Alfred Schütz: Grundlegung der Theorie - Das Problem der Intersubjektivität


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2002

16 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ausgangslage für die sozialphänomenologische Handlungstheorie

3. Das Problem der Intersubjektivität – eine Erörterung
3.1 Der subjektive Sinn
3.2 Der Handlungsentwurf
3.3 Die Variabilitäten des Sinns
3.4 Die Motive
3.4.1 Das „Um-zu“-Motiv
3.4.2 Das „Weil“-Motiv
3.5 Typisierungen als Lösung des Intersubjektivitätsproblems
3.6 Generalthesis der Reziprozität der Perspektiven
3.6.1 Idealisierung der Austauschbarkeit der Standpunkte
3.6.2 Idealisierung der Übereinstimmung der Relevanzsysteme

4. Zusammenfassende Darstellung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Grundlagen der sozialphänomenologischen Handlungstheorie von Alfred Schütz, wobei der Fokus auf dem Problem der Intersubjektivität des sozialen Handeln in der Alltagswelt liegt. Ziel der Arbeit ist es, zu erörtern, ob und wie Schütz dieses Problem gelöst sieht.

Zunächst wird Schütz’ Theorie grob in das Gesamtfeld der Kommunikationswissenschaft eingeordnet, indem dargelegt wird, welche bestehenden Theorien seine Untersuchungen veranlassten und prägten sowie welche zentralen Fragestellungen und Anliegen der sozialphänomenologischen Handlungstheorie zugrunde liegen. Desweiteren erfolgt eine Abgrenzung der der Abhandlung zugrundeliegenden wesentlichen Begriffe.

Die Grundlagen der Schützschen Theorie werden im zweiten Abschnitt unter dem Gesichtspunkt des Problems der Intersubjektivität und dessen Lösung erörtert. Unterstützend wird dazu ein veranschaulichendes Beispiel herangezogen, an dem zentrale Termini und Thesen erläutert werden.

Abschließend erfolgt eine zusammenfassende Darstellung der von Schütz in seiner soz. Handlungstheorie ausgearbeiteten Thesen. Insbesondere wird hierbei auf die Relevanz der von ihm zugrundegelegten Tatbestände zur Lösung des Problems der Intersubjektivität eingegangen.

2. Ausgangslage für die sozialphänomenologische Handlungstheorie

Den wissenschaftlichen Arbeiten Schütz’ liegt eine detaillierte Auseinandersetzung mit der „verstehenden Soziologie“ Max Webers zugrunde. Diese wiederum baut auf der leitenden Idee Georg Simmels auf, die besagt, dass alle materiellen sozialen Phänomene auf die Verhaltensweisen Einzelner zurückzuführen seien. Die besondere gesellschaftliche Form solcher individuellen Verhaltensweisen sei demnach deskriptiv zu erfassen.[1]

Weber führt entsprechend alle Arten sozialer Beziehungen und Gebilde sowie Kulturobjekte auf das soziale Verhalten Einzelner zurück. Der Sinn, der diesen sozialen Phänomenen zugrunde liegt, ist demnach der, den ein Einzelner mit seinem Verhalten verbindet. Nach Weber hat die Soziologie die Aufgabe, den subjektiven Sinn sozialen Verhaltens deutend zu verstehen. („Verstehende Soziologie“)

Schütz legt diese Definition seinen Arbeiten zwar zugrunde, bemerkt jedoch kritisch, dass Weber zahlreiche Prämissen gebildet habe, die so nicht als gegeben hingenommen werden könnten. Vielmehr könne „nur eine radikale Analyse der echten und ursprünglichen Elemente des sozialen Handelns eine gesicherte Fundierung der weiteren gesellschaftlichen Arbeit“[2] liefern.

Schütz’ zentrales Anliegen ist es daher, mit der sozialphänomenologischen Handlungstheorie – die, ebenso wie Webers Erörterungen, in den soziologisch und philosophisch geprägten Bereich der Kommunikationswissenschaft einzuordnen ist – ein theoretisches Fundament zu Webers Theorie sinnhaften Handelns zu liefern, indem er der Frage nachgeht, wie der subjektive Sinn von Handlungen in der Alltagswelt konstituiert wird.[3]

Folglich verlangt Schütz, dass der bei Weber benutzte Begriff des sozialen Handelns differenziert werden müsse. Er schlägt daher eine Unterscheidung in Handeln (Prozess) und Handlung (abgeschlossenes Ereignis) vor. Auch wird bei Weber der Begriff des Motivs mehrdeutig verwendet. Nach Schütz soll hier ebenfalls eine Differenzierung erfolgen: Es gebe weder eine Kongruenz des Motivs und des Sinns eines Handelns, noch des Motivs vor und nach der Handlung. Letztlich kritisiert Schütz in diesem Zusammenhang, dass Weber davon ausgeht, dass der Sinn während der Handlung auftaucht. Schütz hingegen erkennt zwei Dimensionen des Sinns, den subjektiv gemeinten Sinn und den Sinn als Ergebnis einer Handlung, woraus sich eine zeittheoretische Argumentation ableiten lässt. Auf diese, auf die Abgrenzung der Sinnbegriffe sowie auf die Unterscheidung zwischen „Um-zu-Motiv“ und „Weil-Motiv“ wird im folgenden Abschnitt eingegangen.

3. Das Problem der Intersubjektivität – eine Erörterung

Im Folgenden werden Grundlagen der Schützschen Theorie mit dem Ziel erörtert, aufzuzeigen, worin das Problem der Intersubjektivität liegt und welche Lösungsmöglichkeiten bestehen.

Anhand eines einheitlichen Beispiels werden im Folgenden unterstützend Begriffe und Thesen verdeutlich. An dieser Stelle erfolgt zunächst nur ein kurzer Umriss der Ausgangssituation des Beispiels, es wird in den folgenden Abschnitten erweitert und modifiziert:

Dargestellt werden soll eine alltägliche Situation, in der sich eine Autofahrerin in ihrem Fahrzeug auf der Straße befindet, um zum Einkaufen zu fahren.[4]

3.1 Der subjektive Sinn

Der Begriff des subjektiven Sinns ist für Alfred Schütz von zentraler Bedeutung, da er mit seiner sozialphänomenologischen Handlungstheorie der Frage nachgehen will, wie dieser konstituiert wird, d.h. auf welche Weise der Handelnde subjektiven Sinn erzeugt und wie dieser von ihm erfahren wird. Hierbei ist zu betonen, dass es Schütz – anders als Weber – nicht um die Frage geht, wie ein Beobachter den subjektiven Sinn eines Handelns verstehen kann. Die Perspektive des Akteurs steht eindeutig im Fokus von Schütz’ Interesse.

Sobald der Handelnde mit seinem Verhalten einen Sinn verbindet, wird Verhalten zu Handeln. Es ist der Akteur, also Ego, der seinem Verhalten diesen Sinn beimisst. Nach Schütz lässt sich daher klar zwischen Ego und Alter Ego - dem Beobachter – unterscheiden, wobei Alter einen anderen Sinn erfasst als den, den Ego mit seinem Handeln verbindet. Das heißt, dass der subjektive Sinn von Egos Handeln für Außenstehende immer unbeobachtbar bleibt und lediglich qua Beobachtung seines Verhaltens Annahmen von diesen getroffen werden können, worin der Sinn seines Tuns besteht. Egos Handeln wird somit ein Sinn zugeschrieben, der „nie mit dem Sinn identisch ist, den der Handelnde selbst mit seinem Handeln verbindet...“[5]. Dank dieser Feststellung kann zwischen den Perspektiven von Ego und Alter Ego unterschieden werden. Diese Differenz der Standpunkte spielt eine fundamentale Rolle in Schütz’ Theorie und wird an späterer Stelle genauer beleuchtet. Zunächst sei festgehalten, dass eine Inkongruenz zwischen Fremdverstehen und Selbstverstehen besteht. Dennoch scheint erfahrungsgemäß gegenseitiges Verstehen im Alltag möglich: Wir meinen, uns gegenseitig – d.h. intersubjektiv - zu verstehen, zu wissen, was der Andere meint, welchen Sinn er mit seinem Handeln verbindet.

Diese Erfahrung soll nach Schütz jedoch nicht unhinterfragt bleiben. Sein Ziel ist es, zu erklären, wie Fremdverstehen im Alltagshandeln möglich ist, wenn es doch eigentlich ausgeschlossen scheint. Es ist festzuhalten, dass das beschriebene Problem der Intersubjektivität aufgrund der Radikalisierung des Begriffs des subjektiven Sinns durch die Analyse der Perspektive des Akteurs zugespitzt wird.[6]

Wie genau sich subjektiver Sinn des Akteurs konstituiert und wie Verhalten zu Handeln qualifiziert wird, ist Gegenstand der Betrachtung des folgenden Abschnitts.

[...]


[1] Vgl. Schütz 1960: 2

[2] Schütz 1960: 4

[3] Vgl. Schneider 2002: 284

[4] Formal wird dieses Beispiel im Folgenden kursiv, in einer kleineren Schriftgröße und eingerückt abgesetzt.

[5] Krallmann/Ziemann 2001: 187

[6] Vgl. Schneider 2002: 284

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Alfred Schütz: Grundlegung der Theorie - Das Problem der Intersubjektivität
Université
University of Duisburg-Essen  (Fachbereich 3: Kommunikationswissenschaft)
Cours
Zentrale Handlungs- und Kommunikationstheorien - von den Klassikern zur Gegenwart
Note
1
Auteur
Année
2002
Pages
16
N° de catalogue
V16511
ISBN (ebook)
9783638213448
Taille d'un fichier
506 KB
Langue
allemand
Mots clés
Alfred, Schütz, Grundlegung, Theorie, Problem, Intersubjektivität, Zentrale, Handlungs-, Kommunikationstheorien, Klassikern, Gegenwart
Citation du texte
Anne-Kathrin Müller (Auteur), 2002, Alfred Schütz: Grundlegung der Theorie - Das Problem der Intersubjektivität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16511

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