Ende April diesen Jahres entbrannte ein Streit zwischen Russland und Estland wegen der Verlegung eines Kriegsdenkmals aus dem Stadtzentrum Tallinns an den Stadtrand. Der Konflikt zwischen Politikern beider Länder wurde von wochenlangen Demonstrationen begleitet und gipfelte in Unruhen mit Verletzten und Gefangen. Doch was hatte zu diesem Konflikt geführt? Seit 1947 stand das Denkmal des sowjetischen Befreiungssoldaten im Stadtzentrum Tallinns für den Sieg der Roten Armee über die Truppen Hitlers im 2. Weltkrieg. Während es für eine russische Minderheit in Estland ein wichtiges Symbol gegen die Unterdrückung durch den Nationalsozialismus darstellte, stand dasselbe Denkmal für die estnische Bevölkerung für die ehemalige russische Besatzungsmacht. Die Verlegung der Statue hatte die Beziehungen zwischen Russland und Estland verschlechtert. Nachdem am 27. April diesen Jahres das Denkmal abmontiert worden war folgten Massenunruhen in denen mehr als tausend Menschen festgenommen wurden. Russische Jugendliche blockierten die estnische Botschaft in Moskau und der Oberbürgenmeister Moskaus forderte einen Boykott für Estland. Von Seiten russischer Politiker und Bürger wurde Estland mit dieser Tat eine faschistische Grundhaltung unterstellt. (NZZ Online) Seit dem 30. April diesen Jahres steht das Denkmal des sowjetischen Befreiungssoldaten auf einem Soldatenfriedhof in Tallinn.
Die weit reichenden Folgen verdeutlichen, dass es in diesem Streit um weitaus mehr ging als um die simple Verlegung einer Bronzestatue. Bedeutend in diesem Fall sind die unterschiedlichen Symboliken der sich gegenüber stehenden Menschengruppen. Die Russen sehen in diesem Denkmal den Sieg über Hitlers Truppen, für sie ist dies also ein Symbol des Stolzes auf die gemeinsame Vergangenheit. Dasselbe Denkmal bedeutet dagegen aus estnischer Sicht die Unterdrückung durch Russland nach dem 2. Weltkrieg. Der Standort des Denkmals war zentral, im Stadtzentrum Tallinns, so dass die Erinnerung an die Besatzung durch die Zentralität des Standortes wach gehalten wurde. Hierbei wird zum einen deutlich, wie stark ein solches Monument Identitätsstiftend sein kann und zum anderen welche Rolle Interpretationen und Bedeutungszuweisungen dabei spielen. Die folgende Arbeit befasst sich mit der Frage, welche Rolle Gedenkstätten im Prozess des Erinnerns spielen und mit welchen Konzepten Museen oder Dokumentationszentren die Vergangenheit für den Besucher aufarbeiten.
Inhaltsverzeichnis
- Estland, Russland und die Statue
- Erinnerung- Bedeutung für Mensch und Wissenschaft
- Erinnerung und Gedächtnis
- Kollektives Gedächtnis
- Kulturelles Gedächtnis
- Nationales Gedächtnis
- Gedenkstätten- Orte der Erinnerung
- Kriegerdenkmal
- Soldatenfriedhof
- Museum
- Dokumentationszentrum
- Pädagogik in Gedenkstätten des Nationalsozialismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle von Gedenkstätten im Prozess des Erinnerns und analysiert, wie Museen und Dokumentationszentren die Vergangenheit für Besucher aufarbeiten. Sie beleuchtet den Einfluss von Erinnerung auf die menschliche Identität und die gesellschaftliche Konstruktion von Geschichte. Dabei werden verschiedene Konzepte des Gedächtnisses, wie das kollektive, das kulturelle und das nationale Gedächtnis, in den Fokus gerückt.
- Die Bedeutung von Erinnerung für Mensch und Wissenschaft
- Die Konstruktion von Geschichte durch kollektives Gedächtnis
- Die Rolle von Gedenkstätten im Prozess des Erinnerns
- Die Interpretation von Vergangenheit in Museen und Dokumentationszentren
- Die Bedeutung von Gedenkstätten für die Pädagogik
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschreibt den Konflikt zwischen Russland und Estland aufgrund der Verlegung eines Kriegsdenkmals, welches unterschiedliche Symboliken für beide Nationen besaß. Das Kapitel beleuchtet die Bedeutung von Gedenkstätten als Orte der Erinnerung und die Herausforderungen, die mit der Interpretation von Geschichte einhergehen.
Kapitel Zwei untersucht die Bedeutung von Erinnerung für Menschen und Wissenschaft. Es beleuchtet den Wandel des Menschenbildes im 19. und 20. Jahrhundert und die zunehmenden Bedeutung subjektiver Erfahrungen und der menschlichen Psyche.
Kapitel Drei befasst sich mit den Begriffen "Erinnerung" und "Gedächtnis" im kulturwissenschaftlichen Kontext. Es werden verschiedene Gedächtnisformen, wie das kollektive, das kulturelle und das nationale Gedächtnis, vorgestellt.
Schlüsselwörter
Erinnerung, Gedächtnis, kollektives Gedächtnis, Gedenkstätten, Geschichte, Nationalsozialismus, Interpretation, Identität, Museum, Dokumentationszentrum, Pädagogik.
- Quote paper
- Bianca Spindler (Author), 2007, Gedenkstätten: Kriegerdenkmal, Soldatenfriedhof, Museum und Dokumentationszentrum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163652