Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entstehung der sozialen Gruppe der
Angestellten im Deutschen Kaiserreich und der Geschichte ihrer sozialpolitischen
Organisation bis zum 1. Weltkrieg. Gemessen an anderen sozialen Gruppen wie den
Bauern, Kaufleuten, Handwerkern und Arbeitern sind die Angestellten eine historisch
junge Gruppe. Ihre Entstehung und Entwicklung im Deutschen Kaiserreich ist ein
Phänomen der entstehenden modernen Industriegesellschaft, die das rasche
Wachstum der Angestelltenschaft ermöglichte und forcierte. Zugleich weist die
Entwicklung jedoch über die industriell geprägte Wirtschaft hinaus. 1987 überstieg
die Zahl der Angestellten in der Bundesrepublik erstmals die der Arbeiter (Schulz
2000, XI). Der quantitative Aufstieg der Angestellten markiert den gegenwärtigen
Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft.
Gegenüber der zukunftsweisenden Wachstumsraten der Angestellten sind diese
jedoch auch immer wieder als eine gesellschaftliche Kraft aufgetreten, die für die
Durchsetzung von berufsständischen, also eigentlich vormodernen Strukturen,
eintrat. Mit dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) von 1911 wurde die
angestrebte Separation von den Arbeitern gesetzlich verankert. Die Frage nach der
gesellschaftlichen Stellung der Angestellten hat schon die zeitgenössische
Diskussion geprägt und zieht sich durch die sozialwissenschaftliche und historische
Literatur. Die Frage, ob die Angestellten als Schicht, Klasse oder Stand betrachtet
werden sollen konnte nie hinreichend geklärt werden, sei es wegen der Unschärfe
der Kategorien oder der komplexen Struktur „der“ Angestellten im Deutschen
Kaiserreich. Sie soll deshalb in dieser Arbeit weitestgehend ausgeklammert werden.
Vielmehr soll die komplexe und heterogene Struktur der Angestelltenschaft und in
Analogie dazu die unterschiedlichen Berufsverbände und ihre Entwicklung
systematisch dargestellt werden. In wie weit die verschiedenen Richtungen innerhalb
der Angestelltenbewegung erfolgreich agierten, soll nicht zuletzt anhand der
Durchsetzung des AVG dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehung und Entwicklung der Angestellten
- Anfänge der Entwicklung: Kaufmännische und technische Angestellte
- Die kaufmännischen Angestellten
- Die technischen Angestellten
- Der neue Mittelstand - das Selbstverständnis der Angestellten
- Anzahl und Relation der Angestellten im Deutschen Kaiserreich
- Anfänge der Entwicklung: Kaufmännische und technische Angestellte
- Die Entwicklung der Angestelltenverbände bis zur Angestelltenversicherung
- Die Anfänge der Angestelltenorganisation. Paritätische Berufsverbände
- Verbandsgründungen der kaufmännischen Angestellten
- Verbände der technischen Angestellten
- Gewerkschaftliche Ausrichtung der Angestelltenverbände
- Der Deutschnationale Handlungsgehilfen-Verband
- Mitgliederzahlen der Verbände und Organisationsgrad der Angestellten
- Das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) von 1911
- Die Anfänge der Angestelltenorganisation. Paritätische Berufsverbände
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Entstehung der Angestellten als soziale Gruppe im Deutschen Kaiserreich und ihre sozialpolitische Organisation bis zum Ersten Weltkrieg. Sie beleuchtet den Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft und die spezifischen Herausforderungen und Chancen, die die Angestellten in diesem Prozess erlebten. Die Arbeit analysiert die Entwicklung der Angestelltenverbände und die Durchsetzung des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) von 1911.
- Die Entstehung der Angestellten als soziale Gruppe im Deutschen Kaiserreich
- Die Entwicklung der Angestelltenverbände und ihre Interessenvertretung
- Die Herausforderungen und Chancen der Angestellten im Kontext des Wandels von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft
- Die Durchsetzung des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) von 1911
- Die gesellschaftliche Stellung der Angestellten im Vergleich zu anderen sozialen Gruppen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel behandelt die Entstehung der Angestellten als soziale Gruppe im Deutschen Kaiserreich und ihre Herausforderungen in der entstehenden modernen Industriegesellschaft. Es untersucht die Entwicklung der kaufmännischen und technischen Angestellten, die Rolle der Angestellten im Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft und die gesellschaftliche Bedeutung der Angestellten in der damaligen Zeit.
Kapitel zwei befasst sich mit der Entwicklung der Angestelltenverbände bis zur Einführung der Angestelltenversicherung. Es beschreibt die Anfänge der Angestelltenorganisation, die Gründung von Berufsverbänden und die wachsende gewerkschaftliche Ausrichtung der Angestelltenverbände. Des Weiteren werden die Mitgliederzahlen der Verbände und der Organisationsgrad der Angestellten analysiert.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) von 1911. Es erläutert die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes und seine Auswirkungen auf die soziale Absicherung der Angestellten. Darüber hinaus werden die Bedeutung des Gesetzes für die Position der Angestellten in der Gesellschaft und seine Rolle bei der Durchsetzung von berufsständischen Strukturen untersucht.
Schlüsselwörter
Angestellte, Deutsches Kaiserreich, Sozialpolitik, Angestelltenverbände, Angestelltenversicherung, Industriegesellschaft, Dienstleistungsgesellschaft, Berufsständische Strukturen, AVG, soziale Absicherung
- Citation du texte
- Jan Tilman Günther (Auteur), 2002, Die sozialpolitische Organisation der Angestellten im Deutschen Kaiserreich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16347