Im Mittelhochdeutschen ist es nicht immer leicht, die Struktur eines Werks herauszufiltern, da besonders hier eine starke Verbindung zwischen mündlicher und schriftlicher Überlieferung herrscht, sodass ein „roter Faden“ meist nur sinngemäß aus dem Inhalt heraus gefunden werden kann. Doch zeigt sich bei einem Autor deutlich, dass die Struktur sehr wohl kompositorisch durchdacht und als Gestaltungsmerkmal mit dem Inhalt verarbeitet wurde; und zwar ist dies bei Hartmann von Aue vorzufinden, im Speziellen bei seinem Artusroman „Erec“.
In der modernen mittelhochdeutschen Forschung zu den Strukturierungsmöglichkeiten gibt es zwei Termini, die für die Erklärung der Struktur des Erec verwendet werden und als Strukturierungsprinzipien in der Forschung legitimiert sind. Doch fällt immer wieder auf, dass die beiden Termini „Doppelweg“ und „Doppelter Kursus“ beinahe überall gleichwertig und synonym verwendet und auch als solches verstanden werden. Doch sind dies keineswegs Synonyme und sie dürfen als solche auch nicht verstanden werden, denn sie bezeichnen jeweils grundsätzlich Verschiedenes.
Folglich taucht die Frage auf, was nun der genaue Unterschied dieser beiden Termini ist und ob diese für die aktuelle Forschung überhaupt noch interessant sind. Diesen Unklarheiten möchte ich im Folgenden nachgehen und anhand zwei ausgewählter aktueller Aufsätze erläutern und damit, wenn möglich, beiseiteschaffen.
Meine Fragestellung lautet: Wie sind die beiden Termini „Doppelweg“ und „doppelter Kursus“ zu unterscheiden und vor allem sind diese in der modernen mittelhochdeutschen Strukturierungsforschung noch angemessen und sinnvoll oder werden neue Ansätze dafür bereits sichtbar und notwendig?
Ich möchte folgendermaßen vorgehen. Im ersten Kapitel werde ich die beiden Termini jeweils getrennt definieren und erläutern, um deren Unterschiede genauer skizzieren und damit besser verwenden zu können. Im zweiten Kapitel möchte ich explizit auf zwei aktuelle und wichtige Aufsätze eingehen, in welchen die beiden Termini jeweils hinterfragt und erneuert oder zumindest kritisiert werden. Anhand der Analyse der beiden Meinungen möchte ich daran anschließend mein Fazit ziehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Die Terminologie zur Strukturierung des Erec
- 1.1 Der Doppelweg als Strukturierungsprinzip der Artus-Romane
- 1.2 Der Doppelte Kursus als Strukturierungsprinzip eines mentalen Werdegangs
- 2 Die Struktur des Erec in der modernen Forschung
- 2.1 Das Problem des Doppelwegs bei Elisabeth Schmid
- 2.2 Ein „neuer“ doppelter Kursus bei Ludger Lieb
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Text befasst sich mit der Strukturierung des „Erec“ von Hartmann von Aue, einem bedeutenden Werk der mittelhochdeutschen Literatur. Ziel ist es, die beiden Termini „Doppelweg“ und „Doppelter Kursus“, die in der Forschung häufig synonym verwendet werden, zu differenzieren und deren Relevanz für die Analyse des Erec zu bewerten.
- Definition und Unterscheidung der Termini „Doppelweg“ und „Doppelter Kursus“
- Kritik an der Verwendung des „Doppelwegs“ als alleingültiges Strukturprinzip
- Analyse eines „neuen“ doppelten Kursus in der Interpretation des „Erec“
- Bewertung der Relevanz der beiden Termini für die moderne mittelhochdeutsche Forschung
- Beurteilung der Notwendigkeit neuer Ansätze zur Strukturierung des „Erec“
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit vor und erläutert die Problematik der Strukturierung mittelhochdeutscher Werke. Sie zeigt, dass der „Erec“ von Hartmann von Aue eine kompositorisch durchdachte Struktur aufweist, die durch die Termini „Doppelweg“ und „Doppelter Kursus“ beschrieben wird. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern diese Termini zu unterscheiden sind und ob sie in der aktuellen Forschung noch relevant sind.
1 Die Terminologie zur Strukturierung des Erec
Dieses Kapitel definiert und erläutert die beiden Termini „Doppelweg“ und „Doppelter Kursus“. Der „Doppelweg“ bezeichnet ein Handlungsmuster, das in fast allen Artus-Romanen auftritt und aus zwei Abenteuerwegen besteht. Der „Doppelte Kursus“ hingegen beschreibt die „binäre“ Struktur eines geistigen Prozesses, der innerhalb des „Doppelwegs“ stattfindet.
1.1 Der Doppelweg als Strukturierungsprinzip der Artus-Romane
Dieser Abschnitt beleuchtet die Geschichte des Terminus „Doppelweg“ und seine Entstehung in der Forschung. Er zeigt, dass der „Doppelweg“ als ein allgemeines Strukturprinzip der Artus-Romane gilt, das sich insbesondere in den Werken „Erec“, „Iwein“ und „Parzival“ findet. Der „Doppelweg“ basiert auf dem Prinzip „Gewinn, Verlust und Wiedergewinn“, wobei der Held im zweiten Teil des „Doppelwegs“ die Fehler aus dem ersten Teil korrigieren muss.
1.2 Der Doppelte Kursus als Strukturierungsprinzip eines mentalen Werdegangs
Dieser Abschnitt beschreibt den „Doppelten Kursus“ als Strukturprinzip eines geistigen und moralischen Prozesses, der sich innerhalb des „Doppelwegs“ vollzieht. Er zeigt, dass die „binäre“ Struktur des „Doppelten Kursus“ besonders im „Erec“ und „Iwein“ deutlich wird.
2 Die Struktur des Erec in der modernen Forschung
Dieses Kapitel analysiert zwei aktuelle Aufsätze, die sich mit der Struktur des „Erec“ befassen und die Termini „Doppelweg“ und „Doppelter Kursus“ hinterfragen.
2.1 Das Problem des Doppelwegs bei Elisabeth Schmid
Dieser Abschnitt behandelt den Aufsatz von Elisabeth Schmid, der den „Doppelweg“ als ein zu einengendes und ungenügendes Strukturprinzip für die Analyse des „Erec“ kritisiert.
2.2 Ein „neuer“ doppelter Kursus bei Ludger Lieb
Dieser Abschnitt analysiert den Aufsatz von Ludger Lieb, der einen „neuen“ doppelten Kursus in der Struktur des „Erec“ identifiziert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe und Konzepte der Arbeit sind: „Erec“, „Hartmann von Aue“, „Artus-Roman“, „Doppelweg“, „Doppelter Kursus“, „Struktur“, „Strukturierungsprinzip“, „mentaler Werdegang“, „binäre Struktur“, „Forschungsgeschichte“, „moderne Forschung“, „Kritik“.
- Quote paper
- Nicole Hilbig (Author), 2010, Der Doppelweg und der Doppelte Kursus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163487