Obwohl der Eiserne Vorhang längst gefallen ist, hängt die deutsch-polnische Vergangenheit bei aktuellen politischen Debatten noch immer wie ein Damoklesschwert über den europäischen Beziehungen. So wurden im Zusammenhang mit der neuen Sitzverteilung im Europäischen Parlament im Jahr 2007 in Polen Stimmen laut, die auf die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges und den deutschen Anteil dabei verwiesen. Noch im Januar 2008 beklagte der polnische Diplomat und Publizist Janusz Reiter in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ einen Rückgang der Sensibilität für die neuere Geschichte in Deutschland.1
Es stellt sich also die Frage, inwiefern der Prozess der Aussöhnung mit Polen abgeschlossen ist oder ob es während der Verhandlungen in den 70er Jahren Versäumnisse gegeben hat. Was waren überhaupt die Gründe für die Aussöhnung mit Polen, waren sie pragmatischer Natur oder sind sie aus einem Gefühl moralischer Verpflichtung heraus entstanden? Welchen Einfluss hatte die Propaganda der DDR auf die deutsch-polnischen Aussöhnungsversuche und ihre Mündung in den Warschauer Vertrag und wie beeinflusste dieser rückwirkend die deutsch-deutschen Beziehungen?
Diese Thematik lässt sich auch in der Fachliteratur in einem sehr breit gefächerten Spektrum verfolgen. Vor allem das Deutsche Polen-Institut in Darmstadt, aber auch Stiftungen und Kirchen geben seit der Wende regelmäßig neue wissenschaftliche Aufsätze zu diesem Thema heraus. Dabei sind sowohl deutsche als auch polnische Autoren vertreten.
Die vorliegende Arbeit will analysieren, unter welchen Voraussetzungen die deutsch-polnische Aussöhnung stattgefunden hat und welche Auswirkungen sie auf das Verhältnis von BRD und DDR genommen hat.
Nach einer knappen Zusammenfassung der beziehungsgeschichtlichen Hintergründe Deutschlands und Polens werden zunächst das Verhältnis der DDR und Polen sowie das der BRD und Polen vor der Unterzeichnung des Warschauer Vertrags beschrieben. Im Anschluss daran soll auf den Einfluss der Neuen Ostpolitik auf die deutsch-polnischen Beziehungen eingegangen werden. In diesem Zusammenhang wird auch eine Analyse des Warschauer Vertrags sowie des „Kniefalls von Warschau“ vorgenommen.
Die Arbeit befasst sich nicht nur mit den Versöhnungsversuchen, die auf der politisch-völkerrechtlichen Verhandlungsebene stattgefunden haben, sondern auch mit dem gesellschaftlichen Dialog zwischen den Völkern, der durch das Gefühl einer moralischen Verantwortung entstanden ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1.1 Einleitung
- 2.1 Entspannungspolitik und Aussöhnung
- 2.2 Beziehungsgeschichtliche Hintergründe Deutschlands und Polens
- 2.3 Das Verhältnis Polens zur BRD und DDR nach 1945
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Voraussetzungen der deutsch-polnischen Aussöhnung und deren Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen BRD und DDR. Sie untersucht die Gründe für die Aussöhnung – pragmatische oder moralische – und den Einfluss der DDR-Propaganda auf den Prozess. Die Rolle der Entspannungspolitik im Ost-West-Konflikt wird ebenfalls beleuchtet.
- Die deutsch-polnische Aussöhnung im Kontext der Entspannungspolitik
- Der Einfluss der DDR auf die deutsch-polnischen Beziehungen
- Pragmatische und moralische Aspekte der Aussöhnung
- Analyse des Warschauer Vertrags und des „Kniefalls von Warschau“
- Der gesellschaftliche Dialog zwischen den Völkern
Zusammenfassung der Kapitel
1.1 Einleitung: Die Einleitung stellt die aktuelle Relevanz der deutsch-polnischen Vergangenheit für europäische Beziehungen heraus und thematisiert die Frage nach dem Abschluss des Aussöhnungsprozesses. Sie skizziert die Forschungsfrage nach den Gründen der Aussöhnung (pragmatisch oder moralisch) und dem Einfluss der DDR-Propaganda. Die Arbeit untersucht die Voraussetzungen der Aussöhnung und deren Auswirkungen auf das Verhältnis von BRD und DDR, beginnend mit einem Überblick über die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen und der Beschreibung der Beziehungen der DDR und BRD zu Polen vor dem Warschauer Vertrag. Der Einfluss der Neuen Ostpolitik und eine Analyse des Warschauer Vertrags sowie des „Kniefalls von Warschau“ werden in Aussicht gestellt. Die Arbeit berücksichtigt sowohl die völkerrechtliche Ebene als auch den gesellschaftlichen Dialog.
2.1 Entspannungspolitik und Aussöhnung: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Entspannungspolitik im Kontext der Annäherung von BRD und DDR im Rahmen der Neuen Ostpolitik. Es grenzt den Begriff der Aussöhnung von der Normalisierung ab und verwendet den Warschauer Vertrag und den „Kniefall von Warschau“ als Beispiele für die Unterschiede zwischen diesen Begriffen. Die Rolle der evangelischen Kirche und der „Aktion Sühnezeichen“ wird ebenfalls angesprochen.
2.2 Beziehungsgeschichtliche Hintergründe Deutschlands und Polens: Dieses Kapitel liefert einen Überblick über die konfliktreiche deutsch-polnische Geschichte, insbesondere über die Auseinandersetzungen um Schlesien und Preußen. Es betont die schwierige Position Polens zwischen dem Deutschen Reich und Russland, besonders im 20. Jahrhundert, und beleuchtet den deutschen Bruch des Nichtangriffspakts von 1934 und den „Hitler-Stalin-Pakt“ von 1939. Die Verbrechen der Deutschen an polnischen Bürgern im Zweiten Weltkrieg und die daraus resultierenden polnischen Gebietsansprüche werden detailliert beschrieben. Die deutsche Anerkennung des polnischen Rechts auf die Gebiete östlich von Oder und Neiße wird als erster Schritt zur Aussöhnung hervorgehoben.
2.3 Das Verhältnis Polens zur BRD und DDR nach 1945: Dieses Kapitel beschreibt die unterschiedlichen Beziehungen Polens zur BRD und DDR nach 1945. Es hebt den Görlitzer Vertrag von 1950 zwischen Polen und der DDR hervor, der die Oder-Neiße-Grenze garantierte und somit eine Grundlage für eine mögliche Versöhnung mit Polen schuf, die die BRD erst später erreichte. Trotz der ideologischen Verbundenheit zwischen Polen und der DDR, blieben nationale Interessen beider Länder weiterhin prägend für die Beziehungen. Die Schwierigkeiten im Verhältnis, trotz der scheinbaren Freundschaft, werden betont.
Schlüsselwörter
Deutsch-polnische Aussöhnung, Entspannungspolitik, Neue Ostpolitik, Warschauer Vertrag, „Kniefall von Warschau“, BRD, DDR, Oder-Neiße-Grenze, moralische Verantwortung, pragmatische Gründe, gesellschaftlicher Dialog, nationaler Interessen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Deutsch-Polnische Aussöhnung
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Voraussetzungen und Auswirkungen der deutsch-polnischen Aussöhnung auf das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Sie untersucht die Gründe für die Aussöhnung – pragmatische oder moralische – und den Einfluss der DDR-Propaganda auf diesen Prozess. Die Rolle der Entspannungspolitik im Ost-West-Konflikt wird ebenfalls beleuchtet.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf die deutsch-polnische Aussöhnung im Kontext der Entspannungspolitik, den Einfluss der DDR auf die deutsch-polnischen Beziehungen, die pragmatischen und moralischen Aspekte der Aussöhnung, eine Analyse des Warschauer Vertrags und des „Kniefalls von Warschau“, sowie den gesellschaftlichen Dialog zwischen den Völkern.
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Die Einleitung stellt die Relevanz der deutsch-polnischen Vergangenheit und die Forschungsfrage nach den Gründen der Aussöhnung dar. Kapitel 2.1 definiert Entspannungspolitik und Aussöhnung und betrachtet den Warschauer Vertrag und den „Kniefall von Warschau“. Kapitel 2.2 beleuchtet die konfliktreiche deutsch-polnische Geschichte und die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Kapitel 2.3 beschreibt die unterschiedlichen Beziehungen Polens zur BRD und DDR nach 1945, inklusive des Görlitzer Vertrags.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Deutsch-polnische Aussöhnung, Entspannungspolitik, Neue Ostpolitik, Warschauer Vertrag, „Kniefall von Warschau“, BRD, DDR, Oder-Neiße-Grenze, moralische Verantwortung, pragmatische Gründe, gesellschaftlicher Dialog, nationale Interessen.
Was ist die zentrale Forschungsfrage?
Die zentrale Forschungsfrage untersucht die Gründe für die deutsch-polnische Aussöhnung: Waren diese primär pragmatischer oder moralisch motiviert? Weiterhin wird der Einfluss der DDR-Propaganda auf den Aussöhnungsprozess analysiert.
Welche Quellen werden verwendet (implizit)?
Die Arbeit bezieht sich implizit auf völkerrechtliche Dokumente (wie den Warschauer Vertrag und den Görlitzer Vertrag), historische Ereignisse (wie den „Kniefall von Warschau“ und den Zweiten Weltkrieg), sowie auf die Rolle von Institutionen wie der evangelischen Kirche und der „Aktion Sühnezeichen“.
Wie wird der Begriff der Aussöhnung definiert?
Die Arbeit differenziert zwischen Aussöhnung und Normalisierung und verwendet den Warschauer Vertrag und den „Kniefall von Warschau“ als Beispiele, um die Unterschiede zwischen diesen Begriffen zu verdeutlichen.
Welche Rolle spielt die DDR in der Analyse?
Die Arbeit untersucht den Einfluss der DDR-Propaganda auf den deutsch-polnischen Aussöhnungsprozess und beleuchtet die unterschiedlichen Beziehungen Polens zur BRD und DDR nach 1945, betont aber auch die nationalen Interessen der DDR.
- Citar trabajo
- Isabelle Daniel (Autor), 2008, Die Bedeutung der deutsch-polnischen Aussöhnung für die Beziehungen zwischen der BRD und der DDR, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164487