Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Geburt Jesu
2.1 Einhauchen des göttlichen Geistes
2.2 Die Geburt Jesu und die Reaktion Marias
3. Bezeichnung Jesu im Koran
4. Der Tod Jesu
5. Botschaft Jesu
5.1 Grund für die Entsendung und die Botschaft Jesu
5.2 Jesus als Mensch
6. Wunder Jesu
6.1 Bedeutung von Wunder
6.2 Wiegenwunder Jesu im Koran
6.3 Vogelwunder Jesu im Koran
6.4 Speisewunder Jesu im Koran
7. Resümee
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der postmodernen Zeit ist die individuelle Zugehörigkeit zu einer Religion nahezu in jeder beliebigen Gesellschaft vorzutreffen. Aufgrund der sehr rapiden technologischen Entwicklung hat sich die Welt zu einem globalen Dorf umgewandelt. Aus dieser Erkenntnis folgt schließlich, dass das Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Kultur, Tradition und Religion mittlerweile unumgänglich geworden ist.
Wenn man Untersuchungen im Hinblick auf die Religionen durchführt, bezüglich der Stellung beziehungsweise Status Jesu, kommt man zu der Erkenntnis, dass die Religionen einige Widersprüche aufweisen. Es ist sehr gewöhnlich, dass man im interkulturellen und interreligiösen Dialog und spezifisch im christlich- islamischen Dialog einige Vorwürfe gegenüber dem Islam ausgesprochen werden. Vorwürfe wie ,, Ihr (Muslime) betrachtet Jesus nur als Propheten und stuft seinen hohen Status beziehungsweise seine hoch zu schätzende Stellung sehr niedrig ein.“ Wenn man jedoch den Koran und die Aussprüche des Propheten Muhammed im Gesamtkontext betrachtet, kommt man zu der Erkenntnis, dass derlei Vorwürfe nicht berechtigt sind.[1] Es ist daher sehr dringlich, das koranische Jesusbild wieder zu geben, denn in Gesprächen, Dialogen und Zwiegesprächen spielt Jesus eine enorm wichtige und zentrale Rolle. Auf die Einzelheiten hinsichtlich der Eigenart Jesu wird allerdings speziell in der vorliegenden Arbeit eingegangen.
Da es sich in dieser Arbeit speziell um die Stellung Jesu im Koran und seine Wunder handelt, werden meinerseits viel aus dem Koran zitiert. Um die strittigen Themen, wie beispielsweise die Geburt, der Tod und die bewirkten Wunder Jesu, die allein aus dem Fundus des Koran schwer zu verstehen sind und daher die Exegese der Koranexegeten bedürfen, behandeln zu können, werden ebenfalls Deutungen von seitens der islamischen Welt anerkannten Koranexegeten zu Hand genommen. Dies vereinfacht das koranische Verständnis, verschafft dem Leser einen weitreichenden Überblick über die Thematik und bietet die Möglichkeit, das Jesusbild koran- und sunnagemäß[2] zu verstehen.
2. Die Geburt Jesu
2.1 Einhauchen des göttlichen Geistes
Der Koran deutet die Entsendung, die Geburt, die örtlichen Verhältnisse, in der die Geburt erfolgte und das Verhalten beziehungsweise die Reaktion der Maria auf diese heikle Situation sehr präzise an. In Sure 21, Vers 91 und in der Sure 66, Vers 11 gibt der Koran klar und deutlich wieder, dass Jesus durch das Einhauchen des göttlichen Geistes ins Leben gerufen wurde.[3] In den oben genannten Koranversen heißt es ,, Und (Gedenke) derjenigen, die ihren Schoß keusch hielt, und der wir von unserem Geist einhauchten, und die wir nebst ihrem Sohne zu einem Zeichen für alle Welt machten.“[4] Die in Sure 21, Vers 91 angeführte Aussage, bestätigt der Koran mit dem letzten Vers der Sure 66 ,, Und (als weiteres Beispiel) Maria, Imrans Tochter, die ihre Scham hütete. Darum hauchten Wir von Unserem Geist in sie ein. Und sie glaubte an die Worte ihres Herrn und an Seine Schriften und war eine der Demütigen.“[5] Aus diesen erwähnten Koranpassagen kann man schließlich folgern, dass es sich hierbei nicht um das biologische Zusammenkommen von zwei Geschlechtspaaren handelt, sondern spezifisch um den Schöpfungsakt Gottes, denn allein dem Schöpfungsakt verdankt Jesus sein Dasein.[6] Weiterhin kann anhand dieser Verse schlussgefolgert werden, dass Maria keine aktive Rolle bei der Entsendung Jesu gespielt hat, dies verdeutlich der letzte Part der Sure 66, Vers 11 ,, ... und war eine der Demütigen.“[7] Auf diese Thematik wird jedoch im Laufe der vorliegenden Arbeit näher und präziser eingegangen.
2.2 Die Geburt Jesu und die Reaktion Marias
Der Entwicklungsablauf der Geburt Jesu lässt sich nach koranischen Passagen in drei Abschnitte unterteilen. Vorerst bekommt Maria die aufgelegte Nachricht Gabriels, der schließlich als Übermittler zwischen der göttlichen und menschlichen Kommunikation fungiert. Dieser Koranvers ist ein vortreffliches Beispiel für die erwähnte Aussage ,, Er sprach: ,, Ich bin nur ein Bote deines Herrn, um dir einen lauteren Sohn zu bescheren“.“[8]
Razi[9] stellt die Rolle beziehungsweise den Stellenwert Gabriels bezüglich der Geburt Jesu dar, indem er zum Ausdruck bringt, dass es Gabriel war, der die heikle Nachricht der Maria angekündigt und ihr von seinem Atem eingeblasen habe, auf Befehl Gottes. Er fügt ebenfalls hinzu, dass die Aufgabe Gabriels nicht nur darin bestand, die vorzutreffende Geburt Jesu anzukündigen, sondern ihn in allen Momenten seines Lebens zu begleiten.[10]
Marias Reaktion auf die von Gabriel übermittelte Nachricht und ihre zu erfüllende Mission beziehungsweise die Aufgabe die ihr seitens Gott auferlegt wurde wird im Koran gründlich wiedergegeben. Es ist daher von großer Wichtigkeit, die Gefühlslage Marias zu analysieren, denn wenn man die Lage der Gesellschaft zu der Zeit in den Vordergrund zieht, sieht man, dass es eine sehr große Last ist, dieses Geschehen den Menschen zu erklären. Denn Maria zweifelt ihre Schwangerschaft immer mit Hinweis auf ihre Jungfräulichkeit an und hat imense Probleme, die vorhandene Situation körperlich und geistig zu verarbeiten.[11] Dies bestätigt die Sure 19, Vers 20 in der heißt ,, Sie sprach: ,, Wie soll ich einen Sohn bekommen, wo mich kein Mann berührt hat und ich keine Dirne bin“?“[12]
Aus dem Vers ,, ... und ich keine Dirne bin“ kann man theoretisch einigermaßen vorausahnen, dass eine Frau sehr minderwertig betrachtet wird, wenn sie ein Kind empfängt, ohne dass der Vater des Kindes bekannt ist. Der Grund für diese Annahme besteht zum Anderen auch darin, dass sich dieser oben genannte Vers an mehreren Stellen im Koran widerholt.[13] Es ist zusätzlich sehr erwähnenswert, dass Gott Maria, die sich schließlich innerlich unruhig fühlt, diese Unruhe in Form von Fragen, die sie an Gott stellt und ihn indirekter Weise sowohl um materielle als auch immaterielle Hilfe bittet, tröstet. Diese Koranverse geben das Trösten und die Beihilfe Gottes sehr detailliert wieder ,, Und als die Engel sprachen: „ O Maria! Wahrlich Allah hat dich auserwählt und gereinigt und vor den Frauen aller Welt erwählt. O Maria! Sei andachtsvoll vor deinem Herrn und wirf dich nieder und verneige dich mit den sich Verneigenden. Dies ist einer der Berichte über das Verborgene, die Wir dir offenbaren. Denn du warst nicht bei ihnen, als sie ihre Losröhrchen warfen, wer von ihnen Maria pflegen sollte. Und du warst nicht bei ihnen, als sie miteinander stritten. Als die Engel sprachen: ,, O Maria! Wahrlich Allah verkündet dir (frohe Botschaft) durch ein Wort von Ihm: (einen Sohn), sein Name ist Messias, Jesus, der Sohn der Maria, angesehen in dieser Welt und im Jenseits, einer der (Allah) Nahestehenden. Und er wird in der Wiege und im Mannesalter zu den Menschen reden, und einer der Rechtschaffenen sein.“[14] Diese angeführten Zitate enthalten sehr bedeutende Anekdoten und Feinheiten, deren Erwähnung von sehr großer Importanz ist. Sie dienen schließlich dazu, die moralische beziehungsweise psychologische Lage Marias und die Behandlungsweise Gottes dem Menschen gegenüber (im Koran) nachvollziehen zu können. Zum Ersten kann man aus den genannten Versen herausfiltern, dass Maria einen recht hohen Stellungswert vor Gott hat.
Sie wird nämlich gelobt, dies deuten die Worte ,, auserwählt “[15] und ,, gereinigt “[16] an. Man kann diese auch wie folgt verstehen, dass Gott mit diesen Anspielungen Maria tröstet, um schließlich die bevorstehende Reaktion der Gesellschaft, die unter allen Umständen eine negative beziehungsweise psychologische Demoralisierung mit sich bringen wird, überwältigen zu können.
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[1] Bauschke, Martin; Jesus im Koran, Böhlau Verlag, Köln 2001, S. 39
[2] Sunna à Lebensweise des Propheten Muhammed. Es gibt 3 Arten von Sunna: 1. Qawli sunna à das aus dem Munde entspringende Nachricht des Propheten. 2. Fi`li Sunna à die begangenen Taten des Propheten. 3. Taqrir Sunna à Billigungen des Propheten
[3] Bauschke, Martin; Jesus im Koran, Böhlau Verlag, Köln 2001, S. 15
[4] Henning, Max; Der Koran (21:91) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 222
[5] Henning, Max; Der Koran (66:11) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 391
[6] Bauschke, Martin; Jesus im Koran, Böhlau Verlag, Köln 2001, S. 17
[7] Henning, Max; Der Koran (66:11) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 391
[8] Henning, Max; Der Koran (19:19) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 205
[9] Razi (gest. 1210) war einer der Zentralfiguren in der Entwicklung der islamischen Theologie und zugleich ein sehr berühmter Koranexeget. Weitere Informationen siehe: http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2008/wassouf/ Abrufdatum: 14.09.10 Abrufzeit: 03:32
[10] Bauschke, Martin; Jesus im Koran, Böhlau Verlag, Köln 2001, S. 16
[11] Deuper Christian; Jesus im Koran, Grin Verlag, Norderstedt 2006, S. 4-5
[12] Henning, Max; Der Koran (19:20) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 205
[13] Henning, Max; Der Koran (3:47) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 36
[14] Henning, Max; Der Koran (3:42-47) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 36
[15] Henning, Max; Der Koran (3:42) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 36
[16] Henning, Max; Der Koran (3:42-47) ,das Heilige Buch des Islam, Cagri Yayinlari, Istanbul 2002, S. 36