Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Ästhetische Bildung im Sachunterricht
3 Projekte und ihr Bezug zum schulischen Sachunterricht
3.1 Jeanne Claude & Christo
3.1.1 Surrounded Islands
3.1.2 Bezug zum SU
3.2 Micheal Heizer
3.2.1 Effigy Tumuli
3.2.2 Bezug zum SU
3.3 Birgit Kratzheller
3.3.1 Die Wiege
3.3.2 Bezug zum SU
4 Fazit
5 Literaturangaben
1 Einleitung
Diese Arbeit entstand im Wintersemester 2009/2010 an der Leuphana Universität in Lüneburg im Rahmen des Sachunterrichtsmoduls ÄBildung für eine nachhaltige Entwicklung“(kurz ÄBnE“) im Seminar ÄÄsthetische Zugänge zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung.“ In diesem Seminar wurden verschiedene Künstler und einige ihrer Werke vorgestellt und ein Bezug zum Sachunterricht hergestellt. In dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, in wie weit die Kunstströmungen Earth Work und Eco Art für die ästhetische Bildung im Sachunterricht genutzt werden können und wie sie mit der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung kombinierbar sind. Hierzu werden drei Künstler und einzelne Projekte von ihnen aus diesen Kunstrichtungen vorgestellt und ein Bezug zum Sachunterricht der Grundschule hergestellt. Der Nutzen und die Anwendbarkeit der in den Objekten verarbeiteten Themen werden aufgezeigt und die Verbindung zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung gebildet.
Earth Work (aus dem engl. ÄErdkunst“) ist eine Kunstrichtung der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Typisch für diese Kunstströmung ist, dass große Landschaften, wie Wüsten, Felder oder Wasserflächen als Objektträger für künstlerische Gestaltungen aus Naturmaterialien genutzt werden. Damit einher geht meist ein sehr großer technischer Aufwand. Die Publizierung dieser Kunst erfolgt meist durch Aufnahmen aus der Luft, da so das komplette Werk und die angestrebte Wirkung zur Geltung kommen, durch Filme oder Buchpublikationen. Thematisiert wird die Beziehung Mensch und Umwelt, indem durch künstliche Gestaltungsprozesse ein natürlicher Raum exemplarisch verändert wird. Diese Eingriffe bzw. Veränderungen finden oftmals in abgeschiedenen Landschaften statt, um die Stärke und Erhabenheit der Natur zu provozieren. Manchmal wird aber auch bewusst die Stadtnähe gesucht, um so gezielt auf aktuelle Umwelt- und Zivilisationsprobleme der Urbanisierung (‚Verstadtlichung„) aufmerksam zu machen. Die Earth Art ist eine Gegenbewegung zur konsumorientierten Vermarktung der Kunstszene. Die erste Ausstellung, die aus Fotos von Außenprojekten der Earth Art bestand wurde 1968 in der Dawn Gallery in New York City präsentiert (vgl. Beardsley, 1989, S. 8 f).
Eco Art wird auch Eco Vention (von ‚ecology„= ‚Ökologie/Umwelt‘ und ‚invention„ = ‚Erfindung„, frei übersetzt also ‚phantasievolle, erfinderische Ökologie„) oder Natural Art genannt, diese Begriffe wurden 1999 geprägt. Eco Art ist eine besondere Art der Kunst, die mit ökologischen Funktionen versehen ist und immer einen Bezug zur Natur beinhaltet. In der Zeit des wachsenden ökologischen Bewusstseins, entwickelten Künstler Projekte, die oftmals in Zusammenarbeit mit Kommunen subventioniert wurden und die ideale Beziehung des Menschen zur Natur widerspiegeln sollen. (vgl. Riedel, 2010, http://www.digital-nature.de/landart/naturkunst.html). Hierbei wurde auf Kooperation mit Architekten, lokalen Spezialisten, Botanikern, Zoologen, Ingenieuren, Städteplanern etc. gesetzt, um sozialwissenschaftliche Projekte umzusetzen. In vielen Fällen wird zerstörte Natur bei der Eco Art ästhetisch und künstlerisch regeneriert. Bei der Umsetzung wird nicht nur der Zerfall sondern auch die Vergänglichkeit im Zyklus der Natur thematisiert. Im Gegensatz zu den Künstlern der Earth Art, die die Natur radikal umformten, sind Naturkunstwerke der Eco Art in der Regel einfühlsame Eingriffe, die im Einklang mit der Natur stattfinden.
2 Ästhetische Bildung im Sachunterricht
Was haben jetzt diese Kunstströmungen mit dem Sachunterricht an Grundschulen zu tun? Eine ganze Menge. Die Beschäftigung mit Kunstwerken dieser Richtungen fördert das kindliche Gefühl der Ästhetik. An dieser Stelle soll der Begriff der Ästhetik geklärt werden, um den Bezug zum Sachunterricht herstellen zu können. Das Wort ‚Ästhetik„ leitet sich aus dem altgriechischen Wort ‚aisthetikos„ ab und bedeutet so viel wie ‚(sinnlich) wahrnehmen„. Es geht bei diesem Begriff um die individuellen Wahrnehmungen, Empfindungen, Gefühle, und das Begreifen (vgl. http://www.aesthetische-bildung.uni-bremen.de/Aesthetische%20Bildung.html, Duderstadt, 1997). Ästhetische Bildung sollte sich deshalb nicht auf den Kunstunterricht beschränken- dieser bildet nur einen kleinen Teil der ästhetischen Bildung- sondern zum Prinzip und Bestandteil eines jeden Lernprozesses gemacht werden (vgl. Schomaker, 2008, S. 98). Die ästhetische Entwicklung von SchülerInnen sollte auf keinen Fall nur auf die Produktion von Kinderzeichnungen reduziert werden, sondern muss auch die Besprechung von ästhetischen Objekten im Allgemeinen und von Kunstwerken beinhalten (vgl. Aissen-Crewett, 1997, S. 5). Nur so erhalten die Kinder einen Zugang zu ästhetischer Bildung, da diese sehr vielfältig ist. Eine langjährige Auseinandersetzung mit Kunstwerken ist wichtig, für die Ausbildung einer ästhetischen Sensivität, welche unabhängig von anderen kognitiven Entwicklungsverläufen ist. Einen großen Einfluss auf die künstlerischen Stilpräferenzen bietet bei der ästhetischen Erziehung der schulische Unterricht.
Die Entwicklung kindlich- ästhetischer Bildung kann nach aktuellem Forschungsstand in drei Aspekte eingeteilt werden:
1. Wahrnehmung eines Kunstwerks im Hinblick auf die Unterscheidungsfähigkeiten eines künstlerischen Stils
2. Die Konzeptbildung während der Aufnahme von Kunstwerken
3. Die Produktion eigener Bilder (vgl. Aissen-Crewett, 1997, S. 16).
Und eben diese Produktionen jüngerer Kinder in der bildenden Kunst vergleicht Gardner mit denen von Künstlern. Denn beide sind engagiert und voller Lebensfreue, die drücken ihre Gefühle aus, ohne sich Gedanken um die jeweiligen Techniken zu machen. Durch ästhetische Bildung sind Menschen in der Lage, sich selbst als ein bedeutendes Mitglied in der Gesellschaft, in welcher sie leben, zu erfahren und dabei die Fähigkeit auszubilden, an diesem gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, es kritisch-distanziert zu betrachten und ggf. in dieses Leben einzugreifen (vgl. Schomaker, 2008, S. 61, 97). Eine weitere Aufgabe der ästhetischen Erziehung der Grundschule besteht darin, die Verbindung zwischen dem Alltagsleben der SchülerInnen und den Künsten in der Erwachsenenwelt aufzubauen, sowie diese zu stärken und zu vertiefen (vgl. Matthies, 2000, S. 33).
Ästhetische Bildung ist also nicht nur wichtig, um den Kindern ein Verständnis von allem Schönen zu vermitteln, sondern auch, um ihnen die Fähigkeiten zu eröffnen, sich aktiv und selbstständig in ihrer Gesellschaft zu partizipieren. Es ist im selben Atemzug wichtig, die Kinder über die Bildung für eine nachhaltige Entwicklung aufzuklären, da sie verstehen müssen, welche Problematik dahinter steht. Es gibt kaum eine bessere Gelegenheit, als diese Problematik im Sachunterricht zu vertiefen. Der Perspektivrahmen sieht viele Kompetenzen vor, die mit einem Unterricht, welcher an nachhaltiger Bildung orientiert ist, vereinbar sind (mehr dazu in den Unterkapiteln der jeweiligen Künstler).
3 Projekte und ihr Bezug zum schulischen Sachunterricht
Im Folgenden werden die drei Künstler(gruppen) Jeanne Claude & Christo, Michael Heizer sowie Birgit Kratzheller und beispielhaft jeweils ein Werk von ihnen vorgestellt.
Zudem wird eine Verknüpfung zur ästhetischen Bildung im Sachunterricht an
Grundschulen gebildet. Es werden Verbindungen zum Perspektivrahmen aufgezeigt und somit die Chancen solcher Kunstwerke für die schulisch-ästhetische Bildung eröffnet. Bei diesen Bezügen zum Sachunterricht handelt es sich immer nur um Beispiele, es sind sehr vielfältige Verknüpfungen innerhalb der Perspektiven möglich. Die fünf Perspektiven des Sachunterrichts seien an dieser Stelle noch einmal aufgezählt:
Die technische Perspektive
Die sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektive Die historische Perspektive
Die raumbezogenen perspektive
Die naturwissenschaftliche Perspektive
3.1 Jeanne Claude & Christo
Jeanne Claude und Christo waren ein Künstlerehepaar, die viele großflächige Kunstprojekte erschaffen haben. Sie verhüllten gemeinsam große Landflächen und/ oder Gebäude und wollten mit ihrer kurzlebigen ökologischen Ästhetik dem Flüchtigen und Vergänglichen der modernen Zeit Tribut zollen. Die bereits überfüllte Welt sollte mit ihren Werken nicht noch mehr belastet werden, weshalb die Hinterlassenschaft, der meist nur ein paar Wochen bestehenden Kuntswerke, nur in Form von Film, Fotografie, Skizzen oder Collagen besteht (vgl. Spies, 2010).
3.1.1 Surrounded Islands
Bei diesem Werk handelt es sich um die Einsäumung der Buchten einer Inselgruppe, Biscayne Bay Miamis. Im Jahre 1984 wurden die elf Inseln im Umkreis von Bakers Haulover Cut, Broad Causeway, 9th Street Causeway, Julia Tuttle Causeway und Venetian Causeway vierzehn Tage lang von 75m breiten, rosaroten Stoffbahnen aus Polypropylen umschwommen (vgl. Spies/ Volz, 1984, S. 24, 10). Dieses kräftige Rosa wurde aus unterschiedlichen Gründen gewählt. Es verriet zum einen die Genauigkeit, mit der das Terrain durch Christo erkundet wurde, denn dieses Rosa/ Pink ist an vielen Orten in Miami anzutreffen (vgl. ebd. S. 11). Zum anderen sollte der wunderbare Farbwechsel der Tageszeit, das Licht und der Wind eingefangen werden. Insbesondere die farbintensiven Sonnenuntergänge in Miami haben Christo beeindruckt. Die pinke Farbe des Gewebes harmonierte mit der tropischen Vegetation der unbewohnten grünenden Inseln, dem Licht des Himmels von Miami und den Farben der seichten Gewässer der Biscayne Bay.
In den Surrounded Islands ließ sich Christo von der außerordentlichen Schönheit beeindrucken, die sowohl der Himmel, als auch das Wasser und die Landschaft an diesem Flecken der Erde ausstrahlen.
ÄSurrounded Island hebt die Elemente und Besonderheiten jener beständigen Wechselwirkungen zwischen Land und Wasser hervor, die das Leben der Bewohner des Greater Miami Gebietes bestimmt.“ (Spies/Volz 1984, S. 16).
Für eine begrenzte Zeit wollte Christo mit seiner Frau diesem schönen Land ein Denkmal setzen. Die Zuschauer konnten sich an ihnen erfreuen und über die Verbindungsbrücken, über das Wasser, vom Land oder aus der Luft in ihre Nähe gelangen (vgl. ebd.).
Anders, als viele andere Künstler, finanzierten Christo & Jeanne Claude ihre Verhüllungen selbst, das heißt aus den Verkäufen eigener Werke, in diesem Fall waren die vielen Skizzen und Entwürfe sehr hilfreich bei der Finanzierung. So wurden keine öffentlichen Mittel für die Schaffung dieser riesigen Earth Artkünste genutzt. Als Helfer beschafften sich die beiden viele Kunststudenten, welche die elf Inseln zunächst von 40 Tonnen Müll (!) befreiten. Hierunter waren unter anderem Kühlschranke, Stühle, Mülltüten und Reifen sowie Matratzen zu finden. Die Studenten halfen außerdem bei der Ausbreitung und späteren Einsammlung der Stoffe (vgl. ebd. S. 18, 78). Surrounded Islands war ein Kunstwerk, welches die verschiedenen Bereiche und Lebensstile der zwischen Land und Wasser lebenden Einwohner von Miami unterstrich.
Obwohl es sehr viel Kritik für dieses Projekt hagelte (Umweltschützer und vermeintliche Wirtschaftsspezialisten wollten den Aufbau verhindern), setzte Christo mit richterlicher Erlaubnis das Projekt um und bescherte der örtlichen Touristik für die Zeit einen wahrhaften Segen. Sowohl die Hotelbranche, als auch Rundfluganbieter erlebten ein wirtschaftliches Hoch (vgl. ebd. S. 19). Und auch die von den Gegnern befürchtete Zerstörung bzw. Vertreibung von Natur- und Pflanzenwelt blieb aus. So wurde gegenteilig nachgewiesen, dass z.B. in der Biscayne Bay siedelnde Seekühe durch das pink sogar paarungsfreudiger waren, als ohne die farbenfrohen Stoffbahnen (vgl. ebd. S.21).
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