In Deutschland wird immer wieder das Thema Medien und Gewalt aufgegriffen und über die möglichen, meist negativen, Wirkungen auf den Menschen spekuliert. Insbesondere in den Medien wird dieses Thema gerne diskutiert. In den Berichterstattungen werden nur zu oft Medien als der schnell gefundene und alleinige Sündenbock dargestellt und negative Begriffe geprägt, wie zum Beispiel der Begriff „Killerspiele“ für gewalthaltige und kampforientierte Computerspiele. Mittlerweile hat dieses Thema auch den Eingang in die deutsche Politik gefunden, welche sich aufgrund des regen Interesses der Öffentlichkeit, diesem Thema annahm. Insbesondere nach den Amokläufen in Erfurt (2002) und Emsdetten (2006) wurden Verbote von „Killerspielen“ gefordert, die bisher folgenlos blieben. Nach diesen Ereignissen wurde jedoch das Jugendschutzgesetz in einigen Punkten geändert und das Waffengesetz verschärft.
Betrachtet man die Entwicklung der Medien und die Diskussion um ihre Wirkungen insbesondere auf Kinder und Jugendliche, ist das Interesse an diesem Thema durchaus nicht neu. Im Grunde wurde jede neue Technologie in der Öffentlichkeit negativ dargestellt. Zunächst hatte das Kino Anfang des 20. Jahrhunderts einen sehr schlechten Einfluss auf Kinder und Jugendliche und galt als anstößig. Als Nächstes kam der Fernseher, dann die Videokassetten und nun die Computerspiele. Dabei werden Medien immer mehr in den Alltag integriert und sind kaum noch aus dem alltäglichen Leben und der Wirtschaft wegzudenken. Vor allem Kinder und Jugendliche wachsen mit Medien auf und benutzen diese ganz selbstverständlich.
Festzustellen ist jedoch auch, dass die immer besseren Technologien unter Umständen neue Trends und Möglichkeiten der Gewaltausübung hervorbringen können. Hier ist vor allem das „Happy Slapping“ und das „Cybermobbing“ zu erwähnen. Bei ersterem geht es darum, dass Kinder und Jugendliche eine Person tätlich angreifen. Diese Körperverletzungen wird von einem weiteren Jugendlichen mit dem Handy aufgenommen und im Internet veröffentlicht oder von Handy zu Handy verschickt. Die Opfer sind meistens unbekannte Personen, aber auch Mitschüler oder Lehrer. Die Kinder und Jugendlichen finden diese Videos „cool“ und zeigen keinerlei Mitleid mit den Opfern des Videos.
Inhalt
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Gewalt und Aggression
2.1 Definition Gewalt
2.2 Definition Aggression
2.3 Unterschied zwischen Gewalt und Aggression
3. Theorien und Erklärungsansätze
3.1 Triebtheoretischer Ansatz (Freud 1920)
3.2 Frustrations-Aggressions-Hypothese
3.3 Katharsis-Hypothese
3.4 Soziale Lerntheorie
3.5 Kriminalität und Gewalt von Kindern und Jugendlichen
4. Medien in der Gesellschaft
4.1 Definition Medien
4.2 Veränderungen der Gesellschaft und der Familie
4.3 Welche Rolle spielen Medien für Kinder und Jugendliche?
4.4 Medienausstattung und Mediennutzung
4.5 Medienwirkungstheorien
4.5.1 These der Wirkungslosigkeit
4.5.2 Katharsisthese
4.5.3 Inhibitionsthese
4.5.4 Habitualisierungsthese
4.5.5 Kultivierungsthese
4.5.6 Imitationstheorie bzw. Lerntheorie
5. Fernsehen
5.1 Kindheit und Fernsehen
5.3 Gewaltdarstellungen in Nachrichten
5.4 Positive und negative Wirkungen des Fernsehens auf Kinder und Jugendliche
5.5 Zusammenhang Fernsehen und Gewaltverhalten
6. Computerspiele
6.1 Kindheit und Computerspiele
6.2 Merkmale von Computerspielen
6.3 Negative und positive Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche
6.4 Zusammenhang Computerspiele und Gewalt
7. Rechtlicher Schutz für Kinder und Jugendliche gegen Gewaltdarstellungen
7.1 Jugendschutzgesetz
7.2 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
7.3. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK)
7.4 Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK)
8.Medienkompetenz
9. Fazit
Quellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tab. 01: Tatverdächtigenzahl Kinder
Tab. 02: Tatverdächtigenzahl Jugendliche
Tab. 03: Entwicklung tatverdächtiger Kinder in einzelnen Deliktsbereichen
Tab. 04: Entwicklung tatverdächtiger Jugendlicher in einzelnen Deliktsbereichen
Tab. 05: Freizeitaktivitäten der Kinder 2008
Tab. 06: Medienbeschäftigung in der Freizeit 2008
Tab. 07: Geräteausstattung im Haushalt 1998 und 2008
Tab. 08: Gerätebesitz der Kinder 2008
Tab. 09: Gerätebesitz Jugendlicher 2008
Tab. 10: Entwicklung der Fernsehnutzung bei Kindern 1992 bis 2008
Tab. 11: Täterraten des Schlagen und Hänselns im letzten Monat nach Konsum nicht für das Alter freigegebener Medieninhalte
1. Einleitung
In Deutschland wird immer wieder das Thema Medien und Gewalt aufgegriffen und über die möglichen, meist negativen, Wirkungen auf den Menschen spekuliert. Insbesondere in den Medien wird dieses Thema gerne diskutiert. In den Berichterstattungen werden nur zu oft Medien als der schnell gefundene und alleinige Sündenbock dargestellt und negative Begriffe geprägt, wie z.B. der Begriff „Killerspiele“ für gewalthaltige und kampforientierte Computerspiele. Mittlerweile hat dieses Thema auch den Eingang in die deutsche Politik gefunden, welche sich aufgrund des regen Interesses der Öffentlichkeit, diesem Thema annahm. Insbesondere nach den Amokläufen in Erfurt (2002) und Emsdetten (2006) wurden Verbote von „Killerspielen“ gefordert, die bisher folgenlos blieben. Nach diesen Ereignissen wurde jedoch das Jugendschutzgesetz in einigen Punkten geändert und das Waffengesetz verschärft (vgl. Plantholt 2008, S. 5).
Betrachtet man die Entwicklung der Medien und die Diskussion um ihre Wirkungen insbesondere auf Kinder und Jugendliche, ist das Interesse an diesem Thema durchaus nicht neu. Im Grunde wurde jede neue Technologie in der Öffentlichkeit negativ dargestellt. Zunächst hatte das Kino Anfang des 20. Jahrhunderts einen sehr schlechten Einfluss auf Kinder und Jugendliche und galt als anstößig. Als nächstes kam der Fernseher, dann die Videokassetten und nun die Computerspiele. Dabei werden Medien immer mehr in den Alltag integriert und sind kaum noch aus dem alltäglichen Leben und der Wirtschaft wegzudenken. Vor allem Kinder und Jugendliche wachsen mit Medien auf und benutzen diese ganz selbstverständlich.
Festzustellen ist jedoch auch, dass die immer besseren Technologien unter Umständen neue Trends und Möglichkeiten der Gewaltausübung hervorbringen können. Hier ist vor allem das „Happy Slapping“ und das „Cybermobbing“ zu erwähnen. Bei ersterem geht es darum, dass Kinder und Jugendliche eine Person tätlich angreifen. Diese Körperverletzungen wird von einem weiteren Jugendlichen mit dem Handy aufgenommen und im Internet veröffentlicht oder von Handy zu Handy verschickt. Die Opfer sind meistens unbekannte Personen, aber auch Mitschüler oder Lehrer. Die Kinder und Jugendlichen finden diese Videos „cool“ und zeigen keinerlei Mitleid mit den Opfern des Videos. Eine weitere neue Form der psychischen Gewalt ist das Cybermobbing, bei dem Kinder und Jugendliche in öffentlichen Chats, Foren und sozialen Netzwerken in hohem Maße und dazu noch anonym gemobbt und genötigt werden. Aufgrund des Umfangs des Themas werde ich auf diese Formen der Gewalt nicht genauer eingehen, sondern beschränke mich auf die großen Themenbereiche Fernsehen und Computerspiele.
Mittlerweile gibt es in der Medienwissenschaft kaum ein Thema, zu dem es so viele Untersuchungen und Studien durchgeführt wurden, wie zu dem Zusammenhang der Wirkung von gewalthaltigen Medien auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen. Aus diesem Grund werde ich in dieser Arbeit die wichtigsten Ansätze und Theorien bearbeiten und die möglichen Wirkungen von (gewalthaltigen) Medien auf reales gewalttätiges Verhalten aufzeigen. Im zweiten Teil meiner Arbeit werde ich einleitend die Begrifflichkeiten Gewalt und Aggression definieren und den Unterschied zwischen beiden Begriffen verdeutlichen.
Im dritten Teil, gehe ich auf vier einflussreiche Gewalt- und Aggressionstheorien ein. Auf Grund der hohen Anzahl von Theorien und verschiedenen Ansätzen habe ich mich für diese Arbeit auf die Triebtheorie, die Frustra- tions-Aggressions-Hypothese, die Katharsis- sowie die soziale Lerntheorie beschränkt. Im Anschluss daran beschreibe ich die momentane Situation der Kriminalität bzw. der Gewalttätigkeit von Kindern und Jugendlichen. Hierbei beziehe ich mich auf die aktuellen Statistiken der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik von 2008 und einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen.
Der vierte Teil beschäftigt sich mit Medien in der Gesellschaft. Hierbei gehe ich auf die Veränderung der Gesellschaft und der Familie in Bezug auf Medien ein und beschreibe die Rolle, welche Medien heutzutage im Leben der Kinder und Jugendlichen sowie in der Gesellschaft einnehmen. Anschließend beschreibe ich die aktuelle Medienausstattung und Mediennutzung der Haushalte und die Ausstattung der Kinder und Jugendlichen anhand von Daten der KIM- und JIM-Studie der MPFS aus dem Jahr 2008. Im Anschluss daran gehe ich zur Medienwirkungsforschung über und stelle einige Wirkungstheorien der Medien vor. Auch hier beschränkt sich, auf Grund der Vielzahl unterschiedlicher Modelle und Theorien, meine Auswahl der vorgestellten Wirkungstheorien auf besonders wichtige Modelle.
Im fünften und sechsten Teil meiner Arbeit beschäftige ich mich mit den großen Bereichen Fernsehen und Computerspiele. Hier geht es um die Kindheit und die Medien Fernsehen und Computerspiele, wo ich auf den Stellenwert dieser Medien für Kinder und Jugendliche eingehe und das jeweilige Nutzungsverhalten darstelle. Des Weiteren zeige ich zum einen die Spezifika der Spielfilmgewalt und der realen Gewalt, die vor allem in den Nachrichten gezeigt werden und zum anderen die einzelnen Genres der Computerspiele auf. Im Anschluss daran gehe ich auf positive und negative Wirkungen dieser Medien und auf ihre gewalthaltigen Inhalte ein und stelle diese in den Zusammenhang mit realem Gewaltverhalten von Kindern und Jugendlichen.
Der siebte Teil handelt von rechtlichen Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche gegen Gewaltdarstellungen. Hier stelle ich das Jugendschutzgesetz und den Jugendmedienstaatsvertrag vor. Zudem gehe ich auf die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen und die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, welche die Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes ausführen, ein.
Im achten Teil möchte ich noch einen Überblick in die Medienpädagogik geben. Ich finde es wichtig in dem Zusammenhang des Themas dieser Arbeit Medienkompetenz zu erwähnen. Aus diesem Grund gehe ich darauf ein, was dieser Begriff genau beinhaltet und wie man diese Kompetenz erlangen kann.
2. Gewalt und Aggression
2.1 Definition Gewalt
Der Begriff Gewalt kommt von „walten“ und hat ursprünglich eine neutrale Bedeutung. Im Laufe der Zeit hat der Begriff dagegen eher eine negative Assoziation bekommen. Eine Doppeldeutigkeit ist im Lateinischen vorhanden und ist durch „violentia“ als negative und „potestas“ als positive Sichtweise gut zu unterscheiden. Dies ist auch im Englischen noch in den Wörtern „vio- lence“, welches für eine illegitime Einwirkung auf einen Menschen gegen deren Willen oder eine Sache verwendet wird und „power“, welches für das staatliche Gewaltmonopol steht, zu finden (vgl. Bannert 2009).
Eine klare und einheitliche Definition von Gewalt ist sehr schwer zu formulieren, da es verschiedene Sichtweisen der einzelnen Fachrichtungen sowie auch viele Formen der Gewalt gibt.
Eine allgemeingültige Definition muss daher auch sehr offen gehalten sein. Eine Möglichkeit ist es, Gewalt als „zielgerichtete, sozial als illegal beurteilte körperliche Einwirkung auf einen Menschen, die zu physischer, psychischer oder sozialer Schädigung führt; Gewalt ist auch die Zerstörung einer Sache“ (Schneider 1994, S. 14). Hier handelt es sich um eine enge Definition, die nur eine physische Schädigung oder Verletzung mit einbezieht.
MSN Encarta (2009) definiert Gewalt wie folgt: „Gewalt, Anwendung von physischem oder psychischem Zwang. Im Strafrecht führt die Anwendung von Gewalt im Zusammenhang mit verschiedenen Straftaten zu einem höheren Strafmaß, z. B. bei Nötigung, Erpressung, Vergewaltigung und Raub. Gewalt ist ein zwangsweises Einwirken auf den Willen des Opfers. Die Gewalteinwirkung kann den Willen des Opfers völlig ausschalten, z. B. wenn der Täter sein Opfer niederschlägt. Die Gewalteinwirkung kann aber auch nur mittelbar zu dem vom Täter gewollten Verhalten führen, wie z. B. beim Bedrohen eines Dritten mit einer Waffe.“
Gewalt entsteht in Wechselwirkung zwischen Täter, Opfer und Gesellschaft.
Sie wird meist eingesetzt, um seine eigenen Ziele zu erreichen, die mit anderen Mitteln nicht erreicht werden können.
Eine Gewalthandlung kann expressiv sein, mit der man Furcht, Zorn, Wut und Schrecken zum Ausdruck bringt, während man bei einer instrumentellen Gewalthandlung ein bestimmtes Ziel verfolgt. Gewalt kann individuell von Einzelpersonen, aber auch kollektiv in einer Gruppe ausgeführt werden.
Ob es sich bei der Gewaltanwendung um ein als illegal angesehenes Verhalten handelt, richtet sich nach der jeweiligen sozialen Interpretation. Eine Rauferei zwischen Kindern wird meist erst als Gewalthandlung angesehen, wenn ein Kind verletzt wird. So lange nichts passiert ist es ganz normales Verhalten. Bei einem Fußballspiel werden derartige Handlungen ebenfalls nicht als gewaltsam betrachtet, da Fouls zum Spiel dazu gehören. Ebenso sind bei Polizisten gewaltsame Handlungen im Rahmen ihrer sozialen Rolle meist gerechtfertigt (vgl. Schneider 1994, S. 13f ).
Zu unterscheiden sind unterschiedliche Gewaltformen:
Körperliche Gewalt: Eine Handlung, die auf eine Schädigung, Verletzung oder Zerstörung eines anderen Menschen, Tieren oder Sachen abzielt. Ausgeübt wird diese durch körperliche Kraft, Waffen, aber auch durch das Vorenthalten von lebensnotwendigen Energiequellen oder durch Freiheitsentzug (vgl. Theunert 2000, S. 88f).
Psychische Gewalt: Eine Handlung, die eine Schädigung oder Verletzung durch seelischen Druck mit sich bringt. Diese kann sich z.B. in Form von Abwendung, Ablehnung, Beschimpfung, Drohung und Erpressung äußern. Die Erscheinungsformen und ihre Folgen sind sehr unterschiedlich, was die Wahrnehmung von psychischer Gewalt erschwert (vgl. Theunert 2000, S. 89f).
Strukturelle Gewalt: Hier handelt es sich um gesellschaftliche Verhältnisse, die Menschen in ihren Entwicklungschancen und in ihrer Selbstentfaltung beeinträchtigen oder behindern. Diese sind oftmals als Sachzwänge oder Traditionen legitimiert und können sich in Form von ungleich verteilten Ressourcen, Lebens- und Bildungschancen und Machtverhältnissen äußern (vgl. Theunert 2000, S.91). Der Begriff der strukturellen Gewalt wurde von John Galtung 1969 formuliert. Hier richtet sich der Fokus auf gesellschaftliche Verhältnisse und Strukturen und nicht, wie bei der klassischen Auffassung, auf Einzelpersonen.
Des Weiteren könnten weitere Formen von Gewalt unterschieden werden, wie z.B. sexuelle Gewalt, frauenfeindliche Gewalt und rechtsextreme Gewalt. Diese Begriffsausweitungen bewirken, dass Gewalt zum Sammelbegriff wird und die Gefahr besteht, dass es für alle Taten herangezogen werden kann (vgl. Hilpert 1996, S.14).
2.2 Definition Aggression
Der Begriff Aggression leitet sich vom lateinischen Verb „aggredi“ ab und hatte somit ebenfalls ursprünglich eine positive Bedeutung des „sich Annäherns“, „an etwas herangehen“ oder des „Entdeckens“ und des „Erforschens“ (vgl. Klosinski 1992, S. 13). Das lateinische Verb kann aber auch als „in Angriff nehmen“ verstanden werden, so dass ihm auch eine negative Bedeutung zugeschrieben werden kann. Im heutigen Sprachgebrauch wird Aggression in einem negativen Zusammenhang gebraucht.
Auch für den Begriff der Aggression gibt es keine einheitliche Definition. In diesem Fall möchte ich auf drei in der Aggressionsforschung einflussreiche Definitionen eingehen.
Die Definition nach Dollard, Doob, Miller, Mowrer und Sears (1939) lautet: „Aggression ist eine Verhaltenssequenz, deren Zielreaktion die Verletzung einer Person ist, gegen die sie gerichtet ist“ (in der Übersetzung von Selg, 1982; zitiert nach: Bierhoff und Wagner 1998, S.5). In dieser Definition wird hervorgehoben, dass aggressives Verhalten eine beabsichtigte Handlung ist. Eine sehr umfassende Definition von Aggression wurde von Zillmann (1979) formuliert. „Danach ist eine Aktivität dann als Aggression zu definieren, wenn von der handelnden Person versucht wird, einer anderen Person körperlichen Schaden oder physischen Schmerz zuzufügen, und wenn das Opfer gleichzeitig danach strebt, eine solche Behandlung zu vermeiden“ (Bierhoff und Wagner 1998, S. 6). Durch den Zusatz, dass das Opfer versucht diese Behandlung zu vermeiden, schließt diese Definition miteinander einvernehmliche aggressive Handlungen aus.
In einer Definition von Bandura (1979) ist Aggression „als schädigendes und destruktives Verhalten charakterisiert, das im sozialen Bereich auf der Grundlage einer Reihe von Faktoren als aggressiv definiert wird, von denen einige eher beim Beurteiler als beim Handelnden liegen“ (Bandura 1979, S. 22). In dieser Definition berücksichtigt Bandura, dass es im Auge des Betrachters liegt, ob jener die Handlung für aggressiv empfindet und es ebenso von der normativen Angemessenheit des Verhaltens abhängt.
Aggressives Verhalten kann einerseits unterschieden werden in instrumentelle Aggression, welche unprovoziert passiert und ein schädigendes Verhalten darstellt, das durch den eigenen Vorteil motiviert ist. Andererseits in impulsive Aggression, welche durch Ärger, Wut sowie Frustration ausgelöst wird. Diese kann sich in scheinbar sinnlosen Angriffen äußern, die den bloßen Vorsatz haben Menschen zu verletzen.
Des Weiteren kann Aggression offensiv sein, das heißt, dass Verhalten bewusst zum Angriff eingesetzt wird oder es handelt sich um defensive Aggression, die zur Verteidigung eingesetzt wird (Bierhoff und Wagner 1998, S.6).
2.3 Unterschied zwischen Gewalt und Aggression
Der Begriff Aggression wird meist in der Psychologie verwendet, während der Begriff Gewalt häufig gewählt wird, um extreme Formen der Aggression zu beschreiben.
Eine Differenzierung ist möglich, indem man den Begriff Aggression der impulsiven und nicht steuerbaren Aggression zuordnet und den Begriff Gewalt der instrumentellen Aggression, das heißt einem nutzenorientierten Handeln, gleichsetzt.
Ein weiterer Unterschied ist, dass Aggression eine Handlung bezeichnet, welche auf die Verletzung eines Menschen zielt und man unter Gewalt lange Zeit nur die körperliche Aggression verstand, bei der einem Menschen Schaden zugefügt wird. Mittlerweile hat sich die Bedeutung des Begriffs Gewalt erheblich erweitert, so dass nicht mehr nur von der körperlichen Schädigung ausgegangen wird, sondern auch psychische und strukturelle Verletzungen zu einer Form der Gewalt zählen (vgl. Bierhoff und Wagner 1998, S.6 f). Es können beide Begriffe parallel zueinander verwendet werden, wobei der Begriff Gewalt in den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Diskussionen den der Aggression immer mehr verdrängt.
3. Theorien und Erklärungsansätze
In der Gewalt- und Aggressionsforschung gibt es viele verschiedene Ansätze und Erklärungstheorien. Aufgrund der Vielzahl werde ich in meiner Arbeit auf einflussreiche Ansätze eingehen.
3.1 Triebtheoretischer Ansatz (Freud 1920)
Der triebtheoretische Ansatz von Sigmund Freud zählt zu den ersten psychologischen Theorien der Aggression. Freud hat zwei Erklärungen für aggressives Verhalten formuliert.
Zuerst sah er aggressives Verhalten als Instrument, um das individuelle Streben nach Lustgewinn zu erreichen, wenn dabei Hindernisse entstehen oder das Individuum frustriert wird. Die Frustration dient hierbei als Verhinderung des angestrebten Zieles, worauf dann mit Aggression auf das Versagen reagiert wird (Schmidt- Mummendey 1976, S. 18).
Nach den Ereignissen des Ersten Weltkrieges hat er diese Theorie revidiert. Er nahm nun an, dass jeder Mensch neben dem Lebenstrieb Eros, welcher darauf abzielt das Leben zu erhalten, auch einen Todestrieb Thanatos, welcher nach der Zerstörung des Lebens strebt, in sich trägt. Um die Vernichtung des eigenen Lebens zu vermeiden muss das Individuum seine Aggression von der eigenen Person weg und somit gegen andere richten.
Freuds Erklärungstheorien sind vielfach in Frage gestellt worden und sind nicht empirisch nachweisbar. Jedoch sind einige Annahmen später in die Fru- strations-Aggressions-Theorie mit eingeflossen (vgl. Bierhoff und Wagner 1998, S. 7).
3.2 Frustrations-Aggressions-Hypothese
Der ursprüngliche Ansatz der Frustrations-Aggressions-Hypothese von Dol- lard und seinen Mitarbeitern Doob, Miller, Mowrer und Sears (1939) geht davon aus, dass Aggression immer eine Folge von Frustration ist und somit Frustration in jedem Fall zu einer Form von Aggression führt.
Dollard u.a. definieren Frustration als Unterbrechung oder Störung einer Handlung, wodurch das Erreichen der Zielreaktion verhindert bzw. verzögert wird.
Aggression ist eine Verhaltenssequenz, die auf eine Verletzung einer anderen Person zielt.
Sie sind der Annahme, dass sich durch eine ausgeführte Aggression der durch die Frustration entstandene Anreiz zur Aggression reduziert.
Die Stärke des Aggressionsreizes hängt von verschiedenen Faktoren ab:
von der Stärke des Anreizes zur Zielhandlung welche verhindert wurde
vom Grad der Behinderung bzw. Störung der Verhaltenssequenz
von der Anzahl und Summe der vorangegangenen Frustrationen
Der Anreiz zu einer direkten Aggression ist am größten, wenn diese sich gegen die Person richtet, welche als Ursache der Frustration angesehen wird. Der Anreiz zur Aggression kann durch Bestrafung, die als Folge einer aggressiven Handlung erwartet wird, gehemmt werden. Ist der Aggressionsanreiz höher als die Aggressionshemmung, führt dies zu einem manifesten aggressiven Verhalten (vgl. Werbik 1976, S. 91 f).
Die ursprünglichen Thesen, dass Aggression immer eine Folge von Frustration sei und Frustration immer zu einer Form von Aggression führe, waren unter anderem auf Grund eines Experiments zur Frustration von Tamara Dembo, welches bereits 1931 durchgeführt wurde, nicht mehr haltbar. In diesem Experiment wurden die Versuchspersonen vor eine nicht lösbare Aufgabe gestellt und auf diese Weise frustriert. Das Ergebnis war, dass nicht alle Versuchspersonen mit Aggression auf die Frustration reagierten. Auf Grund dieser Ergebnisse revidierten Dollard u.a. (1941) ihre Thesen dahingehend, dass Frustrationen die Tendenz zu einer Reihe von Reaktionen hervorrufen und eine davon die Tendenz zu einer Form von Aggression darstellt (vgl. Vogelsang, Jürgens, Reichelt 2006 ).
Auch die ursprüngliche Annahme, dass eine Aggression durch eine Straferwartung gehemmt wird, wurde revidiert. Es hat sich mittlerweile herausgestellt, dass insbesondere Strafen, welche aggressive Elemente beinhalten, Aggressionen in anderen Bereichen durch Nachahmungslernen bzw. Modelllernen fördern kann. Bandura und Walters (1963) kamen zu der Ansicht, dass Bestrafungen durch eine Autoritätsperson direkte Aggressionen in seiner Anwesenheit zu hemmen scheinen, aber deutlich assoziiert werden mit Aggressionen, welche gegen andere Ziele gerichtet werden (vgl. Bierhoff und Wagner 1998, S. 8).
3.3 Katharsis-Hypothese
Die Katharsis-Hypothese geht davon aus, dass eine ausgelebte Aggression den Anreiz zu weiterem Aggressionsverhalten reduziert.
Der Begriff Katharsis stammt aus dem griechischen Sprachgebrauch und bedeutet Reinigung. Schon Aristoteles beschrieb mit dem Begriff die reinigende Wirkung der griechischen Tragödie auf die Emotionen der Zuschauer (vgl. Dann 1976, S. 63f ).
Konrad Lorenz geht von einer genetisch angelegten Aggressionsquelle und von einer selbsttätigen, von Umweltreizen unabhängigen, Aufladung von Aggressionsimpulsen aus. Seiner Ansicht nach vermindert eine Aggressionshandlung die aggressionsspezifische Antriebsenergie, da durch die Ausführung eine Sättigung des Bedürfnisses entsteht. Das Bedürfnis muss somit erst wieder neu erregt werden, um erneutes aggressives Verhalten auszulösen. Lorenz führt hierzu das Beispiel eines Kessels an. Bei einem Kessel erhöht jeder Zufluss den Wasserspiegel und somit auch den Druck. Dementsprechend vermindert jeder Abfluss den Wasserspiegel und den Druck im Kessel. Ist der Kessel leer, muss er erst wieder aufgefüllt werden, um erneut Druck aufzubauen. Übertragen auf die Aggression des Menschen heißt dies, dass sich die Antriebsenergie aufstaut, wenn das entsprechende Verhalten durch zu wenig Auslösereize nicht ausgeführt werden kann. Jeder Aufstau birgt die Gefahr eines plötzlichen und unkontrollierten Aggressionsausbruchs. Das „Entladen“ der Antriebsenergie kann zum einen durch Aggressionshandlungen, wie z.B. bei einem Wutausbruch, zum anderen auch durch Wettkämpfe oder Sport geschehen (Schmidt- Mummendey 1976, S. 15).
Eine weitere Ansicht ist, dass nicht nur die selbst ausgeführte aggressive Handlung eine kathartische Wirkung haben kann, sondern dass auch eine stellvertretende Aggression, d.h. eine andere Person fügt jemandem Schmerzen zu, oder eine ausgedachte Aggression, d.h. eine Aggressionshandlung, die in der Phantasie an jemanden ausgelassen werden kann ausreichen, um den Anreiz zu einer weiteren Aggression zu vermindern (vgl. Dann 1976, S. 64).
Durch eine Vielzahl von Untersuchungen, insbesondere von Doob und Wood (1972), Geen, Stonner und Shope (1975) wurde die Annahme, dass sich Aggression durch vorhergezeigte Handlungen reduziert, nicht bestätigt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Ausführung einer Aggression die Intensität der weiteren aggressiven Handlungen erhöht. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die anfängliche Aggressionshemmung abgebaut wird und somit die Standards verändert werden, die das eigene Handeln beurteilen und dadurch aggressives Handeln für normal angesehen wird (vgl. Bierhoff und Wagner 1998, S. 11).
3.4 Soziale Lerntheorie
Die soziale Lerntheorie von Bandura (1979) zählt zu den bekanntesten Aggressionstheorien und geht davon aus, dass aggressives Verhalten, wie alle anderen Verhaltensweisen auch, zum großen Teil erworbenes und gelerntes Sozialverhalten darstellt.
Für die Entstehung von Aggressionen sind besondere Eigenheiten der in der Gesellschaft bzw. in der Gruppe vorhandenen Vorbilder und deren Verhalten entscheidend. Whitings hat 1941 eine Beschreibung über Kindererziehungsmethoden bei den Kwoma, welche im Nordwesten von Neu Guinea leben, veröffentlicht. In deren Gesellschaft ist die Form und der Grad der erlaubten Aggression auf den sozialen Status des Handelnden bezogen. Ein erwachsener Mann muss kämpfen und sich Fremden gegenüber feindselig zeigen. Männliche Kinder werden durch stetige direkte Verstärkung darauf vorbereitet (vgl. Bandura und Walters 1976, S. 127).
Eine Studie von Bandura und Walters (1959) zeigt, dass Kinder der Mittelklasse aggressives Verhalten der Eltern nachahmen. Hierbei spielt das elterliche Strafverhalten eine große Rolle. Die Eltern aggressiver Kinder strafen aggressiver, d.h. sie benutzen meist Körperstrafe und sind emotional weniger gehemmt (vgl. Bandura und Walters 1976, S. 128). In einer Untersuchung von Patterson (1982) wurde deutlich, dass die Eltern von aggressiven Kindern ein inkonsequentes Belohnungs- und Bestrafungssystem haben, indem aggressive Verhaltensweisen der Kinder nur unregelmäßig bestraft werden und positives Verhalten gelegentlich bestraft wird. Unter diesen unklaren Gegebenheiten ist für die Kinder die Bedeutung von positiver und negativer sozialer Verstärkung und ebenso von Belohnung und Bestrafung unklar (vgl. Bierhoff und Wagner 1998, S.12).
In einem Experiment von Bandura und Huston (1961) beobachteten Kinder eine erwachsene Modellperson, die sich einer Puppe gegenüber aggressiv verhielt. Die Modellperson der Kontrollgruppe verhielt sich nicht aggressiv. Nach der Beobachtung verhielten sich 90% der Kinder, welche das aggressive Modell beobachtet hatten ebenfalls aggressiv, während in der Kontrollgruppe keins der Kinder gewalttätig reagierte. Bei der Hälfte der aggressiven Kinder wurde das Modell belohnt, während die andere Hälfte keine Belohnung erhielt. Hier ließ sich feststellen, dass die Kinder, die für ihr Verhalten belohnt wurden, das aggressive Verhalten stärker nachahmten als die Kinder ohne Belohnung. Als Ergebnis lässt sich beobachten, dass allein die Beobachtung von aggressiven Modellen ausreicht, um bei Kindern imitierende Aggression hervorzurufen, welche durch eine Belohnung noch verstärkt wird (vgl. Bandura und Walters 1976, S. 130f.).
In einem weiteren Experiment von Bandura und Walters (1961) ging es um einen Nachweis, ob imitierende Reaktionen auf andere Gegebenheiten übertragbar sind, auch wenn das Modell nicht anwesend ist. Auch hier beobachteten Kinder erwachsene Modelle, die sich einer Puppe gegenüber aggressiv verhielten und Modellpersonen, die einfach nur das Spielzeug zusammen sammelten. Nach der Beobachtung kamen die Kinder in den selben Raum mit dem gleichen Spielzeug. In diesem Experiment wurde beobachtet, dass die Kinder, die das aggressive Modell beobachtetet hatten, sich ebenfalls deutlich aggressiver verhielten als die Kinder, die das nicht aggressive Modell beobachtet hatten.
Zu Auswirkungen von Gewaltdarstellungen in den Medien hat die soziale Lerntheorie einige wichtige Untersuchungen und Hypothesen hervorgebracht. In einem Experiment von Bandura, Ross und Ross (1963) wurden die Auswirkungen von einer lebensechten Modellperson und derer im Film gezeigten Aggression und der Aggression in einem Zeichentrickfilm auf Kinder beobachtet. Das Ergebnis dieser Untersuchung war, dass die Kinder mit der lebensechten Modellperson im Film mehr imitierende Aggression gezeigt haben, als die Kinder, die den Zeichentrickfilm gesehen haben ( Bandura und Walters 1976, S. 132 f.).
Eine weitere Hypothese von Drabman und Thomas (1974,1978) ist, dass die Beobachtung von Aggression im Fernsehen zu einer Desensitivierung für Aggression im Alltag führt, was wiederum eine höhere Akzeptanz von aggressivem Verhalten zur Folge hat (Bierhoff und Wagner 1998, S. 13).
3.5 Kriminalität und Gewalt von Kindern und Jugendlichen
In der Öffentlichkeit wird der Eindruck vertreten, dass die Kriminalität und das Gewaltverhalten der Kinder und Jugendlichen stetig ansteigen würde und die Gewalttaten immer brutaler werden. Vor allem durch ausführliche Berichte über spezielle Einzelfälle in den Medien werden diese Eindrücke vermittelt und verstärkt. Um herauszufinden ob die Gewalt der Kinder und Jugendlichen tatsächlich angestiegen ist, ist es notwendig die Hellfeld- sowie die Dunkelfeldstatistiken zu berücksichtigen, gegenüber zu stellen und zu vergleichen. Eine wichtige Quelle für die Hellfeldstatistik stellt die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) dar, welche schon seit Jahrzehnten die Entwicklung der Jugendgewalt verfolgt und darstellt.
Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik geht hervor, dass die Zahl der tatverdächtigen Kinder von 1993 bis 1997 stetig und relativ hoch angestiegen ist und erst ab 1998 bis auf die Ausnahme im Jahr 2007 ein Rückgang der auffällig gewordenen Kinder zu verzeichnen ist. Trotz Rückgang ist die Zahl der tatverdächtigen Kinder insgesamt in den letzten 15 Jahren von 88,276 auf 101,389 Kinder enorm angestiegen. Die Kinder machen 2008 einen Anteil von 4,5% an allen Tatverdächtigen in Deutschland aus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 01: Tatverdächtigenzahl Kinder
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 02: Tatverdächtigenzahl Jugendliche
Quelle: Polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2008, S. 74,76
Die Daten über kriminelle Delikte von Kindern der Polizeilichen Kriminalstatistik sind allerdings nur unter Vorbehalt zu verwenden, da diese von Opfern relativ selten angezeigt werden und von der Polizei nur mit geringer Intensität verfolgt werden (vgl. Baier, Pfeiffer u.a. 2006, S.51).
Auch bei den Tatverdächtigen Jugendlichen lässt sich seit 1999 mit Ausnahme von 2001 und 2004 ein stetiger Rückgänge verzeichnen, wobei auch hier, wie bei den Kindern, die Zahl der Tatverdächtigen insgesamt in dem Zeit
raum von 1993 bis 2008 von 207,944 auf 265,771 enorm angestiegen ist. Die Jugendlichen haben 2008 einen Anteil von 11,8% an allen Tatverdächtigen in Deutschland.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 03: Entwicklung tatverdächtiger Kinder in einzelnen Deliktsbereichen
Quelle: Polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2008, S. 75
Schaut man sich die einzelnen Deliktsbereiche bei den tatverdächtigen Kindern an, dominiert in dieser Altersspanne bei den registrierten Delikten der Ladendiebstahl mit einem Anstieg im Vergleich zu 2007 von 3% auf insgesamt 34,783 Kinder. Leichte Körperverletzung steht an dritter Stelle und hat einen Anstieg von 2% auf insgesamt 8,583 Kinder zu verzeichnen. Die höchste Veränderung zum Vorjahr ist bei der gefährlichen und schweren Körperverletzung mit 5,3% auf insgesamt 7,489 Kinder auszumachen. Bei den nichtdeutschen Kindern ist in allen Deliktsbereichen, außer bei der gefährlichen und schweren Körperverletzung und den Rauschgiftdelikten nach dem BtMG, ein Rückgang zu erkennen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 04: Entwicklung tatverdächtiger Jugendlicher in einzelnen Deliktsbereichen
Quelle: Polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2008, S. 77
Bei deutschen Jugendlichen bilden die Körperverletzungen den größten Deliktsanteil mit 24,4%, wobei die Delikte im Vergleich zu 2007 um 4,5% gesunken sind. Die nächsten häufig begangenen Delikte sind Ladendiebstahl (23,1%) und Sachbeschädigung (19,6%). Bei den nichtdeutschen Jugendlichen kommt noch der schwere Diebstahl als häufige Deliktform mit einem Anteil von 10,6% hinzu.
Vergleicht man diese Daten mit der Abgeurteilten- und Verurteiltenstatistik dann fällt auf, dass die Zahl der Tatverdächtigen in der Gewaltkriminalität auch nach 1998 bei Jugendlichen noch ansteigt, allerdings die Zahlen der verurteilten und abgeurteilten Jugendlichen nicht. Dieses Ergebnis lässt die Vermutung zu, dass die Tatverdächtigenzahl vermehrt auf minderschwere Fälle zurückgeht, welche im späteren Verlauf des Verfahrens keine Rolle mehr spielen (vgl. Baier und Windzio, S. 1).
Dunkelfeldbefragungen, die dem Anspruch nach die Gesamtheit der verübten Gewalttaten erfassen sollen, geben Auskunft über längerfristige Entwicklungen. Befragungen, die den Zeitraum seit den 90er Jahren untersuchen, kommen einheitlich zu dem Schluss einer nicht steigenden Jugendgewalt. Eine Ausnahme bildet hier die Studie von Hurrelmann und Mansel, bei der eine Zunahme von Gewaltdelikten erfasst wurde.
In einer Studie vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) wurde 2005 eine repräsentative Dunkelfeldbefragung in einigen Erhebungsgebieten in den vierten und neunten Schulklassen durchgeführt. Die 5,531 Kinder und 14,301 Jugendliche wurden einerseits zu ihrer Opferposition sowie zu ihrer eigenen Täterposition befragt.
In der Befragung der vierten Klasse ist zu sehen, dass viele Kinder (56,9%) bisher keine Gewalterfahrung in den letzten vier Wochen in der Schule gemacht haben. Jeder fünfte Schüler wurde bereits einmal geschlagen und ein Drittel hat bereits verbale Angriffe erlebt. 6,5% der Grundschüler geben an, mehr als sechs Mal ein Opfer eines Gewaltdelikts geworden zu sein. Das entspricht jedem 15. Kind welches dauerhaft unter Angriffen der Mitschüler leidet (vgl. Baier, Pfeiffer u.a. 2006, S. 53 f).
In der Täterperspektive fällt auf, dass Kinder deutlich weniger angeben ein Täter zu sein, denn 73,1% der Kinder haben noch nie ein Gewaltdelikt begangen. Jedes siebte Kind von hundert gibt an, ein anderes Kind geschlagen zu haben und jedes fünfte hat bereits gehänselt. Die Täterrate unter den Kindern beträgt 26,8%, womit jedes vierte Kind bereits als Täter in Erscheinung getreten ist (vgl. Baier, Pfeiffer u.a. 2006, S. 57 f).
Bei den Jugendlichen wurden insgesamt 12,8% der Befragten in ihrem Umfeld Opfer einer Körperverletzung in den letzten 12 Monaten und 26,8% in ihrem bisherigen Leben. 4,6% der Jugendlichen geben an, Opfer eines Raubes gewesen zu sein und 4,2% sind Opfer einer Körperverletzung mit einer Waffe geworden (vgl. Baier, Pfeiffer u.a. 2006, S. 108).
In der Schule wurden viele Jugendliche (41,4%) Opfer einer verbalen Attakke. Körperliche Angriffe geben 18,2% der Jugendlichen an. In der Studie treten die Bedrohung durch Waffen (1,5%) oder Erpressung (1,2%) im Vergleich am Seltensten auf (vgl. Baier, Pfeiffer u.a. 2006, S 131).
Aus der Täterperspektive ist festzustellen, dass das meist begangene Delikt in ihrer Umgebung das Schwarzfahren (64,2%) ist, welches gefolgt ist von Fahren ohne Führerschein (20,1%). Körperverletzung ist mit 15,8% noch relativ häufig anzutreffen (vgl. Baier, Pfeiffer u.a. 2006, S. 136).
In der Schule geben 60% der Schüler an, ein Gewaltdelikt begangen zu haben. Im Vergleich mit den Opferzahlen fällt auf, dass es 10% mehr Täter gibt als Opfer. Dies lässt sich dadurch erklären, dass bei der Jugendgewalt viele Delikte in der Schule aus der Gruppe heraus geschehen und die Opfer diese, aus Angst vor den Tätern, nicht anzeigen. Hier lassen sich 23,4% der Jugendliche als Täter einer Körperverletzung und 54,3% bei verbalen Attacken erfassen (vgl. Baier, Pfeiffer u.a. 2006, S. 141).
Bei dem Thema Gewalt und Aggressionen lässt sich feststellen, dass keine einheitliche Definition in der Wissenschaft besteht und auch in der Gesellschaft Aggressionen bzw. Gewalt unterschiedlich wahrgenommen werden kann. In der Öffentlichkeit besteht die Ansicht, dass die Kriminalität der Kinder und Jugendlichen enorm hoch ist. An dieser Meinung sind die Medien meist beteiligt, da diese mit einseitigen Berichterstattungen, den Eindruck hervorrufen, dass die Kriminalität unter Kindern und Jugendlichen hoch ist. Schaut man sich jedoch die offiziellen Statistiken an, lässt sich feststellen, dass die Kriminalität in den letzten Jahrzehnten zwar gestiegen ist, diese jedoch seit Jahren schon stabil geblieben sind. Lediglich die Tatverdächtigenzahl ist gestiegen, die mit einer erhöhten Anzeigebereitschaft einhergeht.
4. Medien in der Gesellschaft
Die Medien erringen eine immer höhere Wichtigkeit und Bedeutung in der Gesellschaft und dringen immer weiter in den Alltag und somit in die Lebenswelt der Menschen ein. Gerade Kinder und Jugendliche wachsen mit den neuen Medien auf. Sie sind aus dem Alltag kaum mehr wegzudenken. Deshalb gilt es zunächst zu definieren was die neuen Medien sind und warum und zu welchem Zweck Kinder und Jugendliche diese in welchem Umfang nutzen.
4.1 Definition Medien
Der Begriff Medium stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Mitte“ oder „Mittelpunkt“ und ist im allgemeinen Sprachgebrauch eher vage und vielfältig verwendbar, wobei dort meist der Plural Medien benutzt wird.
Medien sind als gesellschaftliche Träger- oder Vermittlungssysteme für jegliche Informationen definiert. Die Funktion liegt in dem Transport von Inhalten. Das Medium hat zunächst selbst keinen Eigenwert. Dieser kommt erst zustande, wenn es als Inhaltsträger zwischen dem Produzenten und dem Rezipienten dient. Die Medieninhalte sind auch Realität, da sie die Inhalte widerspiegeln die uns interessieren.
Pross hatte bereits 1972 eine Unterscheidung der Medien in primäre, sekundäre und tertiäre Medien vorgenommen, welche sich bis heute weitestgehend durchgesetzt hat. Unter den primären Medien versteht Pross die direkte Kommunikation in Form von Sprache, Gestik und Mimik. Sekundäre Medien bedürfen technische Geräte bei der Produktion, können aber ohne technische Hilfsmittel benutzt werden. Hierunter zählen z.B. die Druckmedien, Fotos und Schaubilder.
Die Tertiärmedien benötigen bei der Produktion sowie bei der Rezeption technische Mittel, wie z.B. der Fernseher, das Telefon und das Radio (vgl. Waterstradt 2007, S. 4 f).
Der Begriff Multimedia, der heutzutage immer häufiger Verwendung findet, beschreibt Mediengeräte die verschiedenartige Elemente, wie z.B. Text, Sprache und Bild in sich vereinen und somit sinnvoll ergänzen. Ein weiterer Aspekt ist, dass dabei eine Interaktionsmöglichkeit, um in den Verlauf des Mediums einzugreifen, vorhanden sein sollte. Dies kommt vor allem bei PCSpielen zur Anwendung (vgl. Petzold 2000, S. 13).
Massenmedien werden erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts verwendet, als es technisch möglich wurde Medien durch bestimmte Vervielfältigungs- und Übertragungstechniken an größere Gruppen zu übermitteln. Es stellt den Oberbegriff für sämtliche Informations- und Unterhaltungsangebote dar, die prinzipiell jedem zugänglich sind. Der Kommunikationsprozess durch Massenmedien ist einseitig sowie indirekt und hat meist keine Rückkoppelung des Rezipienten an den Produzenten. Das betrifft vor allem die Presse, das Radio, den Fernseher und Bücher.
Des Weiteren gibt es eine Unterscheidung in neue und alte Medien. Die neuen Medien beschreiben vor allem digitale Medien die eine individuelle Nutzung und interaktive Zugriffe ermöglichen, wie z.B. der PC, Fax, Teletext. Die alten Medien bezeichnen sämtliche Druck-, Hör- und audiovisuellen Medien (vgl. Waterstradt 2007, S. 6).
4.2 Veränderungen der Gesellschaft und der Familie
Medien stehen stets in einer Wechselbeziehung zur Gesellschaft, da sie in gesellschaftliche Entwicklungsprozesse und Veränderungen meist eingebunden sind und oftmals auch der Anlass zur Veränderung sind.
Es gibt einige gesellschaftliche und familiäre Veränderungen durch welche die Medien an Bedeutung gewinnen oder die Mediennutzung beeinflussen. Ein wichtiger gesellschaftlicher Wandel ist der Trend zur Individualisierung. Laut Ulrich Beck ist die Gesellschaft geprägt von sich auflösenden traditionellen Strukturen und einer Individualisierung. Diese Veränderung schafft zunehmende Risiken für den Einzelnen, so dass er von einer „Risikogesellschaft“ spricht. Die Individualisierung führt ebenfalls zu einer Auflösung traditioneller Klassen, weshalb der Einzelne seine eigene Biographie gestalten muss (vgl. Waterstradt 2007, S. 17 f). Dieser Selbstentwurf der Biographie bringt eine erhöhte Verantwortung für sich selbst, aber auch viele verschiedene Möglichkeiten mit sich. Diese können allerdings aufgrund der vielen Optionen der Lebensgestaltung für einige beängstigend und überfordernd sein, was dann wiederum Unsicherheit, Ängste und Zweifel auslösen kann. Durch eine vorherrschende pluralistische Werteordnung werden dem Individuum viele Optionen gelassen, aber gleichzeitig auch viele widersprüchliche Anforderungen an ihn gestellt, welchen er gerecht werden muss. Ein Problem dabei ist, dass diese Werteordnung durch ihre vielfältigen Möglichkeiten keine Allgemeingültigkeit verspricht, so dass diese keinen gefestigten Orientierungsrahmen mehr für den Einzelnen bieten kann und dies zu mehr Verunsicherung und Angst führen kann (vgl. Köhler 2008, S. 8f). Dieses Problem sieht auch Hurrelmann, der die Individualisierung gerade für Kinder als sehr schwerwiegend ansieht, da deren Rollen nicht mehr durch die soziale Herkunft festgelegt werden, sondern individuell gefüllt werden müssen. Das Herauslösen aus traditionellen Bindungen und Rollen bieten ebenfalls große Verhaltensspielräume, birgt aber das Risiko einer Orientierungslosigkeit und einer falschen Planung des Lebensentwurfes.
Anstelle der traditionellen Bindungen treten neue Institutionen und Instanzen, welche den Lebenslauf durch Standardisierung und Kontrolle prägen. Hierbei können Medien bzw. ihre Inhalte als Orientierungshilfe angesehen werden, da es durch die Erreichbarkeit eines großen Publikums zu einem Ersatz für die traditionellen Bindungen und Werte werden kann (vgl. Waterstradt 2007, S. 19 f).
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