„Ich bin nicht du und weiß dich nicht.“ Der Paar-Dialog als therapeutische Intervention in der Integrativen Therapie.


Tesis de Máster, 2009

95 Páginas


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abstract

Einleitung

Motivation

Danksagung

1. Ansätze zur Paartherapie in unterschiedlichen Verfahren
1.1. Psychoanalyse
1.2. Klientenzentrierte Psychotherapie, Gesprächspsychotherapie
1.3. Verhaltenstherapie
1.4. Systemische Therapie

2. Modelle in der Paartherapie
2.1. Jürg Willi
2.2. Hans Jellouschek
2.3. Michael Lukas Moeller
2.4. Michael Cöllen: Paarsynthese
2.5. Rudolf Sanders: Partnerschule

3. Integrative Therapie
3.1. Ko-respondenz und Intersubjektivität
3.2. Relationalität: Das Beziehungsmodell der Integrativen Therapie
3.3. Du, Ich, Wir - vom Dialog zum Monolog zum Polylog

4. Imago-Therapie
4.1. Die Imago - die unbewusste Partnerwahl
4.2. Kosmologie der Verbindung
4.3. Reaktivität versus Intentionalität

5. Der Paar-Dialog
5.1. Struktur des Paar-Dialogs
5.1.1. Spiegeln
5.1.2. Zusammenfassen
5.1.3. Verstehen
5.1.4. Mitfühlen
5.1.5. Der Paar-Dialog inübersicht

6. Der Paar-Dialog in der Integrativen Therapie
6.1. Disziplin im Dialog
6.2. Der Paar-Dialog als Integrative Intervention
6.3. Die vier Wege der Heilung
6.4. Hermeneutische Spirale

7. Abschließende Bemerkungen

8. Anhang: Tausch - ein neuer Dialog

9. Literatur

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema Paartherapie und im Besonderen den Paar-Dialog als therapeutische Intervention in der Begleitung mit Paaren.

Im ersten Teil werden verschiedene Therapieverfahren, wie die Psychoanalyse, die Verhaltenstherapie, die Klientenzentrierte Psychotherapie und die Systemische Therapie mit ihrem theoretischen und praktischen Verständnis im Hinblick auf Beziehung und Partnerschaft vorgestellt.

Im zweiten Teil werden die paartherapeutischen Modelle von Willi, Jellouschek, Moeller, Cöllen und Sanders skizziert und ihre theoretischen Ansätze und Handlungsstrategien in der praktischen Arbeit mit Paaren erläutert.

Im dritten und vierten Teil befasse ich mich mit dem Verfahren der Integrativen Therapie und der Methode der Imago-Paartherapie.

Der Paar-Dialog als therapeutische Intervention steht im fünften Teil im Mittelpunkt und wird anhand eines Fallbeispieles aus der Praxis präsentiert.

Im sechsten Teil wird der Paar-Dialog als Interventionsmöglichkeit in der Integrativen Paartherapie dargelegt und auf seine Kompatibilität untersucht.

Durch die Darstellung des Paar-Dialogs als wirkungsvolle Intervention im Sinne von Heilung und Persönlichkeitsentfaltung möchte ich mit dieser Arbeit einen Beitrag zur Integrativen Paartherapie leisten.

Abstract

This paper is focused on the topic of couples therapy, especially on the intentional dialog as a therapeutic intervention in the work with couples.

In the first part various therapeutic streams with their theoretical and practical understanding concerning the support of couples in therapy are described. These are Psychoanalyse, Klientenzentrierte Psychotherapie, Systemische Therapie, Verhaltenstherapie and the Integrative Therapie.

In the second part the models of couples therapy created by Willi, Jellouschek, Moeller, Cöllen and Sanders are presented. It is shown which are the single theoretical views and the different ways of working with couples in therapy.

In the third and fourth part the Integrative Therapie and the Imago Therapy are presented. In the fifth part the intentional dialog as a therapeutic intervention is described, supported by a practical case.

In the sixth part the intentional dialog is introduced as a practical tool and as an efficient intervention in the Integrative couples therapy.

This work will give a contribution to the Integrative couples therapy. By presenting the various ways of working with couples the intentional dialog is supposed to be an efficient tool for healing and personal growth to get integrated in the Integrative Therapie.

„Wenn eine Beziehung gut läuft, ist das Leben wunderbar. Wenn sie nicht läuft, kann alles dagegen furchtbar sein. Was kann es in der heutigen Zeit denn wichtigeres geben, als an uns selbst und unserer Beziehung zu arbeiten? Dadurch könnten wir die Geschenke unserer partnerschaftlichen Bemühungen an eine neue Generation von Kindern weitergeben und zugleich in unser Leben ein Gefühl der Freude und des Reichtums einbringen, die mit einer bewussten Beziehung einhergeht.“

(H. & S. L. Stone, 2005, S. 33)

Einleitung

Die Anstrengungen in der Psychotherapie während der letzten fünfzig Jahre, Beziehung, Partnerschaft und Ehe neu zu verstehen, zeigen, welch großer Bedarf an Veränderungen und Erneuerungen besteht. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich in der Psychotherapie ein Wandel vollzogen, in dem der Fokus nicht mehr primär auf das Individuum gelegt, sondern auf das Beziehungsparadigma verlagert wurde. Die Beziehung, das Da - Zwischen von Ich und Du, das Wir, das etwas Neues hervorbringt, rückt in den Mittelpunkt des therapeutischen Verständnisses. Diese Entwicklungen werden unter anderem, wie in der Arbeit dargestellt wird, in dem Verfahren der Integrativen Therapie, deren Kernkonzept das Ko-respondenzmodell mit dem Intersubjektivitätskonzept ist, sichtbar. Der Mensch ist eingebunden in seine Umwelt, wird von dieser geformt und formt diese selbst mit. Das Ich wird ausgeprägt durch das Du, Sein ist Mit-Sein und die Bezogenheit auf den anderen und auf die W elt ist der Ausgangspunkt unserer Existenz (vgl. Kapitel 3).

Die Frage nach den Ursachen von Beziehungs- und Partnerschaftsproblemen, das zunehmende Scheitern von Ehen in den letzten vierzig Jahren und der Versuch, Erklärungs- und Lösungsmodelle zu finden, führte zur Entwicklung verschiedener paartherapeutischer Ansätze. In ihren theoretischen Anschauungen sind einige Analogien wiederzuentdecken. So beschreiben die einzelnen Modelleähnliche Aspekte mit unterschiedlichen Begriffen, wie zum Beispielävon den Phänomenen zu den Strukturen zu den Entwürfen“ (Petzold 1993, Band II/2, S.593),äAltlasten, die jeder Partner als Mitgift in die Beziehung mitbringt“ (vgl. Cöllen 2003, S.128) oderädas Paar tanzt seinen Beziehungstanz zu den Melodien, die den jeweiligen Lebensthemen der einzelnen Partner entsprungen ist“ (Welter-Enderlin 2007, S. 10 ff). Darin wird deutlich, dass davon ausgegangen wird, dass jeder einzelne Partner seine Prägungen unbewusst in die Beziehung mitbringt und sich Altes durch den Partner reinszeniert.

Jeder dieser Ansätze versucht, therapeutische Wege zu finden, Paaren in ihrer Not zu helfen, Krisen und Engpässe zu bewältigen oder Trennungen und Abschiede zu begleiten. In den letzten zehn Jahren kamen die neuen neurowissenschaftlichen Erkenntnisse und ihre Auswirkungen auf die Persönlichkeitsbildung und somit auf die Paarentwicklung und -beziehung hinzu. Sie waren in der Erkenntnisgewinnung und Erstellung von Handlungskonzepten und -strategien in der therapeutischen Begleitung von Paaren sehr bedeutungsvoll.

Das Phänomen einer Paarbeziehung ist, seitdem sie auf deräromantischen Liebe“ aufbaut, so komplex und mysteriös geworden, dass es in einer effizienten therapeutischen Begleitung vieler Möglichkeiten bedarf, Paare zu stützen und zu halten und ihnen neue Wege aufzuzeigen. Die Frustrationen und Resignationen nach zerbrochenen Partnerschaften sitzen tief und führen die einzelnen Menschen oft in Krise. Um diese persönlichen Einbrüche und Abstürze aufzufangen oder zu verhindern, ist eine gute Verbindung der verschiedenen Verfahren und Modelle notwendig. Auf diese Weise ist es möglich, vielseitige Wege in der Paartherapie zu beschreiten. In intersubjektiven Ko-respondenzprozessen zwischen den einzelnen Therapierichtungen kann ein komplexes und buntes Packet von Strategien, Interventionen und Techniken für die Paartherapie geschnürt werden, um dadurch den vielschichtigen Prozessen einer Paarbeziehung und den unterschiedlichen Paaren gerecht zu werden.

Der Paar-Dialog in der Imago-Therapie ist eine Intervention, welche die diversen Strategien der Paartherapie unterschiedlicher Verfahren bereichern kann. In seiner Struktur entspricht er zum einen der hermeneutischen Spirale vonäwahrnehmen, erfassen, verstehen, erklären“ (Petzold 1993, S.123 ff), zum anderen entspricht er den vier Wegen der Heilung, in denen es um Bewusstseinsarbeit, Nachnähren, Integrieren und Neuorientierung geht. In Kapitel drei und sechs wird darauf näher eingegangen.

Integration ist das Stichwort, das Hauptanliegen meiner Arbeit. Gemäß dem Integrationsparadigma der Integrativen Therapie werde ich auf der Basis desäTree of Science“ (s. Kapitel 3) neue Erkenntnisse aufzeigen und ]nachfolgend den Paar- Dialog innerhalb der Integrativen Therapie auf seine Kompatibilität hinüberprüfen.

Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik hat mir als Integrative - und Imago- Therapeutin geholfen, eine Integration zu schaffen, in der statt Abspaltung oder Ausgrenzung, Einbindung, Erweiterung und Bereicherung sich vollzogen haben.

Verbindung heilt, Ausgrenzung macht krank und zerstört.

Motivation

Meine persönliche Beziehungssituation vor neun Jahren war ursprünglich ausschlaggebend für mein Interesse an der Paartherapie. Zum wiederholten Male waren mein Mann und ich an einem Punkt angelangt, an dem wir glaubten, als Paar nicht mehr weiterzukommen. Damals waren wir beide bereits Psychotherapeuten für Integrative Therapie und hatten aufgrund unserer Situation einige paartherapeutische Sitzungen besucht, die jedoch wenig nachhaltig waren. Beide waren wir derüberzeugung, uns selber und den anderen mit seinen Problemen zu kennen, aberüber unsere Beziehungsdynamik und darüber, was uns immer wieder nahe des Abgrundes und des Abbruchs brachte, wussten wir nur wenig.

Im Jahr 2000 begegneten wir der Imago-Therapie und lernten diesen Ansatz in Theorie und Praxis kennen und anzuwenden. Nach und nach mündete diese Arbeit auch in meinen professionellen Lebensbereich als Psychotherapeutin. Ich begann mit Paaren zu arbeiten und vertiefte meine erweiterte Kompetenz als Paartherapeutin. Inzwischen ist mir ihre Begleitung sehr ans Herz gewachsen.

Deshalb liegt mir daran, in dieser Arbeit, auf dem Hintergrund der bestehenden paartherapeutischen Modelle, den Imago Paar-Dialog als effektive und praktikable Intervention in der Integrativen Paartherapie darzustellen.

Danksagung

Ich möchte mich vor allem bei meinem Mann für seine Bereitschaft, Offenheit und Liebe, mit mir das Abenteuer einer bewussten Beziehung zu leben, bedanken. Auch unseren drei Söhnen danke ich von Herzen für ihre Geduld mit uns als Eltern. Ein besonderer Dank ergeht an Dr. Renate Frühmann, die mich auf meinem gesamten therapeutischen Werdegang begleitet hat.

Bedanken möchte ich mich auch bei Peter Osten, MSc für seine kollegiale und freundschaftliche Unterstützung in meiner professionellen Entwicklung. Danken möchte ich Prof. Dr. Anton Leitner und Prof. Waldemar Schuch, die es in bewundernswerter Ausdauer und Zielstrebigkeit erreicht haben, dass die Integrative Therapie als psychotherapeutisches Verfahren inösterreich anerkannt wurde und an der Donau-Universität Krems gelehrt wird.

Ein herzliches Dankeschön gebührt Hedy und Yumi Schleifer sowie Maya Kollmann, die mir den wunderbaren Weg in die therapeutische Arbeit mit Paaren eröffnet haben.

Danken will ich schließlich all den Paaren, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben und durch die ich als Paartherapeutin vieles hinzu lernen und vertiefen konnte.

1. Ansätze zur Paartherapie in unterschiedlichen Verfahren

1.1. Psychoanalyse

Sigmund Freud, Begründer der Psychoanalyse, beschäftigt sich mit dem einzelnen Menschen, der in seiner Individualität und in der Abhängigkeit seiner eigenen Triebe gesehen wird. Die Psychoanalyse setzte den Fokus lange Zeit auf die intrapsychischen Konflikte und erst später rückten durch die Objektbeziehungstheorie (Kohut und Kernberg) interpersonale Aspekte in den Vordergrund. Kohut schrieb:äIch versuche inneres Erleben zu beobachten und zu erklären - einschließlich des Erlebens von Objekten, des Selbst und ihrer verschiedenen Beziehungen“ (Kohut 1981, S. 17). Dies spiegelt sich auch in deräInterpersonellen Psychoanalyse“ (Sullivan, Horney in Halbleib 2005, Hauptteil 2, S. 16) wieder.

Die Psychoanalyse geht davon aus, dass Paarkonflikte aus folgenden Gründen entstehen: 1. konflikthafte Muster aus der Eltern-Kind-Beziehung der Partner wiederholen sich, 2. konflikthafte Muster aus der Elternbeziehungen wiederholen sich, 3. verschiedene Vorstellungen von Familie kollidieren und ein eigener gemeinsamer Stil kann nicht entwickelt werden, 4. Ablehnung von Seiten der Schwiegerfamilien und daraus resultierende Loyalitätskonflikte, 5. Schwierigkeiten in der Ablösung von der Herkunftsfamilie und deren Einmischung.

Die Ursachen für die Konflikte und die sich daraus entwickelnden Störungen in der Paarbeziehung verlaufen meist unbewusst.

Es gibt unterschiedliche Modelle in der psychoanalytischen Paartherapie, die je nach Indikation angewandt werden. Kreische fasst diesbezüglich zusammen:äBei der Indikationsstellung für das bestgeeignete paartherapeutische Verfahren im jeweiligen Behandlungsfall sind neben der neurosenpsychologischen Diagnostik vielfältige weitere, vor allem interaktionsdiagnostische Faktoren zu berücksichtigen.“ (Kreische 2000, S. 257 ff.)

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht die gegenwärtige Lebenssituation der Patienten, deren lebens- und beziehungsgeschichtlichen Kontext (Übertragung und Gegenübertragung), die Ressourcenaktivierung der Patienten, störende Faktoren aus der Vorgeschichte der Patienten, die Entwicklung verhindern.

Der Fokus liegt nach wie vor beim Einzelnen, dem Patienten und seinen Störungen oder Erkrankungen, und deren Auswirkungen auf die Paarbeziehung.

1.2. Klientenzentrierte Psychotherapie, Gesprächspsychotherapie

Die Klientenzentrierte beziehungsweise Personenzentrierte Psychotherapie, die von Carl Rogers entwickelt wurde, geht davon aus, dass jeder Mensch eine subjektive W ahrheit hat, die ihn leitet und sein Handeln bestimmt. Die Fähigkeiten und Potentiale eines Menschen werden betont.

Der Mensch ist sich seiner Fähigkeiten bewusst, setzt sich mit seiner Umwelt konstruktiv auseinander und kann sich rational für eine Entwicklung entscheiden.

Die klientenzentrierte Psychotherapie stellt die zwischenpersonelle oder interpersonelle Beziehung zwischen Klient und Therapeut in den Mittelpunkt des therapeutischen Prozesses. Rogers schreibt dazu:ädass der einzelne die hinlängliche Fähigkeit hat, konstruktiv mit all jenen Aspekten seines Lebens fertig zu werden, die potentiell dem Bewusstsein gegenwärtig werden können. Das bedeutet die Schaffung einer interpersonellen Situation, in der einmal dem Klienten Material zum Bewusstsein kommen kann und zum anderen der Therapeut seine Bereitwilligkeit sinnvoll demonstriert, den Klienten als eine Person zu betrachten, die imstande ist, sich selbst zu lenken“ (Rogers 1978, S.37 f).

Darüber hinaus werden auch andere Beziehungen des Klienten betrachtet. Intention des Therapieprozesses ist es, die Selbstwahrnehmung zu steigern, das Vertrauen in die eigene Person zu stärken und die Fähigkeit der Selbststeuerung zu verbessern.

ÄWenn das Individuum all seine Körper- und Sinneswahrnehmungen wahrnimmt und in ein konsistentes und integriertes System aufnimmt, dann hat es daraus folgend mehr Verständnis für andere Personen und verhält sich diesen gegenüber akzeptierender“ (Rogers 1976, S. 447)

Da die klientenzentrierte Psychotherapie nicht nur auf die Förderung des Einzelnen und die Behandlung von Störungen der Person (intrapersonale Perspektive) ausgerichtet ist, sondern auch die Behandlung von gestörten zwischenmenschlichen Beziehungen (interpersonelle) in den Mittelpunkt stellt, ist sie in ihrem Ansatz alsäBeziehungstherapie“ sehr gut geeignet und findet in der Paartherapie ihre Anwendung.

Die therapeutische Haltung zwischen Klient und Therapeut ist geprägt von Respekt, W ertschätzung, Empathie, Authentizität, Ehrlichkeit und den Glauben an die Selbstheilungskräfte und das Entwicklungspotential des Klienten.äDer Therapeut nimmt das Selbst des Klienten wahr, wie der Klient es gekannt hat, und akzeptiert es; er nimmt die widersprüchlichen Aspekte, die vor dem Bewusstsein geleugnet worden sind, wahr und akzeptiert auch sie als einen Teil des Klienten; und beide Akzeptierungen besitzen die gleiche Wärme und den gleichen Respekt“ (Rogers, 1978, S.52).

Diese Qualitäten, die in jeder zwischenmenschlichen Beziehung, wie beispielsweise in der Paarbeziehung, von großer Wichtigkeit sind, können auch in der Paarther apie gelernt werden.

Das therapeutische Geschehen in der Paartherapie sieht so aus, dass beide Partner eine Einzeltherapie erfahren, die in der Anwesenheit des anderen durchgeführt wird. Durch die Zeugenschaft am Prozess des Partners können Verständnis und Empathie für den anderen wachsen, eigene Verteidigungshaltungen sich entspannen und das Klima in der Paarbeziehung sich verändern. Im therapeutischen Prozess geht es vor allem um beziehungsrelevante Themen, deren Bearbeitung und Lösung die Beziehung wiederum positiv beeinflussen.

Da die Interaktion des Paares nicht im Mittelpunkt steht und behandelt wird, sollte gemäß Auckenthaler eigentlich nicht von einer Paartherapie, sondern eher von einer klientenzentrierten Psychotherapie mit Paaren gesprochen werden. Sie erklärt dies wie folgt:

Eine Spezifizierung von zusätzlichen Bedingungen, die innerhalb der klientenzentrierten Psychotherapieüber die Einzeltherapie eines individuellen Klienten hinaus in Richtung auf eine Partnertherapie zu realisieren sind, ist daher nur von der Theorie der interpersonellen Beziehungen zu erwarten. Die theoretische Grundlegung der klientenzentrierten Partnertherapie muss daher die Verbindung (Integration) der beiden genannten Theorien versuchen, die gleichzeitig die Berücksichtigung der Beziehung zwischen Therapeut und Klient einerseits sowie zwischen zwei (Alltags-) Partnern andererseits ermöglicht. Dieses Nebeneinander von therapeutischer Beziehung und Alltagsbeziehung entspricht dem Setting der ‚eigentlichen’ Partnertherapie“ (Auckenthaler 1983, S. 69).

Auckenthaler lehnt eine methodische Vermischung ab und warnt davor, eklektisch vorzugehen. Das Vorgehen und das Handwerkszeug von Carl Rogers reicht ihrer Ansicht nach aus, um mit Paaren zu arbeiten.

Der Rückgriff auf das Veränderungskonzept des klientenzentrierten Ansatzes hat außerdem gezeigt, dass klientenzentrierte Therapeuten sich von der Adaption anderer therapeutischer partnertherapeutischer Ansätze kaum Hilfe erwarten können Gelingt es, Antworten innerhalb des klientenzentrierten Ansatzes zu geben, sollte der Verzicht auf die vorschnelleübernahme von Antworten aus untereinander inkohärenten partnertherapeutischen Ansätzen möglich werden; damit wäre die Basis für ein nicht-eklektisches, kohärentes, theoriegeleitetes Handeln geschaffen“ (Auckenthaler 1983, S. 57 f).

In einem späteren, weiterentwickelteren Ansatz von O’Leary wird die Interaktion des Paares stärker mit einbezogen und eine gelungene Synthese aus personenzentrierter Haltung und lösungsorientiertem Arbeiten erreicht (O’Leary 1999, vgl. Halbleib 2005, Hauptteil 2, S. 19).

Im klientenzentrierten Ansatz kommen oftmals die Aufarbeitung von Vergangenem, Kränkungen und Verletzungen, die unbewusst den Prozess steuern, zu kurz.

1.3. Verhaltenstherapie

Die ersten Ansätze der Verhaltenstherapie kommen aus den 50er Jahren und haben in der lerntheoretischen und kognitiven Verhaltenstherapie ihren Niederschlag gefunden.

Die lerntheoretische Verhaltenstherapie hat eine hohe Affinität zur empirischen Grundlagenforschung und geht davon aus, dass Therapie als ein Experiment verstanden wird, als nachvollziehbares, wiederholbares und messbares Geschehen. Lerntheorien haben hier eine große Bedeutung.äVerhaltenstherapie lässt sich als schrittweiser Lern- und Veränderungsprozess kennzeichnen“ (Reinecker 1999, S.110).

In der kognitiven Verhaltenstherapie liegt der Schwerpunkt auf den Prozessen des W ahrnehmens, Erkennens, Begreifens, Urteilens und schlussfolgernden Denkens. Es geht um die Steuerung von Verhalten und Handeln. Neue Informationen, Problemlösungswege, Verständnis von Emotionen, Wahrnehmung von sozialen Beziehungen, Erlernen von neuem Kommunikationsverhalten und Bewältigungsmöglichkeiten verhelfen zu einer Verbesserung der Steuerung.

Entwicklungspsychologische Aspekte werden ebenso berücksichtigt. Die therapeutische Vorgehensweise ist hermeneutisch und dialogisch.

Die Verhaltenstherapie sieht im Verlust der Reziprozität die häufigste Ursache von Paarproblemen. Eine Negativspirale, die durch gegenseitige Kritik und Vorwürfen gespeist wird, in der zwanghaft versucht wird, den Partner zu verändern, verschlimmert das Klima zwischen ihnen und kann meist alleine nicht mehr aufgehalten werden. Positive Reziprozität, die ein neues Verhalten lehrt, kann gelernt, geübt und trainiert werden, wie zum BeispieläMit den Verwöhntagen kann man Paaren eine Möglichkeit an die Hand geben, den Negativtrend ihrer Beziehung umzukehren: Statt wie bisher fast ausschließlich auf die destruktiven Aspekte ihrer Interaktion zu schauen, eröffnet sich damit plötzlich eine neue, belohnende Beziehungswelt vor ihnen.“ (Bornstein/Bornstein 1993, S. 103).

Auch Kommunikation, eine häufige Falle für fehlerhaftes Verhalten und Ursache für viele Missverständnisse und Konflikte, die zu schwerwiegenden Paarproblemen führt, kann gelernt und vom Negativen zum Positiven verändert werden. Bornstein schreibt hinsichtlich dessen:

Eine wichtige Aufgabe des Paartherapeuten ist es daher, die Partner darin zu unterstützen, ihre Wünsche und Erwartungen explizit zu formulieren. Diese genau spezifizierten positiven und negativen Verhaltensweisen können dann Gegenstand therapeutischeränderungsbemühungen werden.“ (Bornstein/Bornstein 1993, S. 48).

In der Verhaltenstherapie ist der therapeutische Prozess klar strukturiert und der Therapeutübernimmt die Führungsrolle. Erklärungen und Einsicht in die Problematik fördert die Motivation der Partner. Das Paar soll am Ende der Therapie in der Lage sein, Konflikte und Probleme mit den neu erlernten und geübten Kommunikationsmustern und Bewältigungsstrategien selbstständig zu lösen.

1.4. Systemische Therapie

In den 50er und 60er Jahren wurde die Familientherapie entwickelt. Dieser systemtheoretische Ansatz führte zu einer Trennung zwischen den Psychoanalytikern und den Systemikern, die bis heute anhält.

In der Familientherapie steht nicht die einzelne Person im Mittelpunkt des Interesses, sondern das soziale Eingebundensein und dessen Beziehungs- und Interaktionsstruktur. Fremdbestimmtheit wird hier stärker betont. Soziale und kulturelle Kräfte beeinflussen das Individuum und bestimmen sein Verhalten.äPsychische Störungen werden als Beziehungsstörungen im System definiert und interpersonale Auffälligkeiten sind Indikatoren für Beeinträchtigungen sozialer Bedingungen und Entwicklungen“ (Halbleib 2005, Hauptteil 2, S. 21).

Der Mensch wird in seinem Kontext und seinen Beziehungen verstanden. Sein zwischenmenschliches Verhalten stehen im Mittelpunkt, während das Intrapsychische meist vernachlässigt wird. Das Selbst entwickelt sich aus den Interaktionen mit den anderen und das Erleben und Verhalten des Individuums werden durch die Einflüsse aus der Umwelt gesteuert. Halbleib sagt dazu:äDas menschliche Sozialverhalten ist ein zirkuläres Feed-back System, in dem das System das Problem erzeugt und das Problem das System beeinflusst.“ (Halbleib 2005, Hauptteil 2, S. 21)

Die Familientherapie betrachtet das Paar als eine der möglichen Untergruppen eines Familiennetzwerkes, und für systemtherapeutische Zielsetzungen als nicht brauchbare Einheit. Es bleibt deshalb offen, ob innerhalb der Familientherapieüberhaupt von Paartherapie gesprochen werden kann. Die systemischen Ansätze haben trotz allem wichtige Anregungen für die Arbeit mit Paaren gebracht.

Wie auch die Therapeuten in anderen Schulen erleben die Systemiker die Problematik der Triangulation. Allparteilichkeit und Neutralität sind oft schwer zu halten, wenn Paare in heftigen Machtkämpfen in die Therapie kommen und jeder um die Gunst des Therapeuten kämpft. Daher ist es wichtig, sich dieser Gefahr bewusst zu sein und Neutralität und Allparteilichkeit als oberstes Gebot zu betrachten.

Auftragsklärung und respektvolle Neugier, zirkuläres Fragen, Humor und Ressourcenaktivierung sind weitere wichtige Ansätze in der Familientherapie.

Die systemische Vorgehensweise ermöglicht oft sehr rasch, festgefahrene Fronten und Sichtweisen zu verflüssigen und spielerisch und kreativ zu interagieren.

In den 1970 er Jahren haben der systemisch orientierte Familientherapeut Jay Haley und der Verhaltenstherapeut Richard B.Stuart eng in der Entwicklung paartherapeutischer Theorien zusammengearbeitet. Da sie beide Ansätze zusammengefügt haben, wurden kognitive Modelle der Verhaltenstherapie nun auch wesentliche Elemente des systemischen Ansatzes.

1.4.1. Systemisch-Integrative Familientherapie

Rosmarie Welter-Enderlin entwickelte während der letzten dreißig Jahren einen eigenen Ansatz, den sie als systemisch-integrativ bezeichnete. Sie versteht systemisches Handeln nicht mehr nur als Beobachtung und Beeinflussung von Beziehungen, deren Spielregeln es zuändern gilt, sondern legt den Fokus auch auf die Geschichte des Individuums mit seinen Gefühlen. Es geht ihr dabei darum, diese zu verstehen und zu nutzen und im Sinne eineräWurzel - Flügel Dialektik“ (WelterEnderlin 2007, S. 14) Lösungen zu entwerfen.

In ihrem BuchäEinführung in die systemische Paartherapie“ (2007) schreibt WelterEnderlin, dass die Paartherapie in der Systemischen Therapie lange Zeit ein Stiefkind war. Es fehlten Konzepte des Individuums sowie Beschreibungen von Frau und Mann und ihren Lebenswelten.äAuf der Basis der systemtheoretischen Idee, dass das Ganze mehr sei als die Summe seiner Teile, wurden die Teile ignoriert“ (Welter-Enderlin 2007, S. 10).

Eine zentrale Rolle spielen in ihrem Konzept Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Dimensionen der gleichen Wirklichkeit, mit der Frage, was die Dinge aus uns gemacht haben und was wir daraus machen.überlegungen darüber‚ was Paare bewahren wollen, was an unerledigter Geschichte abgeschlossen werden soll, was neu ausprobiert und was aus dem Repertoire verbannt werden soll’, sind Leitfäden in der Therapie. Sie spricht vonäBeziehungstanz“ oderäTanz der Paare“, der zu den Melodien, die den jeweiligen Lebensthemen der einzelnen Partner entsprungen sind, getanzt wird.äOffenbar spielen die beiden in der Krise wieder einmal die alten Lebensthemen aus der Familiengeschichte durch: blinder Tanz zu Melodien, die nur sie hören“ (Welter-Enderlin 2007, S. 47).

Welter-Enderlin versteht Therapie als Kunstlehre und verfolgt ein Menschenbild, welches davon ausgeht, dass Biologie, Umwelt und Kultur jedes Leben prägen. Diese Bedingungen fordern uns Menschen zum Handeln.

Ihr Modell orientiert sich an derähausärztlichen Praxis“ (Welter-Enderlin 2007, S. 23) und nicht an einer langzeitigen Individualtherapie im Sinne der Psychoanalyse. Der Therapeut bildet ein triadisches Bündnis mit dem Paar und gemeinsam schaffen sie einenäRaum vonübergängen“ (vgl. Buchholz 1997 in Welter-Enderlin 2007, S. 35).

Der therapeutische Rahmungsprozess soll Geborgenheit als Sicherheit für neue Optionen schaffen. Die affektive Begegnung,äFallverstehen als Begegnung“ (Welter-Enderlin 2007, S.23) bereitet den Boden für gelingende neue Erfahrungen.

Das Systemische Beratungsmodell und dieäaffektive Rahmung“ (vgl. Welter-Enderlin 2007, S. 53):

- konkrete spezifische Regeln und Handlungsschritte vereinbaren
- Stress reduzieren durch erweiterte Problembeschreibung (Symptome sind Vorboten von Wandel)
- Unerledigte Geschichte zu Ende bringen  Entwicklungsperspektiven ermöglichen  Lebensthemen erschließen
- Visionen entwickeln
- auf konkrete Entscheidungen hinarbeiten

Dieses Modell hat Welter-Enderlin gemeinsam mit Jellouschek (s. Kapitel 2.2) entwickelt.

Typische Themen von Paaren in Paartherapie sind für Welter-Enderlin der Balanceakt zwischen Autonomie und Bindung, Intimität, Sexualität, Treue und Untreue, Kinder oder die Entscheidung kinderlos zusammen zu leben, die Geschlechterunterschiede, das Verhältnis der Verteilung von Rechten und Pflichten, Trennung und Scheidung.

Dimensionen des systemischen Verständnisses von Paartherapie sind, das Individuum in seinen sozialen Systemen zu sehen und seine persönliche Biographie, seinen Körper, seine Annahmenüber sich und die Welt, seine Gefühle mit einzubeziehen.

Welter-Enderlin sieht in der Genogrammarbeit ein wichtiges therapeutisches Medium, welches Informationen zur Erschließung der Struktur eines Paares im Rahmen seiner Herkunftsfamilie liefert. Im Genogramm wird die Mehrgenerationenperspektive berücksichtigt. Das Erschließen der Genogramme ,

welches sequenzanalytisch vorgeht, bietet die Möglichkeit Lebens- und Familienthemen der beiden Partner zu verstehen. Die Erstellung eines momentanen Familienbildes dient als Grundlage für die eigentliche Genogrammarbeit.

Im Gegensatz zu derüblichen Weise , in der Genogramme und Genogrammarbeit in der systemischen Therapie verwendet werden, nämlich als Technik zur Gewinnung von Ideen des therapeutischen Vorgehens, ist dies ein theoretisch stringentes Konzept, das die Genogrammarbeit als ‚Kunst’ der Hypothesenbildung zur Frage nach den Bedingungen (den objektiven Gegebenheiten einer Biographie) herausarbeitet und gleichzeitig die Frage zu beantworten sucht, wie spezifische Menschen ihre Familiengeschichte gestalten und was sie an Bedingungen vorgefunden haben (Hildebrand 2005). Das bestimmten Menschen Vorgegebene und das ihnen Aufgegebene als Konzepte ihrer Lebensläufe sind dann zentrale Informationen zum Verstehen einer bestimmten Lebenspraxis“ (Welter-Enderlin 2007, S. 58).

Der Prozess einer Paartherapie beinhaltet 10 bis 20 Sitzungen im Abstand von 3 bis 4 Wochen. Die Langzeitperspektive in der Entwicklung ihrer Klientenpaare ist W elter-Enderlin zu einem wichtigen Anliegen geworden.

2. Modelle in der Paartherapie

2.1. Jürg Willi

Jürg Willi hat in den 70er Jahren das Konzept der Kollusion entwickelt, in dem die Paardynamik ganzheitlich verstanden wird. Wesentliche Anregungen dazu erhielt er von Henry Dicks, der sein Konzept auf der Terminologie Fairbains und Melanie Kleins basierend entwickelt hatte. Dick sieht die Motivation der Partnerwahl in der Wiederentdeckung der unterdrückten und verlorenen Aspekte des Selbst im Partner. Die Projektion der verdrängten und unterdrückten Anteile sind wesentliche Ursachen für Paarkonflikte. Was in der ersten Phase der Verliebtheit angezogen hat, wird zum Auslöser von Ehekrisen.äDas Zusammengehörigkeitsgefühl der Partner entstehe dadurch, dass auf einer tieferen Stufe der andere so wahrgenommen werde, als ob er ein Teil von einem selbst wäre.“ (Willi 1975, S.191). Dies passiert unbewusst und bleibt den Partnern meist verschlossen.

Kollusion (lat. co-ludere = Zusammenspiel) versteht Willi als einen Anpassungs-, und nicht zwangsläufig als einen schicksalhaften Prozess. So relativiert er, dass neurotische Muster sich nicht konsequenterweise in einer zweiten oder dritten Ehe wieder inszenieren müssen. Eine Kollusion tritt dann ein, wenn gleichartige neurotische Beziehungsbereitschaften bei beiden Partnern in Resonanzschwingung geraten. Er schreibt dazu:

Unter Kollusion verstehe ich das Zusammenspiel in einem neurotischen Paarkonflikt. Neurotisch meint, dass die Partner auf Grund innerer Fixierungen an unbewusste Konfliktsituationen aus der Kindheit nicht in der Lage sind, Differenzen zielgerichtet und sachbezogen miteinander zu bewältigen.“ (Willi 1975, S. 185).

Inzwischen geht Willi von einem psycho-ökologischen Persönlichkeitsmodell aus, das den Menschen als Beziehungswesen sieht, das in Interaktion mit seiner Umwelt steht. Das Individuum wird im Dialog mit anderen seiner selbst bewusst, entwickelt und entfaltet sich. Er beruft sich dabei auf M. Buber und zitiert ihn wie folgt: Denn das innerste Wesen des Selbst vollzieht sich nicht, wie man heute gerne meint, aus dem Verhältnis des Menschen zu sich selbst, sondern aus dem zwischen dem Einen und dem Anderen“ (Martin Buber 1965 in Willi 1991, S. 223).

Willi verwendet weitgehend den Begriff des Konstruktes, den Kelly in seinem BuchäDie Psychologie der persönlichen Konstrukte“ dargelegt hatte. Konstrukte entwickeln sich im Laufe der Lebensgeschichte und stellen die Unterschiede zwischen verschiedenen Personen dar. Durch Konstruktdifferenzierung lernen Partner einander in ihrer Verschiedenheit und Andersartigkeit besser wahrzunehmen und zu verstehen. Die Partner machen dabei die paradoxe Erfahrung, dass sie sich durch Unterscheidung näher kommen.

Der Gewinn des Verschiedenseins liegt in der Bereicherung des eigenen Konstruktsystems durch die Sichtweise des Partners. Mit der Erweiterung der eigenen Möglichkeiten, die Konstrukte des Partners mitzukonstruieren, wird die Basis des gegenseitigen Verständnisses verbreitert, ohne dass die Konstrukte der Partner sich deswegen angleichen müssten.“ (Willi 1991, S. 332).

Partner können sich bei korrespondierender Entwicklungsbereitschaft in einem ko-evolutiven Prozess weiterentwickeln. Wachstum findet statt. Dabei versteht Willi unter gemeinsames Wachstum ein dauerndes Ringen miteinander, gegenseitige Herausforderung und gegenseitigen Widerstand. Gemeinsames Wachstum heißt dabei nicht, sich für den Partner oder für die Partnerschaft aufzugeben, aufzuopfern oder miteinander zu verschmelzen.

Willi versteht unter Ehe-Therapie eine Klärung der Beziehung und sieht ein Ziel darin, dem Paar aus der Stagnation ihrer Kollusionsbildung herauszuhelfen, so dass Entwicklung und Wachstum möglich wird. W ichtige Aspekte dabei sind Selbsterkenntnis, erhöhtes Verständnis für den Partner und Erkenntnis der Paardynamik. Er versucht außerdem verschiedene Ansätze anderer Schulen, wie die Familientherapie, die Kommunikations- und Verhaltenstherapie in sein Modell zu integrieren. Dabei entwickelt er sein Konzept ständig weiter und bildet die Brücke zwischen Psychoanalyse und weiteren Formen von Paar- und Familientherapien.

2.2. Hans Jellouschek

Hans Jellouschek sieht in der Paartherapie einävielgestaltiges Gebilde“ (Jellouschek 2005, S. 15), dem er in 30 Jahren Praxis und theoretischer Auseinandersetzung seine eigene Form gibt. Er geht davon aus, dass in der Paartherapie die Beziehung der Partner gleichsam der Patient ist, den das Paar in die Therapie bringt. Im Mittelpunkt steht die Heilung der Beziehung. Beweggründe für eine Paartherapie sind nach Jellouschek Beziehungs- und Kommunikationsprobleme, sowie Partnerkonflikte, die ein so großes Leiden verursachen, dass es vom Paar ohne Hilfe nicht mehr gelöst werden kann. Die Sitzungen finden zu dritt oder im Zweiergespräch, zwischen einem Partner und dem Therapeuten statt. Sie können auch im Vierergespräch, zwischen Paar und einem Therapeutenpaar abgehalten werden. Gemäß Jellouschek ist auch eine Paar-Gruppen-Therapie eine sehr sinnvolle und intensive Möglichkeit.

Die Paartherapie kann mit einem Einzelgespräch beginnen, ist für Jellouschek dennoch eine Therapieform, die grundsätzlich der Anwesenheit beider Partner bedarf. Sie ist ein gemeinsamer Suchprozess, in dem die Probleme erfasst und Lösungsschritte erarbeitet und erprobt werden. Wichtigste Voraussetzung ist die Bereitschaft beider Partner für die Therapie.

Die Ursache der großen Instabilität heutiger Beziehungen sieht Jellouschek in den Folgen des hohen Stellenwertes, den das eigene persönliche Glück in den Beziehungen erhalten hat. Außerdem besteht heute insgesamt ein wesentlich höherer Qualitätsanspruch an die Beziehung. Alte Normen und Traditionen sind ins W anken geraten. Daran scheitern viele Paare.

Jellouschek bezeichnet seine Form der Paartherapie als einen integrativen Ansatz, in dem er zum einen tiefenpsychologische und systemische Sicht- und Herangehensweisen verbindet, zum anderen verhaltenstherapeutische Interventionen und Kommunikationstechniken in seine Form der Paartherapie integriert. Er versteht Probleme bereits als Lösungsversuche. Probleme und Symptome sindäVorboten der Veränderung“ (Welter-Enderlin in Jellouschek 2005, S. 36).

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Detalles

Título
„Ich bin nicht du und weiß dich nicht.“ Der Paar-Dialog als therapeutische Intervention in der Integrativen Therapie.
Universidad
Donau-Universität Krems  (Psychosoziale Medizin und Psychotherapie)
Autor
Año
2009
Páginas
95
No. de catálogo
V164208
ISBN (Ebook)
9783640790005
ISBN (Libro)
9783640789511
Tamaño de fichero
972 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Paartherapie, Integrative Therapie;, Paardialog;, Dialog;, Imago-Therapie;, Imago;, Partnerschaft;, Beziehung;, Modelle in der Paartherapie;, Relationalität, Intersubjektivität, Korrespondenz
Citar trabajo
Cornelia Cubasch (Autor), 2009, „Ich bin nicht du und weiß dich nicht.“ Der Paar-Dialog als therapeutische Intervention in der Integrativen Therapie., Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164208

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