Aktienanalysten spielen in ihrer Funktion als Informationsintermediäre auf nationalen wie internationalen Finanzmärkten eine zentrale Rolle. Sie sind das Bindeglied zwischen einer Vielzahl von Emittenten und einer noch größeren Anzahl von privaten und institutionellen Investoren.
Um profitable Investitionsentscheidungen zu treffen, sind präzise Informationen nötig, deren Beschaffung mit einem hohen Kosten- und Zeitaufwand verbunden ist und zudem spezifischer Branchen- und Methodenkenntnis sowie Unternehmenskontakten bedarf (Kap. 3.2). Analysten übernehmen diese Aufgabe teilweise für die Investoren. Da sie sich in der Regel nicht ausschließlich dem objektiven und unverzerrten Research im Sinne der Investoren widmen und meist keine vertragliche Bindung zwischen beiden existiert, entstehen Konfliktpotentiale aufgrund divergenter Interessen (Kap. 3.4).
Aktienanalysten unterscheiden sich nicht nur durch die Qualität ihrer Prognosen, sondern auch rein institutionell. Sell-Side Analysten sind in der Regel Mitarbeiter von (Investment-) Banken oder Brokerhäusern. Sie erstellen Analysen im Auftrag des Arbeitgebers für externe Adressaten (private und institutionelle Investoren).
Gutes Research als Basis guter Prognosen ist teuer. Da Analystenprognosen in der Regel kostenlos publiziert werden, erhalten Analyseabteilungen somit keine direkten Erlöse. Jedoch generieren sie indirekt Umsatz für andere Abteilungen des jeweiligen Hauses. Regelmäßig tragen sie zur Aktivität von Investment Banking Tätigkeiten oder Corporate Finance Beratungsaufträgen bei. Beispielsweise in der Form, dass ein (Lead-) Underwriting mit dem analysierten Unternehmen besteht und IPO bzw. SEO Vorgänge betreut werden wodurch sich Umsätze in Form von Provisionen generieren lassen.
Der Nutzen von Analystenprognosen für Investoren wird zwar in der Literatur kritisch diskutiert (manche Autoren argumentieren sogar, dass Prognosen nicht besser als zufällig seien). Gleichwohl werden Analystenreports durchweg stark nachgefragt, und es zeigen sich deutliche Kapitalmarktreaktionen insbesondere auf Prognosekorrekturen. Trotz mehrerer Skandale tragen die Prognosen oder Empfehlungen angesehener Brokerhäuser und populärer einzelner Analysten stark zur Meinungs- und Erwartungsbildung auf den Märkten bei. Es stellt sich daher die Frage, ob Analysten über die (indirekte) Lenkung von Investitionsströmen die Markt- bzw. Allokationseffizienz steigern können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
- Analysten als Informationsintermediäre
- Hauptaspekte der Analysetätigkeit
- Datenquellen und Analystenrankings
- Messung der Genauigkeit von Gewinnprognosen
- Bestimmung der Profitabilität von Handelsempfehlungen
- Determinanten der Prognosequalität
- Schwerpunktsetzung und Auslassungen
- Analystenspezifische Faktoren
- Brokerspezifische Faktoren
- Interessenkonflikte und Prinzipal-Agent Probleme
- Gruppenspezifische Faktoren
- Institutionelle und regulatorische Faktoren
- Schlussfolgerungen und Ansatzpunkte weiterer Forschung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der Analyse der Determinanten der Prognosefähigkeit von Aktienanalysten. Im Fokus stehen Gewinnprognosen und Handelsempfehlungen, wobei Zielkursprognosen nicht berücksichtigt werden. Die Arbeit untersucht 19 Studien aus den Jahren 1990 bis 2009, wobei sechs zentrale Untersuchungen im Detail analysiert werden. Die Forschungsfragen umfassen die wesentlichen Einflussgrößen auf die Qualität von Gewinnprognosen und Handelsempfehlungen, die valide Messung und den Vergleich dieser Qualität sowie weitere Aspekte und Methoden für zukünftige Forschung.
- Einflussfaktoren auf die Qualität von Gewinnprognosen und Handelsempfehlungen
- Valide Messung und Vergleich der Prognosequalität
- Analysten als Informationsintermediäre und ihre Rolle auf den Finanzmärkten
- Interessenkonflikte und Prinzipal-Agent Probleme im Kontext der Analysetätigkeit
- Institutionelle und regulatorische Faktoren, die die Prognosefähigkeit beeinflussen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit vor. Sie erläutert die Rolle von Aktienanalysten als Informationsintermediäre auf den Finanzmärkten und die Bedeutung ihrer Prognosen für Investoren. Kapitel 2 beleuchtet die Datenquellen und Analystenrankings sowie die Messung der Genauigkeit von Gewinnprognosen und der Profitabilität von Handelsempfehlungen. Kapitel 3 fokussiert auf die Determinanten der Prognosequalität, wobei analystenspezifische, brokerspezifische, interessenkonfliktbedingte, gruppenspezifische und institutionelle sowie regulatorische Faktoren untersucht werden. Die Arbeit schließt mit Schlussfolgerungen und Ansatzpunkten für weitere Forschung.
Schlüsselwörter
Aktienanalysten, Gewinnprognosen, Handelsempfehlungen, Prognosefähigkeit, Determinanten, Informationsintermediäre, Interessenkonflikte, Prinzipal-Agent Probleme, Datenquellen, Analystenrankings, Messung der Genauigkeit, Profitabilität, institutionelle Faktoren, regulatorische Faktoren.
- Citation du texte
- Christian Kretzmann (Auteur), 2010, Die Verarbeitung von Analystenprognosen: Determinanten der Analystenprognosefähigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164860