Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Führung
2.1 Definition
2.2 Das Führungsstilkontinuum
3. Wertewandel am Beispiel Deutschland
3.1 Deutschlands Weg zum Dienstleistungsstaat
3.2 Erklärungsansätze
3.3 Fazit
4. Entwicklung des Führungsstils
5. Schlussbetrachtung
6. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Führungsstilkontinuum (Tannenbaum/Schmidt 1958: 96)
Abbildung 2: Erwerbstätigkeit nach Wirtschaftssektoren in Deutschland
Abbildung 3: Bedürfnispyramide nach Maslow
1. Einleitung
Wertewandel führt zu vielen Veränderungen in der Gesellschaft. Dies ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass jede Entscheidung auf einem Wertesystem beruht – ein Mensch wertet zu jeder Zeit. Ob es eine einfache oder komplexe Entscheidung ist , jede Entscheidung wird von der individuellen Wertehaltung beeinflusst. Auch in der Mitarbeiterführung stellt man einen Wandel fest.
Daher beschäftigt sich diese Arbeit mit der Frage, ob Wertewandel Führung beeinflusst. Meine Hypothese ist, dass Führung tatsächlich beeinflusst wird vom Wertewandel, da im Führungsprozess Entscheidungen getroffen werden. Daher ist anzunehmen, dass Führung in gewissen Maßen auf einem Wertesystem basiert.
Im folgenden Kapitel wird untersucht, was man unter Führung versteht. Man wird feststellen, dass man Führung zwischen dem situationsbeständigem Stil und situationsabhängigen Verhalten unterscheiden kann. Deshalb wird der Führungsstil näher untersucht. Im dritten Kapitel wird der Wertewandel am Beispiel Deutschland deutlich gemacht. Des Weiteren wird anhand der Erklärungsansätze von Inglehart der Wertewandel erklärt, um die Ausprägungen herauszuarbeiten. Im vierten Kapitel werden die Entwicklungen in der Führung untersucht. Man wird feststellen, dass die Entwicklung von der Führung synchron zum Wertewandel verläuft.
2. Führung
2.1 Definition
Führung ist vielleicht eines der am meisten diskutierten Themen in den verschiedensten sozialwissenschaftlichen Feldern.
„Führung ist die Fähigkeit, eine Richtung vorzugeben, andere im Sinne eines gemeinsamen Ziels zu beeinflussen, sie zu motivieren und zum Handeln zu bringen und sie für ihre Leistung in die Verantwortung zu nehmen.“[1]
Zu diesem Thema entstanden bislang die verschiedensten Ansätze. Ging man anfangs noch davon aus, dass Führungsfähigkeit eine naturgegebene Eigenschaft bestimmter Menschen ist, so ist man mittlerweile der Ansicht, dass Führen eine lernbare Eigenschaft ist.
Mit der Annahme, dass das Verhalten eines Vorgesetzten die Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter maßgeblich beeinflusst, beschäftigt sich die Verhaltenstheorie der Führung. Hier unterscheidet man zwischen Führungsverhalten und Führungsstil. „Gegenüber dem in der konkreten Situation stark modifizierbaren Führungsverhalten bleibt“ nach Scholz (1994: 437) „der Führungsstil über einen längeren Zeitraum konstant“. Demnach versteht man unter dem Führungsstil die situationsbeständige, persönliche Grundeinstellung eines Vorgesetzten; Führungsverhalten hingegen ist das situationsabhängige und beobachte Verhalten des Vorgesetzten. Da der Führungsstil durch die persönliche Grundeinstellung oder auch Wertehaltung beeinflusst wird, wird dieser auch durch einem vorhandenes Menschenbild beeinflusst. Das Führungsverhalten hängt vom Führungsstil ab, da die Wertehaltung die Präferenzen bezüglich der Handlungsalternativen des Führungsverfahren definiert. Daher werden im Folgenden die verschiedenen Ausprägungen des Führungsstils anhand des Führungsstilkontinuums näher erläutert (vgl. Gerhold 2009: 3; Scholz 1994: 437).
2.2 Das Führungsstilkontinuum
Im Führungsstilkontinuum (Continuum of leadership behaviours) nach Tannenbaum/Schmidt lassen sich autoritärer und kooperativer Führungsstil als Extrempunkte auf einem Kontinuum darstellen. Je nach Grad der Partizipation am Entscheidungsprozess entfernt man sich von einem Extrempunkt. In diesem Führungsstilkontinuum unterscheiden Tannenbaum/Schmidt zwischen sieben verschiedenen Klassifikationen (vgl. Abb.1; Gerhold 2009: 4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Führungsstilkontinuum (Tannenbaum/Schmidt 1958: 96)
Es handelt sich um einen autoritären Führungsstil, wenn der Vorgesetzte ohne Konsultation der Mitarbeiter entscheidet. Ganz im Gegensatz zum kooperativen Führungsstil, wo die Gruppe entscheidet und der Vorgesetzte als Koordinator agiert. Vom autoritären zum kooperativen Führungsstil nimmt der Entscheidungsspielraum der Vorgesetzten ab und der Mitarbeiter zu (vgl. Gerhold 2010: 5; Tannenbaum/Schmidt 1973: 162-66).
Wenn der Wertewandel den Führungsstil beeinflusst, so müsste sich eine Veränderung entlang des Führungsstilkontinuums bemerkbar machen. Demnach muss ein dominierender Führungsstil durch einen anderen Stil verdrängt werden.
3. Wertewandel am Beispiel Deutschland
3.1 Deutschlands Weg zum Dienstleistungsstaat
Die deutsche Geschichte ist geprägt von vielen Veränderungen in den letzten zweihundert Jahren. Aus vielen deutschen Staaten wurde ein deutsches Kaiserreich, was mit der Niederlage im ersten Weltkrieg zerbrach. Dies führte zur Errichtung einer Republik, die allerdings sich zu einer Diktatur entwickelte. Die erneute Niederlage im zweiten Weltkrieg führte zur Teilung Deutschlands in ein planwirtschaftlich-orientiertes (DDR) und ein marktwirtschaftlich-orientiertes Deutschland (BRD).
Neben diesen politischen Entwicklungen veränderte sich die Gesellschaft. Es fand ein Wertewandel statt, wofür ökonomische Voraussetzungen geschaffen werden mussten. In Abbildung 2 ist die Erwerbsstruktur nach Wirtschaftssektoren in Deutschland von 1800-2007 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Erwerbstätigkeit nach Wirtschaftssektoren in Deutschland[2]
Bis Ende des 19. Jahrhunderts dominierte im Deutschen Reich der Primärsektor. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren noch über die Hälfte der Erwerbstätigen im Primärsektor tätig - Deutschland war ein Agrarstaat. Doch die Dominanz des primären Sektors verschwand bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Immer mehr Erwerbstätige waren im tertiären Sektor und vor allem im sekundären Sektor tätig. 1871 waren noch 47,3% im primären Sektor und 32,8% im sekundären Sektor tätig. Bereits 1885 war der Sekundärsektor mit 37,9% gegenüber 36,4% des Primärsektors der dominierende Sektor in Deutschland. Deutschland war auf dem Weg zu einem Industriestaat. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts baute der sekundäre Sektor seine Dominanz aus, während immer weniger Menschen im Primärsektor arbeiteten. Doch dann begann auch der sekundäre Sektor zu schrumpfen. Ende des 20. Jahrhunderts hatte der Tertiärsektor die Industrie überholt. 1991 arbeiteten im frisch vereinigten Deutschland 59,5% und 2007 bereits 72,3% im tertiären Sektor. Aus Deutschland ist ein Dienstleistungsstaat geworden.
Zu erklären sind diese Entwicklungen mit dem technischem Fortschritt und gleichzeitig wachsenden Volkswohlstand. Innovationen führten dazu, dass man produktiver wurde. Menschliche Arbeiter wurden vermehrt durch Maschinen ersetzt und der gleichzeitige Anstieg des Volkswohlstands führte zum Kostenanstieg. Dadurch gewannen billigere ausländische Produkte an Attraktivität. Des Weiteren war die Produktion in Deutschland zu kostspielig geworden, wodurch man vermehrt seine Produktion ins kostengünstigere Ausland verlagerte. Dies erklärt das Schrumpfen eines Wirtschaftssektors. Eine weitere interessante Entwicklung findet man in der Arbeitszeit: Arbeitete man Mitte des 20. Jahrhunderts noch durchschnittlich 48 Stunden/ Woche, so hatte sich in den 1980ern und 90ern die Tendenz zur 35 Stunden-Woche durchgesetzt. Dadurch hatte man mehr Freizeit zur Verfügung. Da man in der Regel über mehr Einkommen verfügte, gewannen Dienstleistungen immer mehr an Bedeutung[3]. Dieser gesellschaftliche Wandel war Grundvoraussetzung für einen Wertewandel.
3.2 Erklärungsansätze
Bis in die 70er Jahre wuchs der Primärsektor. Ab da an begann der primäre Sektor zu schrumpfen und wurde schließlich Ende des Jahrtausends vom tertiären Sektor überholt. Dieser Wandel bewirkte den Wertewandel. Inglehard (1977: 22-23; 1997: 132) bietet zwei Erklärungsansätze für den Wertewandel:
„1. A Scarcity Hypothesis. An individual’s priorities reflect the socioeconomic
environment: one places the greatest subjective value on those things that are
in relatively short supply.“
„2. A Socialization Hypothesis. The relationship between socioeconomic
environment and value priorities is not one of immediate adjustment: a
substantial time lag is involved, because, to a large extent, one’s basic values reflect the conditions that prevailed during one’s preadult years.”
Die Mangelhypothese (Scaricity Hypothesis) lässt sich anhand der Bedürfnishierarchie nach Maslow (1970: 35-46; vgl. Abb. 3) erklären. Maslow entwickelte eine hierarchische Pyramide bestehend aus fünf Ebenen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Bedürfnispyramide nach Maslow
Die unterste Ebene besteht aus (1) den physiologischen Bedürfnissen (physiological needs), welches im Prinzip Bemühungen nach der Sicherung der physiologischen Existenz darstellen (z.B. Essen, Medizin etc.). Die zweite Ebene sind (2) die Sicherheitsbedürfnisse (saftey needs), der Wunsch nach Schutz vor Gefahren aus der Umwelt (z.B. Risikominimierung, Ordnung etc.) Die dritte Ebene besteht aus (3) den sozialen Zugehörigkeitsbedürfnissen (love and belongingness needs), womit der Wunsch nach sozialen Kontakten, wie z.B. Familie, Verein etc. gemeint ist. Die vierte Ebene ist (4) die Anerkennung (esteem needs), welches Maslow weiter differenziert in Selbstachtung und Anerkennung durch Dritte. Die Spitze der Pyramide schließlich ist (5) die Selbstverwirklichung (self-actualization), also der Wunsch sich bestmöglich zu entfalten. Maslow ist der Meinung, dass man mit der Befriedigung einer Bedürfnisebene in die nächsthöhere Ebene aufsteigt. Werden z.B. die Sicherheitsbedürfnisse befriedigt, so versucht man, sofern man die Möglichkeit sieht, die nächste Stufe, also die sozialen Zugehörigkeitsbedürfnisse zu befriedigen. Die physiologischen Bedürfnisse sind bereits befriedigt, da man sonst nicht zu den Sicherheitsbedürfnissen gelangt wäre (vgl. Drumm 2007:392; Maslow 97-104).
[...]
[1] Onpulson, http://www.onpulson.de/lexikon/fuehrung.htm, 10.09.10.
[2] 1950-89 Bundesrepublik, nach 1989 wiedervereinigtes Deutschland;1800 und 1855 nach Geißler (2007:26); 1871 (Kaiserliches Statistisches Amt 1880: 15); 1885-1933 (Statistisches Reichsamt 1934: 16); 1950 (Statisches Bundesamt 1960: 142); 1991 und 2007 nach Bundeszentrale für politische Bildung, http://www.bpb.de/wissen/HX5F8N,0,0,Erw-erbst%E4tige_nach_Wirtschaftszweigen.html, 06.09.2010.
[3] nach Strawe, http://www.dreigliederung.de/essays/1994-12-001.html, 07.09.2010.