Einhergehend mit der Glaubensspaltung entwickelte sich ein Diskurs über die Legitimität weltlicher Herrschaft. Mit der Philosophie des britischen Pfarrers- sohnes Tomas Hobbes (1588 - 1679) etablierte sich die Vertragstheorie. Sie geht in Abgrenzung von der Idee des Gottesgnadentum davon aus, dass Herrschaft nur legitim ist, wenn die Beherrschten ihr zustimmen. Entgegen den Ergebnissen der historischen Forschung geht die Vertragstheorie davon aus, dass die Menschen durch Vertragsabschluss den Staat erst begründeten und die Herrschenden wählten. Neben Hobbes griffen noch John Locke, Jean-Jacques Rousseau und Immanuel Kant die Methode des Vertrages auf, um über legitime Herrschaft nachzudenken. Alle Vertragstheorien fragen, wie der Mensch beschaffen sei und wie die Menschen zusammen lebten, wenn es keinen Staat gäbe. Dieses vorstaatliche Stadium des menschlichen Zusammenlebens wird als Naturzustand bezeichnet.
Diese Arbeit analysiert vergleichend, welche Gedanken über den Menschen und die Gesellschaft im Naturzustand in den Philosophien von Thomas Hobbes (1588 - 1679), John Locke (1632 - 1704) und Jean-Jacques Rousseau (1712 - 1778) zu finden ist. In der Ausgestaltung der politischen Ordnung unterscheiden sich die drei Theoretiker massiv:4 Hobbes wird dabei teils als Vordenker des Totalitarismus gesehen, teils als vorsichtiger Vorläufer der liberalistischen Denklinie Locke - Kant - Rawls verstanden.5 Rousseau hingegen wird oft als gedankliches Fundament antifreiheitlicher oder auch totalitärer und kommunitaristischer Positi- onen gesehen. Gleichzeitig tritt er vehement gegen Repräsentative und für Direkte Demokratie ein.
Die Untersuchung vergleicht untersuchend, welche Vorstellungen vorstaatlichen Lebens die Vertragstheorien der drei Autoren charakterisieren. Wodurch wird der Mensch angetrieben und wie ist er beschaffen? Wie ist der Naturzustand cha- rakterisiert? Welche vorstaatlichen Rechte gibt es? Weshalb wollen die Menschen den Naturzustand verlassen und welche Folgen hat das für die Aufgaben des Staates? Welchen Wert misst der Verfasser dem Naturzustand bei? Die Konzepte des Naturzustands der drei Autoren werden im Folgenden vorgestellt und analysiert. Die vergleichende Gegenüberstellung wird die Konzeptionen anhand dieser Leitfragen gegeneinander abgrenzen sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufdecken.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- „homo homini lupus“ - Der Naturzustand bei Thomas Hobbes
- Der Naturzustand als Kriegszustand
- Motive zur Staatsgründung
- Vollkommene Freiheit und Naturrecht - Vorstaatliches Zusammenleben im Denken John Lockes
- Der Naturzustand
- Der Kriegszustand
- Motive zur Staatsgründung
- Die Erde gehört niemandem! - Der Naturzustand in der Philosophie Jean-Jacques Rousseaus
- Der Naturzustand als Idealzustand
- Ursachen des Verfalls des Naturzustandes
- Motive zur Staatsgründung
- Vergleichende Gegenüberstellung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert vergleichend die Konzeptionen des Naturzustands in den Vertragstheorien von Thomas Hobbes, John Locke und Jean-Jacques Rousseau. Sie untersucht, welche Vorstellungen von menschlicher Natur und vorstaatlichem Zusammenleben die drei Autoren entwickeln und welche Motive sie für die Staatsgründung identifizieren. Dabei wird die jeweilige Konzeption des Naturzustands hinsichtlich der menschlichen Antriebskräfte, der vorstaatlichen Rechte und der Folgen des Übergangs zum Staatszustand beleuchtet.
- Das Konzept des Naturzustands in den Vertragstheorien von Hobbes, Locke und Rousseau
- Die Rolle der menschlichen Natur und der Antriebskräfte im Naturzustand
- Die Frage der vorstaatlichen Rechte und Pflichten
- Die Motive für den Übergang vom Naturzustand zum Staatszustand
- Die Folgen des Staatsgründungsakts für die Aufgaben des Staates
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Vertragstheorien und des Naturzustands ein und stellt die Forschungsfrage der Arbeit vor. Das zweite Kapitel behandelt den Naturzustand bei Thomas Hobbes, der ihn als einen Kriegszustand beschreibt, in dem die Menschen von Egoismus und dem Streben nach Macht getrieben sind. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit John Locke, der den Naturzustand als einen Zustand natürlicher Freiheit und Gleichheit definiert, in dem die Menschen unter dem Naturgesetz leben. Das vierte Kapitel analysiert den Naturzustand bei Jean-Jacques Rousseau, der ihn als einen idealen Zustand der ursprünglichen Freiheit und Gleichheit beschreibt, der durch den Einfluss der Gesellschaft und der Zivilisation zerstört wird.
Schlüsselwörter
Vertragstheorie, Naturzustand, Thomas Hobbes, John Locke, Jean-Jacques Rousseau, menschliche Natur, Freiheit, Gleichheit, Macht, Egoismus, Naturgesetz, Kriegszustand, Staatsgründung, politische Ordnung, Gesellschaft, Zivilisation.
- Citation du texte
- Philipp Ebert (Auteur), 2010, Mensch und Gesellschaft im vorstaatlichen Stadium, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163550