Chancen und Risiken von E-Books auf dem deutschen Buchmarkt


Mémoire (de fin d'études), 2010

100 Pages, Note: 2,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Das digitale Buch: Innovation in der Buchbranche
2.1 E-Books als digitale Ware
2.2 Online-Distribution digitaler Bücher
2.3 Der umstrittene Kopierschutz bei E-Books
2.4 Preisbindung und Preisgestaltung von E-Books
2.5 Elektronische Buchrechte: Hindernisse des digitalen Geschäfts
2.6 E-Books und das Long-Tail-Phänomen
2.7 Zwischenfazit: Das digitale Buch verändert den Buchmarkt

3 Vorbetrachtungen zur Strategischen Analyse
3.1 Analysemethoden
3.2 Anwendung der Strategischen Analyse

4 Analyse der Branchenstruktur: Veränderungen in der Struktur der Buchbranche durch E-Books 26
4.1 Konkurrenz zwischen den vorhandenen Wettbewerbern
4.2 Bedrohung durch neue Wettbewerber
4.3 Verhandlungsstärke der Kunden
4.4 Verhandlungsstärke der Lieferanten
4.5 Bedrohung durch Substitute

5 Strategische Kundenanalyse: Die Leser elektronischer Bücher
5.1 Kundensegmentierung mit Hilfe der Sinus-Milieus
5.1.1 Die Sinus-Milieus in Deutschland
5.1.2 Strategisch relevante Sinus-Milieus im Buchmarkt
5.2 Lesen 2.0
5.2.1 Bekanntheit, Attraktivität und Vorteile von E-Books
5.2.2 Genrepräferenzen beim digitalen Lesen

6 Strategische Wettbewerberanalyse anhand von illustrativen Fallbeispielen
6.1 Aufbau der Untersuchung
6.2 Buchverlage und ihre digitalen Geschäftsmodelle
6.2.1 Aktueller Marktüberblick
6.2.2 Springer Science + Business Media
6.2.3 Random House
6.2.4 Potenziale und Grenzen
6.3 Der Online-Buchhandel und das rentable Long-Tail-Geschäft
6.3.1 Aktueller Marktüberblick
6.3.2 Weltbild
6.3.3 Amazon
6.3.4 Potenziale und Grenzen
6.4 Das E-Book-Geschäft im stationären Buchhandel
6.4.1 Aktueller Marktüberblick
6.4.2 Thalia
6.4.3 Hugendubel
6.4.4 Potenziale und Grenzen
6.5 Cybermediäre und ihre innovativen Geschäftsmodelle
6.5.1 Elektronische Intermediation: Definition und Ursachen
6.5.2 Google
6.5.3 Apple
6.5.4 E-Books als Chance für selbstständige Künstler
6.5.4.1 Autorengemeinschaften
6.5.4.2 Comicstars: Plattform für Zeichner und Autoren
6.5.5 E-Book-Portale
6.5.5.1 Libreka
6.5.5.2 Ciando

7 Perspektiven des deutschen E-Book-Marktes
7.1 Das elektronische Buch und seine Leser
7.2 Mögliche Entwicklungen im Buchmarkt durch E-Books

8 Schlussbetrachtung

Anhangsverzeichnis
Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Für Leser und Buchbranche attraktive Preisgestaltung von elektronischen Büchern

Abbildung 2: Der Long Tail im Online-Buchhandel

Abbildung 3: SWOT-Analyse

Abbildung 4: Die Triebkräfte des Branchenwettbewerbs

Abbildung 5: Strategische Gruppen in der Buchbranche (eigene Darstellung)

Abbildung 6: Geschätzte Umsätze buchhändlerischer Betriebe von 2000 bis 2007

Abbildung 7: Die Sinus-Milieus in Deutschland 2009

Abbildung 8: Vorteile einer stationären Buchhandlung gegenüber dem Internet-Buchhandel

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vor- und Nachteile der Digitalisierung in Anlehnung an Barth

Tabelle 2: Potenzielle Zielgruppen und ihre Einstellung zum E-Book

Tabelle 3: Vorteile elektronischer und gedruckter Bücher

Tabelle 4: Chancen und Risiken durch E-Books für Buchverlage und stationären Buchhandel (eigene Darstellung)

1 Einleitung

Durch die Entwicklung von Internet und E-Commerce musste sich die Buchbranche den neuen Herausforderungen des Online-Buchhandels stellen.

Doch die elektronische Digitalisierung schreitet weiter voran und erfasst nun auch immer stärker das älteste Medium der Welt, das Buch. Neue elektronische Generationen der Lese­geräte führen zu weiteren Veränderungen und Herausforderungen: Es entstehen neue Märkte und Absatzmöglichkeiten, alte Strukturen und Wertschöpfungsketten verändern sich, ebenso die Kundenbedürfnisse.

Die ersten Versuche, E-Books auf dem Markt zu etablieren, gab es vor gut zehn Jahren. Die Lesegeräte waren damals zu teuer, das Angebot an elektronisch verfügbaren Buchtiteln sehr gering und der Lesekomfort niedrig – das Projekt scheiterte. Doch seitdem hat sich die Technik weltweit rasant entwickelt, das Angebot an Titeln wächst enorm – wird das E-Book nun seinen Platz innerhalb des Buchmarktes finden? Was bedeutet das für die Branche und für die Kunden?

Die folgende Arbeit soll mit Hilfe einer strategischen Analyse zeigen, welche Chancen sich durch die Innovation des E-Books für die beteiligten Marktakteure bieten. Kann zum Beispiel der Internetbuchhandel durch diese Entwicklung als Vertriebsweg weiter wachsen und vom sogenannten Long-Tail-Phänomen profitieren, bei dem ein Anbieter im Internet durch eine große Zahl an Nischenprodukten Gewinn macht? Gelingt es neuen Unternehmen mit inno­vativen Geschäftsmodellen im Buchmarkt Fuß zu fassen? Es sollen aber auch die Risiken aufgezeigt werden, die diese Marktentwicklung birgt – bis hin zur These, dass der stationäre Buchhandel aus der Wertschöpfungskette ganz verschwinden könnte. Ist diese Entwicklung realistisch und wenn ja, wie reagiert der Buchhandel auf die drohende Disintermediation? Wird das E-Book für die Branche zu einem Fluch oder Segen?

Zunächst wird der Begriff des E-Books in Kapitel 2 näher definiert und vom Begriff des E-Readers abgegrenzt. Anschließend wird auf die Themen Online-Distribution, Kopierschutz, Preisbindung und Preisfindung, sowie E-Book-Rechte und Urheberechtsverletzungen eingegangen. Außerdem wird das Long-Tail-Phänomen erläutert.

Im dritten Kapitel werden die Grundgedanken der Strategischen Analyse erläutert, ebenso ihre Anwendung in der vorliegenden Arbeit. Die Branchenstrukturanalyse nach dem Modell der fünf Wettbewerbskräfte von Michael Porter wird im vierten Kapitel auf die Buchbranche angewendet.

In Kapitel 5 und 6 werden anschließend die beiden wichtigsten Elemente jeder Branche, die Kunden und die Wettbewerber, analysiert.

Bei der Kundenanalyse wird als Basis zur Segmentierung der Ansatz der Sinus-Milieus aus der Studie „Buchkäufer und Leser – Profile, Motive, Wünsche 2008“[1] des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels benutzt.

Die Analyse der Wettbewerber erfolgt anhand der Methodik einer vergleichenden Fallstudie. Dazu wurden einige Unternehmen als Fallbeispiele ausgewählt und deren Umgang mit dem E-Book, mit den neuen Möglichkeiten und mit den neuen Gefahren untersucht. Die Schlüsse, die sich aus diesen Fallbeispielen ziehen lassen, ermöglichen es, erste Tendenzen für den Markt zu prognostizieren. Sie ermöglichen jedoch keine klaren Rückschlüsse für die gesamte Branche. Exemplarisch für den Bereich der Buchverlage werden Springer Science + Business Media sowie Random House betrachtet. Springer zählt im E-Book-Angebot bereits zur Nummer eins unter den Fachbuchverlagen. Random House profitiert von Erfahrungen aus den USA und bietet schon seit dem Jahr 2000 E-Books an. Weiterhin soll an diesen Unternehmen gezeigt werden, dass die Etablierung von E-Books im Fachbuchbereich einfacher und bereits weiter fortgeschritten ist als im Bereich der Belletristik. Im Versand- und Internetbuchhandel ist es unabdingbar, Amazon zu betrachten. Schließlich ist Amazon weltweit einer der erfolgreichsten Internethändler und im E-Book-Markt der USA bereits Marktführer. Weltbild darf ebenfalls nicht fehlen, ging doch das Unternehmen mit seinem E-Book-Angebot noch vor Amazon auf den deutschen Markt. Als Vertreter des Sortiments­buchhandels wurden die Thalia Holding GmbH und die Deutsche Buch & Handels GmbH & Co. KG ausgewählt, da diese zu den größten Buchhandlungen zählen[2] und bereits auf den E-Book-Trend reagieren. Abschließend werden in diesem Teil der Arbeit noch einzelne neue Marktakteure wie z.B. das Unternehmen Google vorgestellt, das durch sein Digitalisierungs­projekt und seinen Service Google Books in den Schlagzeilen ist und für Juni 2010 einen eigenen E-Book-Shop plant.[3]

Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse der Analyse zusammengefasst und Schlüsse für mögliche Entwicklungen im deutschen E-Book-Markt gezogen.

Insgesamt sollen alle wesentlichen Entwicklungen des deutschen E-Book-Marktes dargestellt und analysiert werden. Dabei werden anhand von Fallbeispielen mögliche Chancen und Risiken aufgezeigt, die sich aus der Innovation des E-Books im Markt ergeben.

2 Das digitale Buch: Innovation in der Buchbranche

2.1 E-Books als digitale Ware

Bisher hat bereits jeder vierte Deutsche von E-Books bzw. den E-Book-Lesegeräten der Unternehmen Sony oder Amazon gehört, aber nur acht Prozent wissen, was sich hinter diesem Begriff genau verbirgt.[4] Dabei lässt sich der Begriff des elektronischen Buches recht simpel erklären, denn im Prinzip versteht man darunter aller Bücher, welche in digitaler Form vorliegen und elektronisch genutzt werden können.[5] Im Folgenden werden unter E-Books also die Buchinhalte in digitaler Form verstanden. Davon abzugrenzen sind E-Book-Lese­geräte, die nachfolgend auch als E-Reader bezeichnet werden. E-Reader sind spezielle Hardwaregeräte, die entwickelt wurden, um elektronische Bücher lesbar darzustellen. Die aktuelle Generation von Lesegeräten zeichnet sich durch die Technologie des Electronic Papers aus. Diese Technologie erzielt einen ähnlich hohen Kontrast wie Papier und sorgt so für gute Lesbarkeit, auch bei Sonnenlicht. Die meisten Geräte entsprechen in Gewicht und Größe einem Taschenbuch. Je nach Modell lassen sich bis zu 200 Bücher darauf speichern. Weiterhin verfügen die Geräte über Funktionen wie Schriftgrößenanpassung, Notiz- und Markierungsfunktionen, sowie die Möglichkeit der Wiedergabe von Audiodateien. Ein E-Reader kostet aktuell zwischen 200 und 250 Euro. Einen Überblick über die Entwicklung von Lesegeräten gibt Anhang I.

E-Books gehören nach der Differenzierung der medialen Vielfalt menschlicher Kommuni­kation laut Pross zu den tertiären Medien, welche ohne entsprechende Geräte auf der Empfänger- und Senderseite nicht funktionieren.[6] Infolgedessen ist klar, warum das elektronische Buch erst mit den Lesegeräten, die ähnlichen Lesekomfort wie physische Bücher bieten, marktfähig wurde. Denn damit digitale Märkte funktionieren, „ist nicht nur die technische Bereitstellung der nichtphysischen Inhalte in einer vernetzten Datenbank vonnöten, sondern auch die Sicherstellung einer möglichst einfachen Distribution auf leicht zu bedienenden Endgeräten sowie die komplikationslose Abrechnung der gelieferten digitalen Inhalte.“[7] Diese Komponenten werden zum ersten Mal durch die E-Reader von Amazon und Sony vereint und geben so dem elektronischen Buch neue Entwicklungs­perspektiven.

E-Books zählen zur Kategorie der digitalen Produkte. Nach Barth wird unter einem digitalen Gut bzw. einer digitalen Leistung die Erbringung von Diensten verstanden, welche über alle Marktphasen durch elektronische Zustände abgebildet werden können.[8]

Der Regiefaktor Ware verändert sich durch die Digitalisierung, denn digitale Produkte weisen zum Teil andere Merkmale auf als physische Produkte. Barth nennt hier die Merkmale der Beständigkeit, Veränderbarkeit und der Reproduzierbarkeit.[9]

Das Merkmal Beständigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass digitale Waren sich nicht physisch abnutzen. Für den Handel ist das nachteilig, denn so fällt die wiederholte Nachfrage nach bestimmten Produkten weg, wie z.B. bei Wörterbüchern.

Die Veränderbarkeit digitaler Produkte stellt nach Barth eher einen Nachteil dar, da der Kunde das Produkt nun sehr leicht verändern kann, so dass ein Unternehmen die Originalität und Korrektheit des Produktes nicht mehr kontrollieren kann. Im Bereich der elektronischen Bücher bringt diese Veränderbarkeit aber auch Vorteile mit sich, so ist nun z.B. für den Anbieter der Vertrieb einzelner Buchkapitel problemlos möglich.

Die Reproduzierbarkeit, das einfache Kopieren und Verbreiten von digitalen Produkten, ist das größte Problem, das die Digitalisierung verursacht, da der Handel dadurch Schaden nehmen kann. Dies ist in der Musikindustrie durch die Verbreitung illegaler Kopien bereits geschehen. Die illegale Vervielfältigung gestaltet sich außerdem sehr einfach und günstig, denn trotz hoher „First Copy Costs“, die Kosten welche bei der Produktion des ersten Exemplars entstehen, tendieren die Kosten der Reproduktion gegen Null. Als Gegen­maßnahmen gibt es zahlreiche technische Möglichkeiten in Form des Digital Rights Managements (DRM), auf welches in Kapitel 2.3 noch näher eingegangen wird.

In der folgenden Tabelle werden einige der Vor- und Nachteile digitaler Produkte zusammen­fassend dargestellt.

Tabelle 1: Vor- und Nachteile der Digitalisierung in Anlehnung an Barth

(Quelle: Barth, K./ Hartmann, M./ Schröder, H. (2007): Betriebwirtschaftslehre des Handels.

6. Aufl. Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 191)

Vorteile

Nachteile

- Zugang zum internationalen Markt
- Verringerung der Standort­abhängigkeit
- Kostenreduktion in den Bereichen Beschaffung, Produktion und Absatz
- Chancen zur Erzielung von Wettbewerbs­vorteilen
- Erhöhung der Wettbewerbsintensität
- Illegale Vervielfältigung, Verbreitung und Fälschung

Das E-Book dürfte sich dennoch gegenüber dem gedruckten Buch durchsetzen, wenn es dem Konsumenten einen deutlichen Mehrwert bringt. Dieser Mehrwert könnte durch das Zusammenspiel wertstiftender Faktoren generiert werden, von denen einige ausgewählte im Folgenden vorgestellt werden sollen.[10]

Zum Ersten die Angebotsqualität: Der Kunde erwartet Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit und Verfügbarkeit. Bei elektronischen Büchern wäre zum Beispiel denkbar, dass der Leser nachträglich für ein geringes Entgelt oder sogar umsonst die aktualisierte Auflage eines Buches (z.B. eines Lexikons) erhält, das er bereits gekauft hat. Digitale Produkte zeichnen sich vor allem durch ihren Vorteil der ständigen Verfügbarkeit über das Internet aus, aber auch diese ständige Verfügbarkeit muss durch den Anbieter gesichert werden, z.B. durch eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit der Server-Systeme. Ein Kunde, der möglicherweise zum ersten Mal ein E-Book aus dem Internet auf seinen E-Reader laden will und es dann auf Grund technischer Problem seitens des Anbieters nicht kann, greift vielleicht doch lieber wieder zur gedruckten Variante.

Des Weiteren spielt die „usability“, die Nutzerfreundlichkeit des Online-Angebotes, eine Rolle. Der Kaufprozess sollte möglichst schnell und einfach vonstatten gehen. Vor dem Kauf kann die Entscheidung des Kunden durch das Anbieten von Leseproben oder Rezensionen erleichtert werden. Gerade Kundenrezensionen sind zu einem wichtigen Marketing­instrument geworden, um den Leser aktiv einzubeziehen. Die Rezensionen haben, egal ob positiv oder negativ, eine Signalfunktion. Existieren zu einem Buch viele Rezensionen, wird signalisiert, dass es „in“ ist. Auch der Anbieter kann aus den Rezensionen Rückschlüsse über besonders relevante Produktfacetten ziehen. Weiterhin erhöhen Rezensionen die Kundenbindung, da der Käufer zum Portal des Anbieters zurückkehren muss, um seine Bewertung abzugeben. Es wird ein zusätzlicher Kontakt erzeugt, der die Loyalität zum Anbieter steigert und zu Folgekäufen führen kann.

Als Letztes sei noch die Komplexität genannt. Gerade E-Books besitzen ein großes Cross-Media-Potenzial, weil sie multimedial verwendet werden können. Auf der Frankfurter Buchmesse wurden bereits erste E-Books der Firma Blankpage – sogenannte Akilibooks – vorgestellt, die mehrere Medien wie Bilder, Links, Hörbeispiele und Videos verknüpfen. „Ein Biologielehrbuch über Vögel enthält dann nicht nur Bilder der verschiedenen Arten, sondern auch im E-Book abspielbare Audio-Dateien mit den Stimmen der Tiere. In Videos wird das Flugverhalten erklärt. (…) Dazwischen können die Lernenden ihr Wissen überprüfen, indem sie Fragen beantworten. Lehrer oder Professoren könnten die Lernschritte ihrer Schüler und Studenten direkt verfolgen – oder gar kontrollieren.“[11] In den USA gibt es seit einigen Monaten schon ein ähnliches Angebot.[12] Über die Internetseite www.vook.com kann man einige wenige E-Books beziehen, die Buch und Video miteinander kombinieren. Diese E-Books werden vom Anbieter selbst als Vooks angepriesen, einem Wortspiel aus Video und E-Books. Angeboten wird zum Beispiel ein Sachbuch mit dem Titel: „The 90 Second Fitness Solution“, bei dem viele Sportübungen mittels Videoelementen dargestellt werden. Elektronische Bücher mit Videoelementen – das ist im Bereich der Belletristik nur schwer vorstellbar, schließlich taucht man hier in seine eigene Fantasiewelt, in sein eigenes kleines Kopfkino. Doch der Thriller „Embassy“, ein E-Book, welches speziell für diese Mischung aus Text- und Videoelementen entworfen wurde, beweist offenbar das Gegenteil: Die spannende Geschichte einer Entführung wird durch Videoelemente wie Entführer-Videos und Nachrichtensendungen abgerundet und zeigt, dass sich Text und Film sehr gut ergänzen können.

Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass Fachbücher auf dem E-Book-Markt leichter um­gesetzt werden können als Bücher aus dem Belletristikbereich. Für Autoren ergeben sich auch in der schöngeistigen Literatur völlig neue Möglichkeiten, denn E-Books könnten zukünftig mehr sein als reine Letterwüsten in digitaler Form.[13]

Ob die Leser tatsächlich elektronische Bücher aus dem Fachbuchgenre bevorzugen, wird im Kapitel 5.2.2 näher beleuchtet. Ob Verlage aus dem Special-Interest oder dem General-Interest-Bereich auf dem E-Book-Markt mehr Erfolg haben, wird anhand zweier Fallbeispiele – Springer Science + Business Media und Random House – in Kapitel 6.2 betrachtet.

2.2 Online-Distribution digitaler Bücher

Nach Meier und Stormer[14] wird unter Online-Distribution die Verteilung eines digitalen Produktes mit Hilfe des Internets verstanden. Sowohl der Distributionskanal sowie die Distributionslogistik sind hier digital gestaltet. Auch bei der Online-Distribution kann, wie bei der physischen Distribution, zwischen dem direkten und indirekten Absatzkanal unter­schieden werden. Beim direkten Absatzweg gelangt das digitale Produkt über das Internet unmittelbar vom Hersteller zum Konsumenten. Dies wäre der Fall, wenn ein Leser sich ein E-Book direkt von der Homepage des Autors herunterladen könnte. Beim indirekten Absatz­kanal schaltet sich ein sogenannter Online-Intermediär, auch Cybermediär genannt, wie z.B. Amazon oder Google zwischen den Hersteller und den Konsumenten. Das hat den Vorteil für den Kunden, dass er seine Buchtitel leichter finden kann, da der Online-Intermediär in diesem Fall die Informationsfunktion übernimmt.

Einer der größten Vorteile der Online-Distribution ist die ständige Verfügbarkeit der Produkte. Der Kunde kann sich sofort und zu jedem Zeitpunkt seinen Kaufwunsch erfüllen. Der Produzent bzw. der Händler muss sich keine Gedanken mehr über Verzögerungen in der Produktion oder längere Lieferzeiten machen. Nischenprodukte, für die es sonst keinen physischen Regalplatz gibt, können auf diesem Weg wirtschaftlich abgesetzt werden. Da Produktions- und Distributionskosten sinken, könnten digitale Produkte günstiger angeboten werden als ihre physischen Gegenstücke.

Zusammenfassend bedeutet das, dass digitale Güter zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder beliebigen Menge angeboten und erworben werden können, wenn der Nachfrager über die entsprechende Technik (E-Reader, Computer oder Handy) und einen Internetanschluss verfügt.

Der größte Nachteil der Online-Distribution resultiert aus einem scheinbaren Vorteil – der Eigenschaft der leichten Reproduzierbarkeit digitaler Produkte. Diese kann, wie schon beschrieben, zu illegalen Vervielfältigungen führen, die den Produzent bzw. Händler ernst­haft wirtschaftlich schaden können. Weiterhin droht die Gefahr des „transparenten Kunden“, also das Ausspionieren der Interessen und Vorlieben von E-Book-Käufern, da es ein Leichtes ist, Such-, Entscheidungs- und Kaufverhalten zu registrieren. Außerdem gehen bei der Online-Distribution soziale und zwischenmenschliche Kontakte verloren,[15] also das Gespräch und der Gedankenaustausch mit dem Buchhändler, das Anfassen des Buches und das Kauferlebnis im Laden. Einige Kundengruppen werden darauf nicht verzichten wollen.

Meyer und Treutler[16] haben zusammengefasst, was Anbieter von digitalen Produkten bei der Online-Distribution beachten müssen. Zunächst müssen sie die Lizenzen der urheber­rechtlich geschützten Inhalte erwerben und die Transaktionsplattform, also die Website, auf­bauen. Dabei muss beachtet werden, dass die angebotenen Inhalte mit den aktuellen Betriebssystemen und Abspiel- bzw. Lesegeräten kompatibel sind. Um Kaufhemmnisse abzubauen, sollten Leseproben, Hörproben oder Kundenbewertungen zugänglich sein. Außerdem sollte in einen guten Kundenservice investiert werden, der bei technischen Problemen weiterhelfen kann. Weiterhin ist ein gutes Digital Rights Management notwendig, um der illegalen Vervielfältigung entgegenzuwirken. Auf die Vor- und Nachteile des Kopier­schutzes wird im Folgenden eingegangen.

2.3 Der umstrittene Kopierschutz bei E-Books

Wie in anderen Bereichen der Medienbranche muss sich auch die Buchbranche mit der Frage beschäftigen, wie sie ihre digitalen Produkte davor schützen kann, tausendfach illegal kopiert zu werden. Zur Sicherung von Copyright-Ansprüchen ist das Digital Rights Management (auch DRM genannt) entstanden, welches das freie Kopieren von geschütztem Material unterbinden soll. Das DRM umfasst alle elektronischen Schutzmechanismen für digitale Informationen.

Die simpelste Form von DRM ist das digitale Wasserzeichen, welches auch oft als weiches DRM bezeichnet wird. Darunter versteht man „ein nicht wahrnehmbares Muster, das die Urheberschaft des digitalen Produktes festhält“.[17] Ein digitales Wasserzeichen kann verschiedene Angaben umfassen, z.B. Hinweise zum Copyright, den Namen des Copyright-Besitzers und den Namen des Kunden. Wasserzeichen können, wie die meisten DRM-Verfahren, technisch entfernt werden und verhindern das Kopieren an sich nicht. Es handelt sich hierbei mehr um einen psychologischen Kopierschutz, der ein Gefühl der Angst bei demjenigen auslösen soll, der die Datei illegal weitergibt.

Eine weitere Form des DRM ist die Verschlüsselung, welche in den Bereich des harten Digital Rights Management fällt. Hierbei wird das digitale Produkt verschlüsselt. Nach der Distribution muss der Kunde die Datei mittels eines Schlüssels entschlüsseln, bevor er diese nutzen kann. Dass diese Technik für den Kunden nicht ganz einfach ist, wird in vielen Berichten der Buchbranche geschildert:

„Wie nervig das ist, merkt man gleich beim ersten Einkauf. Nach viel Geklicke kann der Kunde endlich auf einen grünen Knopf ‚E-Book Download’ klicken. Danach liegt auf dem Computer aber kein E-Book, sondern eine Datei mit dem kryptischen Namen ‚URLLink.acsm’. Die meisten Menschen müssen daraufhin erst mal googeln, was ACSM heißt – nämlich ‚Adobe Content Server Message’. Der Software-Konzern Adobe klärt auf seinen Web-Seiten auf, was es mit der Datei auf sich hat: Man hat gar nicht das E-Book geladen. Sondern eine Art Einkaufsgutschein. Man muss ‚URLLink.acsm’ mit einer speziellen Adobe-Software öffnen, die dann das verschlüsselte Buch von einem Adobe-Server lädt.“[18]

Die am meisten verbreitete Möglichkeit der Verschlüsselung wird mit dem Programm Adobe Digital Editions praktiziert. Sind E-Books damit gegen das illegale Kopieren gesichert, muss der Kunde das E-Book an seinem PC mit seinen Adobe-Zugangsdaten registrieren. So bald das E-Book registriert wurde, kann es auf sechs mobilen Geräten und auf sechs Desktop-Computern gelesen werden. Allerdings nur wenn vorher durch die wiederholte Eingabe der Adobe-Zugangsdaten die Identifikation stattgefunden hat und die Geräte auf den Namen des E-Book-Käufers registriert wurden.

Auch nach Entschlüsselung des E-Books ist die Nutzung nicht in gleicher Weise möglich wie bei einem gedruckten Buch. Durch DRM lassen sich verschiedene Zugangs- und Nutzungs­rechte festlegen. So wird das Kopieren aber auch die Weitergabe und das Ausleihen der digitalen Dokumente beschränkt oder ganz unterbunden. Adobe hat auf diese Probleme bereits reagiert und schlägt eine neue Version seines Kopierschutzes vor, bei der die Authentifizierung mittels eines Passwortes abgewickelt werden soll. Das bedeutet, dass jeder, der über den Benutzername und das Passwort verfügt, das E-Book öffnen kann und das auf jedem beliebigen Gerät.[19] Ob die Verlage diese neue Möglichkeit nutzen werden, bleibt abzuwarten.

Zusammenfassend lässt sich schlussfolgern, dass der Kunde die Wahl hat zwischen kostenlosen raubkopierten E-Books, die frei von jeden Beschränkungen auf jedem Lesegerät genutzt werden können, und kopiergeschützten E-Books, für die größtenteils ein ähnlicher Preis wie für die gedruckte Ausgabe verlangt wird. Angesichts dieser Tatsache ist es fraglich, ob ein restriktiver Kopierschutz das illegale Downloaden von E-Books tatsächlich verhindert oder ob das Digital Rights Management dies nicht sogar fördert.[20]

Weiterhin fördert das DRM nicht gerade die Akzeptanz von E-Books bei den Nutzern. Schließlich bildet das gedruckte Buch die Referenzgröße, an dem das elektronische Buch gemessen wird – und das ist ohne Kopierschutz zugänglich. „Dementsprechend akzeptieren Kunden auch nicht, wenn sie in ihren Verwendungsmöglichkeiten eines digitalen Buchs beschränkt werden – etwa durch Restriktion des Ausdrucks oder der Beschränkung des Einfügens von Markierungen. Der Nutzer will ein umfassend verwendbares Rechtebündel, das nicht hinter dem physischen Buch zurückbleibt; selbst wenn ihm dies durch Preisvorteile schmackhaft gemacht wird.“[21]

Sollte also daher nicht lieber auf hartes DRM verzichtet werden, um die Akzeptanz von E-Books zu fördern, um den Kunden keine technischen Hürden in den Weg zu legen und um den ehrlichen Kunden einen Vertrauensvorschuss zu geben? Zumal das DRM von Adobe, mittels eines im Internet kursierenden Programms, problemlos geknackt werden kann.[22] Dies wird in der Branche immer kontroverser diskutiert – die Zahl der Befürworter eines DRM-Verzichts scheint zu wachsen.

Allerdings werden durch den Einsatz von DRM beim digitalen Produkt zusätzliche Funktionen möglich.[23] Dazu ist es jedoch notwendig, die passive und aktive Rolle des DRM zu unterscheiden. In der passiven Rolle wirkt DRM als Restriktion, die – wie beschrieben – illegale Vervielfältigung und Weitergabe von Dateien verhindern soll. Die aktive Rolle des DRM erzeugt neue Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung. Elektronische Bücher können nun in verschiedenen Versionen zu verschiedenen Preisen, z.B. in Abhängigkeit einer definierten Nutzungsdauer, vertrieben werden. Weiterhin können unterschiedliche Nutzungs­gruppen, z.B. Studenten oder gewerbliche Kunden, definiert werden, die E-Books zu unter­schiedlichen Preisen erwerben können. So bietet die Plattform Ciando ermäßigte Preise für Studenten an. Bei der Preisgestaltung von E-Books gibt es also vielfältige Möglichkeiten, auf die im nächsten Abschnitt eingegangen werden soll.

2.4 Preisbindung und Preisgestaltung von E-Books

Seit 2002 gibt es das Gesetz über die Preisbindung von Büchern (BuchPrG). Dort heißt es im § 3: „Wer gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer verkauft, muss den nach § 5 festgesetzten Preis einhalten.“[24]

Am 29.09.2008 veröffentlichte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine Stellung­nahme zur Preisbindung von E-Books.[25] In dieser Stellungnahme positionierte sich der Börsenverein eindeutig mit der Aussage: „E-Books sind im Preis zu binden.“[26] Juristisch begründet sei dies durch § 2 Abs 1 Nr. 3, nach dem nicht nur gedruckte Verlagswerke als Bücher gelten, sondern auch „Produkte die Bücher (…) reproduzieren oder substituieren und bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen sind“.[27] In der Stellungnahme heißt es weiter „Preiszubinden sind solche E-Bücher, die einem gedruckten Buch im Wesentlichen entsprechen. Das setzt zwar keine vollständige Identität der Inhalte voraus, schließt aber zum Beispiel die Preisbindungspflicht beim Handel mit einzelnen Buchkapiteln aus.“[28] Weiterhin droht der Börsenverein mit Muster­verfahren, um die Preisbindung von E-Books gerichtlich durchzusetzen, sollten sich einige Marktteilnehmer beim Handeln mit E-Books nicht an diese halten. Allerdings gelten E-Books als eigenständiges Buchprodukt, weshalb die Verlage sich bei dem Preis des elektronischen Buches nicht an dem Preis der gedruckten Variante orientieren müssen, ähnlich wie der Preis eines Taschenbuches unter dem Preis der Hardcoverausgabe liegen kann.[29]

Wie Martin Hüppe, Geschäftsführer des Cornelsen Verlages, feststellte, ist die Preisbindung für E-Books bei Schul- und Fachbüchern nur eine Übergangslösung. Schließlich sei der Übergang zu interaktiven E-Books, die keiner Preisbindung unterliegen würden, nur einer Frage der Zeit.[30] Der Börsenverein scheint sich also als Lobbyist der etablierten Verlage zu verstehen und diesen möglichst lange ein möglichst hohes Preisniveau sichern zu wollen. Dies könnte auch erklären, warum das E-Book in Deutschland für seinen Siegeszug besonders lange braucht.

Wie schon in 2.3 beschrieben können E-Book-Versionen erstellt werden, die sich durch ihre Nutzbarkeit unterscheiden. Picot und Janello[31] untersuchten in einer Studie, welcher Preis für eine Variante gewählt werden sollte, damit dieser dem Kunden attraktiv erscheint.

Die befragten Experten waren der Ansicht, dass ein E-Book ohne DRM nur um die 70 Prozent des Preises der Printausgabe kosten darf. Laut einer Umfrage des Arbeitskreises Elektronisches Publizieren[32] reduzieren 24 Prozent der Verlage den Preis des E-Books um 20 Prozent im Vergleich zur gedruckten Ausgabe. Weitere 19 Prozent reduzieren den Preis sogar noch weiter. Ob es sich dabei aber ebenfalls um E-Books ohne DRM handelt ist unklar. Laut einer Umfrage von PriceWaterhouseCoopers würden 75 Prozent der Befragten für ein elektronisches Buch nicht mehr als für ein Taschenbuch zahlen.[33]

Können E-Books nur auf bestimmten Endgeräten angezeigt werden, halten die befragten Experten einen Preis für realistisch, der der Hälfte der gedruckten Version entspricht. Dies wird von Amazon in den USA bereits so umgesetzt. Da es in den USA keine Buchpreis­bindung gibt, bietet Amazon derzeit die meisten E-Books zum Preis von 9,99 Dollar an, während die Printausgaben durchschnittlich zwischen 25 und 27 Dollar kosten.[34] Kann ein Buch nur online genutzt werden, sinkt der Preis auf unter 50 Prozent. So ist es z.B. mit dem Service Google Books möglich, viele Bücher, deren Urheberrechtsschutz abgelaufen ist, kostenlos online zu lesen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1:Für Leser und Buchbranche attraktive Preisgestaltung von elektronischen Büchern

(Skala: optimaler Preisansatz für die verschiedenen Varianten elektronischer Bücher in Prozent der günstigsten Printversion)

(Quelle: Picot, A./ Janello, C. (2007): Wie das Internet den Buchmarkt verändert. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung, Stabsabt. S. 28)

Sobald ein E-Book mit DRM-Schutz zeitlich begrenzt ist, kann nur noch ein Preis um die 40 Prozent der gedruckten Variante erwartet werden. Solch ein Angebot gibt es in Form der „Onleihe“. Dies ist ein digitales Angebot verschiedener Stadtbibliotheken in Deutschland. Bei Mitgliedschaft in einer der teilnehmenden Bibliotheken und Zahlung der entsprechenden Mitgliedsgebühr ist die Nutzung der E-Books inklusive. Für ein bis drei Wochen (die Dauer ist titelabhängig) kann dann ein elektronisches Buch ausgeliehen werden, welches sich bei Ablauf der Ausleihfrist automatisch löscht.

Die Ergebnisse der Studie von Picot und Janello sind in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt.

Bei der Preisgestaltung trifft die Branche noch auf ein weiteres Problem – auf die inzwischen weit verbreitete Mentalität, dass im Internet alles kostenlos zu haben sein muss, und die fehlende Bereitschaft, für Informationen zu bezahlen. So sagten z.B. 14 Prozent der Teil­nehmer bei der Umfrage von PriceWaterhouseCoopers, dass sie grundsätzlich gar nicht bereit wären, für ein elektronisches Buch zu bezahlen.[35] Schließlich sind die Produktions- und Distributionskosten bei elektronischen Büchern weitaus geringer als bei den gedruckten Versionen. Die Leser erwarten daher einen Preis, der weit unter dem der Printversion liegt. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken müssen die Verlage betonen, dass ein Buch ein Erlebnis ist, ähnlich wie ein Kinobesuch. „What you’re paying for is the experience of living with that movie for two hours.”[36]

Dass kostenlose E-Books aber durchaus ein Instrument sein können, um den Absatz der Printversionen anzukurbeln, beweist das Beispiel Neil Gaiman. Er stellte im Jahr 2008 sein Buch „American Gods“ kostenlos ins Internet. Um die 85.000 Leser griffen auf das E-Book zu und lasen durchschnittlich 45 Seiten. Da es über der Hälfte der Leser nicht gefiel, ein Buch am Computer im Internet zu lesen, kauften Sie die gedruckte Ausgabe.[37] Auch Dr. Fabian Franke, Bibliotheksdirektor der Universität Bamberg, betonte in einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass sich gedruckte Bücher auch dann gut verkaufen würden, wenn das elektronische Pendant kostenlos im Internet erhältlich sei. Als Beispiel führt er die Publikationen des Universitätsverlages University of Bamberg Press an, die sich in gedruckter Form gut verkaufen, obwohl sie als E-Book im Internet kostenlos zugänglich sind.[38] Einige Nischenautoren nutzen ebenfalls diese neue Möglichkeit und stellen ihre Bücher kostenlos im Internet zur Verfügung – und hoffen, auf diese Weise wenigstens ein paar Leser für sich gewinnen zu können und so eine Nachfrage im stationären Buchhandel auszulösen.

2.5 Elektronische Buchrechte: Hindernisse des digitalen Geschäfts

Um elektronische Bücher vermarkten zu können, benötigt der Verlag das Einverständnis des Autors. Die meisten Buchverlage haben darauf bereits reagiert und bei Neuerscheinungen eine Standardregelung für die elektronische Verwertung in den Autorenvertrag integriert. Bei bereits erschienenen Büchern müssen diese Rechte erst nachträglich eingeholt werden, um das Werk auch als E-Book anbieten zu können. Das erklärt, warum einige Bücher bisher noch nicht in elektronischer Form erhältlich sind. Des Weiteren gibt es einige rechtliche Unsicherheiten, die die Verhandlungen mit den Urhebern noch weiter erschweren und ver­längern. Der Autor muss zum Beispiel zustimmen, dass das Buch kaptitelweise verkauft werden darf, oder das Fragmente via Google und Libreka kostenlos einsehbar zugänglich sind.[39]

Die meisten Verlage haben bei den Verhandlungen über elektronische Nutzungsrechte keine Probleme, da das E-Book auch von den Autoren in der Regel gut angenommen wird. Trotzdem verursacht das Einholen der Rechte bei Altverträgen viel Kleinarbeit.[40]

Wie problematisch es werden kann, wenn ein Verlag nicht die Rechte zur elektronischen Verwertung besitzt, zeigt die Löschaktion einiger E-Books durch Amazon im Juli 2009 in den USA.[41] Die betroffenen Bücher, darunter z.B. George Orwells „1984“, wurden durch einen Verlag verkauft, der die dafür notwendigen Rechte nicht besaß. Als der eigentliche Rechte­inhaber darauf hinwies, wurden die Bücher nicht nur aus dem Amazon Online-Shop entfernt, sondern auch von den Lesegeräten der Kunden gelöscht. Der Kaufpreis der betroffenen E-Books wurde auf die Konten der Kunden zurückgebucht. Amazon entschuldigte sich im Nachhinein und versprach, dass ein solches Vorgehen in Zukunft nicht mehr vorkommen würde.[42] Bei den E-Book-Käufern löste die Löschaktion eine Protestwelle aus. Viele fühlten sich bevormundet und bestohlen und sahen Orwells Szenario verwirklicht. Den Nutzern wurde durch diese Aktion bewusst, dass sie bei Amazon nicht das Besitzrecht an E-Books erwerben, sondern nur eine Lizenz zum Lesen.

Auch Google ist zurzeit dabei, reichlich Erfahrung in Bezug auf Urheberrechtsverletzungen zu sammeln. Seit 2004 scannt das Unternehmen die Buchbestände einiger großer Universitätsbibliotheken, wie z.B. Harvard, Stanford, Oxford, und benutzt die Scans für seinen Service Google Books. Bisher wurden in den USA über 7 Millionen Werke digitalisiert. Um die 6 Millionen dieser Bücher sind urheberrechtlich geschützt, darunter befinden sich ca. 100.000 deutschsprachige Bücher.[43] Einige amerikanische Autoren- und Verlegerverbände klagten 2005 gegen Google, da das Unternehmen ihrer Meinung nach das Urheberrecht verletzte. 2008 wurde der Rechtsstreit mit einem Vergleich vorläufig beendet. In dem Vergleich erklärte sich Google zur Zahlung von 125 Mio. Dollar bereit, die unter anderem zur Schaffung einer Verwaltung von Buchrechten investiert werden sollten. Im Gegenzug erlaubte der Vergleich Google, Bücher weiter zu digitalisieren und zu vermarkten.[44] Nach diesem Vergleich meldeten sich verstärkt Kritiker aus dem Ausland. Auch die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries gab eine Stellungnahme der Bundesregierung ab. Sie forderte das New Yorker Gericht auf, den Vergleich abzulehnen oder zumindest die deutschen Werke aus diesem herauszunehmen.[45] Schließlich beugte sich Google den Kritikern und nahm alle nicht-englischsprachigen Bücher aus dem Vergleich. Der geänderte Buchvergleich umfasst nun nur noch Werke, die bei der amerikanischen Urheberrechts­behörde registriert sind oder in anderen englischsprachigen Ländern erschienen sind.[46] In Kürze möchte sich Google aber um Vereinbarungen mit Deutschland und Frankreich bemühen.

2.6 E-Books und das Long-Tail-Phänomen

Das Long-Tail-Phänomen wurde von Chris Anderson dargestellt und verdeutlicht, dass ein Anbieter im Internet auch durch das Anbieten von vielen Nischenprodukten Gewinn machen kann. So basiert zum Beispiel ein Viertel des Umsatzes des Online-Händlers Amazon auf Büchern, die nicht zu den 100.000 meistverkauften Titeln zählen.[47]

Doch wie entsteht dieser Long Tail?

Seine Entstehung basiert auf drei Wirkmechanismen:

1. Demokratisierung der Produktionsmittel,
2. Konsumkosten werden durch die Demokratisierung des Vertriebs gesenkt,
3. Verbindung von Angebot und Nachfrage.

Für den ersten Faktor ist der Computer das beste Beispiel. Durch den Computer verfügen viele Menschen über die Technik, einen Film zu drehen oder ihre Gedanken im Internet zu kommunizieren. Dadurch wächst die Menge an verfügbarem Inhalt und verfügbaren Gütern. Der Long Tail wird länger.[48]

Beim zweiten Faktor geht es um die geringen Kosten, die ein Vertrieb via Internet, sei es die physische oder die Online-Distribution, verursacht. Durch die geringeren Kosten ist es billiger geworden, eine größere Zielgruppe zu erreichen. Die Liquidität des Marktes im Long Tail erhöht sich. Dies verursacht einen verstärkten Konsum und der Umsatz steigt. Der Long Tail wird dicker.[49]

Der dritte Faktor meint die neuen Möglichkeiten durch Google, Empfehlungen via Amazon und Kundenrezessionen, die sich durch das Internet entwickelt haben und dafür sorgen, dass der Kunde auf neue und unbekannte Artikel aufmerksam wird. Aufgrund dessen verlagert sich die Nachfrage im Long Tail nach rechts, d.h. es werden viel mehr Buchtitel der Backlist nachgefragt als die üblichen Bestseller.

In der folgenden Abbildung ist der Long-Tail im Online-Buchhandel dargestellt. Die Y-Achse zeigt die Anzahl der verkauften Buchtitel. Die X-Achse stellt die Beliebtheit der Buchtitel dar, d.h. die Titel sind nach der Reihenfolge ihrer Verkaufsstatistik aufgelistet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Der Long Tail im Online-Buchhandel

(Quelle: Robertz, G. (2009): Online-Vertrieb von Büchern. In Clement, M. [Hrsg.]: Ökonomie der Buchindustrie, Herausforderungen in der Buchbranche erfolgreich managen. Wiesbaden: Gabler, 2009, S. 231)

Das Ende des Long Tails wird durch die Digitalisierung erreicht. Eine zusätzliche Datei auf einer Datenbank sowie die Auslieferung über das Internet kosten im Grunde nichts, deswegen gibt es für einen Händler in diesem Bereich keinen wirtschaftlichen Grund nicht alles anzubieten, was verfügbar ist. „Damit hat man fast den heiligen Gral des Einzelhandels erreicht – marginale Kosten bei Herstellung und Vertrieb.“[50]

2.7 Zwischenfazit: Das digitale Buch verändert den Buchmarkt

In diesem Kapitel wurden einige neue Möglichkeiten, die sich durch elektronische Bücher ergeben, wie z.B. interaktive Bücher, erklärt. Weiterhin wurde auf einige Konflikte hingewiesen – wie Preisgestaltung und Digital Rights Management – die sich momentan durch E-Books ergeben. Dennoch wird das elektronische Buch nicht einfach wieder aus dem Buchmarkt verschwinden. „Ist der Geist aus der Flasche, kehrt er nicht mehr dorthin zurück. Kommende Generationen werden kaum glauben, dass er je hineingepasst hat.“[51] Die Buch­branche sollte sich also eher früher als später den Herausforderungen stellen, die die Innovation des E-Books mit sich bringt. Wie der E-Book-Markt in Deutschland zurzeit aussieht und wie die Marktakteure mit den Entwicklungen umgehen, wird in den folgenden Kapiteln analysiert. Die Grundlagen der Strategischen Analyse werden zunächst beschrieben, bevor die Analyse des E-Book-Marktes in Kapitel 4.2 beginnt.

3 Vorbetrachtungen zur Strategischen Analyse

3.1 Analysemethoden

Die strategische Analyse ist ein Prozessteil des strategischen Managements. Mit ihrer Hilfe wird eine Informationsbasis erarbeitet, die die Grundlage für eine zielorientierte Strategie­entscheidung bildet. Dabei müssen sowohl die interne als auch die externe Situation eines Unternehmens bzw. Geschäftsfeldes betrachtet werden.

Im Rahmen der externen Analyse werden einerseits Chancen identifiziert, die sich dem Unternehmen aus seinem Umfeld bieten, andererseits Risiken erkannt, die dem Unternehmen aus seinem Umfeld drohen. Um Chancen nutzen und Risiken meiden zu können, muss ein Unternehmen über gewisse Stärken, z.B. Wettbewerbsvorteile, verfügen. Diese Stärken müssen im Rahmen einer internen Analyse (z.B. mittels finanzieller Größen) aufgezeigt werden. Gleichzeitig müssen auch die Schwächen ermittelt werden, die ein Unternehmen für Risiken empfänglich macht.

Diese Grundgedanken der strategischen Analyse werden in der SWOT-Analyse zusammen­gefasst, welche in der folgenden Abbildung dargestellt ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 : SWOT-Analyse

(Quelle: Hungenberg, H. (2008): Strategisches Management in Unternehmen: Ziele, Prozesse, Verfahren. 5. Aufl. Wiesbaden: Gabler, S. 85)

Bei der externen Analyse wird die komplexe Unternehmensumwelt unterteilt – in eine weitere Umwelt, die Makroumwelt, und eine nähere Umwelt, die Branchenumwelt.

Die Makroumwelt teilt sich weiter auf in politisch-rechtliche, ökonomische, technologische, gesellschaftliche und ökologische Umwelt. Vor allem durch Veränderungen in diesen Umfeldern eröffnen sich für Unternehmen neue Chancen und Risiken. Das Modell der Makroumwelt ermöglicht die Strukturierung der gesamten Umwelt eines Unternehmens, so dass relevante Einflussfaktoren leicht identifiziert werden können. Bei der Anwendung dieses Modells sollte aber beachtet werden, dass die Entwicklungen und Zusammenhänge der Einflussgrößen von Unsicherheit geprägt sind.

Bei der Analyse des Makroumfeldes werden vor allem allgemeine Faktoren untersucht, die fast alle Unternehmen, unabhängig von der Branche, betreffen. Bei der Analyse der Branchenumwelt stehen jene Faktoren im Mittelpunkt, die nur für Unternehmen einer speziellen Branche von Bedeutung sind. Diese Faktoren beeinflussen maßgeblich den Wettbewerb und somit die strategische Situation eines Geschäftsfeldes. Um die Branchen­umwelt zu beeinflussen und das Geschäftsfeld erfolgreich im Wettbewerb zu positionieren, ist eine detaillierte Analyse der Branchenumwelt unabdingbar. Zunächst wird die Branche als Ganzes betrachtet, um die Struktur und Entwicklung von Einflussgrößen im Zusammenhang zu untersuchen. Darauf aufbauend werden dann die Kunden und Wettbewerber, die beiden wichtigsten Elemente einer Branche, analysiert.[52]

Es gibt zahlreiche Modelle zur Analyse der Branchenstruktur. Das bekannteste Modell stammt von Michael Porter.[53] Sein Modell der Fünf-Wettbewerbskräfte ermöglicht die systematische Erfassung der Struktur einer Branche sowie die Beschreibung der Einfluss­größen, die von der Branchenstruktur auf die Unternehmen wirken. Des Weiteren wird so eine umfassende Betrachtung der relevanten Wettbewerbsfaktoren sichergestellt. Aus diesem Grund erfüllt die Branchenstrukturanalyse vor allem zu Beginn einer strategischen Analyse seinen Zweck, da sie einen Überblick über die Branche liefert.[54]

Grundlage des Modells ist der industrieökonomische Ansatz, der sich mit den Mechanismen beschäftigt, die durch Anbieterkonzentration und Marktabgrenzung auf die Märkte wirken. Das Ziel des Fünf-Wettbewerbskräfte-Modells ist es, die Wettbewerbssituation innerhalb einer Branche aus Sicht eines Unternehmens zu bestimmen, welches bereits in der Branche tätig ist.[55] Der Grundgedanke von Porter ist, dass die Attraktivität eines Marktes vor allem von der Marktstruktur abhängt, da diese das strategische Verhalten der Markt­teilnehmer beeinflusst und das Verhalten der Marktteilnehmer wiederum Einfluss auf den Markterfolg hat.

Das Porter-Modell kann die Struktur einer Branche systematisch erfassen. Weiterhin können Einflussgrößen beschrieben werden, die von der Struktur der Branche auf die Unternehmen der Branche wirken. Porter unterscheidet dabei fünf Wettbewerbskräfte, die die Rentabilität und Attraktivität einer Branche bestimmen: die Marktmacht der Lieferanten und der Abnehmer, die Bedrohung durch Ersatzprodukte und durch potenzielle Konkurrenten sowie die Konkurrenz zwischen den bestehenden Wettbewerbern innerhalb einer Branche (siehe Abbildung 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die Triebkräfte des Branchenwettbewerbs

(Quelle: Porter, M. (1999): Wettbewerbsstrategie: Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten. 10. Aufl. Frankfurt/Main u.a.: Campus-Verl. S. 34)

Die Ausprägungen der jeweiligen Wettbewerbskräfte werden durch weitere Einzelfaktoren bestimmt, auf die im Folgenden eingegangen wird.

Wenn neue Wettbewerber in einen Markt eintreten, hat das zur Folge, dass sich das Angebot erhöht und somit das Preisniveau sinkt. Eine Branche ist also umso attraktiver für ein Unternehmen, desto geringer der Wettbewerb ist. Wie stark die Bedrohung ist, dass neue Konkurrenten in den Markt eintreten, hängt von den Markteintrittsbarrieren ab. Darunter werden die Faktoren verstanden, die es einem Unternehmen schwer bis unmöglich machen, sich in einem neuen Markt zu etablieren. Einer dieser hemmenden Faktoren kann z.B. die Betriebsgrößenersparnis (Skalenertrag) sein. Bei der Realisierung von Skalenerträgen sinken die Gesamtkosten bei Erhöhung der Produktionsmenge. Dies schreckt neue Unternehmen vom Markteintritt ab, da sie entweder mit hohen Produktionsvolumina einsteigen und dabei mit Vergeltungsmaßnahmen der etablierten Unternehmen rechnen müssen, oder mit niedrigem Produktionsvolumen einsteigen und somit Kostennachteile akzeptieren müssen.[56] Ein weiteres Hemmnis sind Produktdifferenzierungen, d.h. dass die etablierten Unternehmen z.B. durch die Verwendung von Marken eine hohe Kundenbindung realisiert haben. Neue Wettbewerber müssen dann zuerst einmal hohe Investitionen in Werbung und Verkaufsförderung tätigen, um die Bindung der Kunden an die etablierten Produkte zu überwinden. Außerdem zählt ein hoher Kapitalbedarf ebenfalls zu den Markteintrittsbarrieren, d.h. dass erstmal einiges investiert werden muss, um wettbewerbs­fähig zu werden. Weitere Barrieren für den Markteintritt sind die Existenz von Wechsel­kosten, gebundene oder belegte Vertriebskanäle sowie die Subventionierung der etablierten Unternehmen.

Lieferanten können die Attraktivität durch Durchsetzung höherer Preise oder durch die Verringerung der Qualität negativ beeinflussen und somit das Gewinnpotenzial in der Branche senken. Daraus folgt, dass eine Branche umso attraktiver ist, desto weniger Markt­macht die Lieferanten gegenüber den Unternehmen besitzen. Die Marktmacht der Lieferanten ist umso geringer:

- je mehr Lieferanten ein ähnliches Vorprodukt produzieren,
- je standardisierter das Vorprodukt ist,
- je geringer die Umstellungskosten der Abnehmer sind,
- je stärker das Vorprodukt substituiert werden kann,
- je stärker die Lieferanten von den abnehmenden Unternehmen abhängig sind,
- je stärker die Unternehmen glaubhaft mit Rückwärtsintegration drohen können.

Die Marktmacht der Abnehmer verhält sich spiegelbildlich zur Marktmacht der Lieferanten. Auch die Kunden können die Attraktivität durch Durchsetzung niedriger Preise oder höherer Qualität negativ beeinflussen. Folglich ist eine Branche umso attraktiver, desto geringer die Marktmacht der Kunden gegenüber den Unternehmen ausfällt. Die Marktmacht der Abnehmer ist umso geringer:

- je größer die Wechsel- bzw. Umstellungskosten sind, die bei einem Wechsel zu einem anderen Anbieter entstehen,
- je stärker die Kunden von den liefernden Unternehmen und dem Produkt abhängig sind,
- je glaubhafter die Kunden mit Rückwärtsintegration drohen können,
- je geringer der Informationsstand über das Produktangebot ist.

Ersatzprodukte bzw. Substitute sind ein wesentlicher Faktor im Wettbewerb, da das Gewinn­potenzial einer Branche auch dadurch beeinflusst wird, ob Kunden die Möglichkeit haben, auf Produkte anderer Anbieter auszuweichen. Folglich gilt eine Branche als umso attraktiver, desto geringer die Bedrohung durch Ersatzprodukte ist. Als Substitute werden die Produkte identifiziert, die die gleichen Funktionen wie die Produkte der Branche erfüllen. Die Gefahr, die von Ersatzprodukten ausgeht, ist umso größer:

- je geringer die Produktloyalität der Kunden ist,
- je geringer die Umstellungskosten sind,
- je höher die Preise des Originals im Vergleich zu den Preisen der Substitute sind.

Die Rivalität zwischen den Unternehmen, die bereits in der untersuchten Branche arbeiten, äußert sich in der Wettbewerbsintensität zwischen ihnen. Dabei wird zwischen zwei Wettbewerbsformen unterschieden – dem Preiswettbewerb, bei dem die Unternehmen sich gegenseitig im Preis versuchen zu unterbieten, und dem Qualitätswettbewerb, bei dem die Unternehmen versuchen, durch gesteigerte Produktqualität oder Zusatzleistungen Kunden zu gewinnen. Bei beiden Wettbewerbsformen wird das Gewinnpotenzial der Unternehmen der Branche gesenkt – durch sinkende Preise oder durch steigende Kosten. Folglich ist eine Branche für die Unternehmen umso attraktiver, desto geringer die Rivalität zwischen den Wettbewerbern ist. Die Wettbewerbsintensität ist umso höher:

- je mehr Konkurrenten es gibt,
- je langsamer die Branche wächst,
- je höher die Marktaustrittsbarrieren sind (z.B. Fixkosten der Stilllegung, emotio­nale, gesellschaftliche oder staatliche Barrieren).

Im Ganzen bietet das Branchenstrukturmodell von Porter die Möglichkeit, das umfangreiche Zusammenspiel von Marktteilnehmern innerhalb einer Branche strukturiert zu untersuchen. Das Modell ermöglicht es, sowohl Chancen als auch Risiken einzuschätzen, welche sich am Markt ergeben, und ermöglicht es auf diese Weise, Erfolgspotenziale sowie Wege zur Vermeidung von Risiken aufzuzeigen.[57]

Das Porter-Modell hat allerdings auch einige Defizite: Es werden zum einen nur strukturelle Merkmale betrachtet, obwohl der Wettbewerb auch noch durch andere Merkmale beeinflusst werden kann. Dies ist z.B. der Fall, wenn Unternehmen in verschiedenen Geschäftsfeldern in mehreren Branchen konkurrieren. „So hat beispielsweise PepsiCo keine Chance, seine Getränke bei Unternehmen wie McDonald’s oder Burger King abzusetzen, da PepsiCo als Eigentümer von Pizza Hut und anderen Restaurants selbst Konkurrent dieser – aus Sicht der Getränkebranche – potenziellen Abnehmer ist.“[58] Solche Wettbewerbsbeziehungen müssen bei der strategischen Analyse erkannt und entsprechend berücksichtigt werden. Weiterhin nimmt Porter in seinem Modell an, dass Unternehmen in einer Branche immer konkurrieren und nur so Wettbewerbsvorteile realisieren können. In der Praxis kann jedoch beobachtet werden, dass Unternehmen auch durch Kooperationen mit Wettbewerbern, Kunden oder Lieferanten Vorteile generieren.

[...]


[1] Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2008a)

[2] Vgl. Buchreport.Online (2009b)

[3] Vgl. Börsenblatt. Wochenmagazin für den Deutschen Buchhandel (2009l)

[4] Vgl. PriceWaterhouseCoopers (2009)

[5] Vgl. Bröker (2001), S. 11

[6] Vgl. Pross (1972), S. 224

[7] Meyer, Treutler (2009), S. 242

[8] Vgl. Barth (2007), S. 189

[9] Vgl. Barth (2007), S. 189-191

[10] Vgl. Schmidt (2007), S. 184-190

[11] Dettweiler (2009), S. 18

[12] Vgl. E-Book-News (2009a)

[13] Vgl. E-Book-News (2009a)

[14] Vgl. Meier, Stromer (2008), S. 129

[15] Vgl. Meier, Stromer (2008), S. 130-131

[16] Vgl. Meyer, Treutler (2009), S. 244

[17] Meier, Stromer (2008), S. 147

[18] Lischka, Patalong (2009)

[19] Vgl. E-Book-News (2009d)

[20] Vgl. Schild (2009)

[21] Guggemos (2004), S. 186

[22] Vgl. Börsenblatt. Wochenmagazin für den Deutschen Buchhandel (2009j)

[23] Vgl. Guggemos (2004), S. 184

[24] Gesetz über die Preisbindung für Bücher (2002)

[25] Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2008c)

[26] Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2008c)

[27] Gesetz über die Preisbindung für Bücher (2002)

[28] Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2008c)

[29] Vgl. Russ (2008), S. 63

[30] Vgl. Casimir, Cronau, Hauck, Schulte (2008)

[31] Vgl. Picot, Janello (2007)

[32] Vgl. Arbeitskreis Elektronisches Publizieren (2009)

[33] Vgl. PriceWaterhouseCoopers (2009)

[34] Vgl. Rung (2009)

[35] Vgl. PriceWaterhouseCoopers (2009)

[36] Gomez (2007), S. 171

[37] Vgl. Anderson (2009), S. 185ff

[38] Vgl. Franke (2009), S. 32

[39] Vgl. Broos (2008), S. 75

[40] Vgl. Merkel-Sobotta (2008), S. 7

[41] Vgl. Lovenberg (2009), S. 27

[42] Vgl. Graf (2009)

[43] Vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels (2009b)

[44] Vgl. Lindner (2009b), S. 15

[45] Vgl. Budras, Lindner (2009), S. 16

[46] Vgl. Lindner (2009b), S. 15

[47] Vgl. Anderson (2007), S. 25

[48] Vgl. Anderson (2007), S. 64

[49] Vgl. Anderson (2007), S. 65

[50] Anderson (2007), S. 108

[51] Neffe, J. (2009), S. 51

[52] Vgl. Hungenberg (2008), S. 72ff

[53] Vgl. Porter (1999), S. 33-70

[54] Vgl. Hungenberg (2008), S. 89

[55] Vgl. Hungenberg (2008), S. 84

[56] Vgl. Porter (1999), S. 38

[57] Vgl. Hungenberg (2008), S. 89

[58] Hungenberg (2008), S. 91ff

Fin de l'extrait de 100 pages

Résumé des informations

Titre
Chancen und Risiken von E-Books auf dem deutschen Buchmarkt
Université
University of Leipzig  (Institut für Handel und Banken)
Note
2,3
Auteur
Année
2010
Pages
100
N° de catalogue
V164547
ISBN (ebook)
9783640898954
ISBN (Livre)
9783656580539
Taille d'un fichier
1321 KB
Langue
allemand
Mots clés
E-Books, E-Book, ebook
Citation du texte
Annemarie Tappert (Auteur), 2010, Chancen und Risiken von E-Books auf dem deutschen Buchmarkt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164547

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