz in den Bildungsstandards Technik für den Mittleren Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10)
2.3.2. Bewertungskompetenz in der Rahmenrichtlinie Gymnasium für das Wahlpflichtfach Technik

3. DER WISSENSCHAFTLICHE DISKURS DER TECHNIKBEWERTUNG
3.1 informelle und formelle Technikbewertung
3.2 Zum Forschungsstand der Technikfolgen-Abschätzung/ Technikbewertung- Begriffe und Konzepte
3.3 Das Konzept der Technikbewertung im Kontext der VDI-Richtlinie
3.3.1 Der Begriff Technikbewertung und der Wertebegriff
3.3.2 Typen der Technikbewertung
3.3.2.1 Anlassbezogene Typen
3.3.2.2 Zeitpunktbezogene Typen
3.3.3 Phasen der Technikbewertung
3.3.4 Methoden der Technikbewertung
3.3.5 Institutionen der Technikbewertung

4. EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG
4.1 Eigene Fragestellung
4.1.1 Anliegen der Studie
4.1.2 Untersuchungsmodell und Hypothesen
4.2 Methode
4.2.1 Untersuchungsplan
4.2.2 Ablauf der empirischen Untersuchung
4.2.3 Stichprobenbeschreibung
4.2.3 Erhebungsinstrumente
4.2.3.1 Konstruktion und Aufbau des Fragebogens
4.2.3.2 Wissen
4.2.3.3 Umfassende Informationsbeschaffung
4.2.3.4 Beurteilung vorgegebener Bewertungen von Technik
4.2.3.5 Gewichtung von Kriterien zur Technikbewertung
4.2.4 theoretische Grundlagen zur Datenauswertung
4.3 Ergebnisse zu den Hypothesen
4.3.1 Wissen
4.3.2 Umfassende Informationsbeschaffung
4.3.3 Beurteilung vorgegebener Bewertungen von Technik
4.3.4 Gewichtung von Kriterien zur Technikbewertung
4.3.4.1 Persönliche Kriterien
4.3.4.2 Technikinterne Kriterien
4.3.4.3 Ökonomische Kriterien
4.3.4.3 Ökologische Kriterien
4.4 weiterführende Ergebnisse
4.4.1 Vergleiche innerhalb der Gruppe der TE
4.4.2 Vergleiche innerhalb der Gruppe der NTE
4.5 Diskussion
4.5.1 Kritische Betrachtung der Ergebnisse
4.5.2 Methodenkritik

5. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

6. QUELLENVERZEICHNIS

ANHANG
A0 Verzeichnis der SPSS- Daten
A1 Auflistung einzelner Werte zu den acht Bereichen des Werte-Oktogons
A2 Antrag an das Landesverwaltungsamt
A3 Genehmigungsbescheid des Landesverwaltungsamtes
A4 Elternbrief
A5 Fragebogen
A6 Zuordnung der Fragen
A7 SPSS- Daten

Danksagung

Ein besonderes Dankeschön widme ich Frau Prof. Dr. HARTMANN und Herrn Dr. HAMMERSCHMIDT für deren Unterstützung, Motivation, Betreuung und wertvolle Anregungen während dieser Arbeit.

Mein herzlichster Dank gilt auch Frau A. BETHGE, Sachbearbeiterin beimLandesverwaltungsamt, der ich die zügige Genehmigung der Schülerbefragungverdanke.

Ich bedanke mich außerdem bei den Schulleitern, Schülern und Ansprechpartnernder Versuchsschulen für deren Mitwirkung bei der empirischen Untersuchung.Besonders hervorzuheben sind hier Frau ANDRAE, Sekretärin an der KooperativenGesamtschule „Ulrich von Hutten“, Frau SCHERZ, Lehrerin an selbiger Schule, HerrJEBSEN, Lehrer und Oberstufenkoordinator am Gymnasium Laucha, Herr TORGAU,Lehrer an der Integrierten Gesamtschule Halle, und Herr KASTL, Lehrer undOberstufenkoordinator am Goethe-Gymnasium Weißenfels. Sie waren mir währendder Planung und Organisation der Schülerbefragung in besonderem Maße behilflich.Ihnen ist auch die relativ reibungslose Durchführung der Befragung zu verdanken.Der Dank gilt ferner Herrn Dipl.-Psych. M. DONAT, Doktorand am Institut fürPädagogische Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Frau J.WIEMANN und insbesondere Frau E. SCHLEGEL, Studentin im DiplomstudiengangPsychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die mir im Umgang mitdem Statistikprogramm SPSS mit Rat und Tat zur Seite standen. Ohne deren Hilfewäre die Auswertung der Daten für die empirische Untersuchung nicht möglichgewesen.

Ganz besonders bedanke ich mich auch bei meinen Freunden für deren Unterstützung und Motivation während des Bearbeitungszeitraumes. Hier ist stellvertretend Frau Doreen KRZMARIK zu nennen, die mir in dieser Zeit nicht nur eine sehr gute Freundin gewesen ist, sondern mich auch mit konstruktiver Kritik und Anregungen unterstützt hat.

Ein liebevolles Dankeschön gilt nicht zuletzt meinen Eltern Karola und Norbert LECLAIRE, die mich während meines gesamten Studiums stets motiviert undunterstützt haben und mir in schwierigen Zeiten einen dauerhaften Rückhalt gaben.Ganz besonderer Dank gilt vor allem meiner Mutter, die mich mit großem Engagement bei der Dateneingabe in das SPSS-Programm unterstützt und mir durch ihre liebevolle Fürsorge den Arbeitsalltag erheblich erleichtert hat.

Hinweis:

Wenn in der wissenschaftlichen Hausarbeit von dem „Lehrer“, dem „Schüler“ etc. gesprochen wird, so soll damit nicht die weibliche Form missachtet werden. Mir ging es insbesondere um die Sachbezeichnung. Der ständige Wechsel zwischen männlicher und weiblicher Form würde den Lesefluss beeinträchtigen.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Dimensionen und Erkenntnisperspektiven der Technik

Abb. 2: Werte im technischen Handeln

Abb. 3: Typen der Technikbewertung

Abb. 4: Zeitpunktbezogene Einteilung der Typen der Technikbewertung in Verbindung des Technologielebenszyklus

Abb. 5: Ausgewählte Methoden der Technikbewertung

Abb. 6: Untersuchungsmodell

Abb. 7: Häufigkeiten der richtig und falsch beantworteten Wissensfragen

Abb. 8: Summe richtig beantworteter Fragen

Abb. 9: Richtige Antworten zu den Wissensfragen in Abhängigkeit der Teilnahme am Technikunterricht

Abb. 10: Quellen der Informationsbeschaffung

Abb. 11: Relevanz verschiedener Quellen zur Informationsbeschaffung in Abhängigkeit der Teilnahme am Technikunterricht

Abb. 12: Zustimmung zu vorgegebenen Bewertungen

Abb. 13: Richtige Beurteilung vorgegebener Bewertungen von Technik

Abb. 14: Zustimmung zu vorgegebenen Bewertungen in Abhängigkeit der Teilnahme am Technikunterricht

Abb. 15: Relevanz persönlicher Kriterien zur Technikbewertung

Abb. 16: Relevanz persönlicher Kriterien zur Technikbewertung (zusammengefasst) 85 Abb. 17: Relevanz persönlicher Kriterien zur Technikbewertung bei Versuchspersonen mit und ohne Technikunterricht

Abb. 18: Relevanz technikinterner Kriterien zur Technikbewertung

Abb. 19: Relevanz technikinterner Kriterien zur Technikbewertung bei Versuchspersonen mit und ohne Technikunterricht

Abb. 20: Relevanz ökonomischer Kriterien zur Technikbewertung

Abb. 21: Relevanz ökonomischer Kriterien zur Technikbewertung bei Versuchspersonen mit und ohne Technikunterricht

Abb. 22: Relevanz von Gütesiegeln der Umweltverträglichkeit zur Technikbewertung 93

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Kompetenzbereiche im Fach Technik

Tab. 2: Vergleich von TA-Konzepten anhand ausgewählter Kriterien

Tab. 3: Herkunft der Versuchspersonen in Bezug auf die Versuchsschule

Tab. 4: Anzahl der Versuchspersonen der Gesamtstichprobe nach Schule, Geschlecht und Teilnahme am TU

Tab. 5: Anzahl der TE in Bezug auf die Versuchsschule, das Geschlecht und den

Bildungsgang

Tab. 6: Anzahl der NTE in Bezug auf die Versuchsschule, das Geschlecht und den Bildungsgang

Tab. 7: Items zur Erhebung der abhängigen Variablen „aktive Informationsbeschaffung“ (Beispiele)

Tab. 8: Items zur Erhebung der abhängigen Variablen „Beurteilung vorgegebener Bewertungen von Technik“ (Beispiele)

Tab. 9: Ergebnisse der Studie (Kurzform) 96 Hinweis: Für die Tabellen im Anhang erfolgt ein separates Verzeichnis auf den ersten Seiten des Anhangs (siehe A0).

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

0. Einführung

Technische Produkte spielen im Leben von Jung bis Alt eine wichtige Rolle. DieHausarbeit wird durch technische Geräte wie die Spülmaschine erheblich erleichtert,territoriale Distanzen sind mithilfe eines Fahrrades, Autos oder der Eisenbahn leichtzu überwinden und die zwischenmenschliche Kommunikation wird durchMobilfunkgeräte, Internet und Co. auch über Kontinente hinweg zum Kinderspiel.Egal in welchem Alter- Technik ist ein unerlässlicher Bestandteil in unserem Leben.Doch nicht jeder Mensch braucht gleichermaßen einen Mp3-Player, eine Playstationoder einen Flachbildschirm. Nicht jedes technische Produkt erfüllt die individuellenBedürfnisse der Menschen. Und viele technische Errungenschaften sind sogarschädlich für die Menschen und/oder die Umwelt. Mittels subjektiverBewertungsprozesse muss jedes Individuum selbst entscheiden, welche Technik fürwelchen Zweck für ihn geeignet und/oder bedeutsam ist. Unerlässlich für einensolchen Bewertungs- und Entscheidungsprozess ist das Vorhandensein vonBewertungskompetenz, also von Wissen und geeigneter Kriterien und Methoden.Leider muss man relativ häufig feststellen, dass die Bewertungskompetenz vielerMenschen zum Teil sehr schwach ausgeprägt ist. Vor Allem in Gesprächen mitJugendlichen habe ich häufig den Eindruck gewonnen, dass das Image vonbestimmten Produkten oder auch Gruppenzwänge meist wichtiger für eineKaufentscheidung sind, als zum Beispiel die Materialeigenschaften, derEnergieverbrauch, Folgekosten oder Umweltfolgen des Produktes.

Die Studie „Technophil oder Technophob“ aus dem Jahr 2005 bestätigt zum Teildiesen Eindruck. Technik und Technologien werden von den Schülern durchwegpositiv bewertet, jedoch zeigen sie kein Interesse an deren Funktionsweise. DieAutoren stellen heraus, dass sich Schüler zwar für Experten im Umgang mit Technikhalten, aber nur geringes Interesse zeigen, sich intensiv mit der Komplexität derTechnik zu befassen.1

Daraus resultiert aus meiner Sicht ein immenser Aufklärungsbedarf bei denJugendlichen, der sowohl mit fachlicher, also technischer Bildung als auch mit einerBewusstseinsbildung einhergehen muss. Der Technikunterricht könnte dazu einenwertvollen Beitrag leisten. Die Techniklehrer stehen deshalb in der Pflicht und tragendie Verantwortung zur Herausbildung von Bewertungskompetenz bei den Schülern.

Bildungspolitiker haben die Relevanz des Themas „Technikbewertung“ bereitserkannt und als Themenbestandteil für das Unterrichtsfach Technik in dieRahmenrichtlinien des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen. Auch die aus derDebatte über Schulqualität resultierenden Bildungsstandards setzen sich das Ziel,Bewertungskompetenz sowohl in allgemeiner als auch in fachspezifischer Hinsichtauszuprägen. Da die Kultusministerkonferenz angesichts der Fächervielfalt zunächstnur für die Kernfächer die Erarbeitung von Bildungsstandards angeregt hat, sah sichder Verein Deutscher Ingenieure (VDI) in der Pflicht ebenso für das Fach Technikadäquate Bildungsstandards zu formulieren. Auch hierin wurde dieBewertungskompetenz von Schülern hinsichtlich technischer Produkte konkret alsKompetenzbereich verankert, mit entsprechenden Standards untersetzt und somitals Ergebnis schulischer Bildungsarbeit gefordert.

Die meinerseits empfundene mangelnde Bewertungskompetenz der Jugendlichen, die sich daraus ergebende Notwendigkeit technischer Bildung und die seitens der Bildungspolitik geforderten Bildungsstandards waren Anlässe für die Beschäftigung mit diesem Thema.

Ziel dieser Arbeit ist die Überprüfung, ob die Schüler über Bewertungskompetenz hinsichtlich Alltagstechnik verfügen und ob dies, sollte dem so sein, tatsächlich auf die Teilnahme am Technikunterricht zurückzuführen ist. Zu diesem Zweck wurde eine empirische Untersuchung durchgeführt, die- eingebettet in einen theoretischen Rahmen- in dieser Arbeit vorgestellt werden soll.

1. Die Notwendigkeit von Bewertungskompetenz hinsichtlich Technik

1.1 Warum soll ein Mensch über Bewertungskompetenz hinsichtlich Technik verfügen?

Technik ist Teil der menschlichen Kultur, sie ist ein Produkt der geistigen undpraktischen Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur und der Gesellschaft.Technik entsteht immer nur dann, wenn der Mensch eine Problemlösung für etwasbenötigt. Deshalb dient Technik immer einem bestimmten Zweck. Technik ist auchimmer ein Ausdruck der Leistungsfähigkeit des Menschen und der Gesellschaft. Diegesellschaftliche Dimension der Technik hat im Laufe der Wissenschaftsgeschichtedazu geführt, dass sich viele Geisteswissenschaften mit dem Gegenstand derTechnik auseinandergesetzt haben, so z. B. die Soziologie, Philosophie, Ethik,Politikwissenschaft, Geschichte, Erziehungswissenschaft und auch die Theologie.Jede der genannten Disziplinen hat ein eigenes Technikverständnis entwickelt. Hinzukommen noch die Ingenieurwissenschaften, deren originärer Gegenstand dieTechnik in Theorie und Empirie ist. Die verschiedenen Sichtweisen derWissenschaftsdisziplinen auf Technik führten auch zu sehr unterschiedlichenBegriffsbildungen. So bemühten sich die beiden wichtigsten Vertreter einerallgemeinen Techniktheorie, H. Wolffgramm (1978) und G. Ropohl (1979), um eineallgemein anerkannte Begriffsklärung zur Technik.

Günther Ropohl verdeutlicht, dass viele Definitionen zur Technik entweder zu einseitig oder zu ungenau formuliert sind.. Diese Kritik veranlasst ihn zu einer eigenen Definition von Technik.

„Technik umfasst

a) die Menge der nutzenorientierten, künstlichen, gegenständlichen Gebilde (Artefakte oder Sachsysteme),

b) die Menge menschlicher Handlungen und Einrichtungen, in denen Sachsysteme entstehen und

c) die Menge menschlicher Handlungen, in denen Sachsysteme verwendet werden.“2

Aus dieser Definition leitet er im Folgenden verschiedene Dimensionen und Erkenntnisperspektiven der Technik ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Dimensionen und Erkenntnisperspektiven der Technik3

Ropohl beschreibt Technik also als ein „Beziehungsgeflecht zwischen Entstehungs-, Sach- und Verwendungszusammenhang“4, das von einer naturalen, humanen und sozialen Dimension geprägt ist und aus ihren jeweiligen Erkenntnisperspektiven heraus betrachtet werden kann. Technik entsteht und existiert in jeder dieser Dimensionen und wird demzufolge ebenso von den darin handelnden Akteuren verwendet und bewertet. „Technik ereignet sich zwischen der Natur, dem einzelnen Menschen und der Gesellschaft.“5

Wie bereits in der Definition deutlich wird, ist die Entstehung von Technik immer an einem für den Menschen definierten Zweck orientiert, dessen Erfüllung in subjektiven Bewertungsprozessen überprüft werden muss.

Die Dimensionen und Erkenntnisperspektiven der Technik, die Ropohl darstellt,können gleichsam als wissenschaftliche Disziplinen und gesellschaftliche Bereicheangesehen werden, die ein begründetes Interesse daran haben Technik zubewerten.

Unter dem Aspekt der Humanverträglichkeit wird Technik aus der anthropogenenPerspektive zum Beispiel im Hinblick auf eine verträgliche Arbeitsplatzgestaltungbetrachtet. Die Auswirkungen technischer Prozesse und Produkte auf die Umwelt(zum Beispiel der Schadstoffausstoß von Autos) sind Bestandteil derTechnikbewertung aus der ökologischen Perspektive. Wirtschaftswissenschaftlich führt eine positive Bewertung innovativer Technologien gegebenenfalls zuInvestitionen, kostengünstigeren Produktionsverfahren und damit zu größerenGewinnmargen. Die Philosophie/Ethik beschäftigt sich dagegen mit Themen wieStammzellenforschung, Klonen oder Umweltfolgen von Technik beschäftigen.Naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten sind letztlich die Grundlage dafür, wastechnisch realisierbar ist. Die Naturwissenschaften betrachten Technik hinsichtlichder Umsetzbarkeit von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in technischeLösungen.

Zwei Aspekte sind allerdings dabei von entscheidender Bedeutung:

1. Nicht jede dieser Dimensionen muss bei der Bewertung von Technik gleich gewichtet werden. Die Notwendigkeit der Bewertung von Technik wird nicht von allen Interessengruppen gleichermaßen erkannt und gefordert.

2. Aufgrund der vielfältigen Verzahnungen der Dimensionen in der Realität lässt sich Technikbewertung auch nicht immer trennscharf aus den jeweiligen Erkenntnisperspektiven betrachten. Nicht selten sind in den Prozess der Technikbewertung verschiedene Interessengruppen integriert, die eine Technik aus verschiedenen Sichtweisen heraus analysieren und entsprechend des jeweiligen Erkenntnisinteresses bewerten.

Anhand von zwei exemplarischen Beispielen soll die Bedeutung der Technikbewertung und die Verzahnung der einzelnen Dimensionen und Erkenntnisperspektiven dargestellt werden.

Das Mobilfunktelefon

Es gibt heute wohl kaum einen Jugendlichen und Erwachsenen, der kein Handybesitzt. Aufgrund der immer komplexer werdenden gesellschaftlichen und familiärenStrukturen ist das Mobilfunktelefon aus dem heutigen Lebensalltag schwerwegzudenken. Für Jugendliche ist das Handy häufig als Imageprodukt und für dasKommunikationsbedürfnis relevant (psychologische Perspektive). Aber auch fürderen Eltern spielt das Handy eine große Rolle. Da die Kinder immer erreichbar sind, haben Eltern eher die Gewissheit und Sicherheit, dass es ihren Kindern gut geht (psychologische Perspektive).

In den vergangenen Jahren wurde allerdings die Wirkung der Handystrahlung aufden menschlichen Körper in der Öffentlichkeit dauerhaft, kontrovers und breitgefächert diskutiert. An dieser Diskussion beteiligten sich zeitgleich mehrerewissenschaftliche Disziplinen. Man vermutete, dass die von Mobilfunktelefonenabgegebene Strahlung in Form elektromagnetischer Felder (physikalischeBetrachtungsweise) vor Allem im Bereich des Kopfes gesundheitsschädliche Wirkungen haben kann (physiologische Betrachtung und Bewertung). Das Bundesumweltministerium hat deshalb im Juni 2002 das Deutsche Mobilfunkforschungsprogramm in Auftrag gegeben, das fachlich vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betreut wurde (politische Betrachtung und Bewertung).

Finanziert wurde das Programm mit je 8,5 Millionen Euro vom Bundesumweltministerium und den Betreibern der Mobilfunknetze. Diese erhofftensich im Falle des Ausschlusses gesundheitlicher Gefahren weniger Differenzen mitden Städten und Gemeinden beim Ausbau der Mobilfunknetze (wirtschaftlichePerspektive). Das Bundesamt für Strahlenschutz und die Strahlenschutzkommissionhaben die gesundheitsgefährdenden Wirkungen für den erwachsenen menschlichenKörper ausgeschlossen. Allerdings ist bisher noch nicht bekannt, wie sich dieHandystrahlung langfristig und auf den wesentlich empfindlicheren Körper vonKindern auswirkt. Deshalb sollen künftig weiterhin 0,5 Millionen Euro jährlich für dieweitere Forschung vom Bundesumweltministerium bereitgestellt werden.

Personenkraftwagen

Den Datenerhebungen des Statistischen Bundesamtes zufolge belief sich derFahrzeugbestand an Personenkraftwagen auf gerundet 41 Millionen Fahrzeuge6.DasBundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung führt zudemMobilitätserhebungen zur Prognose und Abschätzung längerfristiger Entwicklungendurch7. Erst im letzten Jahr wurde dazu eine Studie „Mobilität in Deutschland 2008“durchgeführt, deren Ergebnisse sehr aussagekräftig sind. Im Durchschnitt verfügtjeder Haushalt über 1,1 Autos. Während nur 20 Prozent der Haushalte nicht motorisiert waren, hatten 28 Prozent der Haushalte sogar mehr als ein Auto. Täglichwerden circa 270 Millionen Wege zurückgelegt. Der Anteil des Arbeits- undAusbildungsverkehrs beträgt 21 Prozent, des Freizeitverkehrs 31 Prozent und desEinkaufsverkehrs 19 Prozent. Der restliche Anteil von 21 Prozent entfällt auf privateErledigungen. Die Bedeutung von Autos im Alltag für den Menschen wird anhand derZahlen mehr als deutlich. Mobilität, und damit auch das Auto, wird von denMenschen als sehr wichtig bewertet. Autos nutzen dem Menschen um seinenFreizeitaktivitäten nachgehen zu können, Lebensmittel einzukaufen, zur Arbeit zufahren oder einfach um Verwandte besuchen zu können. In all diesen Beispielenspiegelt sich hauptsächlich die soziologische Perspektive wider, denn Autos dienendem Zweck, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Autos werden aberauch häufig als Statussymbole betrachtet, woraus sich eine Betrachtung aus der psychologischen Perspektive ableiten lässt. Damit eng verbunden ist auch dasDesign (ästhetische Perspektive) oder die Leistung (ingenieurwissenschaftliche und physikalische Perspektive).

Autos bergen aber auch - neben den Vorteilen, die sie haben, Gefahren für den Menschen und die Umwelt. Bei Autounfällen können die Insassen lebensbedrohlich verletzt werden. Deshalb werden Autos sogenannten Crash-Tests unterzogen, um sicherheitsrelevante Schwachstellen (physiologische Perspektive) aufzudecken und zu verbessern (ingenieurwissenschaftliche Perspektive).

Die bei der Verbrennung der Kraftstoffe entstehenden Abgase und der Bau vonStraßen führen außerdem zu einer erheblichen Belastung der Umwelt (ökologische Perspektive). Im Rahmen des Kyoto-Protokolls hatte sich die Bundesregierungverpflichtet, Treibhausgasemissionen bis 2012 um 21 Prozent gegenüber 1990 zureduzieren. Gesetzliche Neuregelungen in der Verkehrspolitik sollten und sollen dazueinen wertvollen Beitrag leisten. Die Einführung von Umweltzonen, dieFeinstaubplakette oder die Förderung emissionsarmer Verkehrsmittel durchSteuerentlastungen sind nur einige Maßnahmen8 (politologische Perspektive), dieletztlich aus Bewertungsergebnissen von Autos resultieren. Zudem fördert dieBundesregierung die Forschung im Bereich der alternativen Kraftstoffe und Antriebe.Neben der Bundesregierung sind auch die Automobilindustrie und Energiewirtschaftan der Forschung beteiligt, die gemeinsam zentrale Fragen von Ressourcenverbrauch und Klimaschutz im Verkehrsbereich erörtern (wirtschaftliche und ökologische Perspektive).9

Sowohl im Bezug auf die Erkenntnisperspektiven als auch in Bezug zu dengewählten Beispielen ließen sich durchaus viele weitere Ansatzpunkte finden, die dieKomplexität der Bewertungsprozesse von Technik dokumentieren. Das ist jedochnicht das Ziel dieser Arbeit. Die Darstellung der Beispiele macht deutlich, dass eszwischen den jeweiligen Perspektiven zu Zielkonflikten kommen kann. Daraus ergibtsich die Notwendigkeit des Abwägens zwischen verschiedenen Zielgrößen. Durchverschiedene Kriterien und deren Gewichtung kann der Prozess des Abwägensobjektiviert werden.

Die Definition des Begriffs Technik, die sich daraus ableitenden Dimensionen undErkenntnisperspektiven, die Zielkonflikte und die Beispiele bringen zweifelsfrei dieBedeutung des Themas „Technikbewertung“ als Bestandteil der Allgemeinbildungzum Ausdruck.

Jeder Mensch nutzt Technik und kommt in irgendeiner Weise mit den genannten Dimensionen in Berührung. Deshalb muss der Erwerb einer adäquaten Bewertungskompetenz Ziel schulischer Bildung sein.

Kompetenzen und deren Erwerb infolge von Bildungsprozessen sind spätestens seitden Ergebnissen der PISA-Studie (wieder) Inhalt der bildungspolitischen Agenda.„Schule soll Schülerinnen und Schüler auf das Leben vorbereiten.“ Hinter diesem-von vielen Lehrern gern verwendeten- Satz verbirgt sich letztlich nichts anderes, alsdass Schule verschiedene Kompetenzen entwickeln soll, die es den Schülernermöglichen „[…] bestimmte Probleme zu lösen, sowie […] die Problemlösungen invariablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“10 DochKompetenzen lassen sich nicht „netto“11 entwickeln, sondern sind immer an konkreteInhalte gebunden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der eben zitierte Satzauch in allen Lehrplänen und Rahmenrichtlinien, wenn auch in anderer Formulierung,verwendet wird. Der Sozialkundeunterricht beispielsweise hat die Aufgabe, „eineeigenständige Auseinandersetzung der Lernenden mit der Politik zu fördern“12, wobei die Schüler lernen sollen, „Handlungsspielräume realistisch auszuloten“13. Das Ausloten von Spielräumen kann aber letztlich erst dann erfolgreich sein, wenn Schülerinnen und Schüler alle möglichen Handlungsoptionen analysiert, ihre Folgen eingeschätzt und bewertet haben. In der Didaktik der Sozialkunde ist hierbei von politisch-moralischer Urteilsbildung die Rede, wohinter sich nichts anderes als Bewertungsprozesse verbergen.

Auch die Aufgabe des Technikunterrichts ist ähnlich formuliert. „Der Technikunterricht hat deshalb die Aufgabe, den Schülern die immer komplexer werdende technische Umwelt […] durchschaubar und begreifbar zu machen sowie sie zu befähigen, die Anforderungen technisch geprägter Lebenssituationen […] sachkompetent und verantwortungsbewusst zu meistern.“14 Auch dabei sind Bewertungsprozesse unerlässlich, die -ausgedrückt in den Zielen des Fachesexplizit gefordert werden. Die Verankerung von Bewertungskompetenz in den Lehrplänen und Rahmenrichtlinien lässt nur einen Schluss zu: Der Erwerb einer solchen Kompetenz als Ziel schulischer Bildung war, ist und bleibt zentraler Bestandteil in der bildungswissenschaftlichen Diskussion.

Die wechselseitigen Beziehungen zwischen Mensch, Natur und Technik, wie sie inden anfangs erläuterten Dimensionen der Technik dargestellt wurden, erfordern dieEntwicklung einer technischen 15 Bewertungskompetenz an den Schulen. Das setztallerdings ein adäquates Angebot technischer Bildung in Form von Technikunterrichtan den Schulen voraus. Behauptungen, Technik sei nur angewandte Naturwissenschaft und deshalb können die naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächer wie Physik, Chemie und Biologie die Aufgabe technischer Bildungübernehmen, werden entschieden zurückgewiesen. Die fachwissenschaftliche Basisdes Faches Technik bildet die Allgemeine Technologie16, die, wie jede andereWissenschaft auch, ihre eigenen Elemente, Strukturen, Prinzipien undVerfahrensweisen hervorgebracht hat. Technische Bildung und die Herausbildungeiner auf Technik bezogenen Bewertungskompetenz können demnach nur gelingen, wenn es ein entsprechendes Bildungsangebot an den Schulen gibt, das die notwendigen Kenntnisse über die fachwissenschaftliche Basis vermittelt.Mit Bedauern muss man jedoch konstatieren, dass es derzeit an deutschen Schulen keinen flächendeckenden Technikunterricht gibt. Im Realschulbildungsgang aller Bundesländer ist Technikunterricht- in welcher Form auch immer- zwar verpflichtender Bestandteil schulischer Bildung, im gymnasialen Bereich allerdings nur in Form eines Wahl- oder Wahlpflichtfaches.17

Der Frage, ob der gegenwärtig stattfindende Technikunterricht jedoch einen Beitrag zur Entwicklung einer technischen Bewertungskompetenz leistet, soll in dieser Arbeit nachgegangen werden.

1.2 Ziele, Methodologie und Aufbau der Arbeit

Ausgehend von der Hypothese, dass durch Technikunterricht dieBewertungskompetenz von Schülern hinsichtlich der Alltagstechnik gestärkt werdenkann, soll mittels einer empirischen Untersuchung an Schulen in Sachsen-Anhalteine Antwort gefunden werden. Das Ziel dieser Arbeit ist es, diese Hypothese zuverifizieren, um daraus Schlussfolgerungen für die Relevanz technischer Bildunghinsichtlich der Gesamtaufgabe von Schule- mündige Bürger, selbstbestimmtesLeben, verantwortungsbewusste Mitgestaltung der Gesellschaft usw.- zu ziehen. DieHypothese stützt sich auf die Expertise „Zur Entwicklung nationalerBildungsstandards“, auf die Bildungsstandards Technik und die RRL von Sachsen-Anhalt, und dabei insbesondere auf die Themen zur Technikbewertung.

Das folgende Kapitel 2 ist zunächst den Bildungsstandards und demKompetenzbegriff gewidmet. Die Definition und Konzeption von Bildungsstandards,deren Funktionen für die Qualitätsentwicklung an deutschen Schulen sowie derBegriff Kompetenz als Schlüsselkategorie für die Entwicklung der Bildungsstandardssind zentrale Bestandteile im ersten Teil dieses Kapitels. Doch nicht nur im Rahmender Bildungsstandards spielen Kompetenzen eine entscheidende Rolle, sondernauch in den bereits bekannten Lehrplänen und Rahmenrichtlinien. Deshalb wird der Kompetenzbegriff der Bildungsstandards vergleichend dem Kompetenzbegriff derRahmenrichtlinie Gymnasium für das Wahlpflichtfach Technik gegenübergestellt. Imzweiten Teil des Kapitels werden dann die Bildungsstandards Technik für denmittleren Bildungsabschluss näher beleuchtet. Nach einer knappen Darstellung derKompetenzbereiche rückt dann der Kompetenzbereich „Technik bewerten“ insZentrum der Betrachtung. Die Herausbildung einer Bewertungskompetenz istallerdings auch in der bereits genannten Rahmenrichtlinie- wenn auch nicht explizit-als Aufgabe des Technikunterrichts formuliert. Anhand einiger weniger Beispiele sollherausgearbeitet werden, an welchen Stellen der Rahmenrichtlinie derKompetenzbereich „Technik bewerten“ bereits vor der Entstehung derBildungsstandards verankert war.

Im Anschluss an die Darstellung der bildungswissenschaftlichen Verankerung des Themas Technikbewertung soll im Kapitel 3 die technikwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Technikbewertung erfolgen. Es werden historische Entwicklungslinien gekennzeichnet. Da der Verein Deutscher Ingenieure maßgeblich am heutigen Begriffsverständnis zum Thema Technikbewertung beteiligt war, lehnen sich die folgenden Ausführungen über Inhalte, beteiligte Institutionen und Methoden der Technikbewertung an die VDI-Richtlinie 3780 an.

Die Kapitel 2 und 3 stellen den theoretischen Bezugsrahmen für die im Kapitel 4 vorgestellte empirische Untersuchung dar.

Inhalte dieses Kapitels sind die Fragestellung der Untersuchung (Anliegen,Untersuchungsmodell und Hypothesen), das methodische Vorgehen bei der Studie(Untersuchungsplan, Befragungsablauf, Erhebungsinstrumente, Grundlagen zurDatenauswertung etc.) die Ergebnisse der Studie und deren Diskussion. Neben denErgebnissen, die sich auf die formulierten Hypothesen beziehen, werden auchweiterführende Ergebnisse dargestellt, die nicht zum Untersuchungsanliegenzählten. Im Zuge der Datenauswertung erschienen sie jedoch so interessant, dasssie im Rahmen dieser Arbeit berücksichtigt werden. Im Diskussionsteil wird, nebender kritischen Betrachtung der Untersuchungsergebnisse, auch Kritik ammethodischen Vorgehen geübt.

Im fünften und letzten Kapitel erfolgen eine Zusammenfassung der im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit erzielten Ergebnisse und ein Ausblick auf Inhalte der künftigen Forschung.

2. Bewertungskompetenz im Kontext von Bildungsstandards und Curricula für das Fach Technik

2.1 Gründe für eine deutsche Bildungsreform

Die Forderung nach national einheitlichen Standards entstand in der bildungspolitischen Diskussion hauptsächlich durch die Befunde der PISA-Studie im Jahr 2000. Zwar standen Reformdiskussionen des deutschen Bildungssystems schon vor PISA auf der politischen Agenda18, jedoch bildeten die Ergebnisse der Studie erst den „öffentlichkeitswirksamen Höhepunkt“19.

Die folgenden Befunde waren für die weitere Entwicklung der bildungspolitischen Diskussion von Bedeutung.20

1. Aus den im internationalen Vergleich schlechten Ergebnissen deutscher Schüler folgerte man, dass Niveauanforderungen der schulischen Bildung in Deutschland nicht ausreichend eingehalten werden.

2. PISA-E förderte zudem erhebliche Differenzen bezüglich der Niveauanforderungen und Benotungsmaßstäbe zutage. Das gilt nicht nur für den Vergleich zwischen den Ländern, sondern auch für den Vergleich zwischen Schulformen und einzelnen Schulen innerhalb eines Landes.

3. Aus den vergleichsweise guten Ergebnissen von Schülern aus Ländern, in denen ein outputorientiertes Bildungssystem bereits vorherrschte, schlussfolgerte man, dass in Deutschland verbindlich geltende Standards fehlen, deshalb festgesetzt und schließlich erreicht werden müssten.

Die sich daraus entwickelnde Diskussion um Input- oder Output-Steuerung21 derBildungspolitik führte zunächst vermehrt nach Forderungen der Output- Steuerung.

Hauptsächlich die Lernergebnisse von Schülern und deren Überprüfung durch Testsmüsse, wenn man über Bildungsqualität nachdenke, im Zentrum der Betrachtungstehen. Allerdings wurde schnell deutlich, dass Bildungspolitik ganz ohne Input-Steuerung auch nicht möglich ist. Deshalb verständigte man sich auf eineKompromisslösung- auf ein Konzept, das sowohl die Input- als auch die Output-Dimension beinhaltet.22

Die in der Reformdiskussion vermehrt auftretenden Forderungen nachallgemeingültigen und überprüfbaren Standards führte dazu, dass dieKultusministerkonferenz im Mai 200223 die Erarbeitung, verbindliche Einführung inden Ländern und Überprüfung nationaler Bildungsstandards zur „Sicherung undSteigerung der Qualität schulischer Arbeit“24 beschloss.25 Allerdings fehlte es zudiesem Zeitpunkt noch an Wissen darüber, „was genau Standards bedeuten, wie siezu formulieren sind, welche Rolle sie bei der Qualitätsentwicklung im Bildungssystemspielen können und wie ihre Einhaltung überprüft werden kann“26. Deshalb hat dasBundesministerium für Bildung und Forschung ein Gutachten von einerunabhängigen Expertengruppe angeregt, in dem diese Fragen geklärt werdensollten. Beauftragt wurde dafür das Deutsche Institut für Internationale PädagogischeForschung (DIPF), dessen Ergebnisse für die Erarbeitung der Bildungsstandardsdurch die KMK maßgeblich sein sollten.27

Die Ergebnisse der Expertengruppe und deren Umsetzung in der „Vereinbarung überBildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10)“ vom 4.12.2003 sollen deshalb im ersten Teil dieses Kapitels detaillierter dargestelltwerden.

Im Jahr 2003 beschloss die KMK die Bildungsstandards in den Kernfächern Deutsch,Mathematik und für die erste Fremdsprache (Englisch/ Französisch). Ende 2004 folgten dann Beschlüsse zu den Bildungsstandards für den naturwissenschaftlichen Bereich, also für Biologie, Chemie und Physik. Für alle weiteren Fächer existieren bis heute keine von der KMK beschlossenen Bildungsstandards und werden aufgrund der Pläne der KMK in nächster Zeit auch nicht erwartet.28 Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat deshalb bereits im Jahr 2003 mit der Erarbeitung von Bildungsstandards für die technische Bildung begonnen, die- orientiert an den Vorgaben der KMK- im Jahr 2007 veröffentlicht wurden.

Die Bildungsstandards Technik für den mittleren Schulabschluss und der darin enthaltende Kompetenzbereich „Technik bewerten“ stehen deshalb im zweiten Teil dieses Kapitels im Zentrum der Betrachtung, zumal sich die im folgenden Kapitel vorgestellte empirische Untersuchung daran orientiert.

2.2 Bildungsstandards und Kompetenzbegriff

In ihrem Beschluss vom 04.12.2003 bekennt sich die KMK zu ihrer AufgabeSchulqualität zu fördern und sicherzustellen und betont ausdrücklich dieNotwendigkeit und Effektivität von nationalen Bildungsstandards zur Umsetzungdieses Vorhabens. Darin heißt es im ersten Satz: „Die Kultusministerkonferenz siehtes als zentrale Aufgabe an, die Qualität schulischer Bildung, die Vergleichbarkeitschulischer Abschlüsse sowie die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu sichern.Bildungsstandards sind hierbei von besonderer Bedeutung. Sie sind Bestandteileeines umfassenden Systems der Qualitätssicherung, das auch Schulentwicklung,interne und externe Evaluation umfasst. Bildungsstandards beschreiben erwarteteLernergebnisse. Ihre Anwendung bietet Hinweise für notwendige Förderungs- undUnterstützungsmaßnahmen.“29

Was das konkret und im Einzelnen bedeutet, hat die KMK im Argumentationspapier „Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz- Erläuterungen zur Konzeption und Entwicklung“ detailliert beschrieben und soll nun ausgeführt werden.

2.2.1 Definition und Konzeption von Bildungsstandards

„Bildungsstandards greifen allgemeine Bildungsziele auf und legen fest, welcheKompetenzen die Schülerinnen und Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufean wesentlichen Inhalten erworben haben sollen.“30 Die Autoren der Expertise „ZurEntwicklung nationaler Bildungsstandards“ führen weiterhin aus, dass dieKompetenzen so konkret beschrieben werden müssen, „dass sie inAufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit Hilfe von Testverfahren erfasstwerden können“31.

Die Konzeption von Bildungsstandards basiert demnach auf drei32 verschiedenen Dimensionen.

1. „Bildungsstandards greifen allgemeine Bildungsziele auf […].“

Bildungsziele sind gesellschaftliche und pädagogische Zielentscheidungen. Essind „relativ allgemein gehaltene Aussagen darüber, welche Wissensinhalte,Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch Einstellungen, Werthaltungen,Interessen und Motive die Schule vermitteln soll“33. Die allgemeinenBildungsziele der Schule wurden bereits 1973 formuliert, haben bis heute nichtan Gültigkeit verloren und entsprechen der pluralistischen Gesellschaft.34 Durch das Einbinden der allgemeinen Bildungsziele in die Definition derBildungsstandards verweist die KMK mit Ausdruck darauf, dass Schulqualitätaber mehr beinhaltet als das bloße „Messen von Leistungen anhand vonStandards“. Vielmehr geht es um die Persönlichkeitsentwicklung und Weltorientierung, die sich in der Auseinandersetzung mit „zentralen Gegenständen unserer Kultur ergeben“35.

2. „Bildungsstandards […] legen fest, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler […] haben sollen.“

Ausgehend vom Kompetenzbegriff nach Weinert sollen „schulische Inhalte sogelernt werden, dass daraus am Ende bestimmte Kompetenzen resultieren“36.Kompetenzen werden in der Literatur verstanden als „Dispositionen zurBewältigung bestimmter Anforderungen“37. Die Autoren der Expertise „Qualitätentwickeln- Standards sichern- mit Differenz umgehen“ machen deutlich,„dass sich Kompetenzen nicht auf kontextfreie kognitive Dispositionen,sondern auf wissensbasierte Fähigkeiten in bestimmten kulturellen undlebensweltlichen Domänen beziehen. Kompetenzen lassen sich nicht ‚netto’entwickeln, sondern sind in ihrem Erwerb auf konkrete Anforderungen undSituationen angewiesen.“38 Da Kompetenzen immer nur an Inhalten, alsofachspezifisch, erworben werden können, sind Bildungsstandardslernbereichsspezifisch ausformuliert und „konkretisieren die in denBildungszielen formulierten Erwartungen“39. Die KMK hat dies bei derKonzeption von Bildungsstandards insofern berücksichtigt, dass dieBildungsstandards die „Grundprinzipien des jeweiligen Unterrichtsfaches“40 aufgreifen, „fachbezogene Kompetenzen“ beschreiben und sich auf den„Kernbereich des jeweiligen Faches“ beziehen.

3. Kompetenzen werden so konkret beschrieben, „dass sie in

Aufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit Hilfe von Testverfahren erfasst werden können“.

Kompetenzen sind generell abgrenzbar, das bedeutet, man kannunterscheiden, ob ein Schüler eine bestimmte Kompetenz erworben hat odernicht. Dazu sind geeignete Testverfahren nötig. Damit wird den Forderungenaus der Qualitätsdebatte Rechnung getragen, dass sich Bildungspolitik künftig mehr am Output orientieren und die pädagogische Arbeit an den Schulen überprüfbar werden müsse.

Den Aufgabenstellungen sind insofern von Bedeutung, als dass sie eineVermittlerfunktion zwischen den relativ abstrakt formulierten allgemeinenBildungszielen und den sehr konkret beschriebenen Bildungsstandardseinnehmen.

Weitere Charakteristika der Bildungsstandards41 lassen sich wie folgt zusammenfassen.

Bildungsstandards stellen eine Mischung aus Inhalts- und Output-Standards dar.International werden Bildungsstandards als normative Vorgaben zur Steuerung vonBildungssystemen verstanden und lassen sich- je nach Bezugspunkt- in inhaltlicheStandards (content standards oder curriculum standards), Standards für Lehr- und Lernbedingungen (opportunity-to-learn-standards) und Leistungs- oder Ergebnisstandards (performance standards oder output standards) unterscheiden.42 In Deutschland orientierte sich die Konzeption von Bildungsstandards an fachbezogenen Inhalten des Lehrens und Lernens (Inhaltsstandards), dessen Ergebnisse (Output-Standards) zum Zwecke der Qualitätssicherung und -entwicklung überprüfbar sein sollten.

Bildungsstandards wurden in Deutschland als Regelstandards festgelegt.Entsprechend der zugrunde gelegten Niveauanforderungen lassen sichBildungsstandards in Minimal-, Regel- und Maximalstandards43 differenzieren. InDeutschland beschloss die KMK (entgegen dem Vorschlag der Expertengruppe zurExpertise44 ) die Bildungsstandards als Regelstandards zu definieren. Regelstandards beschreiben das im Durchschnitt erwartete Niveau von Schülern. Der Entschluss, keine Minimal- oder Maximalstandards einzuführen, lag darin begründet, dass man befürchtete Teile der Schülerschaft entweder zu unter- oder aber zu überfordern.Bildungsstandards wurden für die klassischen Schnittstellen des Bildungssystems konzipiert. Als solche betrachtet man den Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule, die Schulabschlüsse nach den Jahrgangsstufen 9 und 10 und das Abitur. Bisher hat die KMK Bildungsstandards für die folgenden Schnittstellen erarbeitet und beschlossen:

− für den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4) in den Fächern Deutsch und Mathematik;
− für den Hauptschulabschluss (Jahrgangsstufe 9) in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache (Englisch/Französisch);
− für den Mittleren Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10) in den Fächern Deutsch, Mathematik, erste Fremdsprache (Englisch/Französisch), Biologie, Chemie und Physik.

Bildungsstandards in Deutschland sind ferner abschlussbezogene Standards. Damitwird den vermehrten Forderungen nach Bildungsgerechtigkeit und Vergleichbarkeitder Schulabschlüsse unabhängig von der Schulform Rechnung getragen. DieThemen des Unterrichts wurden bisher anhand von Beispielsammlungenbeschrieben, die dem Lehrer eine individuelle Auswahl erlaubte. Daraus ergibt sicheine „hohe Beliebigkeit bei formal gleichen Anforderungen“45. Schüler könnendeshalb mit jeweils ganz unterschiedlichen Lernleistungen ein- und denselbenSchulabschluss erreichen. Damit ist allerdings weder die allseits geforderteBildungsgerechtigkeit noch die Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse gewährleistet.Dem soll mit Hilfe von abschlussbezogenen Bildungsstandards entgegen gewirktwerden.

Des Weiteren orientieren sich Bildungsstandards an Anforderungsniveaus. DieExperten stimmen zwar darin überein, dass Bildungsstandards langfristig nur mitHilfe von Kompetenzmodellen und Kompetenzstufen beschreibbar sind, doch liegensolche Modelle bislang nicht vor.46 Deshalb bedient man sich vorläufig der Anforderungsbereiche, die hauptsächlich aus der beruflichen Erfahrung derLehrkräfte resultieren. Sie stellen damit einen Orientierungsrahmen „für Aussagenüber die Angemessenheit, Qualität und Komplexität der Anforderungen“47 dar.Letztlich ergänzen Bildungsstandards die bisher bekannten Lehrpläne. Die KMKmacht deutlich, dass man dabei keinesfalls von einem „Ersetzen“ sprechen kann.Bildungsstandards formulieren eine Zielebene, die von allen Schülern erreichtwerden soll. Lehrpläne beschreiben hingegen den Weg zur Zielerreichung und gebenden Lehrkräften detaillierte Hinweise für das methodisch-didaktische Vorgehen.Lehrpläne repräsentieren damit die Input-Steuerung der Bildungspolitik, während dieBildungsstandards auf den Output fokussieren. Beide Steuerungselemente- Input-und Output-Steuerung- wurden von der KMK als Notwendigkeit zurQualitätssicherung und -entwicklung erachtet. Damit sind die Bildungsstandards alsgleichberechtigt zu den bisher bekannten Lehrplänen anzusehen.

2.2.2 Funktionen und Chancen von Bildungsstandards

In der Expertise "Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards" wird deren Funktion wie folgt beschrieben.

„Sie arbeiten in klarer und konzentrierter Form heraus, worauf es in unserem Schulsystem ankommt. Sie konkretisieren den pädagogischen Auftrag der Schule in zentralen Lernfeldern und richten somit das Lehren und Lernen auf gemeinsame Ziele aus.“48

Daraus leiten die Autoren 2 wesentliche Funktionen von Bildungsstandards ab- die Orientierungs- und die Rückmeldefunktion.

Als Orientierungsrahmen dienen sie hauptsächlich den Schülern und deren Eltern,der Professionalität der Lehrkräfte und der Qualitätsentwicklung auf institutionellerEbene.

Bildungsstandards stellen ferner die Grundlage für die Feststellung und Bewertungerreichter Lernergebnisse durch Test dar. Sie sind somit ein Maßstab zum Vergleich von erwarteten und tatsächlichen Schülerleistungen und liefern dadurch den am Lernprozess beteiligten Gruppen eine Rückmeldung.49

Bezogen auf die an Schule beteiligten Gruppen beschreibt die KMK die Funktionen50 von Bildungsstandards folgendermaßen:

− Sie bieten Lehrerinnen und Lehrern eine Orientierung für die Analyse, Planung und Überprüfung ihrer Unterrichtsarbeit in Kernbereichen eines Faches.
− Sie geben Schülern eine Orientierung und Transparenz hinsichtlich der Leistungserwartungen im Fach.
− Sie dienen der Schulaufsicht als Instrument zur Überprüfung des Schulsystems und bieten eine Grundlage für die Beratung der Schulen.

Durch die Umsetzung der Bildungsstandards sieht die KMK die Chance51

− der Entwicklung einer anforderungsbezogenen Aufgabenkultur,
− der Kooperation in Fachkonferenzen (gemeinsame Planung und Auswertung, fachdidaktische und methodische Diskussionen),
− der Förderung einer Unterrichtskultur, die auf unterschiedliche Schülervoraussetzungen eingeht,
− der Formulierung konkreter und überprüfbarer Unterrichtsziele im Schulprogramm,
− langfristig der Entwicklung eines schulinternen Curriculums.

Insgesamt sollen die Bildungsstandards deshalb

− die Unterrichtsplanung im Hinblick auf definierte Leistungserwartungen,
− die diagnostische Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer,
− den Umgang mit Heterogenität,
− die Evaluation von Unterricht durch interne und externe Verfahren und
− die Arbeit mit den Lehrplänen fördern.52

Das Bildungsstandards eben jene Funktionen tatsächlich erfüllen können, wurde seitder Einführung der Bildungsstandards von verschiedenen Seiten infrage gestellt.53 So wurde beispielsweise die Konzeption der Bildungsstandards alsabschlussbezogene Standards durch die GEW (Gewerkschaft für Erziehung undWissenschaft) kritisiert, weil dadurch Bildungsstandards als Selektionsinstrumenterscheinen und eben nicht den „Umgang mit Heterogenität“54 fördern. Außerdemhatte sich gezeigt, dass es sowohl den Ländern als auch den Schulen undLehrkräften an geeigneten Strategien zur Implementation mangelte. So gingen undgehen die Bundesländer „in der konkreten Ausgestaltung der Qualitätssicherungdurchaus eigene Wege, auch wenn sich zum Teil kooperative Lösungenabzeichnen“55.

Weitere Kritikpunkte, der Prozess der Implementation von Bildungsstandards undoffene Probleme in der konkreten Umsetzung sollen hier allerdings nicht weiterdiskutiert werden, da sie für die vorliegende Arbeit nicht von Bedeutung sind.Festzuhalten ist jedoch: Bildungsstandards stellen ein international „zentralesInstrument in der Gesamtheit der Strategien und Maßnahmen zur Sicherung undEntwicklung von Qualität schulischer Arbeit dar. […] Bildungsstandards können dieinhaltliche Steuerung der schulischen Praxis transparent, verbindlich und letztlichauch überprüfbar machen und auf diesem Wege wesentlich zur Entwicklung undSicherung von Qualität beitragen.“56

Zu diesem Zweck wurde das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen(IQB) gegründet. Es ist eine wissenschaftliche Einrichtung aller Bundesländer an derHumboldt-Universität zu Berlin. Das IQB ist im übertragenen Sinn ein Symbol für dasvon den Bundesländern gemeinsam formulierte Ziel der Qualitätssicherung und -entwicklung im allgemeinbildenden Schulsystem. Die Hauptaufgabe des IQB ist diePräzisierung und Weiterentwicklung der von der KMK verabschiedetenBildungsstandards und die Entwicklung von Aufgaben, „mit denen die Erreichung derin den Bildungsstandards formulierten Kompetenzerwartungen festgestellt werdenkann“57. Neben der Entwicklung von Aufgaben für die Normierung und Überprüfungder Bildungsstandards (so genannte "Testaufgaben") werden auch Aufgaben zum Zwecke der Implementation (so genannte "Aufgaben für den Unterricht") entwickelt.Diese sollen die Bildungsstandards illustrieren und konkretisieren.58 Ob und in wie weit Bildungsstandards die erwartete Qualitätssicherung und -entwicklung in Form der oben aufgeführten Funktionen und Chancen tatsächlichgewährleisten können, bleibt aufgrund der derzeit noch andauernden Entwicklungund Forschung abzuwarten.

2.2.3 Kompetenz als Kategorie der Bildungsstandards vs. Kompetenzen der Rahmenrichtlinie

Bisher wurde dargestellt, dass Kompetenzen in der Konzeption von Bildungsstandards von entscheidender Bedeutung sind und welche Funktionen insgesamt daran geknüpft sind. Doch Kompetenzen stehen nicht erst seit der Diskussion um Bildungsstandards im Zentrum der bildungspolitischen Betrachtung. Die Ausbildung spezifischer Kompetenzen wird in allen Bundesländern seit etwa 30 Jahren diskutiert, und wurde bereits in den Rahmenrichtlinien und Lehrplänen als Ziel pädagogischer Arbeit festgeschrieben.

Der Kompetenzbegriff soll deshalb aus pädagogisch-psychologischer Perspektive betrachtet und der Verwendung des Begriffs „Kompetenz“ in den Rahmenrichtlinien59 gegenübergestellt werden.

Die Autoren der Expertise „Qualität entwickeln- Standards sichern- mit Differenzumgehen“ zeigen die Vielfalt von Kompetenzkonzepten auf und verweisen auf denziemlich inflationären Gebrauch des Begriffs „Kompetenz“. Sie beziehen sich dabeiauf Konzepte, die seit den siebziger Jahren diskussionsauslösend undforschungsleitend waren. Als Beispiele werden genannt: die Unterscheidung von „Kompetenz“ und „Performanz“ nach Noam Chomsky, die „kommunikative Kompetenz“ in der politischen Philosophie nach Habermas, der Austausch des Begriffs „intelligence“ durch „competence“ nach McClelland oder die Zusammenfassung der Begriffe „Intelligenz“ und „Kompetenz“ zum Konstrukt „kognitive Kompetenz“. Auch die bekannte Trias von Fach- und Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Selbstkompetenz wird hier mit genannt. „Fast alle pädagogischen Zielaussagen werden heute als Kompetenzen etikettiert. Zwischen einem empirisch gesicherten und einem frei verwendeten Konzept lässt sich nur noch mit Mühe unterscheiden.“60

Dennoch besteht weitestgehend Einigkeit61 darüber, dass der Begriff „Kompetenz“ als Gegenstück zum Begriff „Intelligenz“ zu verstehen ist und sich dadurch unterscheidet, „dass sich Kompetenzen nicht auf kontextfreie kognitive Dispositionen, sondern auf wissensbasierte Fähigkeiten in bestimmten kulturellen und lebensweltlichen Domänen beziehen“62.

Für die Entwicklung von Bildungsstandards in Deutschland war die Arbeit von demErziehungswissenschaftler und Psychologen Franz Weinert63 maßgeblich. Für dieOECD erarbeitete er eine Expertise, in der er die Diskussion über Kompetenz zustrukturieren versuchte. Die Expertengruppe um Klieme folgte in der Konzeption derBildungsstandards und in der Diskussion über Kompetenz seinen Empfehlungen undseinem Begriffsverständnis.

Unter Kompetenzen verstehen die Autoren demnach „die bei Individuen verfügbaren oder von ihnen erlernbaren kognitivenFähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damitverbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften undFähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich undverantwortungsvoll nutzen zu können“64.

Kompetenz im Sinne einer kognitiven Disposition steht- wie auch bei anderen wissensbasierten Kompetenzkonzepten- auch bei Weinert im Zentrum seines Verständnisses. Allerdings erweitert er dieses Verständnis, in dem er davon ausgeht, dass Kompetenzen erlernbar sind. Darüber hinaus bezieht er weitere, „handlungsnähere Facetten“65 mit ein. Die individuelle Ausprägung der Kompetenz wird demnach bestimmt durch66:

− Fähigkeit,
− Wissen,
− Verstehen,− Können,− Handeln,
− Erfahrung und− Motivation.

Weinert wendet sich damit gegen Theorien, die Kompetenzen mit genetisch verankerten, kognitiven Grundfähigkeiten gleich setzen. Obwohl Kompetenz eine „materielle Basis in den Genen“ hat, so entwickelt sie sich aber aufgrund von Lernprozessen verschieden.67

Unterschiede im Leistungsspektrum von Schülern lassen sich damit nicht mehr nur mit biologischen Voraussetzungen erklären, sondern sind auf „schulisch mitverantwortetes Lernen zurückführbar“68.

Zudem integriert Weinert auch die Theorie der Problemlösung in seinKompetenzkonzept. Kompetenzen sind „[…] Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmteProbleme zu lösen […]“69. Problemlösungen sollen letztlich zu Kompetenzen aufgebaut werden70, die dem Schüler ein erfolgreiches und verantwortungsbewusstes Handeln in variablen Situationen ermöglichen. Wichtigdabei ist, dass die Kompetenzen aber so angelegt sein müssen, dass sie aufveränderte Anforderungen hin ebenso verändert und angepasst werden können.

Wie bereits erwähnt wurde, ist der Begriff Kompetenz kein Konstrukt aus der bildungspolitischen Diskussion über Bildungsstandards. Auch in den bisherigen Lehrplänen und Rahmenrichtlinien der Fächer werden erwartete Kompetenzen detailliert beschrieben.

Vergleicht man die Definition von Kompetenz nach Weinert mit den in den RRLausgedrückten Kompetenzen, so stellt man fest, dass es kaum Unterschiede gibt.Lediglich eine Verschiebung im Sprachgebrauch hat stattgefunden. WährendWeinert von sieben Facetten ausgeht, die insgesamt die individuelle Ausprägungeiner gesamtheitlichen Kompetenz bestimmen, beschreiben die Rahmenrichtliniengewissermaßen Teilkompetenzen, die sich ohne Weiteres- obgleich auch mit wenigen Interpretationen- auf die Kompetenzkonzeption von Weinert übertragenlassen.

Das soll anhand der Rahmenrichtlinien des Landes Sachsen-Anhalt für das Fach Technik verdeutlicht werden.

Die Aufgabe des Technikunterrichts ist, die Schüler „[…] zu befähigen, dieAnforderungen technisch geprägter Lebenssituationen im privaten, beruflichen undöffentlichen Bereich sachkompetent und verantwortungsbewusst zu meistern“71.Prinzipiell stellt diese Aufgabenformulierung inhaltlich die Definition von Kompetenznach Weinert dar. Schüler zu etwas zu befähigen setzt Lernprozesse voraus. Andieser Stelle werden die erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten nachWeinert angesprochen. Die Schüler sollen Anforderungen im privaten, beruflichenund öffentlichen Bereich meistern. Es werden also variable Situationen vorgestellt, indenen die Schüler derzeit und künftig handeln. Eine Situation meistern zu könnensetzt das Vorhandensein geeigneter Handlungsoptionen voraus. Fehlen solcheHandlungsoptionen, werden scheinbar belanglose variable Situationen zu Problemsituationen. Durch Problemlöseprozesse müssen geeignete Problemlösungen und damit neue Handlungsoptionen erarbeitet werden, um auchdiese Anforderungen (erfolgreich) zu meistern bzw. meistern zu können. Unterstelltman, dass die Problembewältigung gewollt ist, lassen sich ebenso diemotivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften hineininterpretieren. Auchdas verantwortungsvolle/-bewusste Handeln wird in beiden Fassungen ausdrücklicherwähnt. Es wird deutlich, dass alle Komponenten der Kompetenzdefinition nachWeinert mit wenig Mühe in der Aufgabenbeschreibung zu finden sind. Damit lässtsich nicht nur von einer „bloßen“ Aufgabenbeschreibung sprechen. Vielmehr wirdhier eine allgemeine technische Kompetenz beschrieben, die Schüler im Verlauf desUnterrichts erwerben sollen. Weinert geht von sieben Facetten aus, die die jeweiligeAusprägung einer Kompetenz bestimmen. Auch diese Facetten sind mehr oderweniger bereits in den RRL nachweisbar.

Damit Schüler „[…] Anforderungen technisch geprägter Lebenssituationen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich sachkompetent und verantwortungsbewusst […] meistern“72 können, benötigen sie Sach-, Handlungs-, Sozial- und personale Kompetenzen.73 Die genannten Kompetenzen werden in den Rahmenrichtlinien als Ziele formuliert, die „das angestrebte Niveau am Ende des Schuljahrganges 10“74 beschreiben.

So beschreiben die unter Sachkompetenzen aufgeführten Ziele nichts anderes als die Facette „Wissen“ im Kompetenzverständnis von Weinert. In die Handlungskompetenzen lassen sich die Fähigkeiten, das Können und das Handeln integrieren. Eine aktive Auseinandersetzung mit Technik und deren Bewertung im gesellschaftlichen Kontext75 sind Zielstellungen der Sozialkompetenz. Eine Auseinandersetzung mit Technik und deren Bewertung kann nur anhand bereits vorhandener Erfahrungen erfolgen. Soll diese Auseinandersetzung aktiv erfolgen, ist auch die Facette der Motivation angesprochen. Erfahrungen und Motivation finden sich letztlich auch in den personalen Kompetenzen wieder.

Eine- wie in anderen Lehrplänen- explizit formulierte Methodenkompetenz wird inden RRL Sachsen-Anhalt nicht erwähnt. Jedoch sind die inhaltlichen Bestandteiledieser Kompetenz auch hier zu lokalisieren, nämlich dort, wo vonfächerübergreifenden Fähigkeiten, Fertigkeiten und Techniken76 die Rede ist.An dieser Stelle wird die Ausbildung eines Methodenrepertoires bei den Schülern alsZiel des Unterrichts formuliert. Die Facetten Fähigkeiten und Können lassen sich gutdiesem Bereich zuordnen.

Zudem werden die von Weinert beschriebenen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler Probleme zu lösen in der fachdidaktischen Konzeption des Technikunterrichts insofern explizit berücksichtigt, als dass der technische Problemlösungsprozess im Zentrum des Lernens im Unterricht steht.Dem Kompetenzbegriff nach Weinert ist aber insofern der Vorzug zu geben, als dass durch ihn die Teilbereiche der Kompetenzen durch schärfere Konturen besser abgrenzbar sind. Dadurch werden Überschneidungen der Teilkompetenzen, wie sie in den RRL erkennbar sind, vermieden.

Im Kapitel 2.2.1 wurde bereits verdeutlicht, dass Bildungsstandards die bisherbekannten Lehrpläne nicht ersetzen, sondern ergänzen. Bildungsstandardsformulieren eine Zielebene, Lehrpläne hingegen den Weg zur Zielerreichung.

Letztlich kann man aber nicht leugnen, dass auch Lehrpläne bereits eine obersteZielebene formulieren, wie der oben geführte Vergleich zeigt. Allerdings wurde derFokus bisher kaum auf die Zielerreichung und deren Überprüfung gelegt, wodurchsich zwangsläufig die Legitimation der Bildungsstandards ergibt, wenngleich esZielbeschreibungen auch vor der Entwicklung nationaler Bildungsstandards gab.

2.3 Bewertungskompetenz in den Bildungsstandards Technik und denRRL

2.3.1. Bewertungskompetenz in den Bildungsstandards Technik für den Mittleren Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10)

Dass die KMK in absehbarer Zeit keine national verbindlichen Bildungsstandards für das Fach Technik erarbeiten wird, war für den Verein Deutscher Ingenieure (VDI) bereits im März 2003 Anlass zur Erarbeitung von Bildungsstandards für die technische Bildung. Damit verbunden verfolgte er das Ziel, die technische Bildung im Rahmen der schulischen Allgemeinbildung zu stärken.77

Der VDI hebt die Bedeutung des Technikunterrichts als einen „unentbehrlichen Bestandteil der Allgemeinbildung“78 hervor. Durch Technikunterricht erwerben die Schüler Kompetenzen, „die zur Bewältigung technisch geprägter Lebenssituationen erforderlich sind“79 und schafft dadurch die Voraussetzung für eine erfolgreiche persönliche Lebensgestaltung und gesellschaftliches Mitwirken.80

Der Technikunterricht leistet den Autoren zufolge81:

− Sachorientierung in den Bereichen Stoff-, Energie- und Informationsumsatz
− Einführung in die für Technik typischen Methoden und Handlungsformen Planen, Konstruieren, Herstellen, Bewerten, Verwenden und Entsorgen− Erkenntnis von Strukturen und Funktionen technischer Sachsysteme und Prozesse sowie der Bedingungen und Folgen von Technik
− Vorbereitung auf die Bewältigung von Anforderungen heutiger Technik im privaten, beruflichen und öffentlichen Leben
− Vermittlung von Fähigkeiten, gegenwärtige und zu erwartende durch Technik mitbestimmte Lebensverhältnisse verantwortungsbewusst mitzugestalten− Berufs- und Studienorientierung für Mädchen und Jungen
− Entwicklung von Interesse an Technik und Förderung technischer Begabungen
− Förderung von Kreativität durch technische Problemlösungsprozesse.

Die für die Bewältigung technischer Alltagsprobleme notwendigen Kompetenzen werden in den Bildungsstandards Technik durch fünf Kompetenzbereiche beschrieben, „die in technisch geprägten Situationen einzeln oder im Zusammenwirken zur Anwendung kommen“82.

Die folgende tabellarische Übersicht benennt die fünf Kompetenzbereiche und stellt deren Inhalte im Kern dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Kompetenzbereiche im Fach Technik83

Der für die vorliegende Arbeit maßgebliche Kompetenzbereich ist der Bereich „Technik bewerten“.

Die Entstehung von Technik ist immer an einem für den Menschen definiertenNutzen orientiert, dessen Erfüllung in subjektiven Bewertungsprozessen überprüftwerden muss. Während zu einem bestimmten Zeitpunkt x eine bestimmte technischeLösung x zur Bedürfnisbefriedigung der Menschen geeignet scheint, ist unteranderen Bedingungen und zu einem anderen Zeitpunkt y eine andere technischeLösung y vielleicht eher geeignet. „Technische Lösungen sind niemals endgültig,sondern spiegeln Möglichkeiten wider, die bewertet und entschieden werdenmüssen.“84 Doch nicht nur die Bewertung von technisch Machbarem steht in diesemKompetenzbereich im Zentrum der Betrachtung, sondern auch dessenWechselwirkungen zur Gesellschaft, zum Individuum und zur Natur.85

Infolge der verschiedenen Interessen und Interessengruppen, die sich aus unsererpluralistischen Gesellschaft ergeben, vollzieht sich die Technikbewertung immer ineinem Spannungsfeld. Objektiv Mögliches und technisch Machbares steht nichtselten im Gegensatz zu wirtschaftlich Vertretbarem, ökologisch Notwendigem undsozial Gewünschtem.

Die Technikbewertung kann sich deshalb nicht nur an rein technischen Kriterien orientieren, sondern muss gleichsam „ökologische, ökonomische, ergonomische und ethische Kriterien“86 berücksichtigen.87

Durch das Fehlen empirisch gesicherter Kompetenzmodelle wurden auch dieBildungsstandards Technik an die bisher bekannten Anforderungsniveausangepasst.88

In den jeweiligen Niveaustufen89 sollen die Schüler folgende Anforderungen im Hinblick auf „Technik bewerten“ erfüllen.

− Die Schülerinnen und Schüler sollen „vorgegebene Bewertungen von Technik und deren Kriterien nachvollziehen“90 können. (Anforderungsniveau ,)− Die Schülerinnen und Schüler sollen „vorgegebene Bewertungen von Technik beurteilen und eigene Entscheidungen treffen“91. (Anforderungsniveau ,,)− Die Schülerinnen und Schüler sollen „eigene Bewertungen von Technik durch Auswahl geeigneter Verfahren und Kriterien treffen und begründen“92. (Anforderungsniveau ,,,) Für den Kompetenzbereich „Technik bewerten“ wurden von dem VDI sechsBildungsstandards erarbeitet, die insgesamt eine technische Bewertungskompetenzbeschreiben.

Die Schüler können:

− (B1) den Zielkonflikt im technischen Handeln bei sich selbst und bei anderen erkennen (A,) und Konsequenzen daraus beurteilen (A,,,),
− (B2) den Zielkonflikt im technischen Handeln bei sich selbst und bei anderen erkennen (A,) und Konsequenzen daraus beurteilen (A,,,),
− (B3) sicherheitsrelevante Fragestellungen in technischen Handlungen beurteilen (A,,,),
− (B4) ambivalente Auswirkungen von Großtechnologien und Alltagstechnik analysieren (A,,), Handlungsspielräume auswerten (A,,) und begründet Stellung nehmen (A,,,),
− (B5) vorgegebene Bewertungen von Technik und deren Kriterien nachvollziehen (A,) und aus der Perspektive des Produzenten, Anwenders und des indirekt Betroffenen beurteilen (A,,,),
− (B6) Technik unter Berücksichtigung unterschiedlicher Systemgrenzen mit geeigneten Methoden beurteilen (A,,,).93

2.3.2. Bewertungskompetenz in der Rahmenrichtlinie Gymnasium für das Wahlpflichtfach Technik

Das Verständnis von Bewertungskompetenz in den Bildungsstandards Technikwurde nunmehr dargestellt. Allerdings lassen sich auch in den Rahmenrichtlinien94 konkrete Inhalte benennen, die auf die Herausbildung von Bewertungskompetenzgerichtet sind. Einige wenige exemplarische Beispiele sollen dies verdeutlichen.

Bereits in den Zielen und der fachdidaktischen Konzeption des Technikunterrichtswird der Erwerb von Bewertungskompetenz als Ziel pädagogischer Arbeit formuliert.In der Zielformulierung der Sachkompetenzen heißt es: „Die Schüler sollengrundlegende Kenntnisse über die […] Bewertung und Folgeneinschätzung vontechnischen Gebilden aus der Sicht von Konsumentinnen und Konsumenten,Erwerbstätigen und Wirtschaftsbürgerinnen und Wirtschaftsbürgern erwerben“95. Siesollen ferner anhand von grundlegendem Wissen „Fähigkeiten entwickeln,technische Systeme zu analysieren, zu bewerten und auszuwählen“96.

Im Bereich der Handlungskompetenzen sollen Schüler „grundlegende Fähigkeiten zur […] Bewertung von technischen Gebilden […] erwerben […]“97 und „befähigt werden, Vorgänge […] unter ökonomischen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten zu werten […]“98.

In den Darstellungen der Themen der jeweiligen Jahrgangsstufe lassen sich etlicheBewertungskompetenzen finden, die spezifischer formuliert und an die jeweiligenInhalte angepasst sind. Im Schuljahrgang 9 sollen die Schüler zum Thema„Herstellung eines mehrteiligen Gebrauchsgegenstandes“ den gefertigtenGegenstand mit Hilfe von Kriterien (z. B. Gebrauchswert, Sicherheit,Umweltverträglichkeit oder Wirtschaftlichkeit) bewerten.99 Es handelt sich dabei alsoum die Bewertung der „Funktionsfähigkeit, Zweckmäßigkeit und Ästhetik“ desGegenstandes. Bewertungsprozesse finden jedoch nicht nur nach der Fertigstellungdes Gegenstandes statt, sondern bereits während der Planung und Fertigung.

[...]


1 Vgl. Jakobs, M. (2005), S. 1 (www-Dokument).

2 Rohpol (1999), S. 31.

3 Ropohl (1999), S. 32.

4 Ebd., S. 43.

5 Ebd., S. 43.

6 Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland: Fahrzeugbestand (www- Dokument).

7 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Mobilitätserhebungen desBundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und ihre Ergebnisse (www- Dokument).

8 Die verschiedenen Maßnahmen zum Klimaschutzprogramm sind auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung nachzulesen.

9 Vgl. Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Alternative Kraftstoffe und innovative Antriebstechnologien- die mobile Zukunft gestalten! (www- Dokument).

10 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 72 (www- Dokument).

11 Oelkers, J.; Reusser, K. (2008), S. 24.

12 Kultusministerium des Landes Sachsen- Anhalt (2003), S. 6 (www- Dokument).

13 Ebd.

14 Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt (2003), S. 6 (www- Dokument).

15 Wenn hier von einer technischen Bewertungskompetenz die Rede ist, dann nur zum Zweck der Abgrenzung gegenüber anderen Unterrichtsfächern. Damit soll keineswegs angedeutet werden, dass sich die Bewertung nur an rein technischen Kriterien orientiert. Auch eine „Technik“ im Sinne einer Verfahrensweise ist hier nicht gemeint. Es handelt sich um eine Bewertungskompetenz, die auf die Bewertung technischer Artefakte gerichtet ist und die, neben den rein technischen Kriterien, selbstverständlich auch wirtschaftliche, ökologische etc. Kriterien berücksichtigt.

16 Vgl. Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt (2003), S. 11 (www- Dokument).

17 In Sachsen-Anhalt beispielsweise wird in der Sekundarschule sowie in der integrierten und kooperativen Gesamtschule jeweils 1 Stunde „Werken“ in der Klassenstufe 5 und 6 unterrichtet. Ab Schuljahrgang 7 gelten in den jeweiligen Schulformen und Bildungsgängen gesonderte Stundentafeln. Eine entsprechende Übersicht (auch für alle anderen Bundesländer) erhält man in der Dokumentation des VDI über Technikunterricht in den Allgemeinbildenden Schulen. Vgl. Hartmann, E.; Kussmann, M.; Scherweit, S. (2008), S. 340ff.

18 Die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität des Bildungssystems stand bereits vor den Ergebnissen der PISA-Studie auf der politischen Agenda. So hatte die Kultusministerkonferenz schon im Jahr 1997 im so genannten „Konstanzer Beschluss“ den internationalen Vergleich des deutschen Bildungssystems veranlasst. Ziel war es, gesicherte Befunde über die Leistungen der deutschen Schülerinnen und Schüler in wesentlichen Kompetenzbereichen zu erhalten.

19 Oelkers, J.; Reusser, K. (2008); S. 433.

20 Vgl., Oelkers, J.; Reusser, K. (2008); S. 433.

21 Von einer input-orientierten Steuerung spricht man, wenn sich die Bildungspolitik hauptsächlich anVerwaltungs- und Rechtsvorschriften orientiert- also an Gesetzen, Lehrplänen etc. Eine outputgesteuerte Bildungspolitik orientiert sich dagegen an den Ergebnissen (output) schulischer Bildungsarbeit.

22 Bildungsstandards als Instrument der Output-Steuerung der Bildungspolitik ersetzen keinesfalls die bisher bekannten Lehrpläne und Richtlinien (input). Für die Qualität schulischer Bildung sind sowohl Verwaltungs- und Rechtsvorschriften als auch output-orientierte Instrumente bedeutend.Vgl. Klieme, E. (2004) (www- Dokument).

23 Vgl. Erklärungen und Stellungnahmen der Kultusministerkonferenz: Bildungsstandards zur Sicherung von Qualität und Innovation im föderalen Wettbewerb der Länder. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24.5.2002 (www- Dokument).

24 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 9.

25 Das galt zunächst nur für die Kernfächer Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache und für bestimmte Jahrgangsstufen und Abschlussklassen.

26 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 14.

27 Die Ergebnisse der Expertengruppe wurden als Expertise mit dem Titel „Zur Entwicklung nationalerBildungsstandards“ im Juni 2003 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung veröffentlicht.

28 Auf der Homepage der KMK sind alle gültigen Beschlüsse bezüglich von Bildungsstandards aufgelistet und einsehbar. Für Fächer wie z. B. weitere Fremdsprachen (Russisch, Spanisch), Sozialkunde, Geschichte, Wirtschaft oder Technik etc. gibt es bis zum heutigen Zeitpunkt keine national verbindlichen Bildungsstandards.

29 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2003), S. 3 (www- Dokument).

30 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005), S. 9 (www- Dokument).

31 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 19 (www- Dokument).

32 Während der Recherche hat der Verfasser den Eindruck gewonnen, dass die Bedeutung der Inhaltefür die Konzeption der Bildungsstandards in der Expertise „Zur Entwicklung nationalerBildungsstandards“ nicht klar genug herausgestellt wurde. Es wird zwar an mehreren Stellen derExpertise darauf verwiesen, dass Kompetenzen nicht ohne die Verknüpfung zu konkreten Inhaltenerworben werden können, dennoch werden die konkreten Inhalte nicht als Grundlage für dieKonzeption von Bildungsstandards deklariert. Bei der Konzeption von Bildungsstandards stand vonBeginn an fest, dass diese fachbezogen und nicht fächerübergreifend formuliert werden sollen.Deshalb schlägt der Verfasser eine vierte „inhaltliche Dimension“ vor, auf der die Konzeption vonBildungsstandards ebenso basiert.

33 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 20 (www- Dokument).

34 Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005), S. 7 (www- Dokument).

35 Ebd., S.6.

36 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2008b), S. 6 (www- Dokument)

37 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005), S. 16 (www- Dokument).

38 Oelkers, J.; Reusser, K. (2008), S. 24.

39 Ebd.

40 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005), S. 6 (www- Dokument).

41 Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005).

42 Inhaltliche Standards beschreiben die aufzubauenden Kompetenzen und das zu erreichendeWissen. Standards für Lehr- und Lernbedingungen bezeichnen z. B. Schulprogramme, Personal undandere Ressourcen. Performance oder output standards definieren, über welche KompetenzenSchüler zu bestimmten Zeitpunkten ihrer schulischen Entwicklung verfügen müssen.Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der BundesrepublikDeutschland (2005), S. 8.

43 Minimalstandards beziehen sich auf ein definiertes Minimum an Kompetenzen, das alle Schüler zueinem Zeitpunkt in ihrer Schullaufbahn erreicht haben müssen. Regelstandards beschreibenKompetenzen, die im „Durchschnitt“ von den Schülern einer Jahrgangsstufe erreicht werden sollen.Maximalstandards definieren das höchste Niveau an Kompetenzen von den besten Schülern einesJahrganges. Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005), S. 9.

44 Die Expertengruppe schlug die Einführung von Minimalstandards vor. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 27f. (www- Dokument).

45 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2008b), S. 5 (www- Dokument).

46 Die Autoren verweisen darauf, dass die Entwicklung von Kompetenzmodellen wissenschaftlich sehr anspruchsvoll ist. Der Forschungsprozess ist bislang noch nicht abgeschlossen und Ergebnisse daraus müssten sich auch erst in der Praxis beweisen. Vgl. , Bundesministerium für Bildung und Forschung (2008b), S. 6 (www- Dokument).

47 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005), S. 17 (www- Dokument).

48 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 47 (www- Dokument).

49 Vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005), S. 11 (www- Dokument).

50 Ebd., S. 11.

51 Ebd.; S. 11f.

52 Ebd., S. 12.

53 Vgl. Oelkers, J.; Reusser, K. (2008), S. 444ff.

54 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2005), S. 12 (www- Dokument).

55 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2008b), S. 20 (www- Dokument).

56 Avenarius, H.; Ditton, H.; Döbert, H. u.a. (2003), S. 108f.

57 Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) (www- Dokument).

58 Konkretere Aufgabenbeschreibungen des IQB sind sowohl auf der Internetseite der Kultusministerkonferenz als auch auf den Seiten des IQB abrufbar.

59 Die Ausführungen beziehen sich auf die Rahmenrichtlinie Gymnasium des Landes Sachsen-Anhalt für das Wahlpflichtfach Technik. Die Vergleiche lassen sich aber auch mühelos auf andere Richtlinien oder Lehrpläne beziehen.

60 Oelkers, J.; Reusser, K. (2008), S. 23.

61 Vgl. ebd.; S. 24.

62 Ebd. S. 24.

63 Weinert erarbeitete für die OECD eine Expertise, die die Diskussion über Kompetenz zu strukturieren versuchte.

64 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 72.

65 Oelkers, J.; Reusser, K. (2008), S. 24.

66 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 72f.

67 Vgl. Oelkers, J.; Reusser, K. (2008), S. 26.

68 Ebd. S. 27.

69 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), S. 72.

70 Vgl. Oelkers, J.; Reusser, K. (2008), S. 27.

71 Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt (2003), S. 6 (www- Dokument).

72 Ebd.

73 Ebd., S. 8f.

74 Ebd., S. 8.

75 Ebd., S. 9.

76 Ebd., S. 10.

77 Vgl. Verein Deutscher Ingenieure e.V. (2007), S. 5.

78 Ebd. S. 7.

79 Ebd.

80 Vgl. Ebd.

81 Ebd., S. 7.

82 Ebd., S. 8.

83 Ebd.

84 Ebd., S. 10.

85 Nach der Definition von Ropohl ereignet sich Technik immer zwischen diesen 3 Dimensionen. Folglich müssen auch Prozesse zur Technikbewertung im Zusammenhang zu diesen 3 Dimensionen betrachtet werden.

86 Verein Deutscher Ingenieure e.V. (2007), S. 10.

87 Hier besteht ein enger Bezug zu den Erkenntnisperspektiven nach Ropohl, wie sie in Kapitel 1.1 dargestellt wurden.

88 In den vorangegangenen Ausführungen wurde bereits darauf hingewiesen, dass es sich dabei um einen vorläufigen Zustand handelt, bis die Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Kompetenzmodelle und -stufen ertragreich ist.

89 Aufgaben, die dem Anforderungsniveau 1 entsprechen, verlangen hauptsächlich die Reproduktionund Anwendung einfacher Sachverhalte und Methoden. Im Anforderungsniveau 2 sollen einfacheSachverhalte reorganisiert und übertragen, einfache technische Probleme gelöst oder einfacheBezüge hergestellt werden. Der Anforderungsbereich 3 verlangt zudem, dass komplexe Sachverhalteproblembezogen angewendet und übertragen werden sowie das Herstellen von Bezügen undBewerten von Sachverhalten. Vgl. Verein Deutscher Ingenieure e.V. (2007), S. 11.

90 Verein Deutscher Ingenieure e.V. (2007), S. 11.

91 Ebd.

92 Ebd.

93 Ebd., S. 14. Die Zeichen B1 bis B6 sind Kurzzeichen für den jeweiligen Standard. In den Aufgabenbeispielenwerden sie dazu genutzt, die einzelnen Kompetenzbereiche und den jeweiligen Standard zubenennen.

94 Die Ausführungen beziehen sich auf die Rahmenrichtlinien Gymnasium für das WahlpflichtfachTechnik des Landes Sachsen-Anhalt. Die Rahmenrichtlinien Sekundarschule für das Fach Technikbeinhalten stellenweise identische Formulierungen oder sind zumindest ähnlich formuliert. AufAusführungen, die sich konkret auf die RRL Sekundarschule beziehen, wird deshalb verzichtet.

95 Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt (2003), S. 8.

96 Ebd.

97 Ebd., S. 9.

98 Ebd., S. 9.

99 Ebd., S. 30.

Excerpt out of 207 pages

Details

Title
Der Einfluss des Technikunterrichts auf die Bewertungskompetenz von Schülerinnen und Schülern am Beispiel von Alltagstechnik
Subtitle
Eine empirische Untersuchung in den Jahrgangsstufen 10 und 11
College
Martin Luther University
Grade
1,0
Author
Year
2009
Pages
207
Catalog Number
V162904
ISBN (eBook)
9783668677821
ISBN (Book)
9783668677838
File size
5285 KB
Language
German
Keywords
Technikunterricht, Bildungsstandards, Technikbewertung
Quote paper
Anja le Claire (Author), 2009, Der Einfluss des Technikunterrichts auf die Bewertungskompetenz von Schülerinnen und Schülern am Beispiel von Alltagstechnik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162904

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