Das chinesische Hochschulsystem soll in dieser Arbeit anhand der Theorie Martin Trows innerhalb der Kategorien „Elite“ bzw. „Masse“ eingeordnet werden. Die hier analysierten Trends zeigen jeweils unterschiedlich starke Tendenzen zu einer der beiden Kategorien. Manche sind auch eine Mischung aus den Zweien.
Die starke Expansion des Systems seit den späten 90er Jahren, was die Studierendenzahlen, die Hochschulzahl und die Finanzierung des Hochschulsektors angeht, spricht klar für die Umschreibung als Massensystem nach Trow. Bei genauerem Hinsehen wird allerdings klar, dass die Expansion der Studierendenzahlen nicht überall gleich stark vonstattenging. Die Spitzenuniversitäten mussten insgesamt mit weniger Expansionsdruck fertig werden als Hochschulen zweiter und dritter Klasse.
Chinas Hochschulsektor zeichnet sich so durch eine von der Regierung bewusst gestützte Zweiteilung aus. Eine kleine Gruppe speziell geförderter Universitäten steht einer deutlich größeren Gruppe an nicht zentral Geförderten entgegen. Erstere sind Spitzenuniversitäten des 211-Projekts. Darunter befinden sich nochmals weitere Institutionen, die additiv zusätzlich Mittel durch das 985-Projekt erhalten, wovon wiederum nur fünf bis sechs sich in den verschiedenen Hochschulrankings Chinas alle auf den ersten Plätzen befinden. Diese Gruppe sind die Elite-Universitäten der Volksrepublik.
Zusammenfassend befindet sich das chinesische Hochschulsystem in einer Transformationsphase zwischen dem elitären und dem Massenhochschulsystem nach Martin Trow. Die Expansionstendenzen weisen größtenteils auf den Massencharakter des Systems hin. Dennoch bleiben Überreste des Elitensystems, wie die Gaokao-Prüfung und die herausgehobene Stellung einer kleinen Gruppe Hochschulen bestehen. Dass die chinesische Regierung hier ein elitäres System innerhalb eines Massenhochschulsystems bewusst aufrecht erhält, entspricht der Theorie Martin Trows, dass auch beim Übergang von Elite zu Masse weiterhin Elitefunktionen ausgeführt werden.
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- 1 Relevanz des Themas
- 2 Forschungsfrage
- 3 Methodik
- II Definitionen und Vorüberlegungen
- 1 Hochschulbildung und Hochschule
- 2 Elite und Masse
- 3 Untersuchter Zeitraum seit 1985
- III Theorie der Hochschulsysteme nach Martin Trow
- 1 Wandel nach Martin Trow
- 2 Übertragbarkeit der Theorie auf China?
- IV Das chinesische Hochschulsystem vor 1978
- V Reformschritte in der Bildungspolitik seit den 1980er Jahren
- 1 Die Ära Deng Xiaopings: Reform und Öffnung
- 2 Jiang Zemin und Hu Jintao: Innovation im Fokus
- 3 Studiendauer und Abschlüsse
- VI Trends im chinesischen Hochschulsystem seit 1980
- 1 Expansion und Massenbildung?
- 1.1 Expansion der Studierendenzahlen
- 1.1.1 Zahlenmäßige Zunahme
- 1.1.2 Zunahme der Anzahl an Hochschulinstitutionen
- 1.1.3 Folgen für Studierende und Hochschullehrer
- 1.1.4 Gründe für die Expansion
- 1.1.5 Ort der Expansion
- 1.1.6 Neue Politik seit 2005: Entschleunigung der Expansion
- 1.1.7 Zusammenfassung: Expansion und Massenhochschulbildung
- 1.2 Erhöhung der Finanzierung im Bildungssektor
- 1.3 Dezentralisierung und Diversifizierung
- 1.3.1 Fragmentierung trotz Zentralisierung vor 1993
- 1.3.2 Reformen ab 1993: Kompetenzverschiebung auf die Provinzen
- 1.3.3 Diversifizierung
- 1.3.4 Dezentralisierung und die Kategorien Elite und Masse
- 1.4 Marktwirtschaftliche Elemente
- 1.4.1 Formelle Unterstützung von Regierungsseite
- 1.4.2 Private Hochschulen
- 1.4.3 Auslagerung von Hochschuldienstleistungen und -logistik
- 1.4.4 Einführung von Studiengebühren
- 1.4.5 Massencharakter der Marktelemente
- 1.5 Curriculum
- 1.5.1 Überspezialisierung vor 1985
- 1.5.2 Reformen seit den 80er Jahren: Vorbild Harvard
- 1.5.3 Kritik an der Umsetzung
- 1.5.4 Entwicklung zum Curriculum des Massensystems
- 1.1 Expansion der Studierendenzahlen
- 2 Elitäre Überreste und Planung?
- 2.1 Zugang durch Gaokao
- 2.1.1 Geschichte und Reform der Gaokao
- 2.1.2 Experimente in Richtung Pluralisierung
- 2.1.3 Ursprung in der traditionellen Beamtenprüfung
- 2.1.4 Kritik an der Gaokao
- 2.1.5 Elitärer Charakter des Hochschulzugangs
- 2.2 Elitestellung einzelner Hochschulen: Die Projekte 211 und 985
- 2.2.1 Spitzenqualität durch Fusionen und zentrale Förderung
- 2.2.2 Die chinesische Definition der Weltklasse-Universität
- 2.2.3 Prinzipien der Spitzenförderung
- 2.2.4 Folge der Förderung: Zweiteilung des Hochschulsystems
- 2.2.5 Bewusste Schaffung von Elite
- 2.1 Zugang durch Gaokao
- 1 Expansion und Massenbildung?
- VII Fazit: Elite innerhalb der Masse
- VIII Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit untersucht die chinesische Hochschulpolitik seit 1985. Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Entwicklung des Hochschulsystems im Kontext der Reform- und Öffnungspolitik zu analysieren und zu beleuchten, inwieweit es sich um eine „elitäre Massenbildung“ handelt.
- Expansion der Studierendenzahlen und deren Folgen
- Dezentralisierung und Diversifizierung des Hochschulsystems
- Einführung von marktwirtschaftlichen Elementen
- Das Gaokao-System als Zugang zur Hochschule
- Die Rolle von Elite-Hochschulen und staatlichen Förderprogrammen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas dar, formuliert die Forschungsfrage und erläutert die Methodik. Kapitel II definiert die Begriffe Hochschulbildung, Elite und Masse und grenzt den untersuchten Zeitraum ein. Kapitel III stellt die Theorie der Hochschulsysteme nach Martin Trow vor und beleuchtet ihre Übertragbarkeit auf China. Kapitel IV gibt einen Überblick über das chinesische Hochschulsystem vor 1978. Kapitel V analysiert die Reformschritte in der Bildungspolitik seit den 1980er Jahren, wobei die Ära Deng Xiaopings, die Zeit von Jiang Zemin und Hu Jintao sowie die Entwicklung der Studiendauer und Abschlüsse beleuchtet werden. Kapitel VI untersucht die Trends im chinesischen Hochschulsystem seit 1980, darunter die Expansion der Studierendenzahlen, die Erhöhung der Finanzierung im Bildungssektor, die Dezentralisierung und Diversifizierung, die Einführung von marktwirtschaftlichen Elementen sowie die Entwicklung des Curriculums. Kapitel VII beleuchtet die Rolle von elitären Überresten und Planung im Hochschulsystem, darunter das Gaokao-System, die Elitestellung einzelner Hochschulen und die Projekte 211 und 985.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die chinesische Hochschulpolitik, die Reform- und Öffnungspolitik, Massenhochschulbildung, Dezentralisierung, Diversifizierung, Marktwirtschaftliche Elemente, Gaokao-System, Elite-Hochschulen, Projekte 211 und 985.
- Arbeit zitieren
- Matthias Schmidt (Autor:in), 2010, Die chinesische Hochschulpolitik seit 1985, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165266