Die Städte, die in diesem kurzen Poem des beginnenden 16. Jahrhunderts Erwähnung finden, vereinen bestimmte Charakteristika, die die politischen und gesellschaftlichen Machtmittel der Frühen Neuzeit darstellen. Die Augsburger Pracht spielt zweifellos auf die im Mittelalter entstandenen Sakralbauten an, die bis zum heutigen Tag den Charme und das Prestige der Stadt ausmachen und auf die hohe Frömmigkeit der Erbauer verweisen; mit der Venediger Macht würdigt der unbekannte Poet die wirtschaftliche Bedeutsamkeit der Handelsmetropole an der Adria; in eben diesem ökonomischen Verstehenshorizont ist ebenso das Ulmer Geld zu verstehen, womit auf das reichlich geprägte Münzgeld der Stadt und das florierende Bankwesen verwiesen wird. In den nachfolgenden Ausführungen soll es jedoch um die Städte Nürnberg und Straßburg gehen.
Auch wenn die Vermutung naheliegt den Nürnberger Witz mit einer komödiantischen Neigung, einem regen kulturellen Leben und mit profanen Vergnügungen in Verbindung zu bringen, meint der Autor wohl eher die Gewitztheit der Nürnberger Bevölkerung, d.h. die Fähigkeit, Ideen gewinnbringend umzusetzen. Durch die „[…] zentrale Lage innerhalb des europäischen Verkehrsnetzes und eine hohe Konzentration kluger Köpfe […]“2 hatte Nürnberg dazu die denkbar besten Voraussetzungen. Mit den Straßburgern Geschützen versinnbildlicht der Autor die Wehrfähigkeit und die strategische Wichtigkeit der elsässischen Stadt. „Mit seinen Mauern, Türmen und gedeckten Brücken [übernahm Straßburg] die Wacht am Rhein.“3 Diese Gegebenheiten verdankten sich dem scheinbar symbiotischen Verhältnis zwischen Reichsoberhaupt und städtischer Führung. Ausgestattet mit bestimmten Rechten und Privilegien, welche vom Kaiser verliehen wurden, konnten die Städte expandieren und wurden dadurch zu eigenständigem politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Handeln befähigt. Dieses Handeln wiederum kam dem Kaiser und dem Reich zugute, worauf von herrschaftlicher Seite aus mit neuen Rechten geantwortet wurde. Beide Städte – bedeckt man ihre Titulatur als Freie und Reichsstadt – waren lange Zeit Nutznießer dieser Symbiose. Sie konnten „frei“ und weitgehend „selbstständig“ im Rechtsverband des Heiligen Römischen Reiches agieren.[...]
2 Vgl. dazu: http://www.nuernbergerwitz.eu/de/ausstellung.php.
3 ANDREAS, Willy: Straßburg an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, Leipzig 1940, Seite 16.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Zwischen poetischer Verklärung und parasitärer Wirklichkeit – Die Freiheit der Städte Nürnberg und Straßburg in der Beziehung zum Reichsoberhaupt
- 2. Die Städte Nürnberg und Straßburg im 16./17. Jahrhundert
- 2.1. Terminologische Abgrenzung der Freien und Reichsstadt
- 2.2. Die Erlangung der Freiheit – Städtische Entwicklung im Mittelalter
- 2.2.1. Nürnberg – Das Zentrum Europas sowie Deutschlands
- 2.2.2. Straßburg – Von der bischöflichen Kontrolle zur Autonomie
- 2.3. Das Stadtregiment als innerstädtische Manifestation der äußeren Freiheiten
- 2.3.1. Regierung der städtischen Elite – Nürnberger Patriziat am Vorabend der Reformation
- 2.3.2. Straßburg als Paradebeispiel einer historisch gewachsenen, besseren Verfassung?
- 2.3.3. Die Ruhe vor dem Sturm - Versuch einer Zwischenbilanz
- 2.4. Die Politik gegenüber Kaiser und Reich zwischen 1525 und 1648
- 2.4.1. Karl V. als Auftakt einer widersprüchlichen Regierungsform – Der Kaiser im Reich
- 2.4.2. Reformation und Dreißigjähriger Krieg als Bewährungsproben der städtischen Freiheit
- 2.4.2.1. Nürnbergs politischer Wankelmut während Reformation und Dreißigjährigem Krieg
- 2.4.2.2. Von der Romanae ecclesiae semper devota zur französisch königlichen Freistadt
- 3. Ein gleichberechtigtes Zusammenleben oder ein schmarotzerhaftes Mästen? Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Freiheiten der Städte Nürnberg und Straßburg im 16./17. Jahrhundert im Vergleich. Ziel ist es, die Beziehung dieser Städte zum Kaiser und Reich zu analysieren und zu ergründen, inwiefern die städtische Freiheit von der politischen Stabilität des Reiches abhängig war. Die Arbeit hinterfragt die Nachhaltigkeit der städtischen Freiheiten und die Rolle des Kaisers im Aufstieg und Fall beider Städte.
- Die Entwicklung und der Umfang der städtischen Freiheiten in Nürnberg und Straßburg.
- Die innerstädtische Regierungsstruktur und deren Einfluss auf die äußere Freiheit.
- Die Beziehungen zwischen den Städten, dem Kaiser und dem Heiligen Römischen Reich.
- Die Auswirkungen der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges auf die städtischen Freiheiten.
- Der Wandel der Beziehung zwischen Kaiser und Städten von einer symbiotischen zu einer parasitären Partnerschaft.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Zwischen poetischer Verklärung und parasitärer Wirklichkeit – Die Freiheit der Städte Nürnberg und Straßburg in der Beziehung zum Reichsoberhaupt: Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung von Nürnberg und Straßburg im Kontext anderer bedeutender Städte der Frühen Neuzeit. Sie stellt die vermeintliche Symbiose zwischen städtischer Freiheit und kaiserlicher Macht dar und wirft die Frage nach der Dauerhaftigkeit dieser Freiheit auf. Die Einleitung deutet bereits den späteren Niedergang beider Städte an und skizziert die zentralen Forschungsfragen der Arbeit: die tatsächliche Reichweite städtischer Autonomie, die Gründe für den Verlust der Freiheiten und die Rolle des Kaisers in diesem Prozess. Die poetische Darstellung der Städte dient als anschaulicher Einstieg in die komplexen politischen und wirtschaftlichen Realitäten.
2. Die Städte Nürnberg und Straßburg im 16./17. Jahrhundert: Dieses Kapitel liefert einen detaillierten Überblick über die Entwicklung von Nürnberg und Straßburg vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit. Es beleuchtet die Erlangung der städtischen Freiheiten, die innerstädtische Regierungsstruktur – mit einem Fokus auf das Nürnberger Patriziat und die spezifische Verfassung Straßburgs – und die politische Strategie beider Städte im Umgang mit Kaiser und Reich. Besonderes Augenmerk liegt auf der Analyse der Ereignisse der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges und deren Folgen für die politischen Freiheiten der beiden Städte. Die Unterkapitel untersuchen die jeweilige Entwicklung von Nürnberg und Straßburg, ihre politischen Entscheidungen und die daraus resultierenden Konsequenzen im Hinblick auf die Beziehung zum Kaiser und Reich.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Zwischen poetischer Verklärung und parasitärer Wirklichkeit – Die Freiheit der Städte Nürnberg und Straßburg in der Beziehung zum Reichsoberhaupt
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht vergleichend die Freiheiten der Städte Nürnberg und Straßburg im 16. und 17. Jahrhundert. Im Fokus steht die Analyse ihrer Beziehung zum Kaiser und Reich, sowie die Abhängigkeit städtischer Freiheit von der politischen Reichssituation. Die Nachhaltigkeit der städtischen Freiheiten und die Rolle des Kaisers im Aufstieg und Fall beider Städte werden kritisch hinterfragt.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung und den Umfang städtischer Freiheiten in Nürnberg und Straßburg, die innerstädtische Regierungsstruktur und deren Einfluss auf die äußere Freiheit, die Beziehungen zwischen den Städten, dem Kaiser und dem Heiligen Römischen Reich, die Auswirkungen von Reformation und Dreißigjährigem Krieg auf die städtischen Freiheiten, und den Wandel der Beziehung zwischen Kaiser und Städten von einer symbiotischen zu einer parasitären Partnerschaft.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in drei Kapitel. Kapitel 1 bietet eine Einleitung, die die Bedeutung Nürnbergs und Straßburgs im Kontext anderer Städte der Frühen Neuzeit beleuchtet und die zentralen Forschungsfragen formuliert. Kapitel 2 liefert einen detaillierten Überblick über die Entwicklung beider Städte vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit, einschließlich ihrer Regierungsstrukturen und politischen Strategien im Umgang mit Kaiser und Reich, mit besonderem Fokus auf Reformation und Dreißigjährigen Krieg. Kapitel 3 fasst die Ergebnisse zusammen und zieht ein Fazit.
Welche Städte werden verglichen und warum?
Die Arbeit vergleicht die Städte Nürnberg und Straßburg. Die Auswahl begründet sich auf der Bedeutung beider Städte im Heiligen Römischen Reich und ihrer vergleichbaren Entwicklung als freie Reichsstädte mit jeweils unterschiedlichen politischen Strategien im Umgang mit der Kaiserlichen Macht.
Was ist das zentrale Ergebnis der Arbeit?
Das zentrale Ergebnis wird im dritten Kapitel präsentiert und fasst die Erkenntnisse aus dem Vergleich der beiden Städte zusammen. Es wird die Frage beantwortet, inwieweit die städtische Freiheit von der politischen Stabilität des Reiches abhängig war und wie sich die Beziehung zwischen Kaiser und Städten im Laufe der Zeit veränderte.
Welche Quellen wurden verwendet? (Diese Frage kann erst nach Lektüre des vollständigen Textes beantwortet werden)
Die verwendeten Quellen sind im vollständigen Text der Arbeit aufgeführt. Diese FAQ bezieht sich nur auf den bereitgestellten Auszug.
Welche Methoden wurden angewandt? (Diese Frage kann erst nach Lektüre des vollständigen Textes beantwortet werden)
Die angewandten Methoden sind im vollständigen Text der Arbeit beschrieben. Diese FAQ bezieht sich nur auf den bereitgestellten Auszug.
- Citation du texte
- Daniel Meyer (Auteur), 2010, Die Freiheit der Städte Nürnberg und Straßburg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163249