Außerschulisches Lernen in der Grundschule. Gestaltung eines Projekttages zum Thema "Vom Korn zum Brot"


Praktikumsbericht (Schule), 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1. Allgemeine Einleitung

In der Zeit vom 01.08.2008-20.10.2008 hatte ich zusammen mit einer Kommilitonin im Rahmen des Seminars „Außerschulische Lernorte im Sachunterricht: das Freilichtmuseum Mühlenhof“ die Möglichkeit am Freilichtmuseum Mühlenhof mein Kernpraktikum durchzuführen. Ansprechpartnerin in dieser Zeit war für mich Frau A. Es war das erste Mal, dass ich ein Praktikum an einem außerschulischen Lernort absolvierte. Innerhalb dieser Zeit habe ich sowohl an dem normalen Museumsprogrammen teilgenommen, wie zum Beispiel „Alte Kinderspiel“ am 07.09.2008, aber auch pädagogische Programme für Schulklassen vorbereitet und durchgeführt. Thema dieses pädagogischen Pragramms war „Vom Korn zum Brot“. Dieses wurde am 16.09.2008 und am 17.09.2008 jeweils mit einer Klasse einer Grundschule aus Münster durchgeführt. Am 18.09.2008 kamen gleich drei Klassen gleichzeitig aus einer Grundschule in Rheine zu uns. Zuletzt wurde das Thema dann am 21.09.2008 im Rahmen eines offenen Programms für Kinder unter der Leitung von Frau D. angeboten.

2. Welche Möglichkeiten bietet das außerschulische Lernen?

Das wichtigste Argument für das Aufsuchen außerschulischer Lernorte ist die damit verbundene Lebensnähe des Unterrichts.1 Breits die Reformpädagogen zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten in Abgrenzung zur „alten Schule“ mit ihrer Lebensferne für einen lebensnahen Unterricht plädiert. Kinder beobachten Tiere und Pflanzen und arbeiten selber mit alten Arbeitsgeräten und lernen das Alltagsleben von vor hunderten von Jahren kennen, sie erkunden Arbeitsstätten, Siedlungsformen, historische Gebäude und Museen - und zwar an Originalorten und in Originalzusammenhängen, die (zunächst)nicht didaktisch reduziert sind. Schüler können auf diese Weise eine Vorstellung von dem gewinnen, was sie lernen.

Das Verlassen des Klassenraums bietet die Chance, auf Experten in ihrem Umfeld zu treffen. Ausgestattet mit ihren berufstypischen Insignien setzen sie sich nicht mit didaktisch inszenierten Aufgaben, sondern mit tatsächlichen Arbeitsabläufen auseinander. Kohler beschreibt dies anschaulich: „Ein Förster tut im Wald nicht so, als würde er Futterkrippen prüfen, sondern er prüft sie tatsächlich. Ein Bäcker tut nicht so, als würde er Brot aus dem Ofen holen, sondern er muss es nach einer bestimmten Zeit tatsächlich tun. Ein Bauer tut nicht so, als würde er seinen Kühe füttern, sondern er gibt ihnen tatsächlich ihr Futter.“2 Im Gegensatz zum schulischen Unterricht, in dem die Kinder über das Leben in Gestalt von didaktischen Materialien belehrt werden, treffen sie an außerschulischen Lernorten auf Experten, die das Leben repräsentieren.

Außerschulische Lernorte bieten die Chance, bei Kindern eine fragende Haltung gegenüber der Welt zu entwickeln. Das ist die Zielsetzung der von Roth entwickelten „Originalen Begegnung“. Der Unterrichtsgegenstand soll für die Schüler „fragwürdig“ werden. Sie sollen Fragen an ihn stellen und sich in ihn „verhaken“, bis sich der Gegenstand dem Lernenden vollständig erschlossen hat. „In diesem methodischen Prinzip steckt der Kunstgriff, Kind und Gegenstand so aufeinander zu beziehen, dass sie einander nicht mehr loslassen, sondern ins Gespräch kommen…“3

Besonders lernintensiv sind außerschulische Lernorte dann, wenn auf eine bloße Führung verzichtet und Schülern die Möglichkeit gegeben wird, selbst tätig zu werden. Schüler können z.B. Experten befragen, mit alten Arbeitsgeräten das Korn zu Mehl verarbeiten, sich das Mühlengetriebe ansehen und versuchen es nachzubauen oder zu zeichnen. Zwar wird Grundschulkindern die Abstraktion für das Erkennen, Lernen und Behalten abverlangt, aber sie benötigen nach wie vor Handlungen für ihre Entwicklung.

Das Einbeziehen außerschulischer Lernorte in den Unterricht ermöglicht den Erwerb von Methodenkompetenz. Die Schüler wenden in der Vorbereitungsphase Methoden der Informationsbeschaffung und -verarbeitung an, sie arbeiten mit fachspezifischen Methoden vor Ort und die nutzen Dokumentations- und Präsentationsmethoden in der Auswertungsphase.

Außerschulische Lernorte unterstützen soziales Lernen. Das geschieht bereits dadurch, dass Frage- und Problemstellungen von den Schülern gemeinsam in Arbeitsgruppen bearbeitet werden. Das Arbeiten in Gruppen vor Ort kann Eigenschaften wie Kooperationsfähigkeiten, Toleranz, Hilfsbereitschaft, Rücksicht, Höflichkeit und Solidarität verbessern. Soziales Lernen wird besonders dann begünstigt, wenn Lernorte im Rahmen eines Schullandheimaufenthalts aufgesucht werden. Das Schullandheim stellt durch die zur Verfügung stehende Zeit und die veränderte Umgebung im Vergleich zum täglichen Unterricht eine besondere pädagogische Situation dar.4

Die Schüler entdecken am außerschulischen Lernort in der Regel weit mehr als die Lehrkraft „geplant“ hat. Das über die Planung hinausgehende Lernen sollte als Chance für einen fächerübergreifenden Unterricht genutzt werden.

An außerschulischen Lernorten werden vielfache Sinneserfahrungen ermöglicht, die Schüler werden in ihrer Ganzheit, also auch in ihrer Emotionalität und Körperlichkeit angesprochen. Grass und Heilig beschrieben das Lernen mit vielen Sinnen so: „Kinder nehmen z.B. die Düfte in einer Molkerei wahr, schmecken frische Milch, streicheln ein Kalb, sie sehen einen Mäusebussard auffliegen und hören gleichzeitig seine Flügelschläge und sein Kreischen, sie nehmen das kleiner werdende Flugbild wahr.“5 Schreiber weist allerdings darauf hin, dass „nicht zu Gunsten einer noch wenig operationalisierten Ganzheitlichkeit leichtfertig auf fachspezifisch-wissenschaftliche Methoden und Ergebnisse verzichtet werden sollte.“6 Außerschulisches Lernen ist schließlich Bestandteil des Konzepts der Öffnung von Schule.7 Dabei geht es neben der methodischen und thematischen auch um die institutionelle Öffnung.8 Die Schüler verlassen zum einen den Klassenraum, um die natürliche, soziale und kulturelle Umwelt zu erkunden. Damit öffnet sich die Schule dem gesellschaftlichen Umfeld und den sie umgebenden Lernorten. Zum anderen wird die Schule für außerschulische Experten9 geöffnet. „Mit Experten können Kinder aus erster Quelle lernen, erkunden, erleben, erforschen, reden, etwas herausfinden oder einer Merkwürdigen Geschichte auf den Grund gehen.“10

3. Informationen über das Mühlenhof-Freilichtmuseum Münster

Das Mühlenhof-Freilichtmuseum Münster wurde 1959/60 gegründet und 1961 mit der Wiedererrichtung einer Bockwindmühle aus dem Emsland eröffnet. Die Idee, ein solches Freilichtmuseum bäuerlicher und handwerklicher Kultur zu schaffen, hatte der damalige münstersche Verkehrsdirektor Theo Breider (1903-1993). Er verstand es, sein Vorhaben tatkräftig zu verwirklichen und dafür viele Helfer und Förderer in ganz Westfalen zu gewinnen.

Träger des Freichlichtmuseums ist bis heute der 1963 von Theo Breider ins Leben gerufene gemeinnützige Verein „De Bockwindmüel“e.V. Bürger der Stadt Münster und Westfalens setzen sich in freier Initiative für das Museum ein und tragen dazu bei, es lebendig zu erhalten und weiterzuentwickeln. Besucher werden sachkundig informiert und betreut.

An die 30 große und kleine historische Bauten wurden von ihren ursprünglichen Standorten ins Mühlenhof-Freilichtmuseum versetzt. Einige sind nach alten Vorbildern rekonstruiert. Im Inneren sind die Häuser mit historischem Sammlungsgut ausgestattet.

Die Bockwindmühle von 1748 stammt vom Hof Raming-Freesen in Oberlangen bei Lathen/Emsland. Sie war bis 1943 in Betrieb und wurde in den Jahren 1960/61 als erstes Bauwerk des Mühlenhofs wieder aufgebaut.11

4. Lernvoraussetzungen der Kinder zum Thema „Vom Korn zum Brot“

Brot ist ein alltägliches Lebensmittel - oft schon in Folie eingeschweißt. Über die Herkunft wissen nicht alle Kinder Bescheid.

Gerade wegen der Alltäglichkeit ist es für Kinder faszinierend, wenn sie einmal „hinter die Kulissen“ blicken dürfen. Denn von „Korn“ ist in der Brotwerbung oft die Rede, aber wo das Korn im weißen Toastbrot zu finden ist, ist schwer nachvollziehbar und nur wenigen Kindern klar. Aber auch hier sind die Lernvoraussetzungen im Grundschulalter außerordentlich heterogen. Einige Kinder kennen viele Zusammenhänge, haben z.B. häusliche Brotbackerfahrungen, während andere wiederum die Herkunft des Brotes auf den Supermarkt reduzieren. Deshalb ist es wichtig, differenzierte Zugangsmöglichkeiten zur Thematik zu schaffen. Gleichwohl ist es für alle Kinder wichtig, dieses Produkt mehrdimensional zu erfassen, die Arbeitsdimensionen des Herstellens sinnlich zu erfahren und durch Handeln bei der Mehlproduktion und beim Säen besser zu begreifen.

Versuche und Erkundungen sollen den Kindern die Möglichkeit geben, Antworten auf ihre Fragen zu Finden.

[...]


1 Vgl. Schmitt , H., Verlasst die Übungsräume, 1988, S. 55.

2 Kohler, B., Lerngänge, 2003, S. 169

3 Roth, H., Die „originale Begegnung“ als methodisches Prinzip, 1976, S. 116. 2

4 Vgl. Bönsch, M., Unterrichtsmethoden - kreativ und vielfältig, 2002, S. 175.

5 Grass, K. & Heilig, B., Außerschulische Lernorte, 1986, S. 151.

6 Schreiber, W., Lernen an außerschulischen Lernorten, 2004, S. 6.

7 Vgl. Drews U. & Durdel, A., Offene Schule - offener Unterricht, 1998, S. 317ff.

8 Vgl. Benner, D., Auf dem Weg zur Öffnung von Unterricht und Schule, 1989, S. 51ff.

9 Vgl. Bussmann, M., Zusammenarbeit mit außerschulischen Experten, 2002, S. 28ff.

10 Hameyer, U. & Sandfuchs, U., Experten in der Schule, 2005, S. 7. 3

11 Neubearbeitete und erweiterte Fassung des Faltblattes 1993 von Elke Berner, Dr. Siegfried Kessemeier, Willi Niemann, hrsg. von Mühlenhof-Freilichtmuseum Münster, De Bockwindmüel e.V.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Außerschulisches Lernen in der Grundschule. Gestaltung eines Projekttages zum Thema "Vom Korn zum Brot"
Hochschule
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V164105
ISBN (eBook)
9783668245655
ISBN (Buch)
9783668245662
Dateigröße
558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
außerschulisches, lernen, grundschule, gestaltung, projekttages, thema, korn, brot
Arbeit zitieren
Olga Hock (Autor:in), 2008, Außerschulisches Lernen in der Grundschule. Gestaltung eines Projekttages zum Thema "Vom Korn zum Brot", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164105

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